OLG Frankfurt am M. 17 U 57/16 Widerrufsbelehrung: Deutlichkeitsgebot, § 355 Abs. 2 S. 1 BGB

Juli 19, 2017

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 11.01.2017, Az.: 17 U 57/16
Widerrufsbelehrung: Einhaltung des Deutlichkeitsgebots von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB

vorgehend:LG Frankfurt am Main – 31.03.2016 – AZ: 2-28 O 246/15

nachgehend:BGH – AZ: XI ZR 87/17

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.03.2016, Az. 2-28 O 246/15, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Abweisung seiner auf Feststellung der Beendigung eines Darlehensvertrags infolge Widerrufs gerichteten Klage.

Der Kläger nahm als Verbraucher bei der Beklagten im Juni 2008 unter der Darlehensnummer … ein Darlehen im Nennbetrag von 280.000,- € auf. Das durch ein Grundpfandrecht gesicherte Darlehen diente der Finanzierung einer Immobilie und war mit nominal 5,2 % p.a. verzinst. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf dessen Ablichtung (Anlage K 1 – Bl. 7 ff. d. A.) verwiesen. Dem Darlehensvertrag war folgende Widerrufsbelehrung beigefügt:

Mit Schreiben vom 25.06.2015 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe sein Widerrufsrecht noch ausüben können, da die Widerrufsfrist nicht abgelaufen gewesen sei. Die Widerrufsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß. Sie verstoße insbesondere gegen das Deutlichkeitsgebot. In der Überschrift werde auf ganze Bereiche des BGB verwiesen. Der rechtsunkundige Darlehensnehmer könne damit nichts anfangen und wisse nicht, was er davon halten solle. Der Darlehensnehmer wisse auch nicht, weshalb der Widerruf in Textform erfolgen müsse. Zudem suggerierte die Belehrung, dass der Widerruf keine Begründung enthalten dürfe. Auch die Überschrift „Widerruf bei bereits ausgezahlte Darlehen“ verwirre und erwecke den Eindruck, dass der Darlehensvertrag vorher nicht widerrufen werden dürfe. Zudem enthalte die Belehrung falsche Angaben. Die Formulierung „Die Frist beginnt einen Tag, nachdem […]“ sei irreführend und falsch, weil die Frist mit dem fristauslösenden Ereignis beginne und nicht später. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen erwecke den Eindruck, dass nur den Darlehensnehmer Leistungspflichten träfen. Eine Darstellung der Pflichten des Darlehensgebers fehle. Der Satz „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“ sei falsch, da er nur bei Fernabsatzverträgen einzufügen sei. Jedenfalls verwirre er den Darlehensnehmer. Fehlerhaft sei schließlich auch die Belehrung über die zweiwöchige Frist zur Rückzahlung des Darlehens. Eine solche Frist bestehe nicht. Im Übrigen widerspräche sie den übrigen Angaben in der Belehrung, wonach Zahlungen binnen 30 Tagen zu erstatten seien.

Die Belehrung entspreche auch nicht der seinerzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung. Die Beklagte könne sich damit nicht auf den Vertrauensschutz des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs durch den Kläger bereits abgelaufen gewesen. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung entspreche den Voraussetzungen des § 355 BGB a.F. Auf die Frage, ob die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung entspreche, komme es daher nicht an. Im Übrigen sei die Ausübung des Widerrufsrechts verwirkt und rechtsmissbräuchlich.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird insoweit gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht rechtzeitig widerrufen. Bei Erklärung des Widerrufs sei die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung enthalte einen zutreffenden Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 sei auf den hiesigen Sachverhalt nicht zu übertragen, weil die dortige Widerrufsbelehrung keine Possessivpronomen enthalte. Auch könne das vom Bundesgerichtshof befürchtete Fehlverständnis des Begriffs „Vertragsurkunde“ hier nicht eintreten, weil das Angebot der Beklagte nicht mit „Darlehensvertrag“ überschrieben sei und es auf Seite 5 den Hinweis enthalte, dass der Vertrag ohne Annahmeerklärung des Klägers nicht zustande komme. Die Formulierung „Die Frist beginnt einen Tag, nachdem […]“ sei nicht irreführend, sondern gebe den Regelungsgehalt des § 187 Abs. 1 BGB verständlich wieder. Der Begriff der Textform werde durch den Klammerzusatz mit Beispielen hinreichend erläutert. Die Widerrufsbelehrung sei auch optisch nicht zu beanstanden. Sie sei hinreichend deutlich gestaltet. Eine gesetzliche Pflicht zur Belehrung über die Widerrufsfolgen habe es seinerzeit nicht gegeben, so dass der Einwand des Klägers, der Beginn der Frist für die Rückgewährverpflichtung werde nicht mitgeteilt, nicht durchgreife. Die Ausführungen zu den Folgen des Widerrufs im Abschnitt „Widerruf bei bereits ausgezahlten Darlehen“ könnten nur dann zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung führen, wenn sie geeignet wären, den Verbrauchern von der Ausübung eines Widerrufsrechts abzuhalten. Dies könne jedoch nicht festgestellt werden. Der Hinweis auf die gegebenenfalls bestehende Verpflichtung, die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf erfüllen zu müssen, sei inhaltlich nicht falsch und daher nicht zu beanstanden. Die unterschiedlichen Angaben zur Frist für die Rückgewähr – einerseits 30 Tage, andererseits zwei Wochen – seien zwar verwirrend, aber nur dann von Relevanz, wenn das Darlehen innerhalb von zwei Wochen nach Fristbeginn ausgezahlt werde. In anderen Konstellationen sei der überflüssige und verwirrende Zusatz nicht geeignet, einen Verbraucher von der Ausübung des ihm zustehenden Widerrufsrechts abzuhalten. Hier sei das Darlehen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Fristbeginn ausgezahlt worden.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er macht geltend, die erstinstanzlich vorgetragenen Fehler der Widerrufsbelehrung seien offensichtlich und die rechtliche Bewertung des Landgerichts unzutreffend. Das Landgericht habe sich kaum mit dem klägerischen Vorbringen befasst. Die Ausführungen auf Seite 4 des Urteils unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 seien unreflektiert einem Schriftsatz der Beklagten entnommen. Dieser Textbaustein habe mit dem vorliegenden Rechtsstreit nichts zu tun, da der Kläger einen solchen Fehler der Belehrung nicht gerügt habe. Das Landgericht setze sich mit etwas auseinander, was gar nicht Gegenstand der Klage sei und „wonach auch keiner gefragt“ habe. Mit der „restlichen Begründung“ würden dann die vom Kläger vorgebrachten Rügen kurz und knapp abgetan, ohne dass sich das Landgericht mit dem klägerischen Vortrag und der maßgeblichen Rechtsprechung auseinandersetzte. Zwar erkenne das Landgericht, dass die Angaben in der Widerrufsbelehrung zur Zweiwochenfrist verwirrend seien. Es ziehe dann jedoch nicht den zwingenden Schluss, dass damit die Widerrufsbelehrung in Gänze unwirksam sei. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führe jeder verwirrende Zusatz zur Unwirksamkeit der Belehrung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.03.2016, Az.: 2-28 O 246/15, abzuändern und

1.

festzustellen, dass sich der zwischen den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag mit der Nr. … aufgrund der Widerrufserklärung des Klägers aufgelöst ist und sich in ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis gewandelt hat,
2.

festzustellen, dass der Kläger ab dem Widerruf keinen Nutzungsersatz oder Zinsen aus bzw. auf die sich nach dem Klageantrag zu 1. ergebende Restschuld schuldet,
3.

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht dem Klageantrag zu 2. nicht entsprechen sollte, festzustellen, dass der Kläger ab dem Widerruf für die sich nach dem Klageantrag zu 1. ergebende tatsächliche Restschuld Zinsen in Höhe von lediglich 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz schuldet,
4.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.859,21 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2015 zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die angefochtene Entscheidung. Sie weist insbesondere darauf hin, dass der letzte Abschnitt der Belehrung unter der Zwischenüberschrift „Widerruf bei bereits ausgezahlten Darlehen“ den Verbraucher auch im Hinblick auf die dort genannten Fristen nicht verwirren könne, da sich dieser Hinweis nur an Verbraucher richte, deren Darlehen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Widerrufsfrist bereits ausgezahlt war, zu denen der Kläger aber unstreitig nicht zähle.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg, da sich die angefochtene Entscheidung als richtig erweist.

Die landgerichtliche Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Allerdings trifft es zu, dass sich das Landgericht z. T. mit Fehlern der Widerrufsbelehrung beschäftigt hat, die nicht Gegenstand des klägerischen Vortrags waren. Dies ist indes unerheblich, da das Landgericht nicht gehalten ist, die Überprüfung der Widerrufsbelehrung auf die geltend gemachten Fehler zu beschränken, und die Ausführungen des Landgerichts überdies zutreffend sind.

Der vom Kläger erklärte Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung ist unwirksam, weil die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung = a. F. (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB) zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen war.

Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht fehlerhaft.

Der Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. ist eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist erforderlich (BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123, Juris Rn. 14). Wenn es in der Belehrung heißt: „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem […]“, ist diesen Anforderungen Genüge getan, denn die Belehrung orientiert sich insoweit an den gesetzlichen Vorgabe des § 187 BGB (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02. März 2016 – 13 U 52/15 -, Rn. 17, juris). Nach § 187 Abs. 1 BGB wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das für den Anfang einer Frist maßgebende Ereignis oder der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt fällt. Nichts anderes geht aus der Widerrufsbelehrung hervor.

Die Widerrufsbelehrung verletzt auch nicht deshalb das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F., weil die Überschrift nicht nur aus dem Wort „Widerrufsbelehrung“ besteht, sondern einen Hinweis auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen des Widerrufsrechts enthält. Eine solche inhaltliche Gestaltung ist nicht verwirrend. Sie verweist den Adressaten vielmehr auf die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und erleichtert es ihm damit, sich über das Bestehen und den Umfang seiner Rechte zusätzlich zu informieren.

Soweit die Beklagte in der Widerrufsbelehrung den Begriff „Textform“ verwendet, ist dies im Hinblick auf das Deutlichkeitsgebot nicht zu beanstanden. Nach §§ 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 2 BGB a. F. ist es vielmehr für eine ordnungsgemäße Belehrung erforderlich, dass sie einen Hinweis auf die Einhaltung der Textform enthält. Gleiches gilt soweit der Kläger rügt, in der Belehrung heiße es fehlerhaft: „Der Widerruf muss keine Begründung enthalten“. Auch dieser Hinweis ist gem. §§ 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 2 BGB a. F. erforderlich, so dass die Belehrung insoweit mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang steht.

Wenn der Kläger meint, die von der Beklagten in die Widerrufsbelehrung eingefügte Zwischenüberschrift „Widerruf bei bereits ausgezahlten Darlehen“ verwirre den durchschnittlichen Verbraucher, da sie den Eindruck erwecke, ein Widerruf sei vor Auszahlung des Darlehens nicht möglich, übersieht der Kläger den ersten Satz dieses Abschnitts, in dem es heißt: „Habe ich das Darlehen vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits empfangen, so kann ich dennoch mein Widerrufsrecht ausüben“ (Unterstr. nicht im Original). Dieser Hinweis verdeutlicht, dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht von der Auszahlung des Darlehens abhängig ist.

Die Belehrung ist auch nicht hinsichtlich der Widerrufsfolgen fehlerhaft; dies bereits deshalb nicht, weil § 355 BGB a.F. einen Hinweis auf die Folgen des Widerrufs nicht verlangt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 5. August 2015 – 23 U 178/14, Juris Rn. 55; OLG Celle, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 3 W 34/14, Juris Rn. 16 ff.). Der Vorschrift des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. kann nicht entnommen werden, dass der Adressat der Widerrufbelehrung auf die in Folge des Widerrufs entstehenden wechselseitigen Rechte der Vertragsparteien hingewiesen werden muss. Andernfalls wäre die Regelung des § 312 Abs. 2 BGB a. F., wonach der Verbraucher bei Haustürgeschäften auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB a. F. hinzuweisen ist, überflüssig (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Januar 2016 – …). Das Erfordernis, auch über die Verpflichtungen der Beklagten zu belehren, sieht § 355 BGB a. F. ohnehin nicht vor (OLG Frankfurt, Urteil vom 5. August 2015 – 23 U 178/14, Juris Rn. 56).

Abgesehen davon enthält die Belehrung in Satz 2 des Abschnitts „Widerruf bei bereits ausgezahlten Darlehen“ den vom Kläger vermissten Hinweis, dass die beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und ggf. gezogene Nutzungen herauszugeben sind (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 3 W 34/14, Juris Rn. 16; OLG Hamm, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 31 U 56/15, Juris Rn. 62 ff.).

Im Übrigen kann sich eine Irreführung des Klägers durch die Fristangaben im Abschnitt „Widerruf bei bereits ausgezahlten Darlehen“ in dem von der Berufung beanstandeten Falle eines zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits ausgezahlten Darlehens bereits deshalb nicht ergeben, weil nach dem vom Kläger nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten (vgl. Bl. 44 d. A.), die Darlehenssumme erst nach Ablauf der Widerrufsfrist bei ordnungsgemäßer Belehrung ausgezahlt wurde, so dass nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung eine Relevanz dieses Abschnittes der Belehrung im konkreten Fall nicht gegeben sein konnte (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 – VIII ZR 103/10, Juris Rn. 19; OLG Hamm, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 31 U 56/15, Juris Rn. 65). In Anbetracht der konkreten Umstände war daher kein Raum für eine Unsicherheit in Bezug auf die für die Rückabwicklung geltenden Fristen (ebenso in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist OLG Nürnberg, Urteil vom 01. August 2016 – 14 U 1780/15 -, Rn. 70, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.02.2015 – 17 U 125/14, Rn. 6 f., juris).

Soweit die Beklagte in die Widerrufsbelehrung den Satz „Dies kann dazu führen, dass sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“ eingefügt hat, obwohl es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag nicht um einen Fernabsatzvertrag über Finanzdienstleistungen handelt, liegt darin kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. Der Hinweis ist nicht unzutreffend. Da der Darlehensnehmer im Fall der Wirksamkeit des Widerrufs gem. § 346 Abs. 1 Nr. 1 BGB Wertersatz zu leisten hat, der sich gem. § 346 Abs. 1 S. 2 BGB regelmäßig nach den vertraglich vereinbarten Zinsen bemisst, kann es sein, dass der Darlehensnehmer für die Zeit bis zum Widerruf Leistungen zu erbringen hat, die den vertraglichen Leistungen vollständig entsprechen.

Auf die Frage, ob der Beklagten die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. zur Seite stünde, worauf sie sich indes nicht beruft, kommt es mithin nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor. Der Senat weicht bei der Beurteilung der Gesetzeskonformität der von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrung von der Rechtsprechung des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ab (vgl. Beschluss v. 07.07.2016, Az. 23 U 188/15). Die Beklagte trägt regelmäßig vor, dass die Darlehenssumme erst nach Ablauf der Widerrufsfrist bei ordnungsgemäßer Belehrung ausgezahlt werde. Dies nötigt nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2016 – 1 BvR 873/15 -, Rn. 26, juris).

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