OLG Frankfurt am M. 17 U 67/15 Keine Schutzwirkung bei Abweichung vom Mustertext

Juli 19, 2017

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 18.05.2016, Az.: 17 U 67/15
Keine Schutzwirkung nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV bei Abweichung vom Mustertext (hier: Abweichung vom Gestaltungshinweis Nr. 9)

vorgehend: LG Hanau – 03.03.2015 – AZ: 4 O 474/14

Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers zu 1) wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 03.03.2015 (Az.: 4 O 474/14) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass

sich der zwischen der Beklagten und den Klägern zu 1), 2) und 3) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 22.09.2004 über 59.000,00 € durch den Widerruf der Darlehensnehmer in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,

sich der zwischen der Beklagten und den Klägern zu 1), 2) und 3) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 22.09.2004 über 20.000,00 € durch den Widerruf der Darlehensnehmer in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,

sich der zwischen der Beklagten und dem Kläger zu 1) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 26.01.2005 über 40.000,00 € durch den Widerruf des Darlehensnehmers in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat und

sich der zwischen der Beklagten und den Klägern zu 1), 2) und 3) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 30.09.2008 über 210.000,00 € durch den Widerruf der Darlehensnehmer in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten, den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Beklagte 85 % und der Kläger zu 1) 15 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2) unter 3) fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs von insgesamt fünf Darlehensverträgen.

Der Kläger zu 1) schloss als Verbraucher mit der Beklagten am 26.01.2005 einen Darlehensvertrag (Darlehensnummer …) über ein Darlehen in Höhe von 40.000,- € und am 22.07.2010 einen weiteren Darlehensvertrag (Darlehensnummer …) über ein Darlehen in Höhe von 30.000,- €. Am 22.09.2004 nahmen die Kläger zu 1), 2) und 3) bei der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 59.000,00 € (Darlehensnummer …) und ein weiteres Darlehen in Höhe von 20.000,00 € (Darlehensnummer …) auf. Schließlich schlossen die Kläger zu 1), 2) und 3) am 30.09.2008 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über ein Darlehen in Höhe von 210.000,00 € (Darlehensnummer …) ab.

Dem Darlehensvertrag vom 26.01.2005 war folgende Widerrufsbelehrung beigefügt:

„Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehensvertrag Nr. …

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen 2

ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr, E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse).

Bank1, Straße1, Stadt1

Fax: …, E-Mail: …

Internet-Adresse: www…de

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.

Finanzierte Geschäfte

Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtung aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. […]

Ort, Datum XXX Unterschrift des Verbrauchers

Ihre Bank1, Straße1, Stadt1

Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung 1 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom … 2 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“

Die den Darlehensverträgen vom 09.11.2004 jeweils beigefügte Widerrufserklärung entspricht mit Ausnahme der Darlehensnummer der wiedergegebenen Belehrung. Gleiches gilt für die dem Darlehensvertrag vom 30.09.2008 beigefügte Belehrung, wobei diese Belehrung unter der Zwischenüberschrift „Widerrufsfolgen“ wie folgt lautet:

„Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.“

Wegen der Einzelheiten der Verträge vom 26.01.2005, 09.11.2004 und 30.09.2008 sowie der den Verträgen beigefügten Widerrufsbelehrungen wird auf deren Kopien (Anlage K 1 – Bl. 11 bis 53 d. A.) Bezug genommen.

Der Darlehensvertrag vom 23.07.2010 enthält unter der Ziff. 1.4 eine Widerrufsinformation, wegen der Inhalt und äußerer Gestaltung auf die Kopie des Vertrages (Anlage K 1 – Bl. 18 ff. d. A.) verweisen wird.

Am 24.03.2014 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten durch anwaltliches Schreiben den Widerruf sämtlicher Darlehensverträge und forderten die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 07.04.2014 erfolglos zur Rückabwicklung auf.

Wäre der von den Klägern erklärte Widerruf unwirksam und würden sich die Kläger dennoch von ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen lösen wollen, hätten sie an die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von insgesamt 42.676,92 € zu zahlen.

Die Kläger haben vorgetragen, das Recht zum Widerruf der Vertragserklärungen sei mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs noch nicht erloschen gewesen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. berufen, da die von ihr erteilten Widerrufsbelehrungen sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung nicht vollständig der Musterwiderrufsbelehrung entsprächen. Die Widerrufsbelehrungen der Darlehensverträge vom 22.01.2005, 22.09.2004 und 30.09.2008 enthielten mit den eingefügten Fußnoten 1: „Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom …“, und 2: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“, sowie der Passage: „Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse“, Zusätze, die in der Musterbelehrung nicht vorgesehen seien. Alle Belehrungen enthielten zudem einen Hinweis auf die Internetadresse der Beklagten, obwohl unter dieser Adresse nicht die Möglichkeit zum Widerruf der Vertragserklärungen bestehe. Die Widerrufsbelehrungen der Verträge vom 26.01.2005, 22.09.2004 und 30.09.2008 enthielten zudem eine Definition des Verbraucherbegriffs, die in der Musterbelehrung nicht vorgesehen sei. Schließlich sei entgegen dem Gestaltungshinweis in Nr. 9 zur Musterwiderrufsbelehrung im Absatz: „Finanzierte Geschäfte“ der Satz 2: „Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen“, nicht durch den Satz: „Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt“, ersetzt worden. Die Belehrungen würden auch nicht wie in der Musterbelehrung vorgesehen mit „Ihre Bank1“ oder der Unterschrift des Kunden oder: „Ende der Belehrung“ enden. In der Belehrung zum Vertrag vom 26.01.2005 fehlten zudem die nach dem Gestaltungshinweis Nr. 6 erforderlichen Sätze: „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“, und: „Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufserklärung erfüllen“. Hingegen hätte in der Belehrung zum Vertrag vom 30.09.2008 der Satz: „Dies kann dazu führen, dass sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“, nicht eingefügt werden dürfen. Der erforderliche Satz: „Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung ihrer Widerrufserklärung, wie uns mit deren Empfang“, fehle hingegen. Die Belehrung zum Vertrag vom 22.07.2010 sei darüber hinaus fehlerhaft, weil sie drucktechnisch nicht deutlich hervorgehoben sei. Sie weiche zudem unzulässig von der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 EGBGB ab, da sie mehrere nicht einschlägige Fallvarianten nebeneinander aufführe und Ankreuzoptionen vorsehe. Dadurch entfalte sich die nur bei der Verwendung der Musterbelehrung eintretende Schutzwirkung nicht.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Abweichungen der Widerrufsbelehrungen von der Musterbelehrung ließen den Vertrauensschutz nicht entfallen. Die Beklagte habe den Text der Musterbelehrung bei Abfassung der von ihr verwendeten Widerrufsbelehrungen keiner inhaltlichen Bearbeitung unterzogen. Der Text der Fußnoten wende sich nicht an den Verbraucher. Dies gelte auch für die Bezugnahme bei den Überschriften der Widerrufsbelehrungen und die Ausfüllhinweise im Text des Widerrufs. Dass sich die Widerrufsbelehrung des Vertrags vom 22.07.2010 nicht vom übrigen Text abhebe, sei nicht nachvollziehbar. Die Widerrufsbelehrung sei eindeutig mit einer dicken schwarzen Linie umrahmt. Dass die Belehrung mehrerer Ankreuzmöglichkeiten vorsehe, sei irrelevant. Dies habe das Oberlandesgericht Stuttgart bereits entschieden. Das Verhalten der Kläger sei zudem widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. Dies gelte insbesondere für die Darlehensverträge vom 22.09.2004, die durch die Änderungsverträge vom 01.10.2009 verlängert worden seien. Jedenfalls stehe der Geltendmachung der Rechte aus dem Widerruf der Einwand der Verwirkung entgegen.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird insoweit gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der von den Klägern erklärte Widerruf sei verfristet gewesen und habe deshalb die Darlehensverträge nicht in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt.

Zwar sei die den Klägern zu den Darlehensverträgen vom 26.01.2005, 22.09.2004 und 30.09.2008 erteilten Widerrufsbelehrungen fehlerhaft, da sie in Bezug auf den Fristbeginn nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB a.F. entsprächen. Der Beklagten komme jedoch der Vertrauensschutz des § 14 BGB-InfoV zugute, da die Beklagte den Text der Musterbelehrung verwendet und diesen keiner eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen habe. Nicht jede Abweichung vom Muster stelle

eine inhaltliche Bearbeitung dar. Das Muster solle dem Verwender als Vorlage dienen und Hilfestellung, nicht Knebel seien. Eine Ansicht, die ohne Rücksicht auf den teleologischen Hintergrund des § 14 Absatz 1 BGB-InfoV gleichsam ein sklavisches Kopieren des Musters postuliere, verkenne nicht nur die Bedeutung des Wortes „Muster“, sondern überspanne auch die Anforderungen, die der Gesetzgeber selbst an die vorgesehene Möglichkeit der Verwendung des Musters gestellt habe. Der Gesetzgeber habe in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV klargestellt, dass der Unternehmer bei der Verwendung des Musters für seine Widerrufsbelehrung nicht nur im Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen dürfe, sondern dass er darüber hinaus auch eigene Zusätze, wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmens anbringen dürfe. Die vom Gesetzgeber verwendete Formulierung „wie“ … lasse dem Unternehmer Raum für andere als die genannten Zusätze, soweit sie mit den in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV genannten Zusätzen vergleichbar seien. Danach sei das Einfügen von zwei Fußnoten in die Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden. Der Fußnotentext richte sich schon auf den ersten Blick ausschließlich an den Sachbearbeiter der Beklagten. Zudem befinde sich der Fußnotentext nicht innerhalb des Rahmens, in dem die Widerrufsbelehrung abgedruckt sei. In gleicher Weise unerheblich sei damit der von der Beklagten verwendete, kursiv geschriebene Klammerzusatz „Name, Firma …“. Auch hierbei handelte es sich klar ersichtlich um eine Hilfestellung für den Sachbearbeiter der Beklagten. Ein Eingriff in den Mustertext liege darin nicht. Ohne Belang sei auch die von der Beklagten eingefügte Internetadresse. Da § 14 Abs. 3 BGB-InfoV ausdrücklich das Anbringen individualisierender Zusätze gestatte, widerspreche der Zusatz nicht dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Muster. Soweit die Kläger vorbrächten, in den Belehrungen zu den Verträgen vom 26.01.2005, 22.09.2004 und 30.09.2008 werde der Verbraucherbegriff definiert, sei dies nicht nachvollziehbar. Die Belehrungen enthielten eine derartige Definition nicht. Nicht zu beanstanden sei, dass die Beklagte in die Belehrungen zu den Verträgen vom 26.01.2005, 22.09.2004 und 30.09.2008 einen im Grundmuster nicht vorgesehenen Satz eingefügt habe, denn der Bearbeitungshinweis Nr. 10 sehe diesen Satz gerade vor. Zwar solle dieser Satz nach dem Bearbeitungshinweis an die Stelle des davorstehenden Satz treten. Dessen Beibehaltung mache die Belehrung aber weder inhaltlich falsch, noch sei sie geeignet, Irritationen beim Verbraucher hervorzurufen. Fehl geht die Argumentation der Kläger, die Belehrungen zu den Verträgen vom 26.01.2005, 22.09.2004 und 30.09.2008 würden nicht wie vom Muster gefordert mit „Ihre Bank1“, der Unterschrift des Verbrauchers oder „Ende der Belehrung“ enden. Der sich darunter befindliche Satz: „Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung“, stellten ebenso wie der Text der Fußnoten keine Bestandteile der Widerrufsbelehrung dar. Sie seien als Bearbeitungshinweise erkennbar und optisch sowie räumlich deutlich von der Widerrufsbelehrung getrennt. Soweit die Kläger monierten, dass in der Belehrung zum Vertrag vom 26.01.2005 zu den Widerrufsfolgen der Satz des Gestaltungshinweises Nr. 6 des Musters: „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“, ebenso wie der Satz: „Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufserklärung erfüllen“, fehle, sei dies unbehelflich. Die Beklagte sei nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. nicht verpflichtet, über die mit dem Widerruf verbundene Rechtsfolge des § 357 BGB aufzuklären. Eine solche Verpflichtung habe nur für verbundene Darlehensverträge bestanden. Um ein verbundenes Geschäft habe es sich hier jedoch nicht gehandelt. Entsprechendes gelte für den in der Belehrung zum Vertrag vom 30.09.2008 enthaltenen Satz: „Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen“. Dass die Belehrungen zum Vertrag vom 30.09.2008 in Bezug auf den Fristbeginn nicht mit dem ab dem 01.04.2008 gültigen Muster übereinstimmten, sei ohne Bedeutung. Nach § 16 BGB-InfoV a. F. sei § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV a. F. auch auf solche Belehrungen anzuwenden, die dem bis zum 31.03.2008 gültigen Muster entsprächen und dem Verbraucher vor dem 01.10.2008 in Textform mitgeteilt worden seien, was hier der Fall sei. Entgegen der Ansicht der Kläger sei die Widerrufsbelehrung zum Vertrag vom 22.07.2010 drucktechnisch eindeutig hervorgehoben. Die Widerrufsbelehrung sei vom übrigen Text durch eine fett gedruckte Überschrift „Widerrufsrecht“ getrennt. Dass der schwarze Rahmen, in dem das Widerrufsrecht abgedruckt sei, auch weitere Hinweise umschließe, sei unschädlich. Unschädlich sei des Weiteren, dass die Widerrufsbelehrung mehrerer Ankreuzoptionen enthalte. Dem Verbraucher seien derartige Gestaltungen schon seit Jahren bekannt. Durch die übersichtliche Anordnung könne er erkennen, welche der vorgesehenen Formulierungen maßgeblich seien.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Sie machen geltend, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Entgegen der Ansicht des Landgerichts entspreche die von der Beklagten verwendete Belehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV. Die Belehrung weiche an mehreren Stellen vom vorgegebenen Muster ab. Durch das Einfügen der Fußnoten werde der Fußnotentext zu einem Teil des Widerrufstextes. Schon dadurch habe die Beklagte inhaltlich in den Text der Musterbelehrung eingegriffen. Zudem sei der Text der Fußnote 2 irreführend. Der Adressat müsse den Hinweis so verstehen, dass er die Frist prüfen solle. Die Auffassung des Landgerichts, das Einfügen der Internetadresse der Beklagten halte sich im Rahmen der BGB-InfoV, sei falsch. Nach dem Hinweis Nr. 3 des Musters dürfe die Internetadresse nur dann angegeben werden, „wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung an den Unternehmer erhält“. Diese Voraussetzung liege hier jedoch nicht vor. Unzutreffend seien die Ausführungen des Landgerichts zu den fehlenden Sätzen im Abschnitt „Widerrufsfolgen“. Es könne nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass das Weglassen von Sätzen der Musterwiderrufsbelehrung eine inhaltliche Bearbeitung darstelle. Ebenso stelle es eine inhaltliche Bearbeitung dar, wenn die Beklagte im Abschnitt „Finanzierte Geschäfte“ entgegen dem Hinweis Nr. 9 den Satz 2 nicht durch den Satz 3 ersetzt habe. In Bezug auf die Widerrufsbelehrung zum Vertrag vom 22.07.2010 habe das Landgericht verkannt, dass sich die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart auf eine Widerrufsbelehrung aus dem November 2011 beziehe. Hier gehe es jedoch um die Widerrufsbelehrung der Beklagten vom Juli 2010, die sich in wesentlichen Teilen von dieser Belehrung unterscheide. Die Widerrufsfrist habe hier nicht begonnen, da die Beklagte im Darlehensvertrag keine Angaben zu der zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht habe. Auch fehle eine Angabe zur Vertragslaufzeit. Der Kläger habe anhand der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung nicht eindeutig erkennen können, welche Pflichtangaben ihm tatsächlich hätten übergeben werden müssen, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Hanau vom 03.03.2015, Az. 4 O 474/14, abzuändern und

1.

festzustellen, dass
a)

sich der zwischen der Beklagten und den Klägern zu 1), 2) und 3) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 22.09.2004 über 59.000,00 € durch den Widerruf der Darlehensnehmer in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,
b)

sich der zwischen der Beklagten und den Klägern zu 1), 2) und 3) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 22.09.2004 über 20.000,00 € durch den Widerruf der Darlehensnehmer in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,
c)

sich der zwischen der Beklagten und dem Kläger zu 1) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 26.01.2005 über 40.000,00 € durch den Widerruf des Darlehensnehmers in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,
d)

sich der zwischen der Beklagten und den Klägern zu 1), 2) und 3) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 30.09.2008 über 210.000,00 € durch den Widerruf der Darlehensnehmer in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,
e)

sich der zwischen der Beklagten und dem Kläger zu 1) abgeschlossene Darlehensvertrag Nr. … vom 22.07.2010 über 30.000,00 € durch den Widerruf des Darlehensnehmers in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat,
2.

die Beklagte zu verurteilen,
a)

an den Kläger zu 1) 1.752,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2014 zu zahlen sowie
b)

an die Kläger zu 1), 2) und 3) als Gesamtgläubiger weitere 3.104,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die angefochtene Entscheidung. In Bezug auf den Vortrag der Kläger zum Darlehensvertrag vom 22.07.2010 rügt die Beklagte Verspätung. Sie meint, der Vortrag sei neu, da die Kläger die Formulargestaltung der Widerrufsbelehrung in der ersten Instanz noch nicht damit angegriffen hätten, dass das „Ankreuzmodell“ auch inhaltlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Abgesehen davon sei der Vortrag unzutreffend. Die Beklagte habe den Kläger zu 1) durch Übergabe des „Europäischen Standardisierten Merkblatts“ über die zuständige Aufsichtsbehörde informiert. Das Merkblatt sei dem Kläger zu 1) mit dem Darlehensangebot ausgehändigt worden. In diesem Merkblatt sei auch die Gesamtdauer der Darlehnsvereinbarung angegeben. Die Widerrufsfrist habe damit zu laufen begonnen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig.

In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

Hinsichtlich des Darlehensvertrags vom 26.01.2005 (Darlehensnummer …) gilt Folgendes:

Der vom Kläger zu 1) am 24.03.2014 erklärte Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen ist gem. §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der vom 08.12.2004 bis zum 10.06.2010 gültigen Fassung = a.F. (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB) wirksam.

Der Widerruf ist nicht gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. verfristet. Zwar hat der Kläger seine Vertragserklärungen nicht innerhalb von zwei Wochen seit Aushändigung der Widerrufsbelehrung widerrufen. Dies ist jedoch unerheblich, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen hat und das Widerrufsrecht gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. nicht erloschen ist. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat, wird ein Verbraucher durch die in einer Widerrufsbelehrung verwendete Formulierung: „[…] frühestens mit Erhalt dieser Belehrung […]“ nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB a. F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist belehrt, da die Formulierung nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes „frühestens“ zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt. Er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (BGH v. 15.08.2012, Az. VIII ZR 378/11, Juris Rn. 9; BGH v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11, Juris Rn. 15; BGH v. 02.02.2011, Az. VIII ZR 103/10, Juris Rn. 14). Da die Belehrung den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist aufklärt, setzt sie den Verbraucher nicht in der gebotenen Weise in die Lage, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen, und verstößt damit gegen das Deutlichkeitsgebot (BGH, Urteil vom 17.01.2013, Az. III ZR 145/12, Juris Rn. 10; Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 30).

Auf § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vom 08.12.2004 bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung (a. F.) i. V. m. der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a. F. kann sich die Beklagte nicht berufen. Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F., wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. in Textform verwendet wird. Dafür reicht es nicht aus, dass die Belehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung des Musters für die Widerrufsbelehrung übereinstimmt. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV besteht nur dann, wenn ein Formular verwendet wird, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH v. 10.02.2015, Az. II ZR 163/14, Juris Rn. 8; BGH v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13, Juris Rn. 15; BGH v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10, Juris Rn. 15). Greift der Unternehmer in den Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb unabhängig vom konkreten Umfang der Änderung auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht mehr berufen (BGH v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11, Juris Rn. 17; Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 31).

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Veränderungen wesentlich sind oder sich negativ auf Verständlichkeit der Belehrung auswirken. Maßgeblich ist allein, ob der Unternehmer den Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (vgl. BGH v. 10.02.2015, Az. II ZR 163/14, Juris Rn. 8; BGH v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13, Juris Rn. 18; Senat a.a.O.). Geringfügige Anpassungen, wie etwa diejenige der Formulierung des Fristbeginns an das Gesetz (vgl. hierzu BGH v. 20.11.2012, Az. II ZR 264/10, Juris Rn. 6), bleiben allerdings möglich (Senat, Beschluss vom 10.08.2015, Az. 17 U 194/14, Juris Rn. 24; OLG Frankfurt v. 29.12.2014, Az. 23 U 80/14, Juris Rn. 17). Nach diesem Maßstab hat die Beklagte die Musterbelehrung einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen.

Die verwendete Widerrufsbelehrung enthält zunächst abweichend von dem Mustertext einen Zusatz in der Überschrift sowie zwei Fußnotenverweise und einen Klammerzusatz, die in dem Mustertext nicht enthaltenen sind. Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob hierin eine inhaltliche Bearbeitung und damit Abweichung von der in Anlage 2 zur § 14 BGB-InfoV a. F. vorgesehenen Musterbelehrung liegt. Allerdings geht der Senat davon aus, dass durch die Anbringung der Fußnote 2, deren Text sich außerhalb der Umrandung befindet, gerade keine inhaltliche Bearbeitung des Textes stattfinden sollte, sondern diese nicht mehr Bestandteil der eigentlichen Widerrufsbelehrung ist und zudem keine inhaltliche Änderung darstellt, da sie lediglich klarstellt, dass die Frist im Einzelfall zu prüfen ist und damit weder die Angaben zu der Frist selbst oder zu deren Beginn und Lauf inhaltlich einer Bearbeitung unterzieht oder ändert (ebenso OLG Bamberg, Beschluss vom 01.06.2015, Az. 6 U 13/15, juris Rn. 83 f.; a. A.: OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, Az. 14 U 2439/14, juris Rn. 31; OLG München, Urteil vom 21.10.2013, Az. 19 U 1208/13; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.10.2012, Az. 4 U 194/11). Dies gilt auch für die Fußnote 1 und den Zusatz in der Überschrift, da die Überschrift selbst nicht Bestandteil der Belehrung ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2011, Az. I ZR 123/10, juris Rn. 25).

Allerdings sieht der Senat in dem dritten Absatz, der mit „Finanzierte Geschäfte“ überschrieben ist, eine inhaltliche Änderung und Abweichung von der Musterbelehrung. Zunächst ergibt sich aus dem Gestaltungshinweis Nr. 9 des damaligen Musters, dass diese Passage entfallen kann, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine umfassende Belehrung für notwendig erachtet hat, dem Verwender jedoch freigestellt hat, auch auf diese Passage zu verzichten, wenn kein finanziertes Geschäft vorliegt. Hiervon hat die Beklagte aber keinen Gebrauch gemacht, sondern diesen Absatz aufgenommen, obwohl kein verbundenes Geschäft i. S. d. § 358 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. vorliegt. Weiterhin sieht Nr. 9 der Gestaltungshinweise der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a. F. vor, dass für das Vorliegen eines finanzierten Geschäftes mehrere Alternativen der Belehrung zur Verfügung stehen und zwar je nachdem, ob für das finanzierte Geschäft oder den Darlehensvertrag belehrt werden soll und um welche Art eines verbundenen Geschäfts es sich handelt, bspw. ob es um den finanzierten Erwerb eines Grundstückes geht. Vorliegend hat die Beklagte allerdings den Gestaltungshinweis Nr. 9 des Musters betreffend die Hinweise für finanzierte Geschäfte missachtet, wonach im Fall des finanzierten Grundstückserwerbs Satz 2 der allgemeinen Hinweise zwingend durch spezielle Hinweise zu ersetzen ist. Statt Satz 2 zu ersetzen, hat die Beklagte die Belehrung betreffend den finanzierten Grundstückserwerb hinter Satz 2 in die vollständig beibehaltenen Hinweise für finanzierte Geschäfte eingefügt. Zudem hat sie die in den Gestaltungshinweisen vorgegebene Musterformulierung inhaltlich verändert, indem sie die einleitende Formulierung: „Dies ist nur anzunehmen“, durch die abweichende Formulierung: „Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen“, ersetzt hat. Damit ist sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Gestaltung der Widerrufsbelehrung durch die Gestaltungshinweise inhaltlich von der vorgesehenen Gestaltung abgewichen, so dass sie sich auf den Vertrauensschutz des § 14 BGB-InfoV a. F. nicht mehr berufen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Veränderungen wesentlich sind oder sich negativ auf die Verständlichkeit der Belehrung auswirken. Maßgeblich ist allein, ob der Unternehmer den Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (vgl. BGH v. 10.02.2015, Az. II ZR 163/14, juris Rn. 8). Gerade dies ist vorliegend erfolgt, da die Beklagte durch Missachtung des Gestaltungshinweises Nr. 9 und durch Umformulierung des vorgegebenen Mustertextes in das zur Verfügung gestellte Muster inhaltlich eingegriffen hat. Dann kann sie sich auf die mit einer unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht mehr berufen, unabhängig davon, ob der geänderte Teil der Musterbelehrung im konkreten Fall einschlägig ist (BGH, Urteil vom 28.06.2011, Az. XI ZR 349/10, juris Rn. 39).

Da die Widerrufsbelehrung der Beklagten insoweit von der Musterbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. abweicht und die Beklagte schon aus diesem Grund keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann, kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung auch wegen der anderen, vom Kläger zu 1) geltend gemachten Passagen von der Musterbelehrung abweicht.

Der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger zu 1) steht nicht der Einwand der Verwirkung entgegen.

Zwar können grundsätzlich auch unbefristete Gestaltungsrechte wie das Widerrufsrecht im Falle illoyaler Verspätung der Verwirkung unterliegen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 23 U 24/15, Juris Rn. 42). Die Voraussetzungen der Verwirkung sind hier jedoch nicht erfüllt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH v. 20.07.2010, Az. EnZR 23/09, Juris Rn. 20). Im vorliegend betroffenen Anwendungsbereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten sind strenge Anforderungen an das Umstandsmoment zu stellen (Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 34). Danach kommt hier eine Verwirkung nicht in Betracht. Die jahrelange unbeanstandete Durchführung des Vertrages allein reicht nicht aus, um von einer Verwirkung ausgehen zu können (Senat a.O. m.w.Nw.; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 [2149]; a. A.: OLG Frankfurt, Urteil vom 07.08.2015, Az. 19 U 5/15, Juris Rn. 59). Außer der langen Laufzeit des Vertrages steht damit kein Verhalten der Kläger im Raum, aus dem die Beklagte bei objektiver Betrachtung den Schluss ziehen durfte, die Kläger würden ihr Recht nicht mehr geltend machen. Überdies hat die Beklagte auch nicht vorgetragen, dass sie sich auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts eingerichtet hätte und ihr ein unzumutbarer Nachteil entstünde, falls der Widerruf Wirksamkeit entfaltete. Schließlich wäre die Beklagte auch nicht schutzwürdig. Nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Derjenige, der eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet, muss mithin regelmäßig mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechnen (vgl. (BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101-121, Juris Rn. 39; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 23 U 24/15, Juris Rn. 42). Die bloße Hoffnung der Beklagten, auf ihr eigenes Schweigen hin würde auch der Kläger die Anlageentscheidung im Laufe der Zeit vielleicht auf sich beruhen lassen, begründet die Schutzwürdigkeit der Beklagten jedenfalls nicht (Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 36). Sonstigen begründete Umstände, aufgrund derer die Beklagte im konkreten Fall nicht mehr mit einem Widerruf des Darlehensvertrages rechnen musste, liegen nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Beklagten stellt sich die Ausübung des Widerrufs nicht als unzulässige Rechtsausübung dar.

Dem Kläger zu 1) ist insbesondere nicht vorzuwerfen, sich mit der Erklärung des Widerrufs in einen mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht in Übereinstimmung zu seinem früheren Verhalten stehenden Widerspruch gesetzt zu haben. Allein der Umstand, dass ein Berechtigter bis zur Ausübung eines ihm eingeräumten Gestaltungsrechts den bestehenden Vertrag anerkennt, kann der Geltendmachung von Rechten nach der Ausübung grundsätzlich nicht entgegenstehen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 23 U 24/15, Juris Rn. 42), da andernfalls die vom Gesetzgeber in § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. getroffene Regelung in ihr Gegenteil verkehrt würde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2015, Az. 31 U 40/15, Juris Rn. 7). Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101-121, Juris Rn. 40). Eine solche vorrangige Schutzwürdigkeit kann ein Unternehmer nicht für sich beanspruchen, wenn er es – so wie hier – versäumt hat, den Verbraucher über sein Widerrufs bzw. Widerspruchsrecht zu belehren (vgl. BGH a.a.O.).

Die Geltendmachung des Widerrufsrechtes ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie zu einem Zweck erfolgte, der der Zwecksetzung der Norm, die das Widerrufsrecht grundsätzlich eröffnet, zuwiderliefe. Zwar liegen Sinn und Zweck eines Widerrufsrechts grundsätzlich darin, dem Kunden die Möglichkeit einzuräumen, die Sinnhaftigkeit des von ihm abgeschlossenen Vertrages im Nachhinein noch einmal zu überdenken und auf eine voreilige Entschließung überprüfen zu können. Dennoch kann von einem Rechtsmissbrauch auch dann nicht ausgegangen werden, wenn der Verbraucher – wie hier – für sich keinen Übereilungsschutz in Anspruch zu nehmen gedenkt, sondern aus dem Widerruf einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen will (BGH, Urteil vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 146/15, Juris Rn. 16 ff.; Senat, Urteil vom 26.08.2015, Az. 17 U 202/14, Juris Rn. 35). Nach der gesetzlichen Regelung kann ein Verbraucher das Widerrufsrecht ohne besondere Begründung ausüben (vgl. § 355 Abs.1 S.2 BGB a.F.); eine wie auch immer geartete „Gesinnungsprüfung“ findet nicht statt – und zwar weder innerhalb der Zwei-Wochen-Frist noch danach. Insofern ist es ohne Weiteres legitim, das Widerrufsrecht aus rein wirtschaftlichen Erwägungen geltend zu machen (BGH, Urteil vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 146/15, Juris Rn. 16 ff.; OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2015, Az. 6 U 148/14, Juris Rn. 44; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 [2148]; a.A.: OLG Hamburg, Urteil vom 02.04.2015, Az. 13 U 87/14, BeckRS 2015, 17033, […] Rn. 18 ff.).

Für die Darlehensverträge vom 22.09.2004 (Vertragsnummern … und …) geltend die vorstehenden Ausführungen in gleicher Weise, allerdings mit der Maßgabe, dass auf das Rechtsverhältnis der Kläger zu 1), 2) und 3) einerseits und der Beklagten andererseits die Regelungen des BGB und der BGB-InfoV in der vom 01.09.2002 bis zum 07.12.2004 geltenden Fassung anzuwenden sind (Art. 229 § 11 Abs. 1 EGBGB). Maßgeblich ist damit der Gestaltungshinweis Nr. 8 der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in dieser Fassung, der dem oben behandelten Gestaltungshinweis Nr. 9 der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der vom 08.12.2004 bis 31.03.2008 geltenden Fassung entspricht.

Für den Darlehensvertrag vom 30.09.2008 (Darlehensnummer …) gilt wie für den Darlehensvertrag vom 26.01.2005 nach der Überleitungsvorschrift des § 16 BGB-InfoV die BGB-InfoV in der vom 08.12.2004 bis 31.03.2008 geltenden Fassung, da die Widerrufsbelehrung den Darlehensnehmern vor dem 01.10.2008 mitgeteilt worden ist. Mithin ist nach den vorstehenden Erwägungen der insoweit erklärte Widerruf ebenfalls wirksam.

Die Berufung hat hingegen keinen Erfolg, soweit sich der Kläger gegen die Abweisung des den Darlehensvertrag vom 22.07.2010 betreffenden Feststellungsantrags wendet.

Der vom Kläger zu 1) erklärte Widerruf ist gem. §§ 495 Abs. 1 u. 2, 355 BGB i. V. m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB jeweils in der vom 11.06.2010 bis zum 29.07.2010 gültigen Fassung (a. F.) unwirksam, da er außerhalb der Frist des § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 BGB a. F. erklärt worden ist.

Nach §§ 495 Abs. 2, 355 Abs. 3 S. 1 BGB a. F. beginnt die Widerrufsfrist, wenn dem Verbraucher die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a. F. in Textform mitgeteilt worden sind. Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a. F. müssen im Vertrag Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie einen Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Diese Angaben sind in der als Ziff. 14 in den Darlehensvertrag eingefügten Widerrufsinformationen enthalten. Der Umstand, dass nach dieser Widerrufsinformation die Frist erst dann beginnt, wenn der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat, obwohl es insoweit an einer gesetzlichen Grundlage fehlt, da § 495 Abs. 2 Nr. 2 b BGB erst am 30.07.2010 in Kraft getreten ist, spielt keine Rolle. Selbst wenn sich die Beklagte an der von ihr eingefügten Regelung festhalten lassen müsste, entstünde ihr dadurch hier kein Nachteil. Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, hat der Kläger mit dem „Europäischen Standardisierten Merkblatt“ Informationen über die zuständige Aufsichtsbehörde und die Vertragslaufzeit erhalten. Auf die Frage, ob der diesbezügliche Vortrag des Klägers zu 1) in der Berufungsinstanz zulässig ist, kommt es mithin nicht an.

Der Kläger zu 1) kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Widerrufsinformation nicht von den übrigen Passagen des Darlehensvertrages abhebt. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB trifft keine Aussage darüber, dass die im Darlehensvertrag enthaltenen Angaben zur Widerrufsbelehrung textlich hervorzuheben sind. In Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB findet sich lediglich die Regelung: „Der Verbraucherdarlehensvertrag muss klar und verständlich folgende Angaben enthalten: (…)“. Hieraus ergibt sich lediglich das Erfordernis, dass klar und verständlich auf die Pflichtangaben hingewiesen werden muss. Die Widerrufsinformation ist daher ausreichend, wenn diese im Vertrag zwar nicht textlich hervorgehoben, aber ansonsten klar und verständlich auf die Widerrufsinformation hingewiesen wird (BGH, Urteil vom 23. Februar 2016 – XI ZR 549/14 -, Rn. 14, juris; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30. Juli 2015 – 6 O 214/15 -, Rn. 23, juris; Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 495 BGB, Rn. 4.1). Dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation trotz der Ankreuzoptionen klar und verständlich ist, hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung zutreffend ausgeführt. Dagegen bringt der Kläger zu 1) mit der Berufung im Einzelnen auch nichts vor.

Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlich aufgewendeten Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Die Voraussetzungen der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage der §§ 286, 280 BGB liegen nicht vor. Die anwaltliche Gebührenforderung ist zu einem Zeitpunkt entstanden, als sich die Beklagte noch nicht mit der Rückzahlung der aus den Darlehensverträgen empfangenen Leistungen im Verzug befunden hat. Die aufgewendeten Rechtsanwaltskosten beruhen mithin nicht auf dem Verzug der Beklagten, so dass sie keinen Verzugsschaden bilden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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