OLG Frankfurt am M. 17 U 77/16 Darlehen: Voraussetzung für das Vorliegen eines Fernabsatzgeschäftes

Juli 19, 2017

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 02.11.2016, Az.: 17 U 77/16
Darlehensvertrag: Voraussetzung für das Vorliegen eines Fernabsatzgeschäftes

vorgehend:

LG Gießen – 13.04.2016 – AZ: 2 O 319/15

Anmerkung: Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 13.04.2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen den Klägern zur Last.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Kläger wenden sich mit der Berufung gegen die Abweisung ihrer auf Feststellung der Umwandlung eines Darlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis gerichteten Klage.

Der Kläger zu 2) und die zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau des Klägers zu 2), deren Rechtsnachfolger die Kläger sind, nahmen als Verbraucher bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Angebots vom 28.10.2008 unter der Kontonummer A ein Darlehen im Nennbetrag von 50.000,- € auf. Das durch ein Grundpfandrecht gesicherte Darlehen diente der Finanzierung der Renovierung einer Immobilie und war mit nominal 5,27 % p.a. verzinst. Der Darlehensantrag enthält auf Blatt 4 die folgende, von den Darlehensnehmern gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung:

„Widerrufsbelehrung

Widerrufsrecht

Ich bin an meine Willenserklärung zum Abschluss dieses Vertrages nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.

Form des Widerrufs

Der Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.

Fristablauf

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir

– ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung

– und eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages

zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu senden an die Bank1, …straße, Stadt1

oder

Telefax-Nr.: (…) … oder E-Mail: …

Widerrufsfolgen

Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogenen Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Kann ich die von der Bank mir gegenüber erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren – beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erhaltenen Leistung ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kann dazu führen, dass ich die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der Bank erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss ich innerhalb von 30 Tagen nach Absendung meiner Widerrufserklärung und muss die Bank innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Widerrufserklärung erfüllen.

_______________________________________________

Ort / Datum Unterschrift(en) des Antragstellers/Mitantragstellers/Sicherungsgebers“

Wegen des weiteren Inhalts des Darlehensantrags einschließlich der Widerrufsbelehrung und der Allgemeinen Darlehensbedingungen wird auf deren Kopie (Anlage K 1 – Bl. 15 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 06.01.2015 erklärte der Kläger zu 2) den Widerruf des Darlehensvertrages. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 17.04.2015 zurück.

Die Kläger haben behauptet, der Vertragsabschluss habe sich außerhalb der Geschäftsräume der Beklagten vollzogen. Der Darlehensvertrag sei dem Kläger zu 2) und dessen Ehefrau von dem Versicherungsagenten V überbracht worden. Dabei habe Herr V eine bloße Botenfunktion ausgeübt. Herr V habe weder Erklärungen für die Beklagte abgeben, noch Fragen zum Darlehensvertrag beantworten können oder sollen. Der Kläger zu 2) und dessen Ehefrau hätten den Darlehensvertrag in ihrem Wohnhaus unterzeichnet. Das Datum und die Ortsangabe „Stadt2“ seien später von dritter Seite hinzugefügt worden. Mithin handele es sich bei dem Darlehensvertrag um ein Fernabsatzgeschäft.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der von ihnen erklärte Widerruf sei wirksam und nicht verfristet. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung entspreche nicht den Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a. F., da sie nicht zutreffend über den Beginn der Widerrufsfrist informiere. Insbesondere fehle der Hinweis, dass die Frist nicht zu laufen beginnt, bevor der Vertrag geschlossen und die Widerrufsbelehrung in Textform zur Verfügung gestellt worden ist. Auch auf die Voraussetzungen der §§ 312d, 312c BGB werde nicht hingewiesen. Abgesehen davon sei die Belehrung im Hinblick auf den Fristbeginn irreführend, da sie beim Verbraucher die unzutreffende Vorstellung hervorrufen könne, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung. Fehlerhaft sei zudem die Angabe des Widerrufsadressaten. Nach der erteilten Belehrung sei der Widerruf gegenüber der Bank1 zu erklären. Dies täusche darüber hinweg, dass der Widerruf auch gegenüber der Darlehensgeberin, hier der Bank2 erklärt werden könne. Darüber hinaus habe die Beklagte auch nicht zutreffend über die Folgen des Widerrufs belehrt. Die von der Beklagten verwendete Zwischenüberschrift erwecke den Eindruck, dass der Widerruf nur dann erklärt werden könne, wenn der Verbraucher die Leistung bereits erhalten habe. Auch fehle eine Information über die Verpflichtungen der Bank zur Rückgewähr im Fall der Erklärung des Widerrufs. Der Verbraucher werde zudem nicht auf die 30-tägige Frist zur Rückerstattung hingewiesen. Schließlich entspreche die verwendete Belehrung nicht dem Deutlichkeitsgebot. Die Belehrung sei nicht hinreichend vom restlichen Vertragstext abgesetzt.

Die Frist habe hier aber auch deshalb nicht zu laufen begonnen, da die Beklagte den Darlehensnehmern keine Vertragsurkunde bzw. eine Kopie der Vertragsurkunde (einschließlich Kopie der Unterschriften) zur Verfügung gestellt habe. Die Darlehensnehmer hätten lediglich eine nicht unterzeichnete Fassung des Darlehensantrags erhalten.

Die Beklagte hat vorgetragen, es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn die Darlehensnehmer das für sie bestimmte Exemplar ihres Darlehensantrags nicht unterzeichnet hätten. Es sei den Klägern verwehrt, aus der versäumten Unterzeichnung nunmehr Vorteile zu ziehen.

Ein Zustandekommen des Darlehensvertrags im Wege des Fernabsatzes hätten die Kläger nicht dargelegt. Die Kläger behaupten selbst nicht, dass die Vertragserklärung unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgegeben worden seien. Die Übermittlung des Vertrags per Boten begründe kein Fernabsatzgeschäft. Im Übrigen verfüge die Beklagte für den Abschluss von Darlehensverträgen nicht über ein für den Fernabsatz organisiertes Betriebs- oder Dienstleistungssystem.

Die erteilte Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die Belehrung über den Fristbeginn sei zutreffend und unmissverständlich. Gleiches gelte für den Rechtsfolgenhinweis. Dem Deutlichkeitsgebot sei Genüge getan.

Jedenfalls stehe der Ausübung eines eventuell bestehenden Widerrufsrechts jedenfalls der Einwand der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs entgegen.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird insoweit gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die begehrte Feststellung sei nicht zutreffend, da der vom Kläger zu 2) erklärte Widerruf erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erklärt worden sei und sich das Darlehensverhältnis deshalb nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung habe die Widerrufsfrist in Gang gesetzt.

Die Belehrung entspreche in ihrer äußeren Gestaltung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. Sie hebe sich vom übrigen Vertragstext drucktechnisch deutlich ab, da sie auf einer eigenen Seite abgedruckt und vom Kläger zu 2) und dessen Ehefrau gesondert unterschrieben worden sei. Darüber hinaus hebe sie sich durch die fettgedruckte Überschrift und die doppelte Umrahmung deutlich vom vorangehenden Vertragstext ab.

Die erteilte Belehrung sei auch inhaltlich ordnungsgemäß. Insbesondere genüge sie im Hinblick auf den Fristbeginn den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. Durch das Voranstellen des Possesivpronomens „mein“ bzw. „meines“ werde hinreichend deutlich, dass nicht allein das bloße Antragsformular ausreiche, um die Frist in Lauf zu setzen, sondern dass es sich um das Antragsformular des Verbrauchers, d.h. um seine in diesem Formular verkörperten Willenserklärung handeln müsse. Ein Irrtum über die Voraussetzungen des Fristbeginns, wie ihn die Kläger postulierten, sei damit ausgeschlossen.

Die Frist habe im vorliegenden Fall auch dann begonnen, wenn die Darlehensnehmer das für sie vorgesehene Exemplar nicht unterschrieben hätten, wie sie geltend machen. Den Darlehensnehmern sei es ohne Weiteres möglich gewesen, das für sie vorgesehene Exemplar ihres Darlehensantrags zu unterzeichnen. Wenn sie dies unterlassen hätten, gehe dies nicht zulasten der Beklagten. Mithin sei den Darlehensnehmern in jedem Fall eine Abschrift ihres Antrages überlassen worden. Dass diese Abschrift die Unterschriften der Darlehensnehmer tragen müsse, lasse sich § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. nicht entnehmen. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung müsse der Verbraucher im Besitz einer Vertragserklärung sein, um die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen zu können. Dies sei hier der Fall, da der Beklagte zu 2) und dessen Ehefrau auch mit dem nicht unterschriebenen Exemplar ihres Antrags alle wesentlichen Informationen über ihre Vertragserklärung in der Hand gehalten hätten.

Ein Hinweis darauf, dass die Widerrufsfrist erst mit Abschluss des Vertrages beginne, sei entbehrlich, da der Vertrag nicht im Wege des Fernabsatzes zustande gekommen sei. Hier seien die Vertragserklärungen der Parteien nicht ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln übermittelt worden. Das Handeln des Versicherungsagenten, wie es die Kläger vorgetragen hätten, sei nicht als reine Botentätigkeit anzusehen. Der Versicherungsagent habe weitergehende Dienstleistungen, für die er auch ein gewisses Vertrauen in Anspruch nehme, erbracht. Selbst wenn im vorliegenden Fall der eingeschaltete Versicherungsagent keine Informationen zum streitgegenständlichen Darlehensvertrag gegeben habe oder habe geben können, sei seine Funktion nicht mit der eines Postzustellers vergleichbar. Während ein Postzusteller nicht über die nötige Zeit verfüge, um abzuwarten, dass der Empfänger die übersandte Ware prüfe und sich mit den Vertragsbedingungen des Versenders vertraut mache, stehe der Versicherungsagent bei Bedarf als Ansprechpartner zur Verfügung und könne gegebenenfalls weitergehende Informationen einholen.

Dass die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht darüber aufkläre, dass diese die Frist nur in Lauf setze, wenn sie auch in Textform erteilt worden sei, sei nicht zu beanstanden. Der Verbraucher könne dem verwendeten Begriff „Exemplar“ entnehmen, dass die Belehrung schriftlich abgefasst sein müsse. Insoweit dürfte das allgemein gebräuchliche Wort „Exemplar“ noch besser verständlich sein als der gesetzessprachliche Terminus „Textform“.

Die Belehrung sei im Hinblick auf den Widerrufsadressaten zutreffend. Die Beklagte sei selbst Darlehensgeberin und deshalb unzweifelhaft Adressatin des Widerrufs.

Schließlich sei die Belehrung auch im Hinblick auf die Widerrufsfolgen nicht zu beanstanden. Zum einen sei die Belehrung nach der damaligen Gesetzeslage nicht zwingend vorgesehen. Zum anderen sei die Belehrung auch inhaltlich zutreffend. Insbesondere sei die verwendete Zwischenüberschrift nicht verwirrend. Im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Text könne der Verbraucher eindeutig erkennen, dass er auch ohne vorherigen Leistungsaustausch seine Vertragserklärung widerrufen könne. Die von den Klägern vermissten Hinweise auf den zu entrichtenden Nutzungsersatz sowie die 30-tägige Frist zur Erstattung der empfangenen Leistungen seien in der Belehrung enthalten.

Dagegen wenden sich die Kläger mit der Berufung.

Die Kläger machen geltend, das Landgericht habe verkannt, dass die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. nur dann zu laufen beginne, wenn die Bank dem Verbraucher den beidseitig unterzeichneten Darlehensvertrag oder eine Abschrift des Darlehensvertrages mit Kopie der beiden Unterschriften oder den schriftlichen Darlehensantrag des Verbrauchers einschließlich dessen Unterschrift oder eine Kopie desselben einschließlich der Unterschrift zur Verfügung stelle. Da bei den Darlehensnehmern lediglich ein nicht unterzeichnetes Exemplar ihres Darlehensantrags verblieben sei, habe die Frist hier nicht zu laufen begonnen.

Darüber hinaus habe das Landgericht fehlerhaft das Vorliegen eines Fernabsatzgeschäfts verneint. Entgegen der Ansicht des Landgerichts liege ein Fernabsatzgeschäft vor. Das Landgericht habe die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zum Einsatz von Boten bei der Übermittlung der Vertragserklärungen verkannt. Insbesondere habe das Landgericht den Vortrag der Kläger, Herr V habe keine hinreichende Kompetenz zur Weitergabe von Informationen betreffend den streitgegenständlichen Darlehensvertrag gehabt, unberücksichtigt gelassen.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei die Verwendung des Begriffs „Exemplar“ nicht besser verständlich als der vom Gesetz vorgesehene Begriff „Textform“. Dies gelte insbesondere deshalb, weil im vorstehenden Absatz der erteilte Widerrufsbelehrung der Begriff „Textform“ verwendet werde und der Verbraucher deshalb damit rechnen müsse, dass es sich um etwas anderes handele.

In Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags bringen die Kläger vor, der Kläger zu 2) habe etwa 6 bis 8 Wochen vor der Unterzeichnung des Darlehensvertrags gegenüber dem bereits mehr als 10 Jahre als Versicherungsmakler für den Kläger zu 2) und dessen Ehefrau tätigen Herrn V geäußert, dass er einen Finanzierungsbedarf in Höhe von ca. 50.000,00 € für Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten an dem vom Beklagten zu 2) und dessen Ehefrau bewohnten Haus habe. Herr V habe daraufhin geäußert, dass er vielleicht eine Idee habe und gegebenenfalls ein solches Darlehen besorgen könne. Nachdem Herr V mitgeteilt habe, dass „das mit dem Darlehen über die Bank1 klappe „, sei er mit den Vertragsformularen beim Kläger zu 2) und dessen Ehefrau erschienen, habe diese unterzeichnen lassen und habe die unterschriebenen Formulare sodann zur Beklagten gebracht.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des am 13.04.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Gießen, Az.: 2 O 319/15, die Beklagte wie folgt zu verurteilen:

es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag Nr. B über 50.000,00 € mit Widerruf vom 06.01.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die angefochtene Entscheidung.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.

Die landgerichtliche Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die von den Klägern begehrte Feststellung war nicht zu treffen. Der Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Vertragserklärungen des Klägers zu 2) und dessen Ehefrau (Darlehensnehmer) hat den Darlehensvertrag nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs war die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (a. F.), Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB, bereits abgelaufen.

Den von den Klägern mit der Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorgebrachten Einwendungen ist die rechtliche Anerkennung zu versagen.

Für den Beginn der Widerrufsfrist ist es ohne Belang, dass die den Darlehensnehmern von der Beklagten zur Verfügung gestellte Abschrift des Darlehensantrages nicht die Unterschrift der Darlehensnehmer trägt. Entgegen der Ansicht der Kläger ist eine Abschrift nicht zu unterschreiben. Die Abschrift eines unterzeichneten Schriftstücks unterscheidet sich vom Original dadurch, dass das Original die Unterschrift des Unterzeichnenden trägt, während die Unterschrift auf der Abschrift durch „gez. (Name)“ kenntlich gemacht wird, es sei denn, es handelt sich bei der Abschrift um eine Ablichtung (Fotokopie), die auch die Unterschrift widergibt. Der Kenntlichmachung der Unterschrift bedurfte es hier nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a. F. auf der Abschrift des Darlehensantrages indes ebenfalls nicht. Bei schriftlich abzuschließenden Verträgen – wie hier dem Darlehensvertrag – soll § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a. F. sicherstellen, dass dem Verbraucher der Text des Vertrages bzw. seiner Vertragserklärung vorliegt, denn der Verbraucher kann die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht nur wahrnehmen, wenn der Bezugsgegenstand seiner Überlegung, hier der Kreditvertrag, vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 – XI ZR 508/07 -, Rn. 16, juris). Der Umstand, dass das Original des Antrags die Unterschrift des Verbrauchers trägt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Es bedarf deshalb auch nicht eines Vermerks auf der Abschrift, dass das Original eine Unterschrift trägt, zumal den Darlehensnehmern diese Tatsache bekannt ist.

Die den Darlehensnehmern von der Beklagten erteilte Belehrung ist nicht fehlerhaft, obgleich sie keinen Hinweis auf die im Fall des Vorliegens eines Fernabsatzgeschäfts bestehenden weiteren Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist enthält. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Vertragsschluss nicht im Wege des Fernabsatzes erfolgt ist, so dass ein derartiger Hinweis nicht veranlasst war. Nach § 312b Abs. 1 S. 1 BGB a. F. sind Fernabsatzverträge Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Fernkommunikationsmittel i. d. S. sind nach § 312b Abs. 2 BGB a. F. Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste. Der Schutzzweck der §§ 312b bis 312d BGB a. F. gebietet es, es als Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zu bewerten, wenn bei Vertragsschluss oder -anbahnung ein Bote beauftragt wird, der zwar dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenüber tritt, jedoch über den Vertragsinhalt und insbesondere über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine näheren Auskünfte geben kann und soll (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – III ZR 380/03 -, BGHZ 160, 393-400, Rn. 20). Die Fernabsatzvorschriften sollen zwei für Distanzgeschäfte typische Defizite ausgleichen: Der Verbraucher kann vor Abschluss des Vertrages die Ware oder die Dienstleistung nicht prüfen, und er kann sich an keine natürliche Person wenden, um weitere Informationen zu erlangen. Diese Defizite vermag eine Person, deren Rolle sich auf die Botenfunktion in dem oben geschilderten engen Sinn beschränkt, trotz ihrer körperlichen Anwesenheit nicht zu beheben. Der Verbraucher ist in diesen Fällen ebenso schutzwürdig wie bei einem Vertragsschluss durch den Austausch von Briefen, bei dem er dem Post- oder Kurierboten nicht notwendig persönlich gegenüber steht (BGH, a.a.O. Rn. 21). Etwas anderes gilt dann, wenn die eingeschaltete Person nicht darauf beschränkt ist, Willenserklärungen und Waren zu überbringen und entgegenzunehmen, sondern in der Lage und damit beauftragt ist, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben. Dies kann beispielsweise für Vermittler, Verhandlungsgehilfen oder sonstigen Repräsentanten des Unternehmens, die wegen der Einzelheiten der Leistung Rede und Antwort stehen, gelten (BGH, a.a.O. Rn. 22; RegE BT-Drs. 14/2658 S. 30). Im vorliegenden Fall haben sich die Darlehensnehmer – den Vortrag der Kläger als zutreffend vorausgesetzt – jedenfalls bei der Anbahnung des Darlehensvertrages durch die Einschaltung des Versicherungsagenten bzw. Versicherungsmaklers V nicht eines Boten im engeren Sinne bedient. Herr V war nach dem Vorbringen der Kläger nicht bloßer Überbringer von mündlichen bzw. schriftlichen Willenserklärungen der Parteien. Er hat vielmehr die Funktion eines von den Darlehensnehmern beauftragten Verhandlungsgehilfen ausgeübt. Wie die Kläger vorbringen, haben die Darlehensnehmer gegenüber Herrn V lediglich geäußert, dass sie ein Darlehen über 50.000,- € zur Finanzierung geplanter Renovierungsarbeiten benötigen. Alles weitere, insbesondere die Auswahl des Kreditinstituts, das Erfragen oder Aushandeln der Darlehenskonditionen (Zinssatz, anfängliche Tilgung, Zinsbindungszeitraum) und des Entgelts für die Sicherheitenbearbeitung haben die Darlehensnehmer Herrn V überlassen, der auch insoweit tätig geworden ist. Da Herr V seinerseits persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern der Beklagten als auch mit den Darlehensnehmern hatte, die Vertragsanbahnung also nicht ausschließlich mittels Fernkommunikationsmitteln erfolgt ist, müssen sich die Kläger so behandeln lassen, als wären die Darlehensnehmer selbst in der Filiale der Beklagten vorstellig geworden und hätten dort die Darlehenskonditionen erfragt oder gar ausgehandelt. Die entgegenstehende Rechtsauffassung der Kläger würde dazu führen, dass ein Verbraucher, der das Führen der Verhandlungen über die Vertragskonditionen im persönlichen Kontakt mit dem Unternehmer einem Dritten überlässt, besser stünde als ein Verbraucher, der diese Verhandlungen selbst führt. Hierfür besteht indes kein Anlass, da aufgrund des persönlichen Kontakts zwischen dem Verhandlungsgehilfen und dem Unternehmer die Defizite des Fernabsatzes nicht bestehen. Der Verhandlungsgehilfe kann für den Verbraucher die Ware prüfen bzw. wie vorliegend den Inhalt der Leistungen mit dem Unternehmer erörtern und Nachfragen stellen.

Anders als die Kläger meinen, ist die von der Beklagten verwendete Belehrung auch nicht deshalb in Bezug auf den Fristbeginn fehlerhaft, weil der Verbraucher nicht darüber aufgeklärt werde, dass die Belehrung in Textform zur Verfügung gestellt werden müsse. Wie der Senat bereits entschieden hat, reicht die hier von der Beklagten gewählte Formulierung, die Frist beginne, „nachdem […] ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung […] zur Verfügung gestellt wurden“, als Hinweis auf die Textform der Belehrung aus. Auch aus dieser Formulierung ergibt sich, dass eine bloße Kenntnisnahme durch den Verbraucher nicht genügt, sondern dass er eine Verschriftlichung der Belehrung (sei es auf Papier oder in elektronischer Form) erhalten muss. Insoweit dürfte die Verwendung des allgemeingebräuchlichen Wortes „Exemplar“ sogar noch besser verständlich sein als die des gesetzessprachlichen Terminus „Textform“ (OLG Frankfurt, Verfügung vom 21. Dezember 2015 – 19 U 160/15 -, Rn. 48, juris; Senat, Beschluss vom 02. Mai 2016 – 17 U 4/16). Dass die Beklagte in der Belehrung an anderer Stelle den Begriff „Textform“ verwendet, steht diesem Verständnis nicht entgegen.

Die Kosten der Berufung fallen den Klägern zur Last, da sie unterlegen ist (§ 97 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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