OLG Frankfurt am Main, 02.03.2017 – 3 U 56/07

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 02.03.2017 – 3 U 56/07
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 19. Zivilkammer – v. 09.02.2007 (2/19 O 153/06) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten beider Instanzen sowie die Kosten des Revisionsverfahrens.

Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten aus dem berufungsurteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des nach dem Berufungsurteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger hat den Beklagten, der als gerichtlicher Sachverständiger im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens tätig war, auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Amtsgericht Z hatte den Beklagten mit einer Schätzung des Verkehrswertes für das zu versteigernde Grundstück Xweg in Stadt A-Ortsteil B beauftragt. Der Sachverständige schätzte das Anwesen auf einen Wert von insgesamt € 109.000,–, der sich aus einem Grundstückswert von € 66.276,– und einem Gebäudewert von € 51.904,– zusammensetzte. Auf der Grundlage dieses Gutachtens ersteigerte der Kläger das Grundstück zu einem Preis von € 69.900,–. Er beabsichtigte, das Haus zu renovieren und anschließend zu vermieten.

Der Kläger hat behauptet, das Gutachten des Beklagten sei in einer Vielzahl von Punkten unrichtig und meint, er sei so zu stellen, wie er stünde, wenn das Haus der Beschreibung des Gutachtens entspräche. Daraus ergebe sich ein Schaden von € 191.542,–.

Der Beklagte hat sein Gutachten im Wesentlichen für zutreffend gehalten, jedenfalls habe er nicht grob fahrlässig falsch geschätzt. Ohnehin sei es nicht seine Aufgabe gewesen, Mängel im Gebäude festzustellen. Der Kläger habe darüber hinaus keinen Schaden erlitten.

Das Landgericht, auf dessen Urteil zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen verwiesen wird, hat die Akte des von dem Kläger angestrengten selbständigen Beweisverfahrens (Landgericht Y, …) beigezogen und Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Durch das angefochtene Urteil hat es die Klage abgewiesen. Zwar gelte die einschlägige Vorschrift des § 839 a BGB auch für den im Zwangsversteigerungsverfahren beauftragten Wertgutachter im Verhältnis zum Ersteigerer; jedoch habe der Beklagte nicht vorsätzlich oder grob fährlässig gehandelt. Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird im Übrigen verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Ziel weiter und rügt die Wertungen des Landgerichts.

Der Kläger hat beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 191.542,– nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines weiteren Gutachtens des Sachverständigen SV1 sowie durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen SV2. Der Sachverständige SV2 hat sein Gutachten schriftlich ergänzt und das Gutachten mündlich erläutert.

Durch Urteil vom 10.10.2012 (3 U 56/07) ist der Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Klage und Berufung des Klägers verurteilt worden, an den Kläger € 50.579,41 als Schadensersatz zu zahlen.

Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof auf die Revision des Beklagten durch Urteil vom 10.10.2013 (Az. III ZR 345/12) aufgehoben und zurückverwiesen (siehe Beiakte).

Es ist daraufhin weiter Beweis erhoben worden durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen SV3. Auf dessen schriftliche Äußerungen vom 06.05.2015 (Band 6, Bl. 145 d.A.) und vom 11.02.2016 (Band VI, Bl. 214 – 218 d.A.) sowie seine mündlichen Erläuterungen vom 14.10.2015 (Band VI, Bl. 199 – 202 d.A.) und vom 25.01.2017 (Band VI, Bl. 254 – 258 d.A.) wird verwiesen.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 50.578,41 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

II.

Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung hat jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keinen Erfolg und war zurückzuweisen. Der allein in Betracht kommende Anspruch aus § 839 a Abs. 1 BGB besteht nicht, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beklagte das angegriffene Wertgutachten grob fahrlässig oder vorsätzlich falsch erstattet hat.

Dass § 839 a BGB auch für Ansprüche des Meistbietenden im Zwangsversteigerungsverfahren gegen den Verkehrsgutachter Anwendung findet, hat bereits das Landgericht zutreffend bejaht.

Der Anspruch aus § 839 a BGB setzt ein unrichtiges Gutachten voraus, was der Fall ist, wenn das Gutachten nicht der objektiven Sachlage entspricht; dies ist insbesondere der Fall, wenn es von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht oder aus dem festgestellten Sachverhalt falsche Schlüsse zieht (BGH, Urteil vom 10.10.2013 – III ZR 345/12 m.w.N.). Grobe Fahrlässigkeit erfordert in diesem Zusammenhang einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Der Gutachter muss dabei dasjenige unbeachtet gelassen haben, was jedem Sachkundigen hätte einleuchten müssen, und seine Pflichtverletzung muss schlechthin unentschuldbar sein (BGH a.a.O., m.w.N. aus der Rechtspr.).

Hieran gemessen kann eine grob fahrlässige oder vorsätzliche Erstattung des Wertgutachtens durch den Beklagten nicht festgestellt werden.

Der Kläger leitet dies im Wesentlichen, was den Zustand des Hauses betrifft, aus den Feststellungen her, die der Sachverständige SV1 im selbständigen Beweisverfahren in seinem Gutachten vom 05.07.2005 getroffen hat. Grundsätzlich ist allerdings darauf abzustellen, wie sich das Objekt für den Beklagten darbot, als er es zum Zwecke der Erstellung seines Wertgutachtens am 11.02.2003 besichtigte. Der Sachverständige SV1, ein Bausachverständiger für Gebäudeschäden, hat das Haus erst über zwei Jahre später, nämlich am 03.03.2005 besichtigt. Der Sachverständige SV1 hat in seinem Gutachten unter Nr. 3.25.1 (S. 47) darauf hingewiesen, dass sowohl der Beklagte als auch er selbst nur augenscheinliche Feststellungen getroffen haben und dass der wesentliche Unterschied darin lag, dass der Beklagte das Gebäude im bewohnten Zustand mit verkleideten Wänden, Decken und Deckenuntersichten gesehen hat, während der Sachverständige SV1 das Gebäude im weitgehend entkernten baulichen Zustand, mit freiem Blick auf die bei der Ortsbesichtigung noch vorhandenen und vom Antragsteller noch nicht ausgebauten und abgerissenen tragenden Bauteilen gesehen hat. Schon der Sachverständige SV1 hat darauf hingewiesen, dass die Erkenntnisse aus den beiden Ortsbesichtigungen, also derjenigen des Beklagten und seine eigenen kaum miteinander vergleichbar sind. In seinem Ergänzungsgutachten vom 7.9.2005 (dort Seite 5 und 6) hat er ferner ausgeführt, dass die Fäulnisschäden und die Schäden am Fachwerk nicht ohne Bauteilöffnung bzw. „nicht direkt und nicht offensichtlich“ zu erkennen gewesen seien.

Der Beklagte hat in seinem Wertgutachten gemäß seinen Ausführungen auf S. 8 (Bl. 20 d.A.) Baumängel und Bauschäden so weit aufgenommen, wie sie zerstörungsfrei, d.h. offensichtlich erkennbar waren. Unter der Rubrik „Baumängel/Bauschäden“ hat er auf S. 12 angegeben: „Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden“. Als sonstige Besonderheit hat er einen Unterhaltungsstau festgestellt. Zum Zustand des Gebäudes hat der Beklagte auf S. 13 seines Gutachtens unter der Rubrik „Bauschäden und Baumängel“ ausgeführt: „Erkennbar, Feuchtigkeitsschäden; Putzschäden“. Am Ende dieses Abschnittes hat er als Allgemeinbeurteilung ausgeführt: „Der bauliche Zustand ist befriedigend. Es besteht ein erheblicher Unterhaltungsstau und allgemeiner Renovierungsbedarf.“ Auf S. 20 des Gutachtens hat er für Bauschäden, Unterhaltungsstau und Modernisierungserfordernisse eine Verkehrswertminderung von € 20.500,– kalkuliert. Zusammenfassend betrachtet hat der Beklagte somit zwar Feuchtigkeitsschäden angenommen, aber deren Ausmaß nicht festgestellt, jedoch darauf hingewiesen, dass er keine Bauteilöffnungen vorgenommen hat.

Im Unterschied dazu und nach Bauteilöffnung hat der Sachverständige SV1 (S. 42 seines Gutachtens) festgestellt, dass die Hölzer der freigelegten Außenwände im unteren Schwellenbereich und an den unteren Enden von Pfosten und Streben erheblich geschädigt und durch Fäulnis weitgehend zerstört sind. Der Sachverständige ist ferner auf den augenscheinlich erkennbaren Zustand für den Beklagten eingegangen, und hat hierzu die von dem Beklagten zu den Akten gereichten Fotos ausgewertet (S. 49 – 52 des Gutachtens). Dabei hat der Sachverständige SV1 ausgeführt, der Beklagte hätte aus technischer Sicht erkennen können, dass die durchfeuchteten Außenputzflächen auch im Bereich der Decke über Kellergeschoss und damit auch im Bereich der dort eingemauerten Balkenköpfe vorhanden sind. Er hätte ferner daraus ableiten können, dass die Fachwerkhölzer der Außenwand aber damit auch die Balkenköpfe der Decke über Keller erheblichen Feuchtebelastungen ausgesetzt sind und dass bei einem so alten Haus das Risiko von Fäulnisschäden des Holzwerkes nicht auszuschließen ist.

Dazu ist anzumerken, dass der Beklagte, anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte – und diesbezüglich besonders sachkundige – Gutachter für Bauschäden im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts sich begnügen darf und dass er erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen muss, wenn hierzu nach den Umständen des konkreten Falles Anlass besteht. Der Sachverständige SV1 hat die Lichtbilder aus der Sicht eines Bausachverständigen für Bauschäden beurteilt, weswegen er von einer Ableitung aus technischer Sicht ausgegangen ist, die nicht Aufgabe des Beklagten als Wertgutachter war. Genau diesen Unterschied zwischen dem Pflichtenkreis eines Wertgutachters und eines Gutachters für Gebäudeschäden hat auch der Sachverständige SV1 betont. Ergänzend ist ferner auf den oben zitierten Hinweis des Sachverständigen SV1 in seinem Ergänzungsgutachten vom 7.9.2005 abzustellen, wonach die Fäulnisschäden und die Schäden am Fachwerk nicht direkt und nicht offensichtlich erkennbar waren.

Der Sachverständige SV1 hat ferner ausgeführt, aus technischer Sicht könne die Aussage des Beklagten, es handele sich um einen befriedigenden baulichen Allgemeinzustand, nicht getroffen werden. Auch diese Aussage ist wieder unter dem Vorbehalt zu sehen, dass der Sachverständige SV1 sie aus technischer Sicht getroffen hat. Der Sachverständige SV1 hält dies zwar – wie seine Ausführungen auf S. 54 seines Gutachtens erkennen lassen – auch aus Sicht des Beklagten nicht für haltbar, jedoch lässt sich auch aus dieser Aussage kein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Beklagten herleiten, zumal auch hier auf den unterschiedlichen Zustand des Besichtigungsobjektes hingewiesen wird. Im Übrigen ist auf den Zusammenhang zu verweisen, in welchem diese Einstufung steht (BGH a.a.O. Rz. 40 a.E., zit. aus Juris)

Eine andere Einschätzung der Sachlage ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Sachverständigen SV3. Der Sachverständige SV3 hat zu der Frage, ob der Beklagte die behaupteten Bauschäden zum Besichtigungstermin am 11.02.2003 erkennen konnte ausgeführt, an Hand des vorhandenen Bildmaterials könne er hierzu keine Aussage treffen. Er hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in dem Gutachten des Sachverständigen SV1 Detailaufnahmen von freigelegtem Fachwerk zu sehen sind, also nach Bauteilöffnung oder sogenannten zerstörenden Untersuchungen. Auf diesen Unterschied hat bereits der Sachverständige SV1 hingewiesen. Der Sachverständige SV3, der selbst Wertgutachter ist, hat ausgeführt, er nehme keine Bauteilöffnungen bei seinen Bewertungen vor, benenne aber sichtbare Baumängel. Hätte er einen Zustand vorgefunden, wie sie im Gutachten des Sachverständigen SV1 in den Bildern, insbesondere auch auf Lichtbild Nr. 62 wiedergegeben sind, so hätte er auf das Erfordernis eines Bausachverständigen hingewiesen. Auch hier ist wiederum darauf zu verweisen, dass diese Lichtbilder nicht den Zustand wiedergeben, der sich dem Beklagten bei seiner Besichtigung bot. Von daher ist auch der Sachverständige SV3 schließlich bei seiner Einschätzung geblieben, dass er letztlich keine Aussage dazu treffen könne, ob für den Beklagten die behaupteten Bauschäden bei seiner Besichtigung am 11.2.2003 erkennbar gewesen sind oder nicht.

Angesichts des Umstandes, dass der Beklagte in seinem Gutachten jedenfalls auf Putzschäden und Feuchtigkeitsschäden hingewiesen hat und unter Einbeziehung dieser Positionen einen Verkehrswertabschlag von € 20.500,– vorgenommen hat, kann grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten nicht angenommen werden, da gesicherte Feststellungen auf den Zustand, der sich dem Beklagten bei der Besichtigung des Objektes bot, nicht getroffen werden können. Die in dem aufgehobenen Urteil des Senats getroffene Feststellung, die Mängel seien „mit Händen zu greifen gewesen“ kann daher für den maßgeblichen Stichtag 11.2.2003 und angesichts der Funktion des Beklagten als Verkehrswertgutachter nicht aufrecht erhalten werden.

Der Vorwurf einer zumindest grob fahrlässigen Fehleinschätzung kann dem Beklagten auch nicht gemacht werden, soweit er eine Restnutzungsdauer des Objektes von 27 Jahren zum Zeitpunkt der Besichtigung angenommen hat. Aus den Ausführungen des Sachverständigen SV3 ergibt sich, dass zunächst das wirkliche Alter des Gebäudes (106 Jahre zum Zeitpunkt der Besichtigung) und die Lebensdauer zu unterscheiden sind. Der Sachverständige SV3 ist von einer technischen Lebenszeit des Gebäudes von 80 Jahren ausgegangen, ein Ansatz, den auch der Sachverständige SV1 in seinem Ausgangsgutachten (dort S. 58) für richtig und zutreffend befunden hat.

Der Sachverständige SV3 hat weiter ausgeführt, dass die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Objektes bei regelmäßigen Erhaltungsmaßnahmen länger als 80 Jahre zu veranschlagen ist. Die Vorgehensweise des Beklagten hat er so erklärt, dass dieser von einem fiktiven Baujahr 1950 ausgegangen sein müsse, so dass bei einer technischen Lebenszeit von 80 Jahren sich am Stichtag 11.2.2003 eine Restnutzungsdauer von 27 Jahren ergibt. Der Sachverständige SV3 hat darauf hingewiesen, dass ausweislich des Gutachtens des Beklagten nach Angaben des Eigentümers im Jahre 1981 leichte Renovierungen stattgefunden haben. Diese hat der Sachverständige SV3 als Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung angesehen, um die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes zu erhalten. Dass dem Beklagten insoweit eine zumindest grob fahrlässige Fehleinschätzung unterlaufen wäre, zeigt die Berufung nicht auf.

Das gleiche gilt, soweit der Kläger dem Sachverständigen einen Verstoß gegen § 16 Abs. 4 WertV vorwirft. Der Sachverständige SV3 hat hierzu ausgeführt, er könne aufgrund der Aktenlage nicht feststellen, inwieweit der Beklagte die wirtschaftliche Restnutzungsdauer richtig eingeschätzt habe. Er hat die Feststellung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer als komplex und nicht einfach schematisch zu ermitteln beschrieben und auf die Gegebenheiten abgestellt, die im Rahmen einer Ortsbesichtigung festgestellt werden. Eben diese Gegebenheiten am 11.2.2003 konnten indes nicht mehr nachvollziehbar ermittelt werden.

Die Behauptung, die Wandstärke des Fachwerkgebäudes betrage nur 12 cm, ist für die hier zu treffende Entscheidung nicht relevant, der Sachverständige SV3 konnte sie aus den Gerichtsakten und den darin befindlichen Planunterlagen auch nicht bestätigen.

Die Behauptung, die Kellerdecke sei zwischen Ölkeller und Küche baufällig gewesen, stellt weder auf den relevanten Zeitpunkt ab noch darauf, dass es sich um einen für den Beklagten erkennbaren Zustand gehandelt habe. Im Übrigen handelt es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen SV3 um eine Frage, die in das Fachgebiet eines Bausachverständigen fällt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob die Errichtung eines Öllagers im Fachwerkgebäude unzulässig ist. Dies zu beurteilen ist Aufgabe der Bauaufsicht.

Die Behauptung, der Beklagte habe auf Seite 43 des Wertgutachtens eine falsche Bauzeichnung als Dachgeschoss testiert, konnte der Sachverständige SV3 ebenfalls nicht bestätigen. Der Sachverständige hat hierzu in seiner mündlichen Anhörung ausgeführt, es gehe vermutlich um die Frage, ob das Dachgeschoss als Wohneinheit deklariert ist oder nicht. Aus den bei den Akten befindlichen Planunterlagen habe man dies nicht erkennen können. Es habe sich hier um ganz alte Planunterlagen gehandelt.

Die Frage, ob der Beklagte eine verrottete und lebensgefährliche Elektroanlage des Objektes in seinem Gutachten verschwiegen hat, konnte der Sachverständige SV3 nicht beantworten, weil das vorhandene Bildmaterial hierzu nichts hergab, um dies beurteilen zu können.

Letztlich konnte nicht geklärt werden, ob der Beklagte zu dem zwangsversteigerten Grundstück zu Unrecht Außenanlagen, namentlich Stützmauern oder Einfriedungen hinzugerechnet hat, die zu einem anderen Grundstück gehörten. Es bleibt bereits offen, ob der Beklagte dies überhaupt erkennen konnte, denn der Sachverständige SV3 hat angegeben, vor Ort sei dies nur schwer festzustellen und auch heranzuziehende Liegenschaftskarten träfen oft keine eindeutige Aussage. Der Sachverständige SV3 hat seine Verfahrensweise so beschrieben, dass er Stützmauern und Einfriedungen in seine Bewertungen mit einbezieht, wenn er den Eindruck hat, dass diese zu dem bewertenden Objekt gehören. Dass dem Beklagten insoweit eine zumindest grob fahrlässige Fehleinschätzung unterlaufen wäre, ist weder dargetan, noch ersichtlich.

Auch in ihrer Gesamtheit ergeben sich keine Gesichtspunkte, die die Annahme stützen könnten, dass der Beklagte bei seiner Begutachtung grob fahrlässig oder vorsätzlich ein unrichtiges Gutachten erstattet hätte.

Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen SV3, dessen Ausführungen nachvollziehbar waren und der im Übrigen auch überzeugend begründen konnte, warum ihm in einzelnen Punkten eine Beurteilung der Beweisfrage nicht möglich war. Der Sachverständige hat weder in seinen schriftlichen Ausarbeitungen noch in seinen mündlichen Erläuterungen Anlass zu Zweifeln gegeben. Seine Erläuterungen waren überzeugend. Verbleibende Unklarheiten gehen aber zu Lasten des für eine zumindest grobfahrlässige Pflichtverletzung darlegungs- und beweispflichtigen Klägers (BGH a.a.O. Rz. 29 a.E. mit weiteren Nachweisen).

Fehlt es aber bereits dem Grunde nach am Nachweis einer grob fahrlässig oder vorsätzlich falschen Begutachtung des zu bewertenden Objektes, so kam es auf die Höhe des geltend gemachten Schadens nicht mehr an.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Einzubeziehen sind dabei die Kosten des Revisionsverfahrens.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziffer 10, 711, 108 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen ihrer Zulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind.

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