OLG Frankfurt am Main, 02.05.2017 – 8 U 170/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 02.05.2017 – 8 U 170/16
Tenor:

Der Senat weist auf seine Absicht hin, die Berufung des Klägers gegen das am 29.7.2016 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Limburg (Az.: 1 O 251/15) durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.5.2017.
Gründe

I.

Der Kläger verlangt Erfüllung eines Kaufvertrags und hilfsweise Vertrauensschadenersatz.

Der Beklagte erstellte 2015 auf einem Internetportal eine Kleinanzeige zum Verkauf eines Fahrzeugs der Marke X …. Als Kaufpreis gab er einen Betrag von 11.500 € an, was dem damaligen tatsächlichen Verkehrswert des Fahrzeugs entsprach. In der Kleinanzeige hieß es unter anderem:

„Ich bitte höflichst von Preisvorschlägen, Ratenzahlungen, Tauschen gegen Teppiche, Schwiegermütter oder ähnlich abzusehen, der Wagen ist sein Geld echt wert, daher wird er nicht verschenkt und wenn er Euch zu teuer erscheint, dann bitte auch nicht anrufen und Euch einen in Eurer Preisklasse suchen.“

Am 12.8.2015 kam es zu Kaufvertragsverhandlungen zwischen den Parteien. In einem Telefongespräch bot der Kläger dem Beklagten einen gebrauchten Y zum Tausch an. Dies lehnte der Beklagte ab.

Noch an diesem Tag versandte der Beklagte eine elektronische Nachricht an den Kläger, in der es hieß:

„Also für 15 kannste ihn haben.“

Der Kläger antwortete:

„Guten Tag für 15 € nehme ich ihn. Wohin kann ich das Geld überweisen.

Wo kann ich das Auto abholen…“

Der Beklagte antwortete:

„Kannst Kohle überweisen, Wagen bringe ich dann.“

Der Kläger forderte den Beklagten nachfolgend vergeblich zur Mitteilung seiner Kontodaten auf und schaltete Ende des Monats seinen Prozessbevollmächtigten ein.

Das Landgericht, auf dessen Urteil hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlichen Anträge hingewiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Einen in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten nicht nachgelassenen Schriftsatz enthaltenen Hilfsantrag des Klägers auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und der Kosten des Rechtsstreits hat es nicht beschieden, da der Antrag verspätet gewesen sei.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Rechtsschutzziele einschließlich des vom Landgericht nicht berücksichtigten Hilfsantrags vollumfänglich weiter. Er ist der Ansicht, dass ein Kaufvertrag über den vom Beklagten angebotenen X zum Preis von 15,- € zustande gekommen sei. Die Willenserklärung des Beklagten sei nicht gemäß § 118 BGB nichtig. Der Kläger habe durch seine Reaktion auf die elektronische Nachricht des Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er das Angebot, den Wagen für 15,- € zu erwerben, ernst nehme. Dies habe der Beklagte erkennen müssen und sei deshalb verpflichtet gewesen, den Kläger über eine etwaige fehlende Ernstlichkeit der ursprünglichen Erklärung aufzuklären. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass er seine zweite Nachricht als Scherz kennzeichne.

Jedenfalls aber sei der Hilfsanspruch begründet, weil der Kläger auf die Gültigkeit der Erklärung des Beklagten vertraut habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Limburg/Lahn vom 29. Juli 2016,1 O 251/15, aufzuheben und

1.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein Kfz X …, Farbe Z, mit der Innenausstattung – (…) – Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrags von 15 € zu übergeben und zu übereignen;
2.

den Beklagten zu verurteilen, die Übergabe und Übereignung gemäß Ziff. I innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Rechtskraft des Urteils vorzunehmen;
3.

festzustellen dass sich der Beklagte seit dem 11.9.2015 in Annahmeverzug befindet;
4.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 958,19 € zuzüglich Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.9.2015 zu bezahlen;

hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5148,76 € zuzüglich Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit nebst außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 500,51 € zuzüglich Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.9.2015 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Der Senat ist der Ansicht, dass das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats und auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinerlei Ansprüche gegen den Beklagten.

1. Die vom Eingangsgericht gelieferte Begründung für die Abweisung des Hauptantrags ist zutreffend. Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts in jeder Hinsicht. Aus den Umständen des Falles ergibt sich zweifelsfrei, dass es sich bei den vom Beklagten abgegebenen Erklärungen in seinen beiden elektronischen Mitteilungen vom 12.8.2015 um Scherzerklärungen im Sinne von § 118 BGB gehandelt hat. Die Berufung zeigt keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung auf.

Der Beklagte musste die Antwort des Klägers auf seine erste Nachricht nicht als ernsthafte Annahme eines vermeintlichen Kaufvertragsangebots ansehen. Dafür war der Inhalt der ersten Nachricht viel zu absurd. Er durfte die Reaktion seines Gegenübers vielmehr als ein Sicheinlassen auf eine Scherzkonversation verstehen.

Die Anwendbarkeit von § 118 BGB scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass die Scherzerklärungen in Textform abgegeben wurden. Zwar mag es sein, dass die Erwartung eines Erklärenden, dass der Mangel der Ernstlichkeit seiner Erklärung nicht verkannt werden werde, bei Willenserklärungen unter Abwesenden im Einzelfall eher unberechtigt sein kann, als wenn der Erklärende in der Lage ist, seine Erklärung durch Tonfall, Mimik und Gestik als Scherz zu kennzeichnen. Der vorliegende Fall ist aufgrund der vom Landgericht herausgearbeiteten Umstände allerdings so eindeutig, dass diese Einschränkungen keine Rolle spielen.

Aus diesem Grund war es auch nicht erforderlich, die fehlende Ernsthaftigkeit der Erklärungen mit Icons oder Ähnlichem zu betonen oder in irgendeiner Weise nachträglich aufzudecken.

2. Es kann offenbleiben, ob die Zurückweisung des Hilfsantrags verfahrensfehlerhaft erfolgte, wie der Kläger meint, denn auch der Hilfsantrag ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz eines etwaigen Vertrauensschadens gemäß § 122 Abs. 1 BGB, denn diese Schadensersatzpflicht tritt gemäß Abs. 2 dieser Norm nicht ein, wenn der Beschädigte den Grund der Nichtigkeit kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Aus den Umständen des Falles ergibt sich eindeutig, dass der Kläger die fehlende Ernstlichkeit der Erklärung des Beklagten kannte oder zumindest hätte kennen müssen. Es ist, wie das Landgericht hervorhebt, abwegig, dass der Beklagte sein Fahrzeug tatsächlich für 15,- € verkaufen wollte. Es gab für den Beklagten keinen Grund, sein Fahrzeug angesichts eines Verkehrswerts von 11.500,- € für nur 15,- € an den ihm völlig unbekannten Kläger zu verkaufen. Diese Umstände sind für jedermann und damit auch für den Kläger offensichtlich. Sie bedürfen keines weiteren Beweises.

Dass der Kläger nach der Konversation mit dem Beklagten diesen, jetzt ernsthaft, zur Herausgabe seiner Kontodaten aufgefordert, einen Rechtsanwalt beauftragt und die vorliegende Klage eingereicht hat, belegt nicht, dass er entgegen jeglichen gesunden Menschenverstands das Scherzangebot ernst genommen hat. Das beschriebene Verhalten des Klägers beruht offenkundig auf einer Verkennung der Rechtslage gepaart mit dem Umstand, dass die Prozessführung wegen der Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung für ihn persönlich risikolos war.

Die Berufung ist nach alledem ohne Aussicht auf Erfolg. Es wird angeregt, sie aus Kostengründen zurückzunehmen.

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