OLG Frankfurt am Main, 02.10.2014 – 6 W 48/14

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 02.10.2014 – 6 W 48/14

1. Wenn der Inhaber einer Unterlassungsverfügung nach Abgabe einer die Wiederholungsgefahr ausschließenden Unterwerfungserklärung den Rechtsstreit lediglich für den Zeitraum ab der Unterwerfungserklärung für erledigt erklärt und sich der Antragsgegner dieser Erledigungserklärung anschließt, ist über den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits, nämlich die Frage, ob die einstweilige Verfügung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses bestätigt wird, durch Urteil zu entscheiden; in diesem Urteil ist zugleich über die Kosten des erledigten Teils nach § 91a ZPO zu entscheiden.

2. Will der Antragsteller in dem in Ziffer 1. genannten Fall eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung abgeben, muss er jedenfalls in irgendeiner Form zu erkennen geben, dass er mit dieser Erledigungserklärung das Erkenntnisverfahren noch nicht als beendet ansieht, sondern eine streitige Entscheidung über den verbleibenden Teil des Rechtsstreits anstrebt bzw. erwartet; andernfalls liegt eine umfassende Erledigungserklärung vor mit der Folge, dass aus dem Titel nicht mehr vollstreckt werden kann. Dies gilt auch, wenn bereits vor dem erledigenden Ereignis ein Vollstreckungsantrag gestellt worden ist (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).
Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der angefochtene Beschluss abgeändert. Der Vollstreckungsantrag der Antragstellerin vom 29.11.2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens einschließlich derjenigen des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Beschwerdewert: 4.000,- €
Gründe

1.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unzulässig, weil die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses nicht isoliert angegriffen werden kann. Zur Begründung wird in vollem Umfang auf die insoweit zutreffenden Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss vom 17.6.2014 Bezug genommen.

2.

Die zulässige, gegen die Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat auch in der Sache Erfolg, da nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung, die die Parteien im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 4.12.2013 abgegebenen haben, aus der Unterlassungsverfügung vom 20.8.2013 nicht mehr vollstreckt werden kann. Insbesondere kann entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht angenommen werden, dass die Antragstellerin lediglich eine auf den Zeitraum ab dem erledigenden Ereignis, nämlich der Abgabe der Unterwerfungserklärung durch die Antragsgegnerin im Termin vom 20.8.2013, beschränkte Teilerledigungserklärung abgegeben hat.

Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschl. v. 29.10.2009 – 6 W 170/09), kann eine Erledigungserklärung, die – wie hier – nicht ausdrücklich auf den Zeitraum ab dem erledigenden Ereignis beschränkt worden ist, auch unter Beachtung der Entscheidung „Euro-Einführungsrabatt“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2004, 264) nur dann im Wege der Auslegung als eine solche Teilerledigungserklärung verstanden werden, wenn der Titelinhaber in irgendeiner Form zu erkennen gibt, dass er mit dieser Erledigungserklärung das Erkenntnisverfahren noch nicht als beendet ansieht, sondern eine streitige Entscheidung über den verbleibenden Teil des Rechtsstreits, nämlich die Frage, ob der Titel bis zu dem erledigenden Ereignis zu Recht bestand, anstrebt bzw. erwartet; dies gilt unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung bereits ein Vollstreckungsantrag gestellt ist (vgl. auch hierzu Senat a.a.O.). An dieser Auffassung hält der Senat fest.

Wenn der Antragsteller im Eilverfahren aus einer ergangenen Beschlussverfügung wegen Zuwiderhandlungen aus der Zeit vor der Erledigungserklärung weiterhin vollstrecken will, muss dem Antragsgegner, der Widerspruch gegen diese Beschlussverfügung eingelegt hat, weiterhin die Möglichkeit offenstehen, die Rechtmäßigkeit dieses Titels in dem fraglichen Zeitraum überprüfen zu lassen. Dies geschieht, indem im Rahmen des noch nicht erledigten Teils des Widerspruchsverfahrens durch Urteil entschieden wird, ob die einstweilige Verfügung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zu Recht bestand (vgl. BGH a.a.O. Tz. 36). Dabei ist die einstweilige Verfügung entweder für den Zeitraum bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zu bestätigen oder unter Zurückweisung des Eilantrages für diesen Zeitraum aufzuheben. Die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO hinsichtlich des erledigten Teils wird in jedem Fall nicht isoliert durch gesonderten Beschluss, sondern nach dem Grundsatz der Kosteneinheit im Rahmen des Urteils über den nicht erledigten Teil getroffen (vgl. OLG Köln GRUR 2014, 1032 [OLG Köln 11.03.2014 – 6 W 217/13]– NACT-Studie). Auf Grund dieser Konsequenzen für das weitere Verfahren ist von einem Antragsteller, der seine Erledigungserklärung auf die Zeit ab Eintritt des erledigenden Ereignisses beschränken will, zu verlangen, dass er diesen Beschränkungswillen entweder ausdrücklich erklärt oder zumindest zu erkennen gibt, dass er das Erkenntnisverfahren noch nicht als beendet ansieht. Geschieht dies nicht, dürfen und müssen sowohl der Gegner als auch das Gericht von einer unbeschränkten Erledigungserklärung ausgehen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann die von der Antragstellerin abgegebene Erledigungserklärung nicht als auf den Zeitraum ab dem erledigenden Ereignis beschränkt eingestuft werden, da die Antragstellerin im Zusammenhang mit ihrer Erledigungserklärung in keiner Weise zu erkennen gegeben hat, dass sie eine Fortsetzung des Verfahrens über den nicht erledigten Teil anstrebte oder erwartete. Nachdem sich die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung angeschlossen hatte, hat die Antragstellerin sich vielmehr auf den Antrag beschränkt, der Antragsgegnerin die Kosten aufzuerlegen. Auch das Landgericht hat die Erklärung der Antragstellerin nicht als Teilerledigungserklärung verstanden; denn andernfalls hätte es in der mündlichen Verhandlung auf die Stellung sachdienlicher Anträge zur Fortsetzung des nicht erledigten Teils des Widerspruchsverfahrens hingewiesen und nicht – wie geschehen – durch Beschluss nach § 91a ZPO über die Kosten entschieden.

Der Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 30.9.2014 enthielt kein neues entscheidungserhebliches Vorbringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) sind nicht erfüllt.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.