OLG Frankfurt am Main, 03.11.2017 – 8 U 239/16

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 03.11.2017 – 8 U 239/16
Leitsatz:

Zu den inhaltlichen Anforderungen an die die Verjährungshemmung beendende Entscheidung des Versicherers
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Limburg vom 21. November 2016 (Az.: 1 O 99/16) aufgehoben. Die Sache wird an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens überlassen bleibt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf € 93.500,00 festgesetzt.
Gründe

I.

Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten.

Der Kläger befuhr am 13. Januar 2005 gegen 20:30 Uhr die A-Straße in Stadt1 mit einem Kraftrad mit dem amtlichen Kennzeichen X. Die Versicherungsnehmerin der Beklagten fuhr mit einem Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen Y in Gegenrichtung. Für diesen Personenkraftwagen bestand damals bei der Beklagten eine Haftpflichtversicherung.

Beim Abbiegen übersah die Beklagte den Kläger und kollidierte mit dessen Zweirad. Der Kläger stürzte und wurde verletzt. Er befand sich zunächst in der Zeit vom 13. Januar 2005 bis zum 22. Januar 2005 in stationärer Behandlung.

Über die Diagnose und die Behandlung des Klägers, der damals als … tätig war, im Zusammenhang mit seinem stationären Aufenthalt im B-Krankenhaus verhält sich der Arztbericht vom 20. Januar 2005, hinsichtlich dessen Inhalts auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 48 f. d. A.) Bezug genommen wird.

Der Kläger beauftragte den damals in Stadt2 als Rechtsanwalt zugelassenen Streitverkündeten mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Dieser meldete mit Anwaltsschreiben vom 28. August 2007 (Anlage K 1, BI. 16 d. A.) unter Vorlage einer Vollmacht des Klägers für diesen Schadensersatzansprüche an, die zunächst wie folgt beziffert wurden:

Reparaturkosten für Kraftrad (die Red.) 229,78 €

Nutzungsausfallentschädigung bleibt vorbehalten

Auslagenpauschale 50,00 €

Arbeitshose (Zunfthose) 44,08 €

…schuhe 65,23 €

Attestkosten B-KH 6,00 €

Eigenbeteiligungskosten Krankenhaus 100,00 €

Weitere eigenbeteiligungskosten 40,00 €

Kosten für Krücke 5,00 €

Eigenbeteiligung Medikamente 10,00 €

Zuzahlung Medikamente 10,00 €

Zugleich bezifferte der Streitverkündete das Schmerzensgeld auf vorläufig € 7.000,00. Er forderte die Beklagte unter Fristsetzung zunächst auf, den vorläufigen Anspruch in Höhe von € 7.560,09 auszugleichen und übermittelte eine Gebührenrechnung über insgesamt € 759,22 brutto.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2007 (Anlage K 2, BI. 20 ff. d. A.) erläuterte die Beklagte, dass eine Schmerzensgeldrente nicht in Betracht komme. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen liege aus ihrer Sicht lediglich eine unfallbedingte Weber-C-Fraktur mit Luxation und Zerreißung des Innenbandes vor. Weiter heißt es in dem Schreiben u. a. wie folgt:

„Ganz abgesehen davon, dass für uns der weitere Verlauf bisher nicht zu ersehen ist, da Sie uns bis heute keine entsprechende Schweigepflichtentbindungserklärung mit konkreter Benennung des erstbehandelnden Krankenhauses und der behandelnden Ärzte, trotz Aufforderung mit Schreiben vom 21.09.07 u. 02.10.07, übersandt haben, kommt bei einer selbst schweren Sprunggelenksverletzung mit Arthrose u. Dauerfolgen nach der Rspr. nicht die Zahlung einer Schmerzensgeldrente in Betracht.

Eine Schmerzensgeldrente kommt nur in Betracht, wenn ein wichtiges Glied oder Sinnesorgan verloren wurde und die Beeinträchtigung der Lebensführung sich ständig äußerst schmerzlich fortsetzt. Es muss sich um ganz massive Dauerschäden handeln, wie dies z.B. im Falle von Querschnittslähmungen o. sehr schweren Schädelhirntraumen der Fall ist .

Dies alles ist hier definitiv und glücklicherweise für Ihren Mandaten nicht der Fall. Um hier diese Angelegenheit doch noch einer vernünftigen außergerichtlichen, vergleichsweisen Regelung zuzuführen, ohne Ihren Mandaten durch Klageerhebung bereits jetzt u. erst recht im Hinblick auf die Ihrerseits geäußerte, in keiner Weise haltbare Auffassung zur Schmerzensgeldrente, sinnlose Prozesskosten aufzubürden, schlagen wir vor, dass Sie nun zunächst die entsprechenden behandelnden Ärzte benennen, incl. Erstbehandlung u. die diesbezüglichen Schweigepflichtentbindungserklärungen übersenden. Wir werden sodann umgehend die entsprechenden ärztlichen Gutachten in Auftrag geben u. Ihnen nach Zugang Durchschriften übersenden.

In Hinblick auf die Haftungsfrage steht fest, dass Ihr Mandant zum Unfallzeitpunkt keinen Führerschein hatte. Hier müssen wir um Darlegung bitten, ob er grds. nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war, oder ob ihm diese entzogen wurde, wenn ja aus welchen Gründen. In letzterem Fall müssen wir um Vorlage des dazugehörigen Führungszeugnisses mit dem entsprechenden Auszug aus dem Bundeszentralregister [bitten].

Zur Höhe haben wir die bisher geltend gemachten materiellen Positionen auch bereits mit insgesamt 415,78 € abgerechnet (sh. Schreiben vom 21.09.07). Sobald uns die obigen Nachweise Ihrerseits übersandt werden, werden [wir] diese demgemäß, aufgrund der sich sodann ergebenden Haftungsquote, anrechnen bzw. bei nicht gegebener Eignungseinschränkung voll erstatten.

Im Hinblick auf das Schmerzensgeld hat Ihr Mandant zum Unfallzeitpunkt eine Motorradhose u. insbesondere keine Motorradstiefel getragen. Im Hinblick auf die getragenen …stiefel müssen wir zunächst um Übersendung eines Lichtbildes bitten, da hier zu prüfen ist, ob diese dieselbe Schutzfunktion erfüllen [wie] Motorradstiefel, letztlich trat hier gerade eine Sprunggelenksverletzung ein. Wir verweisen hierzu auf die Rspr. , wonach bei nicht entsprechender Schutzkleidung ein angemessener Abschlag beim Schmerzensgeld zu berücksichtigen ist.

Gegenwärtig wollen wir Ihnen zunächst einen weiteren durch uns frei verrechenbaren Vorschuss für Ihren Mandaten von 3.500,00 € übersenden, damit bestehen insgesamt dieser Sache durch uns frei verrechenbare Vorschüsse von 5.000,00 €.

Nach Vorlage der weiteren Unterlagen, sowie dem Zugang der sodann noch einzuholenden ärztlichen Gutachten werden wir umgehend abschließend auf die Haftungsfrage zurückkommen, sowie die materiellen Positionen abrechnen und Ihnen auch einen, den Verletzungen angemessenen Vorschlag für das Schmerzensgeld machen, unter Berücksichtigung eines immateriellen Vorbehaltes, soweit dies gewünscht wird.“

Weitere Korrespondenz erfolgte zwischen dem Streitverkündeten und der Beklagten nicht mehr. Nachdem der Streitverkündete dem Kläger die gezahlten Vorschüsse nicht ausgekehrt, keine Mitteilung von dem zitierten Schreiben der Versicherung gemacht und diesen mit der frei erfundenen Behauptung, er habe namens des Klägers Klage erhoben, in Sicherheit gewogen hatte, bis der Kläger durch einen Anruf bei der Beklagten im Jahre 2014 hiervon erfuhr, nahm der Kläger den Streitverkündeten schließlich auf Auszahlung der geleisteten Vorschüsse der Beklagten in Höhe von insgesamt € 5.000,00 in Anspruch. Der Streitverkündete wurde durch das am 9. März 2015 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Limburg an der Lahn (Aktenzeichen …) zur Zahlung verurteilt. Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig. Eine Vollstreckung der Forderung war jedoch bislang erfolglos.

Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers nahm nach Mandatierung gegenüber der Beklagten die Geltendmachung von weiterem Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatzforderungen wieder auf, erstmals mit Schreiben vom 1. April 2014 (Anlage B 1, BI. 126 d. A.). Die Beklagte überließ, der Bitte des Klägervertreters entsprechend, mit Schreiben vom 6. Mai 2014 (Anlage 2, BI. 128 d. A.) „ohne Rechtspflichtanerkenntnis und Präjudiz“ die Schadensakte. In diesem Schreiben heißt es u. a.:

“ Wir müssen jedoch anmerken, dass zwischen unserem letzten Schreiben vom 20.12.2007 und der erstmaligen erneuten Meldung Ihres Mandanten mit Telefonat vom 18.02.2014 sieben Jahre liegen, so dass wir für uns für den Fall der gerichtlichen Auseinandersetzung vorsorglich Einwendungen zu dem Bereich der Verwirkung ausdrücklich vorbehalten müssen“.

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 27. Mai 2014 (Anlage K 4, BI. 31 d. A.) mit, zur Prüfung der Ansprüche Arztberichte einholen zu wollen und bat um eine Übermittlung einer Erklärung zur Befreiung der Ärzte von der Schweigepflicht.

Im Auftrag der Beklagten erstattete das B-Krankenhaus Stadt2 am 16. Juli 2014 (Anlage K 5, BI. 33 ff. d.A.) einen ärztlichen Bericht. Auch der Facharzt für Orthopädie Dr. C erstattete am 30. September 2014 im Auftrag der Beklagten einen ärztlichen Bericht–(Anlage K 6, BI. 38 ff. d. A.), der einen aktuellen Untersuchungsbefund enthält und sich zu voraussichtliche Dauerfolgen äußert.

Auch die berufsgenossenschaftliche Unfallklinik erstattete am 2. Dezember 2015 im Auftrag der Beklagten (Anlage K 7, BI. 41 ff. d. A.) ein Gutachten über eine Folgebehandlung in der Zeit vom 6. Februar 2013 bis 18. Februar 2013.

Mit Schreiben vom 23. November 2015 (BI. 52 ff. d. A.) bezifferte der Klägervertreter gegenüber der Beklagten das Schmerzensgeld „zur Abgeltung der derzeitigen immateriellen Schäden“ auf € 30.000,00. Der Kläger sei unfallbedingt seit rund sechs Jahren arbeitsunfähig oder nur sehr eingeschränkt arbeitsfähig. Er beanspruche deshalb für die Zeit ab 2010 einen Verdienstausfallschaden in Höhe von € 64.721,58.

Nachdem die Beklagte die ärztlichen Befundberichte überprüft hatte, erhob sie mit außergerichtlichem Schreiben vom 22. Januar 2016 (Anlage K 12, Bl. 58 f. d. A.) die Einrede der Verjährung und machte geltend, nach ihrem letzten Schreiben vom 20. Dezember 2007 an den Streitverkündeten mit der Bitte um weitere Klärung und Übersendung von weiteren Nachweisen sei keine Antwort mehr erfolgt. Die Hemmung bei schwebenden Verhandlungen ende, wenn der Geschädigte die Verhandlung nicht fortsetze und einschlafen lasse. Die Verjährungsfrist beginne in dem Monat weiter zu laufen, in dem eine Antwort spätestens zu erwarten gewesen wäre. Auch bei großzügigster Betrachtung müsse davon ausgegangen werden, dass die regelmäßige Verjährungsfrist im Juli 2008 neu begonnen habe, so dass die Ansprüche mit Ablauf des Jahres 2011 verjährt seien.

Der Kläger hat behauptet, aufgrund der unfallbedingten Verletzungen gesundheitlich nicht mehr in der Lage zu sein, seiner zuvor ausgeübten Tätigkeit als … nachzugehen. Aufgrund der Unfallbeschwerden sei der Kläger seit rund sechs Jahren arbeitsunfähig oder jedenfalls nur sehr eingeschränkt arbeitsfähig. Er habe zum Unfallzeitpunkt feste Arbeitsschuhe getragen. Deren Schutzwirkung komme hinsichtlich des betroffenen Sprunggelenks der Schutzwirkung eines Motorradstiefels gleich. Bei dem Unfallgeschehen habe eine alkoholbedingte Verminderung der Fahrtauglichkeit keine Rolle gespielt. Insoweit sei auch keine Strafverfolgung erfolgt. Er ist der Ansicht, die Beklagte könne sich wegen § 3 Nr. 3 PfIVG a. F. nicht auf Verjährung berufen.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Januar 2016;
2.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den darüber hinausgehenden materiellen und immateriellen Schaden, insbesondere die bisherigen und künftigen Verdienstausfallschaden, aus dem Verkehrsunfall vom 13. Januar 2005 in Stadt1 mit dem Pkw , amtliches Kennzeichen Y zu ersetzen.

Die Beklagte, welche die Einrede der Verjährung erhoben hat, hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die Verjährung habe bereits mit dem Schluss des Jahres 2005 begonnen. Überdies sei die Höhe des Schmerzensgeldes übersetzt. Der Kläger habe keine zum Fahren eines Motorrades geeignete Schutzkleidung getragen. Die Verletzung des oberen Sprunggelenks sei eine Verletzung, die durch das Tragen von Motorradstiefeln gerade verhindert worden wäre. Der Kläger müsse sich insoweit ein minderndes Mitverschulden entgegenhalten lassen. Zulasten des Klägers spreche auch sein Alkoholisierungsgrad und der (unstreitige) Umstand, dass der Kläger im Zeitpunkt der Unfallfahrt nicht über eine gültige Fahrerlaubnis verfügt hat.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat mit einer als „Grundurteil“ überschriebenen Entscheidung vom 21. November 2016 die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt.

Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, dem Kläger stehe grundsätzlich ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen einer Gesundheitsbeschädigung und demzufolge auch ein Schmerzensgeld zu. Die Verjährungseinrede der Beklagten greife wegen § 3 Nr. 3 PfIVG a. F. nicht durch.

Wegen der weiteren Einzelheiten der umfangreichen Begründung des Landgerichts wird auf das angegriffene „Grundurteil“ (Bl. 156 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das angefochtene Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 23. November 2016 (Bl. 175 d. A.) zugestellt worden. Mit Anwaltsschriftsatz vom 2. Dezember 2016, der hier am 5. Dezember 2016 eingegangen ist (Bl. 185 f. d. A.), hat die Beklagte Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Februar 2017 hat sie die Berufung sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 21. Februar 2017 begründet, der hier per Fax noch am selben Tage eingegangen ist (Bl. 206 ff. d. A.).

Mit ihrer Berufung beanstandet die Beklagte u. a., dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, dass die streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers weder verjährt noch verwirkt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 21. Februar 2017 Bezug genommen (Bl. 215 ff. d. A.).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Limburg (1 O 99/16) vom 21. November 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 30. März 2017 (Bl. 228 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden.

III.

Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen, § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO. Eines Antrages bedarf es insoweit nicht (§ 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

1. Das angefochtene Urteil ist nicht nur ein Grund-, sondern auch ein – entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO – erlassenes Teilurteil. Über den ausweislich der Wiedergabe der Klageanträge im Tatbestand geltend gemachten Feststellungsanspruch des Klägers verhält sich der Tenor nämlich nicht.

Auch eine Auslegung des Urteilstenors dahin, dass das Landgericht seine Entscheidung nicht auf den Zahlungsantrag beschränken, sondern zugleich auch – durch stattgebendes Teilendurteil (§ 301 ZPO) – über den Feststellungsantrag befinden wollte, kommt hier nicht in Betracht.

Zwar heißt es im ersten Satz des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils, der Kläger begehre „Schmerzensgeld und die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten“ (S. 2 des Urteils, Bl. 157 d. A.). Doch das Landgericht kommt weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen auf die von dem Kläger u. a. begehrte Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weitergehende materielle und immaterielle Schäden zurück.

Eingangs der Entscheidungsgründe führt das Landgericht lediglich aus, dass dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen einer Gesundheitsbeschädigung und demzufolge auch ein Schmerzensgeld zustehe. Nachdem sich das Landgericht sodann ausführlich mit der Verjährungseinrede der Beklagten befasst hat, schließt es seine Ausführungen mit den Worten: „Unabhängig von Einwänden gegen die Höhe der Forderung des Klägers, hat dieser einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, was gemäß § 301 ZPO durch Grundurteil zu seinen Gunsten auszusprechen war“ (S. 18, Bl. 173 d. A.).

Bei dieser Sachlage geht es nicht an, dem Landgericht zu unterstellen, es habe durch stattgebendes Teilendurteil dem gestellten Feststellungsantrag des Klägers entsprechen wollen.

Als Teilurteil ist das angefochtene Urteil jedoch unzulässig, weil über die Voraussetzungen der Zahlungs- und Freistellungsansprüche, die Gegenstand des Grundurteils sind, bei der Entscheidung über den Feststellungsantrag nochmals zu befinden sein wird. Insoweit besteht die Gefahr, dass das Gericht, möglicherweise auch das Rechtsmittelgericht, bei der späteren Entscheidung über den Feststellungsantrag zu einer anderen Erkenntnis gelangt. Aus diesem Grunde darf im Falle der objektiven Klagehäufung von Leistungs- und Feststellungsbegehren, die aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet werden, nicht durch Teilurteil gesondert über einen Anspruch oder nur einen Teil der Ansprüche entschieden werden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 22.07.2009 – XII ZR 77/06, NJW 2009, 2814, 2815; Senat, Urteil vom 30.08.2011 – 8 U 207/10, Entscheidungsumdruck, S. 6; Urteil vom 13.12.2016 – 8 U 123/16, Entscheidungsumdruck, S. 4; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 304, Rdnr. 3).

Auf diese Zusammenhänge sind die Parteien bereits mit Beschluss des Senats vom 25. September 2017 (Bl. 241 ff. d. A.) hingewiesen worden. Sie haben dazu keine Stellungnahmen abgegeben.

2. Der Senat sieht keinen Anlass, in der Sache selbst zu entscheiden, indem er den noch in erster Instanz verbliebenen Teil des Rechtsstreits an sich zieht.

Eine weitergehende Klagestattgabe verbietet sich, weil die Beklagte das Rechtsmittel führt.

Auch eine vollständige Klageabweisung kommt auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen nicht in Betracht. Das Landgericht ist nämlich zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durchgreift.

Die Verjährung war hier zunächst vom 29. August 2007 – dem Tag des Zugangs des Anspruchsschreibens des Streitverkündeten vom 28. August 2007 (Anlage K 1, BI. 16 d. A.) bei der Beklagten – bis zum 26. Januar 2016 (dem Tag des Eingangs des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 22. Januar 2016, Anlage K 12, BI. 58 ff. d. A., beim Klägervertreter) gemäß § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. gehemmt.

Nach § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt, wenn der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden.

Zwar kann nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine anspruchsbejahende, für den Geschädigten positive Erklärung des Versicherers eine Entscheidung im Sinne des § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. darstellen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30.04.1991 – VI ZR 229/90, BGHZ 114, 299, 301; s. auch BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272 [BGH 14.03.2017 – VI ZR 226/16], zu dem weitgehend textidentischen § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG). Jedoch können nur solche positiven Bescheide als Entscheidung im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift gewertet werden, die eine klare und umfassende Erklärung des Versicherers aufweisen. Dabei hängt die Wertung, ob eine Erklärung des Versicherers den insoweit maßgeblichen Anforderungen genügt, wesentlich von der Würdigung der Umstände des Einzelfalls ab. Indes kann die Verjährungshemmung nur dann ihr Ende finden, wenn dem Anspruchsteller durch die Erklärung zweifelsfreie Klarheit über die Haltung des Haftpflichtversicherers des Schädigers gegenüber seinen Forderungen als Grundlage für die sachgerechte Durchsetzung seiner Ansprüche verschafft wird. Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. beendet eine positive Entscheidung des Versicherers die Verjährungshemmung daher nur dann, wenn der Geschädigte aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern der Anspruchsteller die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt. Demgemäß muss die Erklärung zu den Ansprüchen erschöpfend, umfassend und endgültig sein (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 30.04.1991 – VI ZR 229/90, BGHZ 114, 299, 303; s. auch BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272 [BGH 14.03.2017 – VI ZR 226/16], zu § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG).

Nach diesen Maßstäben kann im Streitfall nicht von einer umfassenden Entscheidung der Beklagten im Sinne des § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. gesprochen werden.

Zwar kann in der vorbehaltlosen Ersatzleistung auf einzelne Schadenspositionen ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272). Ein derartiges Anerkenntnis, das zu einem Neubeginn der Verjährung des Gesamtanspruchs zu führen vermag, ist aber einer die Verjährungshemmung des § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. beendenden Entscheidung nicht ohne weiteres gleichzusetzen; Verjährungsneubeginn und Verjährungshemmung können in entsprechenden Fällen nebeneinander treten (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 16.02.1984 – III ZR 208/82, VersR 1984, 441, 442; Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272 [BGH 14.03.2017 – VI ZR 226/16]). Die zum Wegfall der Verjährungshemmung führende anspruchsbejahende Erklärung des Versicherers muss nicht nur ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB umfassen, sondern dem Geschädigten auch umfassend und endgültig Klarheit über die Einstandsbereitschaft des Versicherers hinsichtlich aller in Betracht kommenden Schadenspositionen geben (vgl. BGH, Urteil vom 05.12.1995 – VI ZR 50/95, NJW-RR 1996, 474, 475; Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272).

Das Schreiben der Beklagten vom 20. Dezember 2007 (Anlage K 2, Bl. 20 ff. d. A.) lässt nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, ob die Beklagte auch alle künftigen angesichts der Verletzungen des Klägers noch zu gewärtigenden Schadensposten, die bisher nicht Gegenstand der Abrechnung waren, zu ersetzen bereit sein wird, soweit sie betragsmäßig belegt werden. Es reicht insoweit zur Erfüllung der Anforderungen an eine die Verjährungshemmung beendende positive Entscheidung des Versicherers auch nicht aus, wenn der Kläger aufgrund des Abrechnungsschreibens wohl davon ausgehen konnte, dass eine zumindest anteilige Haftung der Versicherungsnehmerin der Beklagten nicht mehr bestritten werde (vgl. etwa BGH, Urteil vom 05.12.1995 – VI ZR 50/95, NJW-RR 1996, 474, 475; Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272).

Mangels einer den Anforderungen des § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. entsprechenden Entscheidung der Beklagten blieb die Verjährung somit bis zum 26. Januar 2016 dauerhaft gehemmt. Die Beklagte wird dadurch nicht unbillig belastet, denn sie hatte es in Kenntnis der Unfallfolgen des Klägers und der darauf beruhenden wahrscheinlichen weiteren Schadenspositionen selbst in der Hand, die Verjährung durch eine formwahrende und eindeutige Erklärung wieder in Lauf zu setzen (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.1976 – VI ZR 1/76, NJW 1977, 674, 674 f.; Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272). Entsprechend ist es dem Kläger weder unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung noch im Übrigen nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Fehlen einer wirksamen Entscheidung nach § 3 Nr. 3 Satz 1 PfIVG a. F. und damit auf die Fortdauer der Verjährungshemmung zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger hier über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg das Schreiben der Beklagten vom 20. Dezember 2007 nicht beantwortet hat. Beantwortet der Geschädigte Fragen des Versicherers – wie hier – (zunächst) nicht, so endet die Hemmung nicht etwa zu dem Zeitpunkt, zu dem spätestens eine Antwort zu erwarten gewesen wäre (vgl. etwa BGH, Urteil vom 14.12.1976 – VI ZR 1/76, NJW 1977, 674, 675; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 115, Rdnr. 40). Die bloße Untätigkeit des Klägers während eines längeren Zeitraumes berechtigt keineswegs zu der Annahme, der schriftliche Bescheid sei überflüssig und sinnlos, mit ihm könne der Kläger billigerweise nicht mehr rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.1976 – VI ZR 1/76, NJW 1977, 674, 675; Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 226/16, NJW 2017, 2271, 2272).

Ergänzend wird auf die ebenso ausführlichen wie zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu dieser Frage Bezug genommen.

3. Die Kostenentscheidung ist dem Landgericht vorzubehalten.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO. Eine Abwendungsbefugnis ist nicht auszusprechen, da das Urteil des Senats keinen vollstreckbaren Inhalt hat.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

6. Die Wertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG. Die Festsetzung des Streitwertes für den zweiten Rechtszug entspricht der von den Parteien nicht beanstandeten Wertfestsetzung für den ersten Rechtszug (s. den Beschluss des Landgerichts vom 8. Dezember 2016, Bl. 182 d. A.).

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