OLG Frankfurt am Main, 04.06.2018 – 16 U 118/17 – Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 BGB trifft den verklagten Alleinerben dieselbe sekundäre Beweislast, wie sie dem Erblasser oblegen hätte, wenn er Prozessgegner gewesen wäre

September 19, 2018

OLG Frankfurt am Main, 04.06.2018 – 16 U 118/17

Leitsatz:

Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 BGB trifft den verklagten Alleinerben dieselbe sekundäre Beweislast, wie sie dem Erblasser oblegen hätte, wenn er Prozessgegner gewesen wäre.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.6.2017 – Az. 2-15 O 29/16 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Kläger mit dem Ableben seiner Großmutter Vorname1 Nachname1, geb. B, geb. am XX.XX.19XX, am XX.XX.1990 deren Erbe zu 1/2 geworden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 233.027,22 nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit 8.3.1990 bis 30.4.2000 und 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.5.2000 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 11 % und die Beklagte 89 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 273.317,77 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Feststellung der unmittelbaren Erbenstellung des Klägers nach dem Ableben seiner Großmutter, Frau Vorname1 Nachname1 (nachfolgend Erblasserin). Ferner macht der Kläger gegen die Beklagte Leistung von Schadens- bzw. Wertersatz geltend.

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen und wie folg ergänzt: Am 5.11.1968 schlossen die Erblasserin und ihr Ehemann, Herr Vorname2 Nachname1, als Inhaber der Firma B ein sog. „geschäftliches“ handschriftliches Testament über ihr betriebliches Vermögen und am 12.11.1968 ein gemeinsames handschriftliches Testament über ihr Privatvermögen. Wegen der Einzelheiten wird auf GA 418 – 422 Bezug genommen. Nach dem Versterben ihres Ehemanns regelten die Erblasserin und ihre beiden Kinder, Herr Vorname3 Nachname1 und Frau Vorname4 Nachname2, mit notarieller Vereinbarung vom 18.7.1969, die beiden o.g. Testamente dahin auszulegen, dass von einer Erbeinsetzung je zu 1/3 auszugehen sei und die übrigen Inhalte eine Teilungsanordnung darstellten (GA 420 – 422). Auf ihren Antrag wurde ihnen ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der sie nach Vorname2 Nachname1 als Erben zu je 1/3 auswies (GA 70/71). Mit fünf gleichlautenden notariellen Urkunden vom 18.7.1969 übertrug die Erblasserin ihren gesamten Grundbesitz unter Vorbehalt eines lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs schenkweise je zur ideellen Hälfte ihren beiden Kindern (vgl. GA 446 – 451). Am 1.8.1984 schloss sie mit der Firma B mbH & Co KG (nachfolgend Firma B) einen Grundstücksverwaltungsvertrag, den sie mit 1. Nachtrag vom 20.1.1989 verlängerte (GA 426). Wegen des Inhalts der beiden Verträge wird auf GA 423 – 426 verwiesen. In der Folgezeit widerrief die Erblasserin ihr notarielles Testament vom 4.2.1987 und errichtete sodann am 2.2.1989 ein weiteres notarielles Testament, mit welchem sie das Widerrufstestament wieder aufhob und die Gültigkeit des notariellen Testamens vom 4.2.1987 bestätigte (GA 95 – 97). Nach dem Ableben der Erblasserin am XX.XX.1990 erfolgte zunächst umfangreicher Schriftverkehr zwischen ihren beiden Kindern u.a. im Zusammenhang mit dem Abschluss des in dem notariellen Testament vom 4.2.1987 geforderten Verwaltungsvertrags. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben von Rechtsanwalt D vom 22.2.1990 (GA 195/196), Schreiben von Vorname3 Nachname1 vom 27.2.1990 (GA 197 – 199), Schreiben von Rechtsanwalt F vom 6.7. (GA 200/201) und 3.9.1990 (GA 162 – 166), Schreiben von Rechtsanwalt E vom 4.9.1990 (GA 52) sowie Schriftsatz von Rechtsanwalt F vom 28.9.1993 (GA 251 – 287) verwiesen. Am 9.8.1991 stellte Vorname3 Nachname1 einen notariellen Erbscheinsantrag beim Nachlassgericht stellte, aufgrund dessen der gemeinschaftliche Erbschein vom 17.9.1991 erteilte wurde.

Auf Aufforderung des Klägers erteilte ihm die Beklagte als Alleinerbin nach Vorname3 Nachname1 mit Schreiben vom 20.8 (vgl. Anlage K 3/GA 20/21) und 15.10.2015 (Anlage K 5/GA 26 – 18) Auskunft und legte in dem Zusammenhang Aufstellung des Nachlasses von Vorname3 Nachname1 Stand 18.1.2016 (Anlage K 2/GA 17 – 19), Anlage zur Einkommensteuererklärung vom Vorname3 Nachname1 anlässlich des Tod der Erblasserin (Anlage K 6/GA 32 – 34) sowie Einkommensteuerbescheid des Finanzamts Stadt1 vom 31.1.1995 (GA 48) vor.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sein Erbrecht nicht nachgewiesen. Die testamentarische Regelung, wonach die Annahme der Erbschaft unter der Bedingung des fristgerechten Abschlusses eines mit bestimmten Inhalt abzuschließenden Vertrags über die Verwaltung des Grundvermögens stehe, stelle sich als Erbeinsetzung unter einer auflösenden Bedingung dar. Dies folge bereits aus dem Wortlaut; denn bereits mit Ableben des Erblassers gehe die Erbschaft auf den Erben über. Ein solches Verständnis entspreche auch allein dem Willen der Erblasserin und der vorliegenden Pflichtteilssanktionsklausel. Demgegenüber würde bei Annahme einer aufschiebenden Bedingung das Ziel der Erblasserin, ihre Kinder zu einem bestimmten Verhalten anzuhalten, nicht verlässlich erreicht werden. Die für den Fall einer aufschiebenden Bedingung in § 2105 Abs. 1 BGB angeordnete Rechtsfolge sei hier im Hinblick auf die Stellung der Kinder der Erblasserin als ihre gesetzlichen Erben nicht passend. Dem Kläger, welcher sich auf den Eintritt dieser auflösenden Bedingung berufe, sei der Beweis des Nichtabschlusses des Verwaltungsvertrags innerhalb der gesetzten Frist nicht gelungen. Dabei sei das Testament so auszulegen, dass jeder Vorerbe die Bedingung in seiner Person durch Abschluss eines entsprechenden Verwaltungsvertrags habe erfüllen können. Denn nur diese Auslegung stehe im Einklang mit der von der Erblasserin angeordneten Pflichtteilssanktionsklausel, nach deren Formulierung die Frage des Bedingungseintritts eindeutig für jeden Vorerben gesondert zu beurteilen sei. Zudem erscheine wahrscheinlicher, dass dem Willen der Erblasserin entsprechend das Grundvermögen nicht auseinandergerissen werde, wenn nur ein Vorerbe die Bedingung erfülle. Dass Vorname3 Nachname1 die so verstandene Bedingung nicht erfüllt und keine fristgerechte Vereinbarung abgeschlossen habe, sei nicht erwiesen. Die von der Beklagten in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1990 streite für den Bedingungseintritt. Zwar stehe nicht fest, ob Vorname3 Nachname1 diese bereits am 22.2.1990 unterzeichnet habe, es sei aber auch nicht bewiesen, dass er seine Unterschrift erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist darunter gesetzt habe. Dieser Rückschluss lasse sich auch nicht aus den Anwaltsschriftsätzen aus der Zeit nach der Testamentseröffnung ziehen. Soweit möglich erscheine, dass es sich bei der Vereinbarung vom 22.2.1990 und dem Vertragsentwurf dieses Datums, der ausweislich verschiedener Schriftstücke aus den 1990er Jahren von Vorname3 Nachname1 an seine Schwester übermittelt worden sein soll, nicht um dasselbe Dokument handele, sei nicht bewiesen, dass die Vereinbarung vom 22.2.1990 von Vorname3 Nachname1 nicht an diesem Tag oder zumindest fristgerecht unterzeichnet worden sei. Ebenso wenig sei bewiesen, dass nicht bereits dieser Vertragsentwurf von Vorname3 Nachname1 verbindlich unterzeichnet worden und seinerseits geeignet gewesen sei, die testamentarische Bedingung zu erfüllen. Im Übrigen führt das Landgericht verschiedene Äußerungen in den von der Beklagten vorgelegten Schriftverkehr an, die aus seiner Sicht den fristgerechten Vertragsschluss durch Vorname3 Nachname1 nahelegten. Auch das Schreiben von Rechtsanwalt D vom 22.2.1990 lasse jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheinen, dass Vorname3 Nachname1 an diesem Tag in Kontakt mit ihm getreten sein könne. In der Gesamtschau erscheine es zwar möglich, dass Vorname3 Nachname1 den Verwaltungsvertrag in seiner Person nicht rechtzeitig unterzeichnet habe. Dies stehe aber nicht mit der für die richterliche Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO nötigen Gewissheit fest, zumal Vorname3 Nachname1 die Notwendigkeit, fristgerecht einen Verwaltungsvertrag abzuschließen, bewusst gewesen sei. Damit sei eine Beweislastentscheidung zum Nachteil des Klägers veranlasst. Nichts anderes ergebe sich aus dem Grundsatz der sekundären Darlegungslast, deren Ausmaß sich einzig und allein danach bestimme, welcher Vortrag dem Prozessgegner möglich und zumutbar sei. Die Beklagte habe jedoch aus eigener Wahrnehmung keine Erkenntnisse über den Zeitraum unmittelbar nach dem Tod der Erblasserin und könne lediglich auf den Nachlass von Vorname3 Nachname1 zugreifen. Auf dessen Kenntnis könne nicht abgestellt werden. Eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit der Beklagten auf oder ihre Kenntnis von Unterlagen aus den Jahren 1990 und 1991 ergebe sich auch nicht aus ihrer Stellung als Kommanditistin der Firma B bzw. als Gesellschafterin von deren Komplementärgesellschaft. Ebenso wenig könne der Beklagten eine weitergehende Darlegungslast aufgrund ihrer Erklärung auferlegt werden, die gerichtliche Auflage zur Vorlage einer Abschrift des laut Anwaltschreiben vom 3.9.1990 an Vorname4 Nachname2 übermittelten „ersten Entwurfs“ sowie ein vollständig beglaubigtes Dokument der Vereinbarung vom 22.2.1990 nicht erfüllen zu können. Denn ob die Beklagte insoweit gegen ihre strafbewehrte prozessuale Wahrheitspflicht verstoßen habe, sei nicht feststellbar. Da mithin nicht feststehe, dass der Kläger direkter Erbe nach der Erblasserin geworden sei, stünden ihm auch keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zu.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit welcher er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.

Das Landgericht habe verkannt, dass die Auflage von den designierten Vorerben in zwei Stufen zu erfüllen gewesen sei. Der vom Landgericht in Bezug genommene Passus in Satz 2 des Testaments vom 4.2.1987 setze begrifflich voraus, dass die Kinder der Erblasserin zunächst durch fristgerechten Abschluss eines entsprechenden Verwaltervertrags hätten Vorerben geworden sein müssen, wobei die Erblasserin offensichtlich vom Zustandekommen dieser Vorerbenstellung ausgegangen sei, und sich dann in einer zweiten Stufe bis zum Lebensende von Vorname3 Nachname1 daran gehalten hätten, andernfalls sie ihre Vorerbenstellung wieder rückwirkend auf den Todesfall verloren hätten. Demnach habe sich die Einzel-Enterbungsklausel sinnvollerweise nur auf das Zuwiderhandeln gegen den erblasserischen Willen während der Vertragslaufzeit in der zweiten Stufe beziehen sollen.

Ferner rügt der Kläger, dass das Landgericht in seine Auslegung und Ermittlung des Willens der Erblasserin wesentliche Bestimmungen des Testaments vom 4.2.1987 hinsichtlich der Nach- und Ersatzerbenanordnung nicht miteinbezogen sowie das Widerrufswiderruftestament vom 2.2.1989 gänzlich außer Betracht gelassen habe. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Testaments vom 4.2.1987, der Testamentshistorie und des Zusammenspiels der drei Testamente sei konkret erklärtes Ziel der Erblasserin einzig gewesen, durch die testamentarische Auflage die einheitliche Verwaltung und den ungeteilten Erhalt des ihren Kindern zuvor überlassenen Grundbesitzes innerhalb der Familie sicherzustellen, da sie die gegen den Willen ihres vorverstorbenen Ehemanns eigenmächtig vorgenommene lebzeitige Übertragung ihres Erbteils an die gemeinsamen Kinder bereut und die hierdurch erst ermöglichte Aufspaltung des Immobilienvermögens nach ihrem Tod befürchtet habe. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei solches gerade nicht durch ein bloß einseitiges Angebot eines der designierten Vorerben möglich gewesen, sondern habe zwingend den Abschluss des Verwaltungs- und Zwangsauseinanderverzichtsvertrags mit gegenseitiger Bindung zwischen den beiden Kindern der Erblasserin einerseits und der Firma B andererseits in einer Vertragsurkunde erfordert. Hierfür spreche auch die Vorausbezahlung der Verwaltervergütung seitens der Erblasserin. Diesen Willen der Erblasserin hätten auch ihre Kinder gekannt bzw. genau so verstanden, wie die von der Beklagten vorgelegten Schriftstücke und schließlich der am 15.5.1991 erfolgte Vertragsabschluss zeigten. Vor diesem Hintergrund komme es nicht darauf an, ob Vorname3 Nachname1 einen ergebnislosen Mitwirkungsbeitrag geleistet habe. Im Übrigen habe es von ihm auch kein fristgerechtes, unterschriftsreifes Angebot an Vorname4 Nachname2 gegeben.

Fehlerhaft sei das Landgericht von einer auflösenden Bedingung ausgegangen. Nach den klar definierten und eindeutigen Zielen, die die Erblasserin mit ihren Testamenten verfolgt habe, sei es unvereinbar gewesen, dass ihre Kinder unmittelbar mit dem Erbfall Vorerben geworden seien. Vielmehr spreche alles für die Annahme einer aufschiebenden Bedingung. Die Erblasserin habe ihren Kindern die befreite Vorerbenstellung als Belohnung und Gegenleistung erst nach fristgerechter Erfüllung der von ihr verfügten Auflage zuwenden wollen, wobei sie insoweit eine kurze Frist gesetzt und zugleich eine eindeutige Ersatzregelung zugunsten ihrer Enkel getroffen habe. Die testamentarische Klausel stelle tatsächlich nur die Wiederholung der gesetzlichen Rechtsfolge für den Fall der Nichterfüllung der Bedingung und damit der Enterbung dar. Da sich die Geschwister erst am 15.5.1991 auf den Abschluss eines Verwaltungsvertrags hätten einigen können, sei die testamentarische Bedingung nicht erfüllt worden und der testamentarisch angeordnete Ersatzerbfall eingetreten. Damit sei der Kläger mit dem Erbfall Erbe geworden. Alternativ könne die Vorerbenstellung der Kinder der Erblasserin allenfalls auch auflösend befristet gewesen sein.

Primär darlegungs- und beweisbelastet sei die Beklagte, weil der Kläger bereits rechtserzeugende Tatsachen für seine Erbenstellung habe nachweisen können. Ob es den Kindern der Erblasserin innerhalb der Frist gelungen sei, ihre Vorerbenstellung zu begründen, hätten diese bzw. ihre Erben darzulegen und zu beweisen. Jedenfalls treffe die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast. Es könne keinen Unterschied machen, dass der Rechtserwerb nicht durch Rechtsgeschäft, sondern durch gewillkürte Erbfolge von Vorname3 Nachname1 auf die Beklagte erfolgt sei. Insoweit sei aber zu sehen, dass sich ein Darlegungsbelasteter auch nicht durch sonstige Veräußerung seiner Darlegungspflicht entledigen könne. Aufgrund des Grundsatzes der Gesamtrechtsnachfolge treffe die Beklagte die gleiche Last, wie sie Vorname3 Nachname1 getroffen hätte. Zudem habe das Landgericht verkannt, dass die Beklagte in ihrer Stellung als Kommanditistin der Firma B und Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft seit 199X bzw. 199X die Geschicke der KG und Komplementär-GmbH alleine gelenkt und die Pflichten der fortgesetzten Erfüllung der testamentarischen Auflage übernommen habe.

Zudem habe das Landgericht es versäumt, Aussagen und Beweismittel des Klägers im Hinblick auf die Abwicklung des Nachlasses durch Vorname3 Nachname1 aufzunehmen und zu würdigen. Das Landgericht habe an keiner Stelle erwogen, dass Vorname3 Nachname1 offensichtlich die gesamte an den Kläger gerichtete Post betreffend den Nachlass der Erblasserin unterschlagen und dem Kläger so jede Möglichkeit genommen habe, von seiner (Nach)Erbenstellung zu erfahren und den Entwicklungstand über die Erfüllung der Auflage zu erfragen. Daher sei es dem Kläger erst nach dem Tod von Vorname3 Nachname1 möglich gewesen, seinen Anspruch zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund sei sogar eine Beweislastumkehr zulasten der Beklagten in Erwägung zu ziehen. Jedenfalls habe das Landgericht feststellen müssen, dass der Beklagten als Erbin nach Vorname3 Nachname1 die Darlegung möglich und zumutbar gewesen wäre. Zumindest habe die Unterschlagungstat im Rahmen der Beweiswürdigung Berücksichtigung zu finden, da es ihm, dem Kläger, durch die unerlaubte Handlung heute nahezu unmöglich sei, den Sachverhalt gesichert aufzuklären.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.6.2017 – Az. 2-15 O 29/16 –

  1. 1.

    festzustellen, dass der Kläger mit dem Ableben seiner Großmutter Vorname1 Nachname1, geb. B, geb. am XX.XX.19XX, am XX.XX.1990 deren Erbe zu 1/2 geworden ist;

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 418.319,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Erblasserin habe sich bei der Abfassung ihrer letztwilligen Verfügungen über die eigentumsrechtlichen Gegebenheiten betreffend den schon zum Nachlass ihres vorverstorbenen Ehemanns gehörenden Grundbesitz als auch hinsichtlich der bereits geregelten Verwaltungssituation hierzu im Irrtum befunden. Denn die Erblasserin sei keineswegs nach dem Tod ihres Ehemanns Alleineigentümerin an dessen Grundbesitz geworden und habe demzufolge diesen auch nicht gegen seinen Willen zu früh auf die Kinder übertragen können, so dass es den von ihr als Motiv für die testamentarische Bedingung erwähnten angeblichen Wünschen ihres vorverstorbenen Ehemanns ersichtlich an Substanz fehle. Die von der Erblasserin in ihrem Testament niedergelegte auflösende Bedingung sei bereits mit ihrem Ableben als erfüllt anzusehen mit der 1969 vorgenommenen Übertragung des Grundbesitzes ihres vorverstorbenen Ehemanns, was auch dessen letzten Willen entsprochen habe. Zudem sei der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentsabfassung am 4.2.1987 bekannt gewesen, dass die Grundstücksverwaltung durch die Firma B auch über ihren Tod hinaus bereits bis mindestens 31.12.1999 geregelt gewesen sei, und keines der Kinder habe beabsichtigt, dies zu ändern oder gar Teilungsversteigerungsanträge zu stellen.

Der Wille der Erblasserin sei eindeutig dahin gegangen, von ihren beiden Kindern beerbt zu werden und lediglich eine nach ihrem Ableben theoretisch mögliche Auseinandersetzung des Immobilienvermögens zwischen den Miteigentümern zu verhindern. Diesem Wunsch hätten die Kinder bis heute entsprochen. Zudem sei Vorname3 Nachname1 fristgemäß zu dessen Umsetzung tätig geworden und habe, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, fristgemäß eine dem letzten Willen der Erblasserin entsprechende Vereinbarung entworfen und unterzeichnet, die dann auch an seine Schwester abgeschickt worden und ihr zugegangen sei. Ausweislich der Formulierung in dem Testament habe die entsprechende Sanktion immer nur dasjenige Kind treffen sollen, welches sich nicht an diese Vorstellungen der Erblasserin gehalten habe. Im Übrigen sei Vorname3 Nachname1 aufgrund seiner Einsetzung als Testamentsvollstrecker unter Ziffer 4 des Testaments ohnehin berechtigt gewesen, den Nachlass in Besitz zu nehmen und zur Erfüllung des letzten Willens der Erblasserin für alle Erben zu handeln. Aufgrund dessen sei bereits das Unterzeichnen der Vereinbarung vom 22.2.1991 alleine durch Vorname3 Nachname1 als Testamentsvollstrecker ausreichend gewesen, der testamentarischen Bedingung zu entsprechen.

Schließlich sei der Vortrag des Klägers zu seiner Unkenntnis der eröffneten Testamente und des späteren Erbscheinsantrags völlig unglaubwürdig. Die entsprechenden Schreiben des Nachlassgerichts müssten ihm ordnungsgemäß zugegangen sein, da er sich neben seinen Internatsbesuchen regelmäßig auch zu Hause aufgehalten und überdies mit seinem Vater unterhalten habe. Zudem sei davon auszugehen, dass er auch durch die Familie seiner Tante Vorname4 Nachname2 insoweit informiert worden sei. Im Rahmen der Beweislastumkehr habe der Kläger das Gegenteil zu beweisen, da diese Vorgänge ausschließlich seine Sphäre beträfen. Schließlich müsse sich die Beklagte ein eventuell strafbares Verhalten ihres verstorbenen Ehemanns, für das sie selbst ersichtlich keinerlei Verantwortung trage, nicht zurechnen lassen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519 ZPO).

In der Sache hat sie zum überwiegenden Teil Erfolg.

I. Das Feststellungsbegehren des Klägers ist zulässig und begründet.

Der Kläger ist zu 1/2 unmittelbarer Erbe nach der Erblasserin geworden.

1. Zutreffend hat das Landgericht die Zulässigkeit des Feststellungsantrags bejaht.

Streitende Erbanwärter können das Erbrecht im Zivilprozess durch Urteil feststellen lassen, wenn ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO besteht [OLG Brandenburg Urt. v. 18.2.2009 – 13 U 98/08 – Rn. 21 ff]. Ein solches liegt hier vor, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 15.10.2015 in Abrede gestellt hat, dass der Kläger nach dem Ableben der Erblasserin am XX.XX.1990 anstelle seines Vaters Vorname3 Nachname1 zu 1/2 deren Erbe geworden sei (Anlage K 5/GA 26 ff). Der Erbschein lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen [Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 2353 Rn. 77].

2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet.

Maßgebend für die in Rede stehenden Erbrechte sind die notariellen Testamente der Erblasserin vom 4.2.1987 und 2.2.1989.

a. Soweit es in dem ersten Testament heißt, „an die Annahme der Erbschaft knüpfe ich die Bedingung (…)“ steht dies freilich nicht im Einklang mit dem in §§ 1942, 1922 BGB normierten Grundsatz des Vonselbstvollzugs des Erbschaftserwerbs zum Ausdruck. Dieser bedeutet, dass mit dem Tod des Erblassers die Erbschaft unmittelbar und von selbst auf den Erben kraft Gesetzes übergeht. Auf eine Annahme der Erbschaft kommt es damit nicht an.

b. Zutreffend hat das Landgericht die testamentarische Regelung rechtlich als auflösende Bedingung der Erbeinsetzung bzw. des Anfalls der Vorerbenstellung der beiden Kinder der Erblasserin eingeordnet.

Der Erblasser ist im Rahmen seiner Testierfreiheit nicht gehindert, die Wirksamkeit der in seinem Testament enthaltenen letztwilligen Verfügungen unter eine Bedingung zu stellen. Auch der Eintritt einer Vorerbschaft kann an eine Bedingung geknüpft werden. Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, aber allgemein anerkannt und ergibt sich aus den auch hier geltenden allgemeinen Bestimmungen der §§ 158 ff BGB i.V.m. den diese lediglich ergänzenden §§ 2074, 2075 BGB. Eine Bedingung liegt auch vor, wenn die Zuwendung – wie hier – von der Bereitschaft des Bedachten zum Abschluss eines Vertrags abhängt [Palandt/Weidlich aaO., § 2065 Rn. 5]. Gegen die Annahme einer aufschiebenden Bedingung – von welcher die Berufung ausgehen will – spricht hier neben den von dem Landgericht angeführten Überlegungen (vgl. LGU Seite 5 – 6) auch der Umstand, dass bei so bedingter Erbeinsetzung gemäß § 2105 BGB der Bedachte nur Nacherbe wird; Vorerben sind die gesetzlichen Erben [Palandt/Weidlich aaO., § 2074 Rn. 2]. Das entspricht indes nicht der testamentarisch gewollten Stellung der beiden Kinder der Erblasserin als befreite Vorerben und deren Nachkömmlinge als Nach- bzw. Ersatzerben. Ferner ist die Auslegungsregel des § 2075 BGB anzuführen, wonach es sich im Zweifel um eine auflösende Bedingung handelt, die so bedingte Zuwendung also mit dem Erbfall anfallen, aber bei Zuwiderhandlung wegfallen soll, wenn der Erblasser dem Bedachten ein bestimmtes Verhalten für eine unbestimmte Dauer auferlegt [Palandt/Weidlich § 2075 Rn. 1]. So lag es hier, denn die von der Erblasserin gewollte vertraglich zu regelnde Verwaltung des ihren beiden Kindern vorab zugewandten Grundvermögens durch die Firma B sollte bis zum Ableben von Vorname3 Nachname1 und damit einen unbestimmten Zeitraum andauern.

c. Nicht zu folgen ist der Auffassung der Beklagten, die entsprechenden Bestimmungen im Testament seien aus Rechtsgründen unwirksam und daher unbeachtlich, da die Erblasserin zum Zeitpunkt ihres Todes gar nicht mehr Eigentümerin des Grundbesitzes gewesen sei, um dessen gemeinsame Verwaltung durch die Firma B es ihr ging. Maßgebend ist vielmehr, dass der Eintritt des Ereignisses – der Abschluss des in dem Testament näher bestimmten Verwaltungsvertrags – zum Zeitpunkt des Erbfalls objektiv nicht unmöglich oder sittenwidrig war [vgl. Palandt/Weidlich aaO., § 2074 Rn. 4].

3. Zugunsten des Klägers ist vom Nichteintritt der streitgegenständlichen Bedingung für den Erhalt der (Vor)Erbenstellung der beiden Kinder der Erblasserin auszugehen.

a. Der zur Akte gereichte Schriftverkehr der beiden designierten Vorerben streitet dafür, dass innerhalb der testamentarisch festgelegten Frist kein Verwaltungsvertrag i.S. der Verfügungen der Erblasserin zwischen ihnen und der Firma B zustande gekommen ist.

Zwar geht aus der schriftlichen Bestätigung der Vorname4 Nachname2 vom 12.2.2016 hervor, dass die von der Beklagten in Kopie zur Akte gereichte Vereinbarung vom 22.2.1990 zwischen den designierten Vorerben und der Firma B zur Erfüllung des letzten Willens der Erblasserin gemäß Testament vom 4.2.1987 einvernehmlich geschlossen worden sei (GA 47). Es fehlt jedoch an einer Aussage darüber, wann dieser Vertrag unter Beteiligung beider designierter Vorerben zustande gekommen sein soll, was aber im Hinblick auf die testamentarisch vorgegebene 3-Wochenfrist von Relevanz ist. Dass diese Frist gerade nicht eingehalten wurde, legt das Schreiben von Rechtsanwalt E (seinerzeitiger anwaltlicher Vertreter von Vorname4 Nachname2) vom 4.9.1990 an das Nachlassgericht nahe, wonach die Verhandlungen der Kinder der Erblasserin über den Abschluss eines Grundstücks-Verwaltungsvertrag noch nicht abgeschlossen seien. Dies korrespondiert mit den Ausführungen von Rechtsanwalt F als Prozessbevollmächtigter von Vorname3 Nachname1 in seinem Schriftsatz vom 28.9.1993 an das Landgericht Frankfurt/M. in dem Rechtstreit zu Az. … (Seite 7 und 9f), dass es seinerzeit unter der Mandatierung von Rechtsanwalt D nicht zum Abschluss des Verwaltervertrags gekommen, sondern erst am 15.5.1991 ein Vertrag zwischen den designierten Vorerben und der Firma B abgeschlossen worden sei (Seite 14).

b. Soweit die Beklagte behauptet, die designierten Vorerben hätten sich über den Verwaltungsvertrag längst mündlich geeinigt gehabt, lässt dieser Vortrag jegliche zeitliche Einordnung vermissen; er ist aber auch im Hinblick auf die von der Erblasserin gewollten Schriftform ohne rechtliche Relevanz. Denn mit ihrem Verlangen, einen „entsprechenden Verwaltungsvertrag“ zu schließen, hatte die Erblasserin nach ihren Lebensumständen ersichtlich auf den zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zwischen ihr und der Firma B schriftlich zustande gekommenen Grundstücksverwaltungsvertrag vom 1.8.1984 abgestellt. Insoweit stand es den beiden designierten Vorerben gerade nicht frei, mündliche oder schriftliche Vereinbarungen zu der Verwaltung des Grundvermögens zu treffen, wie die Beklagte meint. Im Übrigen waren sich die beiden designierten Vorerben durchaus bewusst, dass die Erblasserin von ihnen den Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung erwartete, wie der Schriftsatz von Rechtsanwalt F vom 28.9.1993 vor dem Landgericht Frankfurt/M. in dem Verfahren zu Az. … (insbesondere Seite 9 ff) zeigt.

c. Ebenso wenig beachtlich ist das Vorbringen der Beklagten, bereits seit 1969 sei die gemeinsame Verwaltung des Grundvermögens durch die Firma B einvernehmlich durchgeführt und zu keinem Zeitpunkt von den beiden Kindern der Erblasserin in Frage gestellt worden. Unabhängig davon, dass diese bis zum Ableben der Erblasserin gar nicht Vertragspartner des Verwaltungsvertrags mit der Firma B waren, sondern allein die Erblasserin, sieht das notarielle Testament der Erblasserin vom 4.2.1987 neben der Verwaltung des Grundvermögens durch die Firma B bis zum Ableben von Vorname3 Nachname1 ausdrücklich den Neuabschluss eines entsprechenden Verwaltungsvertrags ihrer Kinder mit dieser Verwaltungsgesellschaft innerhalb von 3 Wochen nach Testamentseröffnung vor. Im Übrigen sei angemerkt, dass der Verwaltervertrag vom 1.8.1984 weder eine Fortsetzung nach Wegfall des Nießbrauchrechts durch Tod der Erblasserin vorsah noch eine Regelung dahingehend, dass ihre Rechtsnachfolger an ihre Stelle treten und das Immobilieneigentum weiterhin von der Firma B verwalten lassen müssten. Ebenso wenig geregelt war der Fortbestand der in dem Verwaltervertrag enthaltenen Verwaltervollmacht über den Tod der Erblasserin hinaus. Zudem ging der gewünschte Regelungsgehalt des von ihr geforderten Verwaltungsvertrags, nämlich Gültigkeit bis zum Ableben von Vorname3 Nachname1 sowie Verzicht auf eine zwangsweise Auseinandersetzung der Gemeinschaft im Wege der Zwangsversteigerung für die Dauer der Grundstücksverwaltung, über den Inhalt des bisherigen schriftlichen Verwaltungsvertrags vom 1.8.1984 hinaus.

d. Entgegen der Auffassung der Beklagten durfte Vorname3 Nachname1 auch nicht in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker für beide designierte Vorerben gemeinsam einen Verwaltervertrag abschließen.

aa. Das Testamentsvollstreckeramt berechtigt lediglich zur Inbesitznahme und Verwaltung des Nachlasses entsprechend den testamentarischen Verfügungen [Palandt/Weidlich aaO., § 2197 – Rn. 3]. Vorliegend gehörte aber aufgrund der im Jahr 1968 erfolgten schenkweisen Übereignungen keinerlei Grundbesitz mehr zum Nachlass der Erblasserin, so dass sich auch die Testamentsvollstreckung nicht mehr auf den Abschluss des Verwaltungs- und Zwangsverwaltungsverzichtsvertrags erstrecken konnte.

bb. Darüber hinaus gab Vorname3 Nachname1 bei seiner Unterschrift auf der von der Beklagten in Kopie vorgelegten Vereinbarung vom 22.2.1990 nicht an, zugleich im Namen für Vorname4 Nachname2 zu handeln. Vielmehr enthält diese nur den ausdrücklichen Zusatz, „zugleich handelnd für die Firma B (…)“. Im Übrigen hatte die Erblasserin den Testamentsvollstrecker nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, so dass es Vorname3 Nachname1 ohnehin untersagt war, Insichgeschäfte abzuschließen.

4. Freilich ist, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat und wovon auch die Berufung ausgeht, ist das notarielle Testament der Erblasserin vom 4.2.1987 nicht eindeutig und damit auslegungsbedürftig ist, welches Verhalten der designierten Vorerben zur Bedingung erhoben ist und die Verwirkungsklausel auslösen soll. Hierbei hat die Testamentsauslegung zum Ziel, den wirklichen (realen) Willen der Erblasserin zu erforschen (§§ 133, 2084 BGB). Hat – wie hier – ein Notar die Erklärung beurkundet, spricht eine gewisse Vermutung dafür, dass objektiver Erklärungsinhalt und Erblasserwillen übereinstimmen [Palandt/Weidlich aaO., § 2084 Rn. 2; BayObLG Beschl. v. 8.2.1996 – 1 Z BR 157/95 – Rn. 17 m.w.N.]. Der Sinn den der Notar einer Erklärung des Erblassers beigemessen hat, lässt regelmäßig den Schluss darauf zu, was der Erblasser wollte [Palandt/Weidlich aaO., m.w.N.].

Dem in dem Testament zum Ausdruck gekommenen Willen der Erblasserin nach Abschluss eines Verwaltungsvertrags beider designierter Vorerben mit der Firma B trägt die vom Landgericht vorgenommene Auslegung, dass jeder Vorerbe die testamentarische Bedingung in seiner Person durch Abschluss eines entsprechenden Verwaltungsvertrags habe erfüllen können, nicht hinreichend Rechnung. Dieser gebietet vielmehr eine Auslegung erfüllt und damit der Verwirkungsfall nicht eingetreten sein soll, wenn einer der beiden designierten Vorerben seinem Geschwisterteil fristgerecht ein rechtsverbindliches Angebot auf Abschluss des Verwaltungsvertrags unterbreitete, das den Anforderungen der testamentarischen Bedingung entsprach.

a. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass sich die Erblasserin in Satz 2 ihres Testaments auf die vorstehend in Satz 1 bezeichnete Bedingung bezog, welche auf das Ergebnis des tatsächlich zustande gekommenen Vertragsabschlusses der designierten Vorerben mit der Firma B und der Erklärung ihres Verzichts auf eine Teilungsversteigerung für die Dauer der Verwaltung abstellt, um die Fortführung der Verwaltung des aus dem väterlichen Vermögen stammenden Grundbesitzes durch die Firma B sicherzustellen. Das spräche dafür, bei fristgerechter Übermittlung des Angebots eines einzelnen designierten Vorerbens auf Abschluss des vorgegebenen Verwaltungsvertrags an den anderen Geschwisterteil die testamentarische Bedingung nicht als erfüllt anzusehen, weil dieses allenfalls eine Vorbedingung zu dessen Abschluss begründete, der übereinstimmende Willenserklärungen sämtlicher Vertragsparteien erforderte.

b. In die Auslegung mit einzubeziehen ist die sich anschließende Verwirkungsklausel, welche die Erblasserin ausweislich der Formulierung „wenn einer meiner Vorerben diese Bedingung nicht erfüllt“, die sich anschließende Verwirkungsklausel offensichtlich gerade nicht an den objektiven Nichteintritt der Bedingung knüpfen wollte mit der Folge, dass dann jedes ihrer beiden Kinder nur den Pflichtteil erhalten sollte. Vielmehr stellt die Erblasserin in Bezug auf die von ihr gewollte Rechtsfolge bei Zuwiderhandlung gegen die testamentarische Bedingung ausdrücklich auf das persönliche Fehlverhalten des jeweiligen designierten Vorerbens ab, was auch durch das Personalpronomen „er“ unterstrichen wird, das sich schon rein sprachlich nicht auf beide designierten Vorerben bezieht. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass die Verwirkungsklausel nach dem Willen der Erblasserin nicht auch für den Vorerben gelten sollte, der seinen Beitrag leistete und die erforderliche Willenserklärung gegenüber dem anderen Geschwisterteil abgab, um ihren Willen zur Geltung zu verhelfen. Insoweit enthält Satz 2 zwar eine Warnung und Aufforderung an beide designierten Vorerben, um diese zu dem von der Erblasserin gewünschten kurzfristigen Abschluss des Verwaltungsvertrags zu motivieren und dafür mit der Erbenstellung zu belohnen. Zugleich bringt aber der Folgesatz den ausdrücklichen Willen der Erblasserin zum Ausdruck, dasjenige ihrer Kinder, das ihren letzten Willen befolgte und alles tat, dem von ihr gewollten Abschluss eines Verwaltungsvertrags einschließlich entsprechender Verzichtserklärungen zum Erfolg zu verhelfen, gerade nicht mit dem Ausschluss von der testamentarischen Begünstigung unter Beschränkung auf den Pflichtteil zu sanktionieren. Insoweit handelt es sich um eine typische „Pflichtteils-Sanktionsklausel“, die sich nicht an beide Kinder gemeinsam, sondern jeweils nur an das Kind der Erblasserin richtete, welches ihrer Anordnung zuwiderhandelte und ihre Bedingung nicht erfüllte.

Demgegenüber wirkt die Auffassung der Berufung, die testamentarische Auflage sei von den designierten Vorerben in zwei Stufen zu erfüllen gewesen und die Einzel-Enterbungsklausel habe sich demgemäß sinnvollerweise nur auf das Zuwiderhandeln gegen den erblasserischen Willen während der Vertragslaufzeit in der zweiten Stufe beziehen sollen, konstruiert und findet in dem Wortlaut des notariellen Testaments auch keinen Niederschlag.

c. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Sätzen 4 und 5 des notariellen Testaments vom 4.2.1987, in welchen die Erblasserin ihre Motive für die Bedingung darlegte und nochmals ihren Willen unterstrich, das von ihrem vorverstorbenen Ehemann geschaffene Grundvermögen, welches aufgrund der von ihr schon vorab zu Lebzeiten vorgenommenen Übertragung auf ihre beiden Kinder nicht mehr in ihren Nachlass fiel, so lange wie möglich innerhalb der Familie und unter einheitlichen Verwaltung zu halten. Wie das Landgericht mit überzeugenden Überlegungen dargelegt hat, ist auch für den Fall, dass nur ein designierter Vorerbe die Bedingung erfüllte und erbte, wahrscheinlich, dass das Grundvermögen nicht im Wege der Zwangsversteigerung auseinandergerissen und damit dem Willen der Erblasserin entsprochen wurde (vgl. LGU Seite 7). Dem hat die Berufung nichts entgegengesetzt.

Gleiches gilt für das Testament vom 2.2.1989, mit welchem die Erblasserin ihren zuvor schon testierten Willen noch einmal bekräftigte, das Grundvermögen der Familie als Ganzes für die übernächste Generation zusammenzuhalten und weiterhin einheitlich von der Firma B verwalten zu lassen.

5. Nach Auffassung des Senats hat der Kläger jedoch hinreichend Anhaltspunkte dargetan, die gegen den Eintritt der so verstandenen Bedingung sprechen.

a. Zwar entspricht die von der Beklagte in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1990 (GA 29 – 31) inhaltlich den Anforderungen gemäß den beiden notariellen Testamenten der Erblasserin vom 4.2.1987 und 2.2.1989; sie nimmt auf die von dieser Erblasserin zu Lebzeiten mit der Firma B geschlossenen Grundstücksverwaltungsverträge vom 1.8.1984 und 20.1.1989 Bezug und regelt deren Gültigkeit bis zum Ableben von Vorname3 Nachname1; ferner sieht sie hinsichtlich einer zwangsweisen Auseinandersetzung der Grundstücksgemeinschaft durch Zwangsversteigerung entsprechende Verzichtserklärungen beider Kinder vor).

b. Allerdings kommt diesem Schriftstück keinerlei Aussagekraft darüber zu, ob das Datum unter dieser Vereinbarung auch dem Datum der Unterzeichnung seitens Vorname3 Nachname1 entsprach, was von dem Kläger ausdrücklich bestritten wird. Insoweit hat der Kläger zutreffend darauf hingewiesen, dass die vorgelegte Kopie nicht das vollständig beglaubigte Dokument wiedergibt. Wie anhand der Lochstanzung und Bindung am linken Rand der Vorderseite der vorgelegten Vereinbarung erkennbar, handelt es sich um ein notariell beglaubigtes Dokument. Es fehlt jedoch der mit der notariellen Urkunde durch eine Öse fest verbundene notarielle Beglaubigungsvermerk der Unterschrift auf der Vereinbarung nebst Datum am Ende des Dokuments oder auf dessen Rückseite, der eine Überprüfung ermöglichte, wann die Unterschrift auf der Vereinbarung beglaubigt, also das Angebot erstellt worden war.

c. Darüber hinaus hat der Kläger auf nachfolgende Ungereimtheiten hingewiesen, die sich aus dem vorgelegten Schriftverkehr zwischen Vorname3 Nachname1 und seiner Schwester ergeben und der Feststellung entgegenstehen, dass diese Vereinbarung überhaupt von ihm innerhalb der testamentarisch bestimmten 3-Wochen-Frist unterzeichnet und an Vorname4 Nachname2 zur Gegenzeichnung zugeleitet wurde.

aa. So hatte Rechtsanwalt F in seinem Schreiben vom 3.9.1990 (dort Seite 4) gegenüber den Rechtsanwälten von Vorname4 Nachname2 erklärt, Vorname3 Nachname1 dahingehend beraten zu haben, nur den Verwaltervertrag zu unterzeichnen, den die Erblasserin inhaltlich bestimmt habe. Dies sei der ihnen als erster Entwurf zugeleitete Vertrag. Wie aus dem vorausgehenden Schreiben von Rechtsanwalt F vom 6.7.1990 hervorgeht, hatte er jedoch erst zu diesem Zeitpunkt bzw. kurz zuvor die anwaltliche Vertretung von Vorname3 Nachname1 übernommen. Dies korrespondiert mit seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 28.9.1993 (Seite 10 ff), aus denen hervorgeht, dass Vorname3 Nachname1 jedenfalls zum 27.6.1990 noch von Rechtsanwalt D vertreten wurde. Das spricht jedoch dafür, dass der Vorname4 Nachname2 zugleitete Vertragsentwurf bis zum Zeitpunkt der Mandatsübernahme durch Rechtsanwalt F im Sommer 1990 noch nicht von Vorname3 Nachname1 unterzeichnet worden war.

Dass, wie vom Landgericht aus dem Zusammenhang gefolgert, in dem Schreiben vom 3.9.1990 Vorname3 Nachname1 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma B gemeint gewesen sei (vgl. LGU Seite 8), erscheint verfehlt im Hinblick auf die darin eingangs erfolgte Anzeige der Vertretung von Vorname3 Nachname1 als Testamentsvollstrecker und Erben nach der Erblasserin. Im Übrigen hatte Herr Vorname3 Nachname1 die in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1990 auch nur einmal unterschrieben, und zwar in seiner Stellung als designierter Vorerbe als auch als Geschäftsführer der Firma B, wie er durch den Zusatz „zugleich handelnd für die Firma B“ nach außen hin deutlich machte. Dafür, dass dieser Zusatz erst nachträglich auf Anraten von Rechtsanwalt F hinzugefügt wurde, ist nichts dargetan.

bb. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der von Rechtsanwalt F in seinem Schreiben vom 6.7.1990 dargelegten Rechtsauffassung, Vorname4 Nachname2 sei verpflichtet, die von Vorname3 Nachname1 bereits unterzeichnete Vereinbarung vom 22.2.1990, die ihr bereits am 26.2.1990 übersandt worden sei, gegenzuzeichnen). Denn gleichermaßen vorstellbar ist, dass – wie in dem Schreiben vom 3.9.1990 formuliert – Vorname4 Nachname2 zunächst nur ein Entwurf zugeleitet worden war und Vorname3 Nachname1 die in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1990 erst später, nämlich nach Übernahme der anwaltlichen Vertretung durch Rechtsanwalt F auf dessen Anraten hin und damit erst deutlich nach Ablauf der testamentarisch bestimmten Frist unterzeichnete.

cc. Des Weiteren ist dem Kläger zuzugeben, dass zweifelhaft erscheint, ob die von der Beklagten in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.21990 identisch ist mit dem Vertragsentwurf dieses Datums, der ausweislich der vorgelegten anwaltlichen Schreiben von Rechtsanwalt F vom 6.7. und 3.9.1990 an Vorname4 Nachname2 zwecks Gegenzeichnung übermittelt worden sein soll. Zwar hat F drei Jahre später, nämlich mit Schriftsatz vom 28.9.1993 ausgeführt, dass Vorname3 Nachname1 am 22.2.1990 bereits einen Verwaltervertrag unterzeichnet habe. Gegen die Annahme, dass es sich hierbei um die von der Beklagten in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1990 handelte, die nur noch der Gegenzeichnung seitens Vorname4 Nachname2 bedurfte, spricht jedoch der Umstand, dass der zwischen den designierten Vorerben und der Firma B schließlich am 15.5.1991 abgeschlossene Verwaltervertrag die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB enthielt (vgl. Schriftsatz von Rechtsanwalt F vom 28.9.1993, Seite 14, während in der von der Beklagten in Kopie vorgelegten Vereinbarung vom 22.2.1991 ein solcher Passus fehlt. Dass erstaunt angesichts der Ausführungen von Rechtsanwalt F (Seite 12), wonach der letzte von seinem Vorgänger, Rechtsanwalt D, erstellte Vertragsentwurf aus dem Grund für Vorname3 Nachname1 nicht akzeptabel gewesen sei, weil er eine entsprechende Klausel nicht vorgesehen habe, die aber für Vorname3 Nachname1 unverzichtbar gewesen sei, um in seiner Doppelrolle als Verwalter und Erbe In-sich-Geschäfte abschließen zu können. Ebenso wenig nachvollziehbar bleibt, warum Vorname4 Nachname2 die in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1991 nicht – auch nicht nach Urlaubsrückkehr – gegenzeichnete, wenn diese ihr tatsächlich zugegangen war, obwohl darin die zwischen den Geschwistern streitige Befreiung von § 181 BGB keinen Eingang gefunden hatte und damit kein Grund ersichtlich ist, der aus ihrer Sicht einer Unterzeichnung hätte entgegenstehen können, sie aber nahezu ein Jahr später den Verwaltervertrag vom 15.5.1991 unterschrieb.

dd. Ferner hatte Rechtsanwalt D ausweislich seines Schreibens vom 22.2.1990 Vorname3 Nachname1 zunächst die von ihm erstellte gemäß Testament zwischen ihm, seiner Schwester und der Firma B zu treffende Vereinbarung als Entwurf übersandt mit der Bitte um schnellstmögliche Durchsicht und Rückmeldung, also nicht etwa Unterzeichnung und Rücksendung, um dann Vorname4 Nachname2 die Vereinbarung zuzuleiten. Auch dies spricht dagegen, dass es sich bei der Vorname4 Nachname2 übersandten Vereinbarung um einen bereits von Vorname3 Nachname1 unterzeichnete notarielle Urkunde handelte, wie die nunmehr von der Beklagten vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1990.

Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Schreiben von Vorname3 Nachname1 vom 27.2.1990 an seine Schwester. Diesem lässt sich lediglich entnehmen, dass der von Rechtsanwalt D gefertigte Entwurf eines Verwaltervertrags mit der Firma B an sie unterwegs sei, nicht aber, dass dieser bereits von ihm unterzeichnet gewesen sei. Ebenso wenig geht aus dem Schreiben hervor, ob damit die in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1990 gemeint war.

ee. Schließlich fällt auf, dass Vorname3 Nachname1 vor dem Notar D erst am 9.8.1991 den Erbscheinsantrag stellte, der ihn und seine Schwester Vorname4 Nachname2 als Vorerben auswies, also nahezu eineinhalb Jahr nach dem Datum der von der Beklagten in Kopie vorgelegten Vereinbarung vom 22.2.1990, aber zeitnah zu dem Abschluss des Verwaltervertrags vom 15.5.1991.

6. Der auf den von der Beklagten in dem Rechtsstreit eingeführten Schriftverkehr gestützten Vortrag des Klägers zum Nichteintritt der testamentarischen Bedingung ist nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, weil die Beklagte diesen nicht hinreichend substantiiert bestritten hat und der sie treffenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist.

a. Nach § 138 Abs. 1 ZPO und den sich hieraus ergebenden Grundsätzen über die Darlegungs- und Beweislast musste der Kläger hier als darlegungspflichtige Partei für die Schlüssigkeit der Klage nur die tatsächlichen Umstände darlegen, welche für die von ihr in Anspruch genommene günstige Rechtsfolgen – seine Erbenstellung nach der Erblasserin aus ihrem Testament vom 4.2.1987 und hieraus resultierende Zahlungsansprüche – von Bedeutung sind. Ist dem genügt, trifft den Gegner die Erklärungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO [Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., 138 Rn. 7]. Dabei darf er sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine näheren Kenntnisse der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind [BGH Urt. v. 17.3.1987 – VI ZR 282/85; Urt. v. 17.5.1999 – II ZR 139/98; Zöller/Greger aaO. Rn. 8b]. In diesen Fällen besteht für ihn eine sog. „sekundäre Darlegungslast“. Danach wird vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsachen und Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt, die seinen Wahrnehmungsbereich betreffen [BGH Urt. v. 17.1.2008 – III ZR 239/06 – Rn. 16]. Dabei müssen greifbare Anhaltspunkte für seine Behauptung geliefert bzw. schlüssige Indizien vorgetragen werden, die seinen Vortrag belegen [BGH Urt. v. 17.3.1987 aaO.; Urt. v. 13.6.2012 – I ZR 87/11; Urt. v. 17.12.2014 – IV ZR 90/13]. Genügt er dem nicht, ist der gegnerische Vortrag nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. So lag der Fall hier:

bb. Der Kläger hat unter Auswertung der aus dem vorgelegten Schriftverkehr zwischen Vorname3 Nachname1 und Vorname4 Nachname2 sowie deren Anwälten sich ergebenden Tatsachen schlüssig dargelegt, dass Vorname3 Nachname1 die von der Beklagten in Kopie vorgelegte Vereinbarung vom 22.2.1991 seiner Schwester innerhalb der testamentarisch bestimmten Frist nicht zur Gegenzeichnung zukommen ließ.

Zudem ist dem Kläger zuzugeben, dass ihm näherer Vortrag nicht möglich oder zumutbar ist, weil er außerhalb des für den geltend gemachten Anspruchs erheblichen Geschehensablaufs stand und in Bezug auf die (Nicht)Erfüllung der testamentarischen Bedingung, den (Nicht)Abschluss eines „entsprechenden“ Verwaltervertrags zwischen den Kindern der Erblasserin und der Firma B bzw. die Unterbreitung eines gegenzeichnungsreifen Angebots durch Vorname3 Nachname1 an seine Schwester innerhalb der testamentarisch bestimmten Frist, keine weitergehende Erkenntnis hinsichtlich der maßgebenden Tatsachen haben kann, als ihm durch Einsicht in die Nachlassakten und den von der Beklagten vorlegten Unterlagen vermittelt wurde. Demgegenüber waren dem designierten Vorerben der Erblasserin, Vorname3 Nachname1, alle wesentlichen Tatsachen bekannt. Denn er leitete seine (Vor-)Erbenstellung aus einem positiven Tun ab, welches die Erblasserin zur Bedingung dafür gemacht hatte, dass ihre beiden Kinder Vorerben nach ihr wurden. Insoweit hatte er, anders als der Kläger, das erforderliche Wissen, um dezidiert zu seinen Bemühungen um einen Vertragsabschluss mit seiner Schwester und der Firma B und damit den Eintritt der testamentarischen Bedingung vortragen zu können.

Bei dieser Sachlage hätte es daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast Vorname3 Nachname1 oblegen, die klägerseits behaupteten Tatsachen für den Nichteintritt der testamentarischen Bedingung unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände substantiiert zu bestreiten und damit positive Gegenangaben vorzutragen. Nichts anderes kann nach Ansicht des Senats für die Beklagte gelten, die ihre Rechtstellung darauf stützt, Alleinerbin nach dem inzwischen verstorbenen designierten Vorerben Vorname3 Nachname1 zu sein. Gemäß § 1922 Abs. 1 BGB ist sie im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge in dessen Rechte und Pflichten eingetreten. Es erscheint dem Senat daher sachgerecht, an die formale Rechtsstellung der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des designierten Vorerben Vorname3 Nachname1 anzuknüpfen und nicht zu Lasten des Klägers von den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast abzuweichen.

Für diese Rechtsansicht streitet ferner, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 BGB der Erbe Ansprüche mit der Beweislastregelung übernimmt, die sich daraus für den Erblasser ergeben hätte, wenn er den Anspruch noch selbst geltend gemacht haben würde [BGH Urt. v. 16.6.1993 – IV ZR 246/92 – Rn. 2]. Diese Erwägungen rechtfertigen es, den Alleinerben als Prozessgegner in die sekundäre Beweislast einrücken zu lassen, die dem Erblasser oblegen hätte, wäre er verklagt worden.

cc. Im Übrigen sei angemerkt, dass durchaus Zweifel an den Erkenntnismöglichkeiten der Beklagten bestehen. Denn ihr Ehemann, Vorname3 Nachname1, war nicht nur Komplementär der KG, sondern auch Testamentsvollstrecker und Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft. Dass er lediglich das von der Beklagte in Kopie vorgelegte unvollständige Dokument vom 22.2.1990 aufbewahrt haben soll, nicht aber das vollständig beglaubigte Original, das seine (vermeintlich) erlangte Vorerbenstellung hätte dokumentieren können, erscheint dem Senat wenig lebensnah. In diesem Zusammenhang ist auch sehen, dass in dem Schriftsatz von Rechtsanwalt F vom 28.9.1993 (Seite 9) der von Vorname3 Nachname1 unterzeichnete Verwaltervertrag als Anlage 4 vorgelegt wurde. Alle Unterlagen, die sich im Besitz von Vorname3 Nachname1 befanden, wurden jedoch dem unstreitigen Vortrag des Klägers zufolge in natura von der Beklagten übernommen. Darüber hinaus war die Beklagte in die Geschäfte der Verwaltungsgesellschaft durchaus persönlich involviert. Denn ausweislich ihrer als Anlage K 2 vorgelegten Aufstellung über den Nachlass des Vorname3 Nachname1 (dort Ziffern 2 ff) hatte sie bereits am 18.12.1995 und 14.2.1997 dessen Geschäftsanteile an der Firma B als auch an deren Komplementärgesellschaft sowie Kommanditanteile der „Nachname1 & Co. GmbH & Co … KG“ schenkweise erhalten. Darüber hinaus wurde ihr dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers zufolge bei beiden Kommanditgesellschaften bereits im April 1995 und am 29.7.1997 Einzelprokura erteilt. Bis zum 16.12.2004 war die Beklagte sogar alleinige Kommanditistin der Firma B. Aufgrund ihrer führenden Stellung in den Gesellschaften als Kommanditistin und GmbH-Gesellschafterin seit Dezember 199X hat sie jedoch Zugriff zu den diese betreffenden Unterlagen, so dass es sich dem Senat nicht erschließt, aus welchen Gründen es ihr nicht möglich gewesen sein soll, etwa den am 15.5.1991 zwischen den designierten Vorerben und der Firma B abgeschlossenen Verwaltungsvertrag, welcher eine Laufzeit bis zum 31.12.1999 vorsah (vgl. Schriftsatz von Rechtsanwalt F vom 28.9.1993, Seite 16) zum Abgleich mit der von ihr in Kopie vorgelegten Vereinbarung vom 22.2.1990 vorzulegen.

dd. Nicht nachzugehen ist dem Beweisantritt des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, Herrn Vorname5 Nachname2 als Zeugen für die Behauptung der Beklagten zu vernehmen, dass das vorgelegte Vertragsangebot innerhalb der Drei-Wochen-Frist von Vorname3 Nachname1 unterschrieben bei der Familie Nachname2 eingegangen sei. Dieser sogar erst nach Ablauf der Berufungsbegründung erfolgte Beweisantrag ist ein völlig neuer Angriff i.S. des § 531 Abs. 2 ZPO [vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 531 Rn. 21], der als verspätet zurückzuweisen ist, da die Beklagte nicht dargetan hat, dass und warum sie diesen nicht bereits in erster Instanz hat stellen können. Entgegen der Behauptung ihres Prozessbevollmächtigten findet sich ein solcher Antrag weder in seinen erstinstanzlichen Schriftsätzen noch wurde er vor dem Landgericht zu Protokoll gegeben.

Nach alldem ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass die testamentarische Bedingung innerhalb der von der Erblasserin gesetzten Drei-Wochen-Frist nicht eingetreten war. Dies hat zur Folge, dass die testamentarische Zuwendung an Vorname3 Nachname1 entfiel, weil die von der Erblasserin verfügte Sanktion – „Setzung auf den Pflichtteil“ – eingriff. Gemäß § 2096 BGB kann der Erblasser für den Fall, dass ein Erbe vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt, einen anderen als Erben einsetzen (Ersatzerben). Hier hatte die Erblasserin eine Nach- und Ersatzerbfolge angeordnet, so dass der Kläger kraft ausdrücklicher testamentarischer Bestimmung wegen Wegfalls seines Vaters Vorname3 Nachname1 als Vorerben in dessen Stelle als Ersatzerbe nachrückte und damit nach der Erblasserin Erbe zu 1/2 geworden ist. Demgegenüber hat die Nichterfüllung der in Satz 3 des notariellen Testaments vom 4.2.1987 enthaltenen Bedingung nicht den Ausschluss des Klägers von der Erbschaft zur Folge. Denn da der Kläger zu keinem Zeitpunkt Eigentum an dem Familiengrundbesitz erlangt hatte, war ihm der Abschluss eines entsprechenden Verwaltervertrags rechtlich unmöglich.

II.

Des Weiteren kann der Kläger von der Beklagten Zahlung eines Betrags in Höhe von € 244.027,22 verlangen.

1. Zwar hätte dem Kläger gegen den ursprünglichen Erbschaftsbesitzer Vorname3 Nachname1 vorrangig der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten aus § 2018 BGB zugestanden, wobei die Beklagte als seine Alleinerbin in dessen noch bestehende Verpflichtung eingerückt ist, ohne dass es dazu einer zusätzlichen Erbrechtsanmaßung bedurfte [vgl. Palandt/Weidlich aaO., § 2018 Rn. 4]. Hierbei handelt es sich um die in Anlage K 6 (GA 32/33) bezeichneten Nachlassgegenstände.

Allerdings ist Vorname3 Nachname1 nach Auskunft der Beklagten vermögenslos verstorben und hat ihr keinerlei Vermögensbestandteile aus dem Nachlass der Erblasserin hinterlassen (vgl. die als Anlage K 2 vorgelegte Nachlassaufstellung sowie Anlage K 3); auch wurde der Nachlass zwischenzeitlich unstreitig liquidiert, so dass sich der Anspruch des Klägers nur auf Zahlung richten kann.

2. Die Haftung des früheren Erbschaftsbesitzers und damit der Beklagten als seiner Rechtsnachfolgerin für die nicht mehr vorhandenen Nachlassgegenstände (Sachen oder Rechte) bestimmt sich nach § 2025 i.V.m. §§ 823 ff, 249 BGB.

a. Wie vorstehend unter Ziffer I. dargelegt, ist zugunsten des Klägers anzunehmen, dass Vorname3 Nachname1 innerhalb von drei Wochen nach Eröffnung des Testaments der Erblasserin vom 4.2.1987 seiner Schwester keinen verbindlichen gegenzeichnungsreifen Antrag hatte zukommen lassen, um den Abschluss eines Verwaltungsvertrags und den Verzicht auf die zwangsweise Auseinandersetzung i.S. der testamentarischen Bedingung zu erwirken. Demnach entsprach seine Erklärung im Rahmen des Erbscheinantrags vom 9.8.1991, dass die Bedingungen für die Annahme der Erbschaft gemäß Ziff. 3 des Testaments vom 4.2.1987 rechtzeitig und vollständig erfüllt worden seien, nicht der Wahrheit. Indem also Vorname3 Nachname1 in dem Wissen, mangels Erfüllung der Bedingung in dem Testament der Erblasserin der testamentarischen Zuwendung verlustig gegangen zu sein mit der Folge, dass ihm nur noch der Pflichtteil zustand und der Erbsatzerbfall eingetreten, d.h. also der Kläger als eingesetzter Ersatzerbe hinter ihm nach der Erblasserin Erbe zu 1/2 geworden war, den Erbschein beantragt und sich die Hälfte der allein dem Kläger zustehenden Nachlassgegenstände rechtswidrig zugeeignet und verbraucht hatte, hat er damit der Straftatbestand des § 246 StGB zum Nachteil des Klägers erfüllt. Insoweit traf Vorname3 Nachname1 aufgrund seines deliktischen Verhaltens eine verschärfte Haftung. Hieraus resultierte zu seinen Lebzeiten ein zivilrechtlicher Anspruch des Klägers an dem Vermögen von Vorname3 Nachname1 entstanden, welcher nach dessen Tod auf die Beklagte als seine Alleinerbin vererbt wurde (§ 1967 BGB).

b. Entgegen der Ansicht der Beklagte ist es dem Kläger auch nicht verwehrt, Einwendungen gegen den seinerzeit zugunsten der Kinder Vorname3 Nachname1 und Vorname4 Nachname2 erteilten gemeinsamen Erbschein zu erheben. Denn dieser entfaltet im Streit der Erbanwärter nicht die in § 2365 BGB normierte Rechtsvermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit seines Inhalts für und gegen den darin ausgewiesenen Erben, sondern es gelten die allgemeinen Regeln über die Beweislast [Palandt/Weidlich aaO., § 2365 Rn. 3]. Das Gericht ist daher an einen erteilten Erbschein nicht gebunden. Diesem kann auch schon deshalb keinerlei Indizwirkung zukommen, weil das Nachlassgericht ausweislich der Nachlassakten des Amtsgerichts Stadt3 – Az. …/90 – auf die Einreichung entsprechender Unterlagen für den Eintritt der testamentarischen Bedingung für die Annahme der Erbschaft gemäß Ziffer 3 des Testaments vom 4.2.1987 offensichtlich verzichtet hatte im Hinblick auf die in dem notariellen Erbscheinsantrag vom 9.8.1991 enthaltene eidesstattliche Versicherung von Vorname3 Nachname1 zur Richtigkeit seiner diesbezüglichen Angaben.

3. Ausgangspunkt für die Berechnung der Höhe des dem Kläger zustehenden Zahlungsanspruchs ist die seinerzeit von Vorname3 Nachname1 gefertigte Anlage zur Erbschaftssteuererklärung (Anlage K 6).

a. Danach hinterließ die Erblasserin Nachlassgegenstände (Wertpapiere und Forderungen) im Wert von DM 775.399,26. Soweit der Kläger diesen unter Verweis auf Auslandsvermögen seiner Großeltern als zu niedrig bezweifelt, hatte die Beklagte hierüber bereits vorprozessual mit Anwaltsschreiben vom 15.10.2015 (Ziffer 4) Auskunft gegeben. Dessen Vorhandensein wird von ihr auch nochmals ausdrücklich bestritten. Auch der Verweis des Klägers auf andere nicht näher bestimmte Nachlassgegenstände der Erblasserin ist unschlüssig. Letztlich legt der Kläger seinem Zahlungsantrag auch selbst einen Aktivnachlass von DM 775.399,26 zugrunde.

b. Hiervon in Abzug zu bringen sind die Nachlassverbindlichkeiten, welche laut o.g. Anlage DM 168.200,90 betrugen. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat lediglich pauschal vorgetragen, die letzten beiden Positionen „Kosten Stadt2“ unter Ziffer C.1. „Schulden des Erblassers“ nicht anzuerkennen. Trotz Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung beschränkte sich der Kläger auf die Aussage, ihm seien die Passivpositionen nicht bekannt, ohne auch nur ansatzweise darzutun, aus welchen Gründen er diese für nicht nachvollziehbar hält. Gleiches gilt, soweit der Kläger meint, die unter Ziff. 2.4. angegebenen Kosten der Nachlassregelung seien nicht nachvollziehbar bzw. er deren Notwendigkeit in Abrede stellt (mit Ausnahme der Position Amtsgericht Stadt3. – Testamentseröffnung). Auch insoweit blieb der Kläger auf den Hinweis des Senats jegliche Darlegung schuldig, warum diese Kosten nicht angefallen wären, hätte Vorname3 Nachname1 schon seinerzeit seine (Mit)Erbenstellung anerkannt.

Im Übrigen ist der Beklagten zuzugeben, dass die vom zuständigen Erbschaftsteuerfinanzamt in Stadt1 durchgeführte Überprüfung und der daraufhin erlassene Steuerbescheid vom 31.1.1995 ein gewisses Indiz für die Richtigkeit der Nachlassaufstellung begründet.

c. Nicht als weitere Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind dagegen die Pflichtteilsansprüche der beiden Kinder der Erblasserin von jeweils 1/4 des Nachlasswerts.

Insoweit ist dem Kläger zuzugeben, dass ein solcher Anspruch hätte geltend gemacht werden müssen und mittlerweile verjährt ist.

aa. In ihrem Testament hatte die Erblasserin angeordnet, dass der designierte Vorerbe, der die testamentarische Bedingung nicht erfüllt, anstelle des zugedachten Erbteils den ihm zustehenden Pflichtteil erhält. Die Zuwendung des Pflichtteils ist keine eindeutige Zuwendung des Erblassers, sondern kann dreierlei bedeuten: Erbeinsetzung auf die Pflichtteilsquote oder Enterbung (§ 1938 BGB) durch Verweisung auf den Pflichtteilsanspruch oder Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils [Palandt/Weidlich aaO., § 2304 Rn. 1]. Insoweit ist entscheidend, ob der Erblasser den Bedachten begünstigen oder ihm nur das belassen wollte, was er ihm nach dem Gesetz nicht entziehen konnte [BGH Urt. v. 7.7.2004 – I ZR 135/03 – Rn. 20]. Die Auslegungsregel des § 2304 BGB besagt nur negativ, dass die Zuwendung des Pflichtteils im Zweifel nicht als Erbeinsetzung anzusehen ist, lässt aber offen, ob dann positiv Vermächtnisanordnung oder Verweisung auf das gesetzliche Pflichtteilsrecht anzunehmen ist. Durch Auslegung (§ 2804 BGB) ist zu ermitteln, was der Erblasser mit der Verweisung auf den Pflichtteil gewollt hat. Eine Erbeinsetzung kann nur angenommen werden, wenn der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten unmittelbar Rechte am Nachlass und Mitsprache bei dessen Verwaltung und Verteilung einräumen wollte. Kann dies nicht festgestellt werden, ist zur Abgrenzung zwischen Enterbung und Vermächtnis festzustellen, ob der Erblasser nur ausschließen oder etwas zuwenden wollte [BGH aaO.].

bb. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist hier eine Enterbung unter Verweisung auf den Pflichtteilsanspruch anzunehmen/vor. Denn ohne die Erfüllung der testamentarischen Bedingung wollte die Erblasserin den designierten Vorerben erkennbar nicht unmittelbar Rechte am Nachlass verschaffen. Das macht auch die Formulierung „anstelle des zugedachten Erbteils“ deutlich sowie der Umstand, dass in diesem Fall testamentarisch die jeweiligen Nachkommen der designierten Vorerben als Ersatzerben bestimmt sind. Die sprachliche Fassung „erhält an Stelle des ihm zugedachten Erbteils nur den ihm zustehenden Pflichtteil“ macht zudem deutlich, dass die Erblasserin dem designierten Vorerben, der die testamentarische Bedingung nicht erfüllte, als Sanktion von der Erbschaft ausschließen wollte. Der Verweis auf den Pflichtteil erfolgt dabei erkennbar nur deklaratorisch, da die Kinder der Erblasserin diesen ohnehin kraft Gesetzes zu fordern berechtigt waren, so dass der Bedachte vom Nacherben den Pflichtteil fordern konnte. Insoweit handelt es sich um einen rein schuldrechtlichen Anspruch, dem keine Besonderheiten bei der rechtlichen Bewertung zukommen, wie die Beklagte meint.

cc. Alle Pflichtteilsansprüche verjähren in drei Jahren (bis 1.1.2010 § 2332 Abs. 1 BGB a.F.). Der Beginn der Verjährungsfrist bestimmt sich nach § 199 BGB. Kenntnis vom Eintritt des Erbfalls erlangt der Pflichtteilsberechtigte, sobald er vom Tod des Erblassers erfährt; Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt er durch Kenntnis von der ihn enterbenden oder beschränkenden Verfügung von Todes wegen. Dies setzt voraus, dass er als ihren wesentlichen Inhalt erkannt hat, dass sie ihn von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt. Dazu ist keine in die Einzelheiten gehende Prüfung der Verfügung oder eine fehlerfreie Bestimmung ihrer rechtlichen Natur erforderlich. Ferner muss er wissen, wer Erbe geworden ist, also wen er in Anspruch nehmen muss [Palandt/Weidlich aaO., § 2317 Rn. 12; BGH Urt. v. 25.1.1995 – VI ZR 134/94 – Rn. 20]. Grob fahrlässige Unkenntnis steht positiver Kenntnis gleich. Unerheblich ist ein Irrtum bei der Auslegung der für wirksam erachteten letztwilligen Verfügung hinsichtlich des Ausmaßes der Beeinträchtigung, weil jede erkannte Beeinträchtigung hinreichenden Anlass für ein die Verjährung hemmendes (§ 204 BGB) Handeln gibt [BGH Urt. v. 25.1.1995 aaO. – Rn. 16 ff; Urt. v. 6.10.1999 – IV ZR 262/98 – Rn. 7]. Bei Verwirkungsklauseln beginnt die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs gleichfalls bereits mit Kenntnis der beeinträchtigenden Verfügung und nicht erst mit Eintritt der Beeinträchtigung.

Damit greift die von dem Kläger jedenfalls konkludent erhobene Einrede der Verjährung durch. Denn spätestens zum Zeitpunkt der Einreichung des Erbscheinsantrags vom 9.8.1991 hatten beiden Kinder der Erblasserin Kenntnis vom Eintritt des Erbfalls und dem Inhalt des notariellen Testaments vom 4.2.1987, so dass ihre Pflichtteilsansprüche mit Ablauf des 31.12.1990 verjährt waren.

d. Damit errechnet sich ein Reinnachlass in Höhe von DM 607.198,36, wovon die Hälfte, also DM 303.599,18 auf den Kläger entfällt.

Zur Ermittlung des heutigen Werts des dem Kläger vorenthaltenen Erbteils ist dieser entsprechend zur Entwicklung des Verbraucherindexes des Statistischen Bundesamtes (VIP) anzupassen, welche die Entwicklung der Kaufkraft abbildet. Zum Zeitpunkt des Erbfalls (XX.XX.1990) lag der VIP bei 68,0 Punkten und erhöhte sich bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung (11.4.2016) auf einen Wert von 106,9 Punkten. Die Kaufkraft des Nachlassteils des Klägers zum Zeitpunkt des Erbfalls war mithin in diesem Verhältnis heraufzusetzen, um die Kaufkraft dieses Geldbetrags für den Zeitpunkt der Klageerhebung im April 2016 zu berechnen. Hiermit ergibt sich ein Betrag in Höhe von DM 477.275,76 = € 244.027,22.

4. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs nach § 849 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. bis 30.4.2004, ab 1.5.2000 in der Fassung aufgrund des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.3.2000 [BGBl, I Seite 330. Damit der Testamentseröffnung am 13.2.1990 die Dreiwochenfrist für die Erfüllung der testamentarischen Bedingung in Lauf gesetzt wurde, endete diese am 7.3.1990 Verzugsbeginn war demnach der 8.3.1990.

Soweit die Klägerin die Zinsen für den Zeitraum vom 8.3.190 bis zum 11.4.2016 kapitalisiert hat, sind hierauf keine Prozesszinsen zu entrichten (§ 291 Satz 2 BGB i.V.m. § 289 Satz 2 BGB).

5. Mit der von ihr erhobenen Einrede der Verjährung vermag die Beklagte durchzudringen.

a. Da es sich bei dem Anspruch aus § 2025 BGB um einen solchen aus unerlaubter Handlung und nicht auf Herausgabe handelt, verjährt er in drei Jahren (§§ 195, 199 BGB) [Palandt/Weidlich aaO., § 2025 Rn. 3]. Bezüglich des Beginns der Verjährungsfrist gelten die vorstehenden Ausführungen unter Ziffer 3 lit. c. cc.

b. Den Nachweis für eine Kenntnis (grob fahrlässige Unkenntnis) des Klägers i.S. von § 199 Abs. 1 BGB hat die hierfür beweispflichtige Beklagte [vgl. Palandt/Ellenberger aaO., § 199 Rn. 50] indes nicht erbracht. Insoweit reicht es nicht aus, dass sie lediglich die Behauptung des Klägers bestreitet, erstmals nach dem Tod seines Vaters, Vorname3 Nachname1, nämlich mit Akteneinsicht seines Prozessbevollmächtigten in die Nachlassakte am 17.7.2015 Kenntnis vom Inhalt der notariellen Testamente der Erblasserin, den Erbscheinsantrag sowie den Erbschein zugunsten ihrer beiden Kinder erlangt zu haben. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt auch keine Beweislastumkehr oder sekundäre Darlegungslast zulasten des Klägers in Betracht, da es sich gerade nicht um Vorgänge handelt, die sich ausschließlich in seiner Sphäre ereigneten, wie die Beklagte meint. Denn der Kläger wohnte seinerzeit schulbedingt nicht in seinem Elternhaus, sondern Aufenthaltsort war seine jeweilige Schule (198X bis … 199X: SchuleX/…, … 199X bis … 199X: SchuleY/…). Eine persönliche Zustellung der nachlassbezogenen Schriftstücke direkt an den Kläger ist vom Gesetz nicht vorgeschrieben und wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Es findet sich auch kein Zustellungsnachweis in den Nachlassakten des Amtsgerichts Stadt3. Allerdings fällt auf, dass die Verfügung vom 20.6.1990, welche die formlose Zustellung der Verfügung (vermutlich vom 13.2.1990) mit Testamentsablichtung an die Enkel der Erblasserin bestimmte, auf die mit Schriftsatz von Rechtsanwalt D vom 19.6.1990 mitgeteilte Anschrift des Klägers Bezug nahm (vgl. Bl. 52 RS der Nachlassakte). Diese ist dort aber mit „Straße1“ angegeben (vgl. Bl. 54 der Nachlassakte) und nicht mit „Straße2“ was möglicherweise den unterbliebenen Zugang an den Kläger erklärt. Es kann auch nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Kläger von seinem Vater über den Eingang von Post des Nachlassgerichts im Zusammenhang mit dem Ableben der Erblasserin und Testamentseröffnung unterrichtet wurde oder gar die ggf. an seine Wohnanschrift zugestellten Schriftstücke persönlich ausgehändigt erhielt. Da Vorname3 Nachname1 sich einer Stellung als Miterbe nach der Erblasserin berühmte, erscheint durchaus vorstellbar, dass er dem Kläger diese Post nicht aushändigte, um nicht Gefahr zu laufen, dass dieser angesichts seiner Einsetzung als Ersatzerbe die Erfüllung der testamentarischen Bedingung der Erblasserin hinterfragte und überprüfte.

Bloße Spekulation bleibt die Mutmaßung der Beklagten, der Kläger sei auch durch die Familie Nachname2 insoweit informiert und hierüber in der Familie gesprochen worden, zumal der Kläger zu dieser seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zufolge keinen Kontakt gehabt haben will, was angesichts des vor dem Landgericht Frankfurt/M. geführten Rechtsstreits zwischen seinem Vater und seiner Tante (Az. …) durchaus glaubhaft erscheint.

c. Soweit die Beklagte sich ferner auf die Einrede der Verwirkung berufen hat, lässt sie es bereits an jeglicher Begründung vermissen, woraus sich ein Verwirkungstatbestand i.S. des § 242 BGB ergeben sollte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, soweit es um die Frage geht, ob den verklagten Alleinerbe aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 BGB die sekundäre Darlegungslast trifft, wie sie dem Erblasser oblegen hätte, wenn er Prozessgegner gewesen wäre, und welche höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 63, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO. Dem Feststellungsbegehren war kein eigener wirtschaftlicher Wert beizumessen.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.