OLG Frankfurt am Main, 04.06.2018 – 19 U 191/17

März 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 04.06.2018 – 19 U 191/17
Leitsatz:

1.

Auch wenn bei einem Vertragsschluss einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen ist, trägt die natürliche Person, die verbraucherschützende Vorschriften für sich in Anspruch nimmt, für ihre Eigenschaft als Verbraucher die volle Darlegungs- und Beweislast. Die Beweislast des Unternehmers nach § 13, 2. Halbsatz BGB greift nur, wenn die Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Zwecke der natürlichen Person überhaupt in Betracht kommt; legt der Unternehmer entsprechende Tatsachen in gebotenem Umfang dar, obliegt der Negativbeweis hierfür dem Verbraucher.
2.

Sowohl wirtschaftliche wie personelle Kongruenz sind gegeben, wenn Gegenstand eines Maklervertrags eine Immobilie ist, die der Sohn des Auftraggebers zu 4/5 Miteigentum erwirbt, hinsichtlich derer dem Auftraggeber ein Vorkaufsrecht für den beim Veräußerer verbleibenden Miteigentumsanteil zu 1/5 eingeräumt wird, und die zu einem (auf 4/5 Miteigentum bezogen) 16 % niedrigeren Kaufpreis erworben wird.
3.

Der Rücktritt von einem Maklervertrag ist nicht provisionsschädlich, wenn er in Erfüllung eines zwischen Auftraggeber und Veräußerer geschlossenen Aufhebungsvertrags erklärt wird.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.10.2017 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. (Az.: 2-31 O 311/16) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 119.000,00 € festgesetzt.
Gründe

I.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Beschlussentscheidung entgegensteht und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen (Bl. 54 ff. d.A.), wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz und der hier gestellten Anträge auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 22.03.2018 (Bl. 176 ff. d.A.).

In der Sache verweist der Senat auf seine Ausführungen im vorgenannten Beschluss (§ 522 Abs. 2 S. 3 ZPO), an denen er festhält. Ergänzende Stellungnahmen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, wurden nicht eingereicht.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, nachdem das eingelegte Rechtsmittel erfolglos geblieben ist. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 S. 1 und 2 ZPO, die Festsetzung des Streitwerts aus §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1, 43 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

Vorausgegangen ist unter dem 22.3.2018 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit (…)

weist der Senat auf seine Absicht hin, die Berufung zurückzuweisen, da sie aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 23.04.2018.

Gründe

I.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger Provisionszahlung aus einem Maklervertrag.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der dort gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (Bl. 54 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Maklervertrag sei durch den mit anwaltlichem Schreiben vom 04.09.2015 (Anlage B 5) erklärten Widerruf der Beklagten nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden, da die Beklagte nicht als Verbraucherin tätig geworden sei. Sie sei unstreitig Eigentümerin von Immobilien in Stadt1, allein aber auch nur die Größe des streitgegenständlichen Objekts – das 14 Wohneinheiten und Gewerbeeinheiten aufweise – erfordere ein professionelles Vorgehen im Sinne planmäßiger Geschäftsabschlüsse. Auch firmiere die Beklagte auf einem Werbeschild (Anlage K 1) unter „X Liegenschaftsverwaltung“, wobei es unerheblich sei, ob die Beklagte über ein eigenständiges Büro verfüge oder ihrer Geschäftstätigkeit an anderen Orten nachgehe.

Der Hauptvertrag sei auch durch die Tätigkeit des Klägers zustande gekommen, da es sich bei dem Objekt des Hauptvertrags um dasselbe handele, das Gegenstand des Maklerauftrags der Beklagten gewesen sei – auch wenn es nicht durch die Beklagte, sondern durch deren Sohn erworben worden sei, und von diesem auch nicht zu alleinigem Eigentum, sondern lediglich zu einem Miteigentumsanteil von 80 %, während der restliche Anteil bei der Verkäuferin verblieben sei. Insoweit bestehe sowohl wirtschaftliche wie personelle Kongruenz.

Der durch den Sohn der Beklagten Ende Juli 2015 erklärte Rücktritt ändere ebenfalls nichts an deren Provisionspflicht. Denn dieser mache den Vertragsschluss nicht ungeschehen, sondern hebe lediglich die vertragliche Leistungspflicht auf. Der Provisionsanspruch sei schließlich auch nicht verwirkt, da etwaige Fehler des Exposés hinsichtlich des Vermietungsstands angesichts der Übermittlung sämtlicher bestehender Mietverträge vor Vertragsschluss keine Auswirkung auf den Abschluss des Hauptvertrags gehabt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 56 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 10.10.2017 (Bl. 64 d.A.) zugestellte Urteil haben diese durch am 30.10.2017 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 66 f. d.A.) und der den Hauptvertrag beurkundende Notar als ihr Streithelfer durch am 09.11.2017 eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 05.01.2018 (Bl. 88 ff. d.A.) binnen verlängerter Frist (Bl. 72 d.A.) bzw. durch am 09.11.2017 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 77 ff. d.A.) begründet.

Mit ihren Rechtsmitteln verfolgen die Beklagte und der Streithelfer Klageabweisung.

Die Beklagte vertritt den Standpunkt, als Verbraucherin gehandelt zu haben. Sie sei lediglich Eigentümerin einer Immobilie, die an fünf Wohnraummieter und zwei Gewerberaummieter vermietet sei, und besitze darüber hinaus nur einen Miteigentumsanteil von 1/10 an einer weiteren Immobilie, die an sechs Wohnraummieter und einen Gewerberaummieter vermietet sei; den verbleibenden Miteigentumsanteil von 9/10 halte ihr Sohn. Die Verwaltung erfordere keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb. Vielmehr habe sie mit den Mietern standardisierte Mietverträge des Haus- und Grundbesitzervereins abgeschlossen, lasse sie die Nebenkostenabrechnungen durch ihre Steuerberaterin erstellen und werde bei gelegentlich angezeigten Mängeln ein Hausmeister beauftragt, was einen minimalen Koordinationsaufwand erfordere. Die finanziellen Mittel zur Anschaffung der Immobilie habe sie aus der Auszahlung einer Lebensversicherung erhalten, der Miteigentumsanteil ihres Sohnes sei durch eine Erbschaft finanziert worden. Darüber hinaus sei in den Schutzbereich des Maklervertrags ihr Sohn einbezogen, der ebenso Verbraucher sei.

Was die im Hauptvertrag unter Ziffer 2.3.5. (Bl. 136 d.A.) vereinbarte Rücktrittsregelung betreffe, zeige sie, dass die Parteien vor der Begutachtung durch einen Sachverständigen noch keine endgültige Bindung gewollt hätten; die Bestimmung sei vielmehr, wie auch die Kostenregelung unter Ziffer 2.8.1. zeige (nach der die Notar- und Grundbuchkosten im Rücktrittsfall bei der Verkäuferin verbleiben sollten, Bl. 139 d.A.), als provisionsschädliche aufschiebende Bedingung zu verstehen. Darüber hinaus sei der Maklerlohn aber auch verwirkt, da das Exposé falsche Angaben enthalten habe. So sei die Verkäuferin keineswegs gewillt gewesen, den Kaufpreis auf 2.700.000,00 € zu reduzieren, habe das Exposé zwei statt der tatsächlich nur vorhandenen einen Gewerbeeinheit ausgewiesen, und komme es schließlich auf die Kausalität dieser Umstände für den Abschluss des Hauptvertrags entgegen der Einschätzung des Landgerichts gar nicht an.

Der Streithelfer macht sich den Standpunkt der Beklagten – unter vertiefender Darlegung seines Rechtsstandpunkts zum vereinbarten Rücktrittsrecht – zu eigen und trägt darüber hinaus ergänzend vor, die Rücktrittserklärung des Sohnes der Beklagten durch Schreiben vom 27.07.2015 (Anlage BB 4, Bl. 148 d.A.) sei auf ein vorausgegangenes Angebot der Verkäuferin vom 24.07.2015 (Anlage BB 3, Bl. 146 f. d.A.) hin erfolgt, die ihm für diesen Fall einen pauschalen Schadensersatzbetrag in Höhe von 10.000,00 € angeboten habe.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen,

unter Abänderung des am 04.10.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt a.M., Az. 2-31 O 311/16, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er rügt den ergänzenden Tatsachenvortrag in zweiter Instanz – mit Ausnahme der Korrespondenz vom 24./27.07.2015, die er sich ausdrücklich zu eigen macht – als verspätet und verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Vielmehr hat das Landgericht der Klage zu Recht stattgegeben.

1. Der zwischen den Parteien zustande gekommenen Maklervertrag ist wirksam, da der seitens der Beklagten erklärte Widerruf ihrer Vertragserklärung ins Leere ging.

Ein hier allein denkbares Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB stand der Beklagten nicht zu. Soweit der Vertrag mündlich geschlossen wurde, die Beklagte jedoch nicht behauptet, es seien ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet worden, war ein Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312c Abs. 1 BGB von vornherein nicht weiter in Betracht zu ziehen. Ein Widerrufsrecht scheidet aber auch unter dem Aspekt eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags aus, da sich zum Beweisnachteil der Beklagten nicht feststellen lässt, dass sie hierbei als Verbraucherin gehandelt hat.

a) Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Soweit die Beklagte hieraus eine für sie streitende Vermutung der Verbrauchereigenschaft ableitet, ist ihr nicht zu folgen, sondern vereinfacht sie die rechtlichen Zusammenhänge zu ihren Gunsten. Der Umstand, dass bei einem Vertragsschluss einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2009, VIII ZR 7/09, Rn. 11 – hier wie im Folgenden zitiert nach juris), ändert nämlich nichts daran, dass die natürliche Person, die verbraucherschützende Vorschriften für sich in Anspruch nimmt, für ihre Eigenschaft als Verbraucher die volle Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2007, VIII ZR 110/06, Rn. 12). Letzteres folgt aus dem Grundprinzip der Beweislastverteilung, nach dem jede Partei die Voraussetzungen einer ihr günstigen Norm zu behaupten und zu beweisen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13.11.1998, V ZR 386/97; Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl. 1965, S. 124 ff.; Zöller-Greger, 32. Aufl. 2018, Vor § 284 ZPO Rn. 17a).

Soweit sich die Beklagte lediglich auf die zuerst zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs bezieht, verkennt sie den Zusammenhang zwischen der im Urteil vom 30.09.2009 einschlägigen besonderen Beweislastregel – die aus der negativen Formulierung von § 13 BGB folgt – und dem im Urteil vom 11.07.2007 einschlägigen Grundprinzip der Beweislastverteilung. Denn zwar hat nach § 13, 2. Halbsatz BGB der Unternehmer zu beweisen, dass der Abschluss des Rechtsgeschäfts in Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Zwecke der natürlichen Person erfolgte – dies aber nur dann, wenn solche Zwecke überhaupt in Betracht kommen, weil die natürliche Person über ein entsprechende Tätigkeitsfeld verfügt. Beweisrechtlich sind somit entgegen dem Standpunkt der Berufung drei Konstellationen zu unterscheiden:

– Besitzt die natürliche Person kein gewerbliches oder selbständiges berufliches Tätigkeitsfeld, stellt sich die Frage einer Abgrenzung nicht, sondern handelt sie notwendig privat.

– Verfügt die natürliche Person über ein gewerbliches oder selbständiges berufliches Tätigkeitsfeld, weist das Gesetz in § 13, 2. Halbsatz BGB mit der Konjunktion „weder“ die Beweislast hierfür – abweichend vom Grundprinzip der Beweislastverteilung – dem Unternehmer zu.

– Ist streitig, ob die natürliche Person überhaupt ein gewerbliches oder selbständiges berufliches Tätigkeitsfeld hat, berührt dies nicht den Anwendungsbereich von § 13, 2. Halbsatz BGB – der die Existenz eines solchen Tätigkeitsfelds bereits voraussetzt -, womit es beim Grundprinzip der Beweislastverteilung verbleibt und daher die natürliche Person darlegen und beweisen muss, über kein gewerbliches oder selbständiges berufliches Tätigkeitsfeld zu verfügen (zu pauschal daher MüKo-Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 76, die die Beweislast für die Verbrauchereigenschaft zwar bei der natürlichen Person sehen, deren rechtsgeschäftliches Handeln jedoch „grundsätzlich“ als Verbraucherhandeln einstufen – derjenige, zu dessen Gunsten bei einem non liquet entschieden wird, trägt aber nicht die Beweislast).

Soweit der Bundesgerichtshof in seiner von der Beklagten herangezogenen Entscheidung vom 30.09.2009 ausgehend von der negativen Formulierung in § 13, 2. Halbsatz BGB die Beweisregel formulierte, dass bei einem Vertragsschluss einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen sei (a.a.O., Rn. 11), stand dies in Einklang mit den vorgenannten Beweisgrundsätzen. Denn in dem zugrunde liegenden Sachverhalt war unstreitig, dass die natürliche Person Rechtsanwältin war und somit über beide Tätigkeitsbereiche verfügte, womit sich hinsichtlich der von ihr konkret getätigten (und später widerrufenen) Lampenbestellung die Frage der Zuordnung zu ihrem privaten oder selbständigen beruflichen Tätigkeitsfeld stellte und der Bundesgerichtshof die Beweislast hierfür mit Blick auf § 13, 2. Halbsatz BGB dem Unternehmer zuwies.

Ebenfalls in Einklang mit diesen Beweisgrundsätzen stand aber auch die scheinbar gegenteilige Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.07.2007. Denn der darin entschiedene Fall betraf, anders als im Urteil vom 30.09.2009, kein solches Zuordnungsproblem, sondern die diesem vorgelagerte Frage, ob die (Mängelansprüche hinsichtlich einer Katze verfolgende) Klägerin überhaupt, wie die Beklagte behauptete, über ein gewerbliches Tätigkeitsfeld verfügte (weil sie zuvor ihrerseits mehrfach Katzenwelpen veräußert haben sollte). War damit aber die Vorfrage offen, ob die natürliche Person überhaupt ein anderes gewerbliches oder selbständiges berufliches Tätigkeitsfeld besitzt, hatte es – mangels abweichender gesetzlicher Regelung hierfür – bei dem Grundprinzip der Beweislastverteilung zu verbleiben, so dass der Bundesgerichtshof konsequenterweise nun der Klägerin die Beweislast zuwies, als Verbraucherin gehandelt zu haben, nämlich, nicht über in gewerbliches Tätigkeitsfeld zu verfügen (BGH a.a.O., Rn. 13; zutreffend Bülow, WM 2011, 1349 f.; differenzierend auch bereits Baumgärtel-Kessen, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl. 2007, §§ 13, 14, Rn. 9 f.; der von der Berufung angeführten Gesetzesbegründung lässt sich eine Aussage zur Beweisfrage hingegen nicht entnehmen, vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 45 f.).

b) Auch im vorliegenden Fall ist die der Regelung des § 13, 2. Halbsatz BGB noch vorgelagerte Frage offen, ob die Beklagte überhaupt über ein anderes als ein privates Tätigkeitsfeld verfügt. Denn mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag, zu keinem Zeitpunkt gewerblich gehandelt zu haben, insbesondere weder eine Liegenschaftsverwaltung betrieben noch Immobilien in einem Umfang besessen zu haben, der einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert hätte.

Soweit der natürlichen Person in dieser Konstellation der Negativbeweis obliegt, über kein gewerbliches oder selbständiges berufliches Tätigkeitsfeld zu verfügen, führt dies zu keiner abweichenden Beweislastverteilung, sondern lediglich, allgemeinen Beweisgrundsätzen folgend, zu Beweiserleichterungen in Gestalt einer sekundären Darlegungslast des Gegners, dem es im Rahmen des Zumutbaren obliegt, die behauptete negative Tatsache zunächst substantiiert – also unter ergänzender Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Umstände – zu bestreiten (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., Rn. 24). In welchem Ausmaß der Gegner der natürlichen Person dabei im Einzelnen Tatsachen vorzutragen hat, die aus seiner Sicht auf eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit hindeuten, richtet sich – auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass ausschlaggebend für die Verbrauchereigenschaft nach § 13 BGB nicht die nach außen in Erscheinung tretende, sondern die objektive Zweckverfolgung ist (vgl. nur Palandt-Ellenberger, 77. Aufl. 2018, § 13 Rn. 4; MüKo-Micklitz/Purnhagen, a.a.O., Rn. 76) -, maßgeblich danach, inwieweit er zu entsprechendem Vortrag in der Lage ist, die jeweiligen Umstände also objektiv erkennbar sind oder Lebensumständen der natürlichen Person entstammen, die ihm nur begrenzt zugänglich sind (so auch Staudiger-Roth, Neub. 2013, § 13 Rn. 68; vgl. ferner Palandt-Ellenberger, a.a.O.; Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Bamberger, 44. Ed. 2017, § 13 BGB Rn. 41. f.).

c) Ob der Gegner der natürlichen Person vor diesem Hintergrund seiner sekundären Darlegungslast erst dann genügt, wenn er aus seiner Sicht eindeutig und zweifelsfrei für eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit sprechende Umstände darlegt, oder ob – wofür vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen mehr sprechen dürfte – es mit derart hohen Anforderungen bei der Führung des Negativbeweises nach § 13, 2. Halbsatz BGB sein Bewenden haben muss (vgl. die hierzu zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.09.2009, a.a.O., Rn. 11), kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn nach dem Sachvortrag des Klägers bei Schluss der mündlichen Verhandlung war der Maklervertrag eindeutig und zweifelsfrei einem gewerblichen Tätigkeitsfeld der Beklagten zuzuordnen, ohne dass diese hierauf substantiiert erwiderte. Den Behauptungen des Klägers, sie besitze mehrere größere Immobilien in Stadt1, mit deren Erträgen sie ihren gesamten Lebensunterhalt bestreite, und sei Inhaberin einer Liegenschaftsverwaltung, hielt sie vielmehr lediglich entgegen, zur Altersvorsorge „Immobilien“ zu halten und über keine gewerblichen Büroräume zu verfügen, sondern nur ein Arbeitszimmer in ihrer Privatwohnung zu besitzen. Letzteres berührt aber lediglich die Frage, wo die Beklagte räumlich Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, Ersteres nur das Motiv, Immobilien zu besitzen – im Dunkeln lassend, welche zeitlichen Kapazitäten der Beklagten hierfür zur Verfügung stehen.

d) Der Sachvortrag der Beklagten in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.09.2017 (Bl. 50 f. d.A.) sowie in ihrer Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung.

aa) Die Beklagte führt hierin aus, Eigentümerin lediglich einer Immobilie mit fünf Wohneinheiten und zwei Gewerbeeinheiten zu sein sowie einen Miteigentumsanteil von 10 % an einer weiteren Immobilie mit sechs Wohneinheiten und einer Gewerbeeinheit zu besitzen. Zur Beseitigung gelegentlich auftretender Mängel werde bei Bedarf ein Hausmeister beauftragt, die Nebenkostenabrechnung erstelle ihre Steuerberaterin. Bis 2014 habe sie lediglich von einer Berufsunfähigkeitsrente gelebt und „2015“ sodann eine „größere“ Summe aus einer Lebensversicherung erhalten. Das Werbeschild „X Liegenschaftsverwaltung “ sei lediglich ein „Versuchsballon“ gewesen und erst im Herbst 2015 angebracht worden; tatsächlich sei eine Liegenschaftsverwaltung nie betrieben worden.

Dieser Sachvortrag ist neu und in zweiter Instanz gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen. Weshalb die Beklagte diese bereits bei Prozessbeginn vorliegenden Tatsachen nicht früher schilderte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Anlass hierfür bestand erkennbar aber bereits in der Klageerwiderung, ohne dass die Beklagte dem nachgekommen wäre, und ohne dass insbesondere erst der – dem Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2017 nachgelassene (Bl. 47 d.A.) – Schriftsatz vom 11.09.2017 (Bl. 48 ff. d.A.) hierzu Anlass geboten hätte. Denn er wiederholte nur den vorherigen Sachvortrag der Klägerin, enthielt mithin kein neues klägerisches Vorbringen und gab daher auch nicht Anlass für ergänzende prozessleitende Maßnahmen erster Instanz.

bb) Lediglich am Rande sei bemerkt, dass das Fehlen eines gewerblichen Tätigkeitsfelds selbst durch den neuen Sachvortrag der Beklagten gar nicht hinlänglich dargelegt wäre.

Denn sollte die Beklagte tatsächlich erst nach Abschluss des hier in Rede stehenden Hauptvertrags als „Versuchsballon“ die Initiative entwickelt haben, im „Herbst“ eine Liegenschaftsverwaltung zu gründen, spräche angesichts des Umstands, dass sie unter Ziffer 6. des Hauptvertrags die zeitliche und fachliche Kompetenz für die Verwaltung von 15 Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten übernahm, vieles dafür, dass jedenfalls mit Erwerb dieser Liegenschaft die Verwaltung sämtlicher Immobilien, an denen sie (vollständig oder anteilig bzw. im Sinne wirtschaftlicher Kongruenz) beteiligt ist, einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erforderte. Damit aber läge ein zwar retrospektives, aber doch erhebliches Indiz vor, das für die Verfolgung gewerblicher Zwecke bei Vertragsschluss spräche. Dass der streitgegenständliche Maklervertrag in diesem Fall einer beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit zeitlich vorgelagert gewesen wäre, bliebe für die Einordnung nach § 13 BGB unerheblich (vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.2005, III ZB 36/04, Rn. 10, für Vertragsschlüsse durch Existenzgründer; dem folgend auch das Schrifttum, etwa Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 13 Rn. 3; Staudinger-Roth, a.a.O., Rn. 59).

e) Soweit die Beklagte darüber hinaus anführt, der streitgegenständliche Vertrag entfalte Schutzwirkung auch gegenüber ihrem Sohn, der aber Verbraucher sei, ist dies angesichts der seitens des Landgerichts – wie nachfolgend ausgeführt – zutreffend angenommenen personellen Kongruenz zwischen dem ins Auge gefassten und dem später abgeschlossenen Hauptvertrag irrelevant.

2. Der zustande gekommene Hauptvertrag vom 19.06.2015 ist sowohl in personeller wie in wirtschaftlicher Hinsicht mit dem im Maklervertrag ins Auge gefassten Vertrag identisch.

a) An diesem Vertrag ist die Beklagte schon nicht gänzlich unbeteiligt, soweit sie zwar keinen Miteigentumsanteil erwarb, wohl aber ein Vorkaufsrecht über den einstweilen bei der Verkäuferin verbleibenden Miteigentumsanteil von 20 %. Für die Frage der Provisionspflicht ist der Erwerb des übrigen Miteigentumsanteils von 80 % durch den Sohn der Beklagten dieser aber auch wie ein eigenes Geschäft zuzurechnen. Denn soweit der Kunde die Vorteile aus der Maklertätigkeit nicht für sich in Anspruch nehmen können soll, ohne zugleich die damit verbundenen Nachteile tragen zu müssen, liegen besonders enge persönliche Bindungen, wie sie hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreichen (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2007, III ZR 163/07, Rn. 22), im Verhältnis zwischen Mutter und Sohn unzweifelhaft vor.

b) Von fehlender wirtschaftlicher Kongruenz kann ebenfalls keine Rede sein. Soweit die Berufung für den Miteigentumsanteil von 80 % angesichts eines mitgeteilten Gesamtverkaufspreises von 2.950.000,00 € einen Ausgangspreis von 2.350.000,00 € errechnet und diesem den tatsächlichen, um 16,1 % geringeren Kaufpreis von 2.000.000,00 € gegenüberstellt, verkennt sie, dass die wirtschaftliche Kongruenz nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch Preisnachlässe von bis zu 15 % im Allgemeinen nicht in Frage gestellt wird, sie bei Preisnachlässen von mehr als 50 % regelmäßig zu verneinen ist, maßgeblich unbeschadet beider Prozentsätze aber stets die Umstände des Einzelfalls sein müssen (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2014, III ZR 131/13, Rn. 12). Bereits bei absoluter Betrachtung, umso mehr jedoch unter Einbeziehung des der Beklagten eingeräumten Vorkaufsrechts vermag eine derart geringfügig über dem Prozentsatz von 15 % liegende Abweichung die wirtschaftliche Kongruenz beider Verträge nicht ernsthaft in Frage zu stellen.

3. Der durch den Sohn der Beklagten erklärte Rücktritt von dem eingegangenen Hauptvertrag ließ den Provisionsanspruch des Klägers nicht entfallen.

Ob diese Regelung einer aufschiebenden Bedingung im Sinne von § 652 S. 2 BGB gleichkommt, kann dabei ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob die vereinbarten Voraussetzungen des Rücktrittsrechts überhaupt vorlagen. Denn ausweislich der seitens des Streithelfers in zweiter Instanz vorgelegten außergerichtlichen Korrespondenz vollzog sich die Rücktrittserklärung durch den Sohn der Beklagten in dessen Schreiben vom 27.07.2015 (Anlage BB 4, Bl. 148 d.A.) unter Bezugnahme auf das der Beklagten mitgeteilte und ihrem Sohn offensichtlich übermittelte Angebot der Verkäuferin in deren Schreiben vom 24.07.2015 (Anlage BB 3, Bl. 146 f. d.A.), dem Sohn der Beklagten 10.000,00 € als pauschalen Schadensersatzbetrag für den Fall zu zahlen, dass dieser bis zum 28.07.2015 unter Bezugnahme auf Ziffer 2.3.5. des Vertrags den Rücktritt erklärte.

Unter diesen Umständen aber handelte es sich bei der Erklärung des Rücktritts nicht um die konstitutive Ausübung eines Gestaltungsrechts, sondern vollzog sich die Erklärung unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen der Voraussetzungen nach Ziffer 2.3.5. des Hauptvertrags in einem seitens der Verkäuferin angetragenen Aufhebungsvertrag, mit dem offensichtlich eine vergleichsweise Regelung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche des Sohnes der Beklagten getroffen werden sollte. Da das Risiko der nicht ordnungsgemäßen Durchführung des Hauptvertrags aber ohne gegenteilige Vereinbarung im Maklervertrag – die hier weder vorgetragen noch ersichtlich ist – im Verhältnis zum Makler der Kunde trägt, hat dies den Verlust des Provisionsanspruchs nicht zur Folge (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 27.09.2001, III ZR 318/00, Rn. 9; Palandt-Sprau, 77. Aufl. 2018, § 652 Rn. 39; MüKo-Roth, 7. Aufl. 2017, § 652 Rn. 170a). Auf etwaige gutachterlich festgestellte Mängel des Objekts kommt es daher gleichermaßen nicht an.

4. Der Maklerlohn ist schließlich auch nicht gemäß § 654 BGB verwirkt.

Zwar räumt der Kläger die hinsichtlich des Vermietungsstands behaupteten Mängel des Exposés ein. Ebenso wie es in der Natur der Sache liegt, dass sich der tatsächliche Vermietungsstand nach Erstellung eines Exposés jederzeit ändern kann, lässt sich der tatsächliche Vermietungsstand aber auch ohne Weiteres – wie hier auch geschehen – anhand der vorhandenen Mietvertragsunterlagen überprüfen. Soweit die Berufung rügt, das Landgericht habe zu Unrecht Kausalitätserwägungen angestellt, ist ihr daher zwar zuzugeben, dass die Bestimmung des § 654 BGB Strafcharakter haben soll und es für die Verwirkung des Maklerlohns insbesondere keines entstandenen Schadens bedarf (vgl. nur etwa Palandt-Sprau, a.a.O., § 654 Rn. 2). Für die Gewichtung des konkret vorgeworfenen Fehlverhaltens kann die leichte Korrigierbarkeit des Informationsfehlers aber doch nicht vollständig ausgeblendet werden, sondern ist mangels weiterer hinzutretender Umstände ein die Verwirkung des Maklerlohns rechtfertigendes schwerwiegendes Fehlverhalten – das zudem von Vorsatz oder zumindest Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit getragen sein müsste – im vorliegenden Fall für den Senat nicht erkennbar. Hinsichtlich der konkreten Veräußerungsabsichten des Verkäufers und seiner (etwaig fehlenden) Bereitschaft, den Kaufpreis herabzusetzen, gilt dies erst recht, da sich solche subjektiven Umstände dem Einfluss eines Maklers naturgemäß weitgehend entziehen.

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