OLG Frankfurt am Main, 05.03.2013 – 17 U 134/12

April 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 05.03.2013 – 17 U 134/12
Orientierungssatz:

Bei Rechtsmittelbegründungsfristen muss ein Rechtsanwalt nämlich durch rechtzeitigen Antrag auf Fristverlängerung dafür sorgen, dass das Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird.
Tenor:

Der Antrag der Klägerin und Berufungsklägerin auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Gründe
1

Nachdem entgegen der telefonischen Ankündigung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Berufungsklägerin der Wiedereinsetzungsantrag nicht bereits Mitte Februar eingereicht wurde, hat der Senat durch Beschluss vom 25. Februar 2013 die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des vorgenannten Beschlusses Bezug genommen (Blatt 214 und 215 d. A.).
2

Die Klägerin beantragt, ihr gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, weil ihr Prozessbevollmächtigter am Tag des Ablaufes der Berufungsbegründungsfrist, am 04.02.2013 gegen 16 Uhr an der Abfassung der Berufungsbegründung gehindert war. Er sei von einem Wasserschaden in seiner Privatwohnung unterrichtet und gebeten worden, sofort in die Wohnung zu fahren. Nach der Darstellung des Wiedereinsetzungsgesuchs, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 220, 221 d. A.), habe das Auffinden der Schadensstelle und der Abbruch einer sofortigen Behebung des Schadens bis 19 Uhr gedauert. Sodann habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Abstellraum leergeräumt, um dem Installateur am nächsten Morgen den ungehinderten Zugang zur betreffenden feuchten Wand zu ermöglichen, und habe sich um 21:30 Uhr in die Lage versetzt gesehen, wieder ins Büro zurückzufahren, um die Berufungsbegründung noch vor Mitternacht fertig zu stellen. Davon habe er Abstand genommen, weil er nach seiner Einschätzung in der verbleibenden Arbeitszeit keine ausreichende Berufungsbegründung habe fertigen können. Die nunmehrige Begründung, die aus einer dreiviertel Seite besteht, war zu diesem Zeitpunkt nach der Darstellung des Wiedereinsetzungsgesuchs noch gar nicht ins Blickfeld des Prozessbevollmächtigten der Klägerin geraten, der den nunmehr gerügten Verstoß gegen § 287 ZPO erst später – anlässlich der Beschäftigung mit einem anderen Rechtsstreit – erkannt haben will.
3

Das Wiedereinsetzungsgesuch der Klägerin war zurückzuweisen denn die Fristversäumung war nicht unverschuldet.
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Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist der Klägerin zuzurechnen. Bei Rechtsmittelbegründungsfristen muss ein Rechtsanwalt nämlich durch rechtzeitigen Antrag auf Fristverlängerung dafür sorgen, dass das Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird (vgl. Zöller/Greger ZPO 29. Auflage § 233 Rn. 23 „Fristverlängerung“; Müko/Gehrlein, ZPO 4. Auflage 2013, § 234 Rn. 7 und BGH FamRZ 2010, 879).
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Die Klägerin macht jedoch nicht geltend, dass ihr Prozessbevollmächtigter es auch nur versucht habe, sich des Einverständnisses der Gegenseite telefonisch zu vergewissern, die sich zuvor noch angesichts des zweiten Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einer Verlängerung um weitere zwei Monate einverstanden erklärt hatte.
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An einem Wochentag um 16 Uhr wäre auf jeden Fall zu erwarten gewesen, dass sich entweder der Prozessbevollmächtigte der Beklagten noch im Büro aufgehalten hätte oder zumindest einer seiner Vertreter.
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Des Weiteren ist auch die bislang noch nicht glaubhaft gemachte Verhinderung an der rechtzeitigen Abfassung der Berufungsbegründung nicht hinreichend dargetan. Nach dem sich herausgestellt hatte, dass kein defekter Waschmaschinenanschluss in der Wohnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für den Wasserschaden in der darunter liegenden Wohnung verantwortlich war, es aufgehört hatte, von der Decke zu tropfen und der Installateur den Wandaufbruch erst am nächsten Morgen vornehmen wollte, war jedenfalls kein Anlass gegeben, aufschiebbare Handlungen wie das Ausräumen des Abstellraumes, um dem Installateur am nächsten Morgen den Zutritt zu ermöglichen, sofort vorzunehmen.
8

Es ist nicht zuletzt im Hinblick auf den Umfang der Begründung nicht ersichtlich, dass die Berufungsbegründung nicht mehr bis Mitternacht elektronisch hätte versandt werden können, wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich nach Vornahme der unaufschiebbaren Maßnahmen dann wieder ins Büro begeben hätte.
9

Nach den vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geschilderten umfangreichen Vorarbeiten hätten die damals beabsichtigten Berufungsangriffe gegen die Schätzung des Nutzungswertes durch das Landgericht noch dargestellt werden können, zumal er die Klägerin bereits in erster Instanz vertreten hatte.
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Ohnehin kann es die Klägerin nicht entlasten, wenn ihrem Prozessbevollmächtigten die Problematik einer Zulässigkeit der Schätzung des Nutzungswertes damals nicht bewusst war.
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Es kann deshalb dahinstehen, ob wegen der Behebung des Hindernisses zur Abfassung der Berufungsbegründung noch vor Ablauf der zu wahrenden Frist die Frist zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bereits am 04.02.2013 zu laufen begann (vgl. dazu BGH Vers.R 87, Seite 560, 661; BGH, Beschluss vom 31.01.90 – VIII ZB 44/89, NJW RR 90, Seite 830). Dann wäre die Wiedereinsetzungsfrist gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 BGB von einem Monat bereits am 04.02.2013 abgelaufen und der erst am 05.03.2013 eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand unter Nachholung der Berufungsbegründung nicht mehr fristgerecht.

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