OLG Frankfurt am Main, 06.06.2017 – 9 U 14/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 06.06.2017 – 9 U 14/16
Tenor:

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.02.2016 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen.
Gründe

I.

Die Kläger machen gegen die beklagte Bank Haupt- und Hilfsansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf von zwei zwischen ihnen im April/Mai 2009 geschlossenen Darlehensverträgen geltend.

Wegen des streitigen und unstreitigen Parteivortrags in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteil des Landgerichts verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es Folgendes ausgeführt:

Die Klage sei hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet, weil die jeweiligen Widerrufserklärungen verfristet erfolgt seien. Die Kläger könnten sich nicht auf fehlerhafte Widerrufsbelehrungen berufen, die die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt hätten.

Die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen seien nicht zu beanstanden. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsverbot vor.

Die Formulierung im X Baufinanzierungsdarlehen gehe zurück auf § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.. Es sei dem Verbraucher auch bei der hier gegebenen Vertragsgestaltung, in der die Kläger einen von der Beklagten noch nicht unterschriebenen Text des Vertrages erhielten, klar, dass die Widerrufsfrist erst zu laufen beginne, nachdem er von der Beklagten eine Ausfertigung des von beiden Seiten unterschriebenen Vertrages erhalten habe.

Die Widerrufsbelehrung zum Bank1-Darlehen sei ebenfalls ordnungsgemäß. Sie habe dem Gesetzestext entsprochen. Aus der Bezeichnung als „mein“ Antrag folge eindeutig, dass es sich um den Antrag des Verbrauchers handele und nicht das Angebot der Bank gemeint sei.

Aus den gleichen Gründen scheitere auch der Hilfsantrag der Kläger. Auf die Frage des Rechtsmissbrauchs oder der Verwirkung komme es nicht mehr an.

Mit ihrer Berufung halten die Kläger ihren erstinstanzlichen Hilfsantrag aufrecht, mit dem sie die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs und der Umwandlung der Vertragsverhältnisse in Rückgewährsschuldverhältnisse begehren. Zur Begründung machen sie geltend:

Die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen seien entgegen der Ansicht des Landgerichts fehlerhaft. Sie entsprächen der Klausel, die dem Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 10.03.2009, XI ZR 33/08 zugrunde gelegen habe.

Bei beiden streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen habe der Verbraucher gerade nicht zweifelsfrei und nicht eindeutig erkennen können, wann die Frist für einen möglichen Widerruf zu laufen beginne. Es entstehe der Eindruck, die Frist beginne bereits einen Tag nach der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers. Es überzeuge auch nicht, dass in der vorliegenden Fallgestaltung ein Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall bestehe.

Die Kläger beantragen:

Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.02.2016 – 2-30 O 335/14 – wird festgestellt, dass die Kläger ihre Vertragserklärungen zum Abschluss der mit der beklagten Partei vereinbarten Darlehensverträge über 131.000 € Nr. … (Konto-Nr. … sowie über 64.000 € rechtswirksam widerrufen und dass sich diese Vertragsverhältnisse jeweils in ein Rückgewährsschuldverhältnis umgewandelt haben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

II.

1. Der Senat beabsichtigt nach eingehender Beratung, die Berufung der Kläger durch einen einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), wie nachfolgend im Einzelnen dargelegt.

Auch hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung mangels Abweichens des Senats von Entscheidungen des BGH oder anderer Oberlandesgerichte noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts, da die entscheidenden Rechtsfragen geklärt sind, so dass die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO ebenfalls vorliegen. Zudem ist im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für die Berufungsführer sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Senat der Begründung des Landgerichts weitgehend folgt und diese allenfalls ergänzt, eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

2. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. In der Sache dürfte sie keinen Erfolg haben. Weder beruht die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen nicht fehlerhaft sind, und darauf die Abweisung der erstinstanzlich gestellten Haupt- und Hilfsanträge gegründet. Auf dessen zutreffende Ausführungen wird zunächst zwecks Meidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die Angriffe der Kläger in der Berufung veranlassen keine anderweitige Beurteilung.

Entgegen der Auffassung der Kläger konnten sie in der vorliegenden Fallgestaltung im Hinblick auf den Darlehensvertrag „X Baufinanzierung“ eindeutig und zweifelsfrei den Zeitpunkt des Beginns der Widerrufsfrist erkennen. Die von den Klägern zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 ist nicht einschlägig. Die dort verwendete Widerrufsbelehrung lautete bereits anders, stellte nämlich nicht nur auf das Vorliegen der Vertragsurkunde oder deren Abschrift, sondern auch auf das Vorliegen des schriftlichen Darlehensantrags oder dessen Abschrift ab. Ihr lag zudem der Sachverhalt zugrunde, dass dem Verbraucher neben der Widerrufserklärung das bereits unterschriebene Vertragsangebot der dort beklagten Bank vorlag. So konnte für den Verbraucher der Eindruck entstehen, es handele sich bei dem Vertragsangebot der Beklagten unabhängig von seiner Annahmeerklärung um den nach der Widerrufserklärung maßgeblichen schriftlichen Darlehensantrag, nach dessen Aushändigung die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Vorliegend stellt die Widerrufsbelehrung ganz deutlich (bloß) auf das Vorliegen der Vertragsurkunde oder der Abschrift der Vertragsurkunde ab, so dass kein Irrtum darüber entstehen konnte, dass allein diese oder deren Abschrift maßgeblich für den Fristbeginn ist.

Die Kläger können sich auch nicht auf Ziffer XVI. des Darlehensvertrages berufen, nach dem sie auf den Zugang der Annahmeerklärung der Beklagten in Schriftform (§ 126 BGB) verzichtet haben. Ohne einen solchen Formverzicht wäre die Beklagte grundsätzlich verpflichtet gewesen, den Klägern eine Vertragsurkunde zur Verfügung zu stellen, die die handschriftlichen Unterschriften beider Vertragsparteien im Original enthält. So aber war es ausreichend, dass die Beklagte den Klägern eine Abschrift der Vertragsurkunde übersandt hat, die nur eine vervielfältigte Unterschrift enthielt. Genau diese Verfahrensweise sieht § 355 Abs. 2 S. 3 BGB in der vorliegend maßgeblichen Fassung auch vor. Auf den Zugang der für den Beginn der Widerrufsfrist erforderlichen Abschrift der Vertragsurkunde haben die Kläger mit Ziffer XVI. des Darlehensvertrages nicht verzichtet.

Auch im Hinblick auf das Bank1-geförderte Darlehen ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 nicht maßgeblich. Denn vorliegend macht die Widerrufsbelehrung – anders als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – durch den Begriff „mein“ deutlich, dass der für den Fristbeginn maßgebliche schriftliche Vertragsantrag von den Klägern stammen muss.

Da der in der Berufung gestellte Feststellungsantrag ohnehin als unbegründet abzuweisen ist, kommt es darauf, dass dieser bereits unzulässig wäre, weil die Kläger auf Leistung klagen könnten, nicht mehr an. Denn das Feststellungsinteresse ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPOnur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung (BGH, Beschluss vom 27.9. 2011 – II ZR 256/09, Rn. 9- juris).

III.

Der Senat regt an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen.

Etwaiger neuer Vortrag ist nach der ZPO nur in sehr engen Grenzen zulässig. Die Rücknahme hätte die Halbierung der Gerichtskosten zweiter Instanz zur Folge (§ 3 Abs. 2 GKG i.V.m. KV 1222).

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