OLG Frankfurt am Main, 06.12.2012 – 26 Sch 20/12

Mai 2, 2019

OLG Frankfurt am Main, 06.12.2012 – 26 Sch 20/12
Tenor:

Der von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Vorsitzenden Richter am OLG a.D. X als Einzelschiedsrichter am 20.07.2012 ergangene Schiedsspruch, der folgenden Wortlaut hat:

„Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.449,77 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 27.02.2012 zu zahlen.

Die noch anhängige weitergehende Schiedsklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens haben der Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5 zu tragen.

Der Beklagte hat dem Kläger an Kosten 2.924,15 EUR zu erstatten.“

wird für vollstreckbar erklärt.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 9.000,00 festgesetzt.
Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs; der Antragsgegner macht seinerseits Aufhebungsgründe geltend.

Durch Pachtvertrag vom 29./30.04.2010 hatte der Antragsteller als Insolvenzverwalter der A GmbH mit Wirkung zum 01.05.2010 das auf dem Grundstück der Insolvenzschuldnerin Straße1 in Stadt1 befindliche „Hotel B“ an den Antragsgegner verpachtet. Dem Antragsgegner war bekannt, dass das Pachtobjekt verkauft werden sollte; entsprechend sollte das Pachtverhältnis beendet werden, sobald sich ein Käufer für das Objekt findet, wobei auch dem Antragsgegner eine Kaufoption eingeräumt wurde.

Gemäß § 3 des Pachtvertrages sollte der Pachtzins 15 % des Nettoumsatzes, mindestens jedoch € 1.000,00 netto betragen. Des Weiteren sollte der Pächter alle anfallenden Betriebs- und Nebenkosten tragen, wobei eine gesonderte Anlage 2 zum Pachtvertrag regelte, welche Nebenkosten vom Pächter direkt übernommen und welche Nebenkosten vom (Ver-)Pächter umgelegt werden sollten.

Der Pachtvertrag enthält in § 7 eine Schiedsgerichtsabrede „gemäß separater Urkunde“; dieses als Anlage 1 beigefügte und mit „Schiedsgerichtsabrede“ bezeichnete Schriftstück enthält keine Angaben über Ort und Datum und ist von den Parteien nicht unterschrieben worden.

Wegen der Einzelheiten des Pachtvertrages sowie der beigefügten Anlagen wird auf Bl. 31 ff. d.A. Bezug genommen.

Der Antragsgegner hat die monatliche Netto-Mindestpacht bis einschließlich März 2011 gezahlt.

Im Mai 2011 verkaufte der Antragsteller das Pachtobjekt an einen Dritten, wobei dieser Kaufvertrag letztlich jedoch nicht durchgeführt wurde; ein dem Antragsgegner unterbreitetes Kaufangebot zu einem Kaufpreis von € 1,34 Mio. EURO wurde von diesem abgelehnt.

Durch Schreiben vom 18.05.2011 kündigte der Antragsteller den Pachtvertrag mit dem Antragsgegner zum 30.06.2011 und reichte in der Folgezeit eine Schiedsklage ein, mit der er Zahlung des rückständigen Pachtzinses bzw. der Nebenkostenvorauszahlungen sowie Nutzungsersatzansprüche geltend machte. Ferner begehrte er die Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts. Tatsächlich hat der Antragsgegner das Objekt zum 30.11.2011 geräumt.

Nachdem der Antragsgegner in dem Schiedsverfahren die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben hatte, erließ das Schiedsgericht am 14.10.2011 einen Zwischenentscheid, in dem es sich für zuständig erklärte.

Diesen Zwischenentscheid hat der Antragsgegner in einem vor dem hiesigen Senat zu Az.: 26 SchH 17/11 geführten Verfahren gemäß § 1040 Abs. 3 ZPO ohne Erfolg angegriffen; der Senat hat durch in Bezug genommenen Beschluss vom 05.03.2012 den Antrag auf Aufhebung des Zwischenentscheids zurückgewiesen und die Rechtswirksamkeit der Schiedsvereinbarung festgestellt.

Durch Schiedsspruch vom 20.07.2012 verurteilte das Schiedsgericht den Antragsgegner zur Zahlung von insgesamt € 8.449,77 nebst Zinsen sowie zur Kostenerstattung in Höhe von € 2.924,15.

Zur Begründung dieses Schiedsspruches wurde ausgeführt, dass dem Antragsteller ein Anspruch auf rückständige Pachtzahlungen für die Monate April, Mai und Juni 2011 (3 x € 1.190,00 = € 3.570,00) sowie ein Nutzungsersatzanspruch für die Monate September, Oktober und November 2011 in Höhe von ebenfalls jeweils € 1.190,00, d.h. ein Betrag über € 7.140,00 zusteht.

Darüber hinaus hat das Schiedsgericht den Antragsgegner für die Dauer des Pachtverhältnisses (vom 01.05.2010 bis 30.11.2011) zur Erstattung von Wasserkosten in Höhe von € 10.266,77 (= 19 Monate à € 540,36) für verpflichtet angesehen und hierauf die vom Antragsgegner geleisteten Abschlagszahlungen über insgesamt € 747,00 (= 3 x € 249,00) angerechnet; entsprechend ergab sich ein weiterer Zahlungsanspruch über € 9.519,77.

Von dem so ermittelten Gesamtbetrag über € 16.659,77 (€ 7.140,00 + € 9.519,77) hat das Schiedsgericht eine berechtigte Gegenforderung des Antragsgegners über € 8.210,00 in Abzug gebracht, nachdem die Schiedsparteien mit Rücksicht auf ein im Schiedsverfahren eingeholtes Sachverständigengutachten übereingekommen waren, dass dem Antragsgegner für durchgeführte Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten an dem Pachtobjekt ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe zusteht.

Weitere vom Antragsgegner im Schiedsverfahren zur Aufrechnung gestellte Gegenansprüche hat das Schiedsgericht für unbegründet erachtet, wobei wegen der Einzelheiten auf den Schiedsspruch vom 20.07.2012 Bezug genommen wird.

Der Antragsteller begehrt nunmehr die Vollstreckbarerklärung dieses Schiedsspruchs und vertritt im Weiteren die Auffassung, dass der Schiedsspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der Aufhebung unterliege.

Der Antragsteller beantragt,

den Schiedsspruch des Vorsitzenden Richters am OLG a.D. X als Einzelschiedsrichter vom 20.07.2012 für vollstreckbar zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs zurückzuweisen.

Er wiederholt seine bereits im Schiedsverfahren vorgetragenen Einwände gegen die Wirksamkeit der Schiedsklausel und vertritt im Übrigen die Ansicht, dass der Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b) ZPO aufzuheben sei, da ihm nicht in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden sei. So habe das Schiedsgericht seinen Vortrag zur „Aushebelung“ seines Vorkaufsrechtes ignoriert. Tatsächlich habe der mit dem Käufer ausgehandelte Grundstückspreis von 1,34 Mio. EURO weit über dem ortsüblichen Wert des Grundstücks gelegen, weshalb das ihm zustehende Vorkaufsrecht aufgrund wucherischer Preisabrede vereitelt worden sei. Zugleich hätten dadurch die in das Objekt getätigten Investitionen nicht amortisiert werden können, weshalb diese Kosten in voller Höhe von rund € 26.000,00 – und nicht lediglich anteilig – zu erstatten seien.

Hinsichtlich der streitigen Wasserkosten habe das Schiedsgericht den Vortrag des Antragsgegners nicht zur Kenntnis genommen und den angebotenen Sachverständigenbeweis zur behaupteten Überhöhung dieser Kosten rechtsfehlerhaft übergangen. Die vom Schiedsgericht vorgenommene Schätzung der Verbrauchskosten verbiete sich schon deshalb, weil der Antragsteller selbst keinerlei Zahlungen auf die fehlerhaften Gebührenbescheide der Stadt geleistet habe und ihm somit auch kein Erstattungsanspruch gegenüber dem Schiedsbeklagten zustehe.

Schließlich unterliege auch die Kostenentscheidung des Schiedsgerichts der Aufhebung, weil ihm, dem Antragsgegner, auch die Kosten des ursprünglichen Räumungsbegehrens auferlegt worden seien, obgleich ihm im Einvernehmen mit dem Antragsteller für die Zeit nach dem 30.06.2011 (dem Kündigungszeitpunkt) seitens des Grundstückskäufers ein weiteres Recht zum Besitz eingeräumt worden sei und er auch tatsächlich Pachtzahlungen in Höhe von monatlich € 500,00 an den Grundstückserwerber gezahlt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Antragsgegners vom 04.09.2012 (Bl. 15 ff. d.A.) sowie vom 14.11.2012 (Bl. 90 ff. d.A.) nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig.

Der angerufene Senat ist zur Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständig.

Die übrigen formellen Voraussetzungen nach § 1064 Abs. 1 S. 1 ZPO liegen ebenfalls vor.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist auch in der Sache begründet; die vom Antragsgegner geltend gemachten Aufhebungsgründe liegen nicht vor.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. § 1059 Abs. 2 Nr. 1a) ZPO – Unwirksamkeit der Schiedsklausel

Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist nicht gemäß §§ 1060 Abs. 2, 1059 Abs. 2 Nr. 1a) ZPO ausgeschlossen. Den vom Antragsgegner bereits im Schiedsverfahren vorgebrachten Einwänden gegen die Wirksamkeit der Schiedsklausel steht der in der Sache Az.: 26 SchH 17/11 ergangene Senatsbeschluss vom 05.03.2012 entgegen. In diesem Verfahren hat der Senat die Rechtswirksamkeit der Schiedsvereinbarung und hierauf beruhend die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ausdrücklich festgestellt; diese Entscheidung erwächst in materielle Rechtskraft und ist deshalb im Vollstreckbarerklärungs- bzw. Aufhebungsverfahren verbindlich (Zöller-Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 11 zu § 1040 ZPO sowie Rdnr. 39c zu § 1059 ZPO; MüKo-Münch, ZPO, 3. Auflage 2008, Rdnr. 26 zu § 1040 ZPO). Für eine erneute Auseinandersetzung mit den im hiesigen Verfahren wiederholten Einwänden ist daher kein Raum.

2. § 1059 Abs. 2 Nr. 1b) ZPO – Verletzung des rechtlichen Gehörs

Der Schiedsbeklagte stützt seinen Aufhebungsantrag maßgeblich auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und wirft dem Schiedsgericht vor, wesentliche Teile seines Sachvortrages missachtet zu haben.

Sein diesbezüglicher Vortrag erlangt damit jedenfalls auch im Bereich des ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2b) ZPO) Bedeutung, wodurch sich zwangsläufig Überschneidungen ergeben (vgl. MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 22 zu § 1059 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 24, Rdnr. 11).

Ungeachtet der im Übrigen streitigen Frage, ob § 1059 Abs. 2 Nr. 1b) ZPO sich dem Wortlaut nach nur auf den Gesamtvortrag (so Zöller-Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 40 zu § 1059 ZPO; ebenso OLG Hamburg OLGR 2000, 19 ff., zitiert nach juris) oder aber – was hier allein in Betracht kommt – auch auf einzelne Angriffs- und Verteidigungsmittel bezieht (so MüKo, a.a.O., Rdnr. 25 zu § 1059 ZPO), ist vorliegend ein Aufhebungsgrund nach dieser Vorschrift nicht gegeben.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) stellt einen Grundpfeiler des Schiedsgerichtsverfahrens dar (vgl. § 1042 Abs. 1 ZPO). Es ist anerkannt, dass Schiedsgerichte rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang wie staatliche Gerichte zu gewähren haben, wobei sich diese Verpflichtung nicht darin erschöpft, den Parteien ausreichend Gelegenheit zum Sachvortrag zu geben. Vielmehr muss das Schiedsgericht das jeweilige Vorbringen auch zur Kenntnis nehmen und es in Erwägung ziehen. Allerdings ist das Schiedsgericht nicht gehalten, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Eine Verletzung des Gehörsanspruches liegt nur dann vor, wenn sich aus der vorliegenden Begründung mit hinreichender Deutlichkeit der Schluss aufdrängt, dass das Schiedsgericht den Sachvortrag tatsächlich nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat (vgl. BVerfG, WM 2008, 721, 722 [BVerfG 29.02.2008 – 1 BvR 371/07]; BGH, NJW 1992, 2299 [BGH 14.05.1992 – III ZR 169/90]; OLG Hamburg, OLGR 2000, 19; OLG Frankfurt, SchiedsVZ 2006, 220; OLG München, Beschluss vom 07.05.2008, 34 Sch 26/07, Rz. 55; Schwab/Walter, Kap. 15 Rz. 2 m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt hingegen keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (st. Rspr., vgl. BVerfGE 96, 205 [BVerfG 08.07.1997 – 1 BvR 1621/94] m.w.N.). Eine fehlerhafte Rechtsanwendung in diesem Sinne, die dazu führt, dass Sachvortrag nicht für entscheidungserheblich erachtet wird, stellt für sich noch keinen Aufhebungsgrund dar (Zöller-Geimer, a.a.O., § 1042 Rz. 11a); etwaige Fehlentscheidungen sind hinzunehmen (OLG München OLGR München, 2006, 906). Es gilt der Grundsatz des Verbots der révision au fond.

Eine diesen Anforderungen entsprechende gravierende Rechtsverletzung ist hier nicht erkennbar.

Der Antragsgegner hatte – wie die zur Akte gereichten Abschriften der im Schiedsverfahren vorgelegten Schriftsätze belegen – im Verlauf des schiedsrichterlichen Verfahrens umfassend Gelegenheit, sich zum Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern. Dies betrifft auch die angeführten Zweifel an der Ernsthaftigkeit des mit dem seinerzeitigen Käufer des Objekts ausgehandelten Kaufpreises. So hat der Antragsgegner im Rahmen der Klageerwiderung im Schiedsverfahren vorgetragen, dass der angekündigte Kaufpreis von 1,34 Mio. EURO völlig unglaubhaft erscheine. Auf einen Gehörsverstoß wegen angeblicher Nichtberücksichtigung seines „vereitelten Vorkaufsrechts“ kann sich der Antragsgegner gleichwohl nicht berufen; zum einen hat er bei genauer Betrachtung seiner Darstellung im Schiedsverfahren nicht in erster Linie die Vereitelung seines Vorkaufsrechtes geltend gemacht, sondern im Zusammenhang mit dem Verkauf des Objekts stets nur auf die von ihm getätigten und seiner Ansicht nach zu ersetzenden Investitionen hingewiesen. Mit diesen behaupteten Aufwendungen hat sich das Schiedsgericht indes ausführlich auseinandergesetzt. Zum anderen ist auch nicht dargetan, ob überhaupt und zu welchem Kaufpreis denn der Antragsgegner bereit gewesen wäre, das Objekt zu erwerben, weshalb ein Verstoß gegen § 1059 Abs. 2 Nr. 1b) ZPO unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet.

Auch soweit der Antragsgegner rügt, dass das Schiedsgericht die von ihm getätigten Investitionen nicht in voller Höhe berücksichtigt habe, ist dies im Rahmen des § 1059 Abs. 2 Nr. 1b) unbeachtlich. Der Einwand des Antragsgegners beschränkt sich schlicht auf den Vorwurf einer fehlerhaften Rechtsauffassung und lässt einen etwaigen Gehörsverstoß auch nicht ansatzweise erkennen.

Im Weiteren unterliegt der Schiedsspruch auch nicht etwa deshalb der Aufhebung nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d) ZPO, weil das Schiedsgericht die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Räumungsantrages dem Schiedsbeklagten auferlegt hat. So ist schon nicht eindeutig, dass das Schiedsverfahren in diesem Zusammenhang Vorbringen des Antragsgegners unter Verletzung rechtlichen Gehörs unberücksichtigt gelassen hat; die Feststellung, dass der Antragsgegner ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses antragsgemäß zu verurteilen gewesen wäre, lässt hinreichend erkennen, dass das Schiedsgericht diesen Punkt erwogen und geprüft hat; im Übrigen sind Schiedsgerichte nicht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen (vgl. z.B. OLG München, Beschluss vom 14.03.2011, Az.: 34 Sch 8/10, zitiert nach beck-online; Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 24, Rdnr. 25). Ungeachtet dessen hat das Schiedsgericht seine Entscheidung zur Frage der Nutzungsentschädigung für die Zeit nach dem 31.08.2011 ausführlich damit begründet, dass die Nichtdurchführung des Kaufvertrages die Grundlage der getroffenen Abreden wesentlich verändert habe (vgl. hierzu Seiten 10, 11 des Schiedsspruchs). Insoweit fügt sich die Kostenentscheidung des Schiedsgerichts zum Räumungsantrag zwanglos in die Gesamtwürdigung des Sach- und Streitstandes ein, ohne dass es im weiteren darauf ankommt, ob der Bevollmächtigte des Antragstellers am 30.11.2011 die Annahme des Pachtobjekts verweigert hat.

Schließlich liegt auch der Verurteilung zur Zahlung von (geschätzten) Wasserkosten kein Gehörsverstoß zugrunde.

Dies gilt zunächst für die Rüge, das Schiedsgericht habe den angebotenen Sachverständigenbeweis für die behauptete extreme Überhöhung der abgerechneten Wasserkosten rechtsfehlerhaft übergangen. Vorliegend kann schon nicht festgestellt werden, dass es sich hier um einen rügefähigen Mangel der Verfahrensgestaltung (in procendo) handelt (vgl. hierzu MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr 28 zu § 1059 ZPO; Schwab/Walter. a.a.O., Kap. 24, Rdnr.14). Denn das Schiedsgericht hat sich in dem Schiedsspruch mit den vom Schiedsbeklagten mitgeteilten Vergleichszahlen für die Jahre 2004 bis 2007 auseinandergesetzt und unter Einbeziehung der Abrechnungen für die Jahre 2009 bis 2011 einen annähernd gleich hohen jährlichen Durchschnittsverbrauch ermittelt. Damit bedurfte es aus Sicht des Schiedsgerichts keiner weiteren Beweiserhebung, weder zur Frage eines überhöhten Verbrauchs noch zu der Frage, ob etwaige Defekte am Wasserzähler oder dem Rohrleitungssystem bestehen. Es handelt sich bei dieser Feststellung vielmehr um eine originäre Bewertung des Schiedsgerichts, die keine inhaltliche Nachprüfung durch das staatliche Gericht (auch keine gleichsam verdeckte révision au fond) ermöglicht.

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht mit Rücksicht auf den schiedsrichterlichen Hinweis in der Verfügung vom 23.04.2012 (Bl. 44 f. d.A.). Soweit das Schiedsgericht darin ausgeführt hat, dass die Beweislast für etwaige Mängel der Wasseruhr oder der Rohrleitungen dem Schiedsbeklagten obliegt und das Einholen eines Sachverständigengutachtens weitere Kosten verursachen würde, liegt darin keine Bindung des Schiedsgerichts für das weitere Verfahren, von der nicht mehr hätte abgewichen werden dürfen. Weder war das Schiedsgericht aus Rechtsgründen gehalten, dem angebotenen Sachverständigenbeweis tatsächlich nachzugehen noch wurde dem Schiedsbeklagten im Vertrauen auf diesen Hinweis weiterer Vortrag abgeschnitten. Es ist auch nach dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs oder dem Verbot einer Überraschungsentscheidung nicht geboten, den Parteien jederzeit alle Einzelheiten der Rechtsansicht des Gerichts offenzulegen (vgl. OLG Stuttgart, SchiedsVZ 2011, 49 ff. [BGH 08.06.2010 – XI ZR 349/08]; OLG München a.a.O.).

Die weiteren Beanstandungen des Schiedsbeklagten zur Fehlerhaftigkeit der Wasserabrechnungen, zur Schätzung dieser Kosten durch das Schiedsgericht und Auferlegung auf den Antragsgegner fallen ebenfalls in den Bereich der materiell-rechtlichen Prüfungskompetenz des Schiedsgerichts und sind einer Nachprüfung durch das staatliche Gericht nur insoweit zugänglich, als darin ein Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts (ordre public) zu sehen wäre. Im Streitfall basiert das vom Schiedsgericht gefundene Ergebnis jedoch auf einer Würdigung der Bestimmungen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Pachtvertrages sowie auf einer rechtlich zulässigen Schätzung nach § 287 ZPO und entspricht damit der gesetzlich vorgeschriebenen Vorgehensweise bei der Rechtsfindung. Selbst wenn dem Schiedsgericht bei der konkreten Ermittlung der Wasserkosten ein Wertungsfehler unterlaufen wäre, würde es sich um einen bloßen Rechtsanwendungsfehler handeln, der im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens vor dem staatlichen Gericht ohne rechtliche Relevanz wäre.

3. § 1059 Abs. 2 Nr. 2b) ZPO – ordre public-Verstoß

Mit Rücksicht auf die obigen Ausführungen kommt schließlich auch keine Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2b) ZPO in Betracht. Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) kann nur in besonderen Ausnahmefällen angenommen werden, in denen die Hinnahme des Schiedsspruchs als unerträglich erscheint. Dies setzt eine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensgrundsätzen voraus, die nur dann zu bejahen ist, wenn die Entscheidung auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maß abweicht, dass es nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten und in rechtsstaatlicher Weise ergangenen Verfahren angesehen werden kann (sog. verfahrensrechtlicher ordre public, vgl. BGH NJW 1990, 2201, BGH Beschluss vom 23.06.2005, Az.: IX ZB 64/04, zitiert nach juris). Eine in diesem Sinne rechtlich relevante Gehörsverletzung ist jedoch aus den genannten Gründen nicht festzustellen.

Nach alledem war dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO stattzugeben.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO und entspricht dem Hauptsachewert des Schiedsspruchs ohne Zinsen und Kosten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 02.05.2011. Az.: 26 W 20/11, vom 12.10.2011, Az.: 26 Sch 18/11 sowie vom 04.05.2012, Az.: 26 Sch 16/11).

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