OLG Frankfurt am Main, 07.02.2017 – 5 WF 292/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 07.02.2017 – 5 WF 292/16
Tenor:

Die Vorlageverfügung des Amtsgerichts vom 10.11.2016 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Behandlung als Rechtspflegererinnerung an das Amtsgericht – Familiengericht – Frankfurt am Main zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufgegeben wird.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe

I.

Die minderjährige A, die unter der alleinigen elterlichen Sorge der Kindesmutter steht, ist die Enkelin des verstorbenen A1. Die Kindesmutter ist die Tochter des Verstorbenen, der zum Zeitpunkt seines Todes mit der Beschwerdeführerin verheiratet war.

Erben des Verstorbenen sind je zur Hälfte dessen Witwe und – nachdem die Tochter des Verstorbenen die Erbschaft ausgeschlagen hat – die minderjährige Enkelin in ungeteilter Erbengemeinschaft.

Zum Nachlass gehört unter anderem ein bebautes Grundstück in Stadt1. Die Beschwerdeführerin möchte, dass dieses Grundstück im freihändigen Verkauf veräußert wird, und hat am 13.07.2016 – sowohl im eigenen Namen handelnd als auch als vollmachtslose Vertreterin der Miterbin – zu UR.-Nr. …/2016 des Notars N1 in Stadt1 mit einer Erwerberin einen Grundstückskaufvertrag mit einem Kaufpreis von 2.400.000 € beurkunden lassen. Die Miterbin – vertreten durch die Kindesmutter – verweigert die Genehmigung dieses Vertrages. Sie sperrt sich nicht gegen eine Veräußerung der Immobilie, hält jedoch einen höheren Kaufpreis für erzielbar und ist insbesondere mit den in dem Vertrag geregelten Modalitäten hinsichtlich der Erlösverteilung nicht einverstanden. Ferner befürchtet sie Nachteile hinsichtlich der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten, wenn nur eine Teilauseinandersetzung hinsichtlich dieses Grundstücks vorgenommen wird, ohne dass Einigung über die Erbauseinandersetzung insgesamt oder jedenfalls über die Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten besteht.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass die Kindesmutter ihr Sorgerecht missbrauche, und hat beim Familiengericht die Überprüfung angeregt, ob das Verhalten der Kindesmutter eine Gefährdung insbesondere für das Vermögen des Kindes darstelle.

Nach Überprüfung hat das Amtsgericht mit dem hier angefochtenen Beschluss familiengerichtliche Maßnahmen im Sinne der §§ 1666, 1666 a BGB für nicht notwendig erachtet und von der – von der Beschwerdeführerin angeregten – Bestellung eines Ergänzungspflegers abgesehen. Es bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindesvermögens. Die Kindesmutter kümmere sich um die Belange der Tochter. Es stelle keine Vermögensgefährdung dar, dass die Kindesmutter mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Grundstückskaufvertrag nicht einverstanden sei und die Tilgung der Nachverbindlichkeiten gesichert sehen wolle.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Miterbin, die nach wie vor erreichen möchte, dass der vorbereitete notarielle Kaufvertrag geschlossen wird.

Auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden, dass sie mangels Beschwer nicht beschwerdeberechtigt sein dürfte, hat sie ausgeführt, sie sei durch die Entscheidung des Amtsgerichts unmittelbar betroffen. Durch das Verhalten der Kindesmutter werde nicht nur das Vermögen der minderjährigen Miterbin, sondern auch ihr eigenes Vermögen geschädigt. Es sei von ihr nicht hinzunehmen, erhebliche Beeinträchtigungen wirtschaftlicher Art gewärtigen zu müssen. Durch die Weigerung der gesetzlichen Vertreterin, die Wirksamkeit des Kaufvertrages herbeizuführen, drohe der minderjährigen Miterbin und ihr weiterer Schaden.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist mangels Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin nicht zulässig.

Gemäß § 59 FamFG ist nur beschwerdeberechtigt, wer durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine für eine Beschwerdebefugnis ausreichende Beschwer ist daher nur dann gegeben, wenn durch den angefochtenen Beschluss ein subjektives Recht der Beschwerdeführerin unmittelbar beeinträchtigt wäre. Erforderlich ist ein durch Gesetz verliehenes oder durch die Rechtsordnung anerkanntes und von der Staatsgewalt geschütztes, dem Beschwerdeführer zustehendes materielles Recht (BGH NJW1997, 1855; BayObLG Rpfleger 2003, Keidel/Meyer-Holz, § 59 FamFG Rdnr. 6). Nicht ausreichend ist die Beeinträchtigung wirtschaftlicher, moralischer, ideeller oder sonstiger Interessen (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, § 59 FamFG Rdnr. 8).

Von dem hier von der Beschwerdeführerin initiierten Verfahren sind als subjektive Rechte lediglich die Rechte des Kindes aus dem Sorgerechtsverhältnis und die Elternrechte betroffen. Mittelbare Auswirkungen der Entscheidungen auf die wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin begründen keine Beschwerdebefugnis i.S.v. § 59 Abs. 1 FamFG (OLG Celle, FamRZ 2012, 1066; Dürbeck in Heilmann, Praxiskommentar Familienrecht, § 59 FamFG Rdn. 13).

Es besteht kein materielles Recht der Beschwerdeführerin dahingehend, dass der Staat in die sorgerechtlichen Befugnisse der Kindesmutter eingreift. Die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt die Beschwerdeführerin deshalb nicht in einer materiellen Rechtsposition in Bezug auf die elterliche Sorge für das Kind. Selbst wenn die Beschwerdeführerin ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung hat, begründet dies noch keine Beschwerdeberechtigung (BGH, FamRZ 2013, 1380).

Anders als für die Beschwerdebefugnis nach § 59 FamFG reicht es jedoch für eine Erinnerungsbefugnis nach § 11 Abs. 2 RPflG aus, wenn der Erinnerungsführer ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung hat (BGH, FamRZ 2013, 1380). Da die Entscheidung nach § 3 Nr. 2a RpflG mangels eines hierfür geltenden Richtervorbehalts (§ 14 RpflG) von der Rechtspflegerin getroffen wurde, ist im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG eine richterliche Überprüfung durch die Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RpflG eröffnet, nicht jedoch ein darüber hinausgehender Rechtsmittelzug (BGH, FamRZ 2013, 1380).

Über die Erinnerung hat bei Nichtabhilfe des Rechtspflegers der zuständige Abteilungsrichter des Amtsgerichts zu entscheiden.

Die Wertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

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