OLG Frankfurt am Main, 07.12.2017 – 3 U 166/16

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 07.12.2017 – 3 U 166/16
Leitsatz:

1.

Ein Beratungsvertrag einer Bank kann auch zustande kommen, wenn der Berater nur eine Anscheinsvollmacht hatte.
2.

Eine anlagegerechte Beratung umfasst die Funktionsweise des Fonds und hierbei insbesondere eine eingeschränkte Fungibilität

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.7.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (Az. 2-31 O 238/15) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

an den Kläger einen Betrag in Höhe von 21.800,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank ab dem 19.9.2015 Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus der Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 1, mit einem Nennwert in Höhe von 50.000,- € zu zahlen.
2.

an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.925,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank ab dem 19.9.2015 Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus der Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 2, mit einem Nennwert in Höhe von 5.250,- € zu zahlen.
3.

an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.954,46 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank seit dem 18.10.2015 zu zahlen.
4.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen Verpflichtungen aus der mittelbaren Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 1, mit einem Nennwert in Höhe von 50.000,- €, freizustellen.
5.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen Verpflichtungen aus der mittelbaren Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 2, mit einem Nennwert in Höhe von 5.250,- €, freizustellen.
6.

Es wird festgestellt, dass die sich Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung zu Ziffer 1) in Verzug befindet.
7.

Es wird festgestellt, dass die sich Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung zu Ziffer 2) in Verzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung sein Begehren nach Schadensersatz wegen Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von zwei Beteiligungen an dem geschlossenen Immobilienfonds an der A (nunmehr umbenannt in B) weiter. Zu diesem Fonds wurde ein Prospekt erstellt, den der Kläger als Anlage K 9 vorgelegt hat.

Die Beklagte firmierte ursprünglich unter der Bezeichnung C mit Sitz in Stadt1.

Der Kläger zeichnete am 20.9.2005 eine mittelbare Kommanditbeteiligung an der A in Höhe von 50.000,- € zuzüglich 5 % Abwicklungsgebühr (Anlage K 4). Die Fondsgesellschaft nahm den Beitritt am 2.11.2005 an. Der Kläger leistete zunächst eine Zahlung von 5 % der Beteiligungssumme und 5 % Abwicklungsgebühr, insgesamt 5.000,- €. Die restliche Einlage sollte durch Ausschüttungen und ca. 150 monatliche Raten in Höhe von 200,- € erbracht werden. Insgesamt erbrachte der Kläger so 21.800,- €.

Der Kläger zeichnete am 20.9.2005 eine weitere mittelbare Kommanditbeteiligung an der A in Höhe von nominal 7.000,- € zuzüglich 5 % Abwicklungsgebühr (Anlage K 6). Die Fondsgesellschaft nahm den Beitritt am 5.10.2005 an. Der Kläger leistete hierauf eine weitere Zahlung von 50 % der Beteiligungssumme und 175,- € Abwicklungsgebühr, insgesamt also 3.675,- €. Auch hier sollten die restliche Beteiligungssumme und das restliche Agio dadurch erbracht werden, dass Ausschüttungen auf das einbezahlte Kapital auf dem Kapitalkonto des Klägers bei der Fondsgesellschaft gebucht und mit der Einlagenverpflichtung verrechnet werden.

Eine am 7.11.2005 angebotene Vertragsänderung nahm der Kläger nicht an, so dass dem Kläger 50 % seiner Ersteinlage (1.750,- €) zurückgezahlt wurden.

Der Kläger hat behauptet, die gegenständliche Beteiligung sei ihm von dem für die Beklagte tätigen Berater D als sichere und für die Altersvorsorge geeignete Anlage empfohlen, die keine Risiken aufweise. Die Beratung habe anhand der Kurzübersicht (Anlage K 10) stattgefunden. Wann ihm der Prospekt übergeben worden sei, sei ihm nicht mehr erinnerlich. Die Beklagte habe für die Vermittlung der Beteiligung umsatzabhängig verdeckte Provisionen in einer Höhe von 16,62 % der Beteiligungssumme erhalten, über die sie den Kläger nicht informiert habe. Ebenso wenig habe die Beklagte den Kläger über den Misserfolg der Vorgängerfonds sowie die Funktionsweise des Fonds und darüber informiert, dass der Kläger die Beteiligungen nicht jederzeit zum Nennwert zurückgeben kann und es insbesondere keinen funktionierenden Markt für den Handel der Beteiligungen gebe. Wäre der Kläger über die tatsächlich bestehenden Risiken, die Funktionsweise der Beteiligungen und über die Unschlüssigkeit des Anlagekonzeptes aufgeklärt worden, so hätte er die streitgegenständlichen Beteiligungen nicht erworben. Der Kläger sei erst im Jahr 2013 von einem Berater, den er wegen einer anderen Vermögensanlage eingeschaltet gehabt habe, auf erhebliche Risiken hingewiesen worden, was den Kläger zur Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung veranlasst habe. Diese anwaltliche Beratung habe am 22.3.2013 stattgefunden.

Der Kläger begehrt von der Beklagten umfangreichen Schadensersatz, und zwar Ersatz der Investitionssumme, entgangenen Gewinn, Freistellung, Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Feststellung des Annahmeverzuges.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat behauptet, Herr D sei selbständiger Handelsvertreter und kein Mitarbeiter der Beklagten; er habe die Räume für eigene Zwecke gegen Entgelt von der Beklagten gemietet gehabt. Daher habe die Beklagte keine Kenntnis von dessen Auftreten und Handeln. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass Herr D nicht anleger- oder nicht anlagegerecht beraten habe. Im Übrigen werde die Einrede der Verjährung erhoben. Nachdem der Kläger über eine Zeitdauer von 10 Jahren trotz aller Falschdarstellungen an der Anlage festgehalten habe, sei in der inzwischen eingetretenen Insolvenz der wahre Grund für das Rückabwicklungsverlangen zu suchen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 (Bl. 137 ff. d. A) verwiesen

Das Landgericht hat nach informatorischer Anhörung des Klägers (vgl. Sitzungsprotokoll vom 9.6.2016, Bl. 120 ff d.A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein der Beklagten zuzurechnender Beratungsfehler nicht festgestellt werden könne. Zwar sei Herr D für die Beklagte tätig geworden. Nach dem Inhalt der informatorischen Anhörung des Klägers, der unter anderem auch Steuern habe sparen wollen, könne die Eignung der Anlage zur Erreichung des Anlageziels nicht verneint werden. Auch habe der Kläger nicht den Nachweis erbracht, dass er nicht über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt worden sei. Der Prospekt enthalte umfassende Risikohinweise, in denen auch das Risiko des Totalverlustes explizit genannt werde.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter Verweis auf sein gesamtes erstinstanzliches Vorbringen seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiter. Er macht geltend, dass das Landgericht zu Unrecht verneint habe, dass der Kläger das angesparte Geld zur Altersvorsorge habe verwenden wollen. Im Übrigen sei die Falschberatung sogar unstreitig, denn die Beklagte habe die vom Kläger vorgetragenen Umstände lediglich mit Nichtwissen bestritten, was sie nicht habe tun dürfen, da es sich um Tatsachen aus ihrem Kenntnisbereich handele. Das Landgericht habe sich überhaupt nicht mit dem klägerischen Vortag befasst, wonach die Vertriebskosten über 15 % gelegen hätten. Davon abgesehen, dass dem Kläger der Verkaufsprospekt nicht rechtzeitig vor der Zeichnung übergeben worden sei, enthalte dieser auch unzutreffende Angaben und sei deswegen zur anlagegerechten Beratung nicht geeignet.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 21.800,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank aus 21.800,- € ab dem 19.9.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus der Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 1, mit einem Nennwert in Höhe von 50.000,- € zu zahlen.
2.

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.925,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank aus 1.925,- € Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus der Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 2, mit einem Nennwert in Höhe von 5.250,- € zu zahlen.
3.

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen Verpflichtungen aus der mittelbaren Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 1, mit einem Nennwert in Höhe von 50.000,- €, freizustellen.
4.

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen Verpflichtungen aus der mittelbaren Kommanditbeteiligung an der A (nunmehr umbenannt in B), Anteilsnummer 2, mit einem Nennwert in Höhe von 5.250,- €, freizustellen.
5.

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.839,54 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit auf einen Betrag von 5.839,54 € zu zahlen.
6.

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 785,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit auf einen Betrag von 785,80 € zu zahlen.
7.

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.845,53 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit auf einen Betrag von 2.845,53 € zu zahlen.
8.

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 festzustellen, dass die sich Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung zu Ziffer 1) in Verzug befindet.
9.

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.7.2016 zum Gerichtsaktenzeichen 2-31 O 238/15 festzustellen, dass die sich Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung zu Ziffer 2) in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Klage sei bereits nicht schlüssig; der Tatsachenvortrag bestehe lediglich aus auch in anderen Verfahren verwendeten Textbausteinen. Außerdem könne von der Beklagten 11 Jahre nach den streitgegenständlichen Gesprächen nicht verlangt werden, dass sie den Hergang des Gespräches mit dem Berater D qualifiziert bestreitet.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie weitgehend Erfolg.

Die Beklagte ist gem. § 280 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Beratungspflichten aus einem zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrag in der tenorierten Höhe zum Schadensersatz im Zusammenhang mit der vom Kläger gezeichneten Fondsanlage an der A verpflichtet.

1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass das Handeln des Herrn D der Beklagten zuzurechnen ist. Zunächst liegt ein Handeln im Namen der Beklagten vor. Überdies sieht auch der Senat eine entsprechende Vertretungsmacht zumindest in Gestalt einer Anscheinsvollmacht des Herrn D als gegeben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten wird in den Kurzübersichten (Anlagen K 10 und K 11) ausdrücklich als Beraterin genannt. Indem Herr D diese Unterlagen dem Kläger überreicht und zudem die Beratung in den Räumen der Beklagten unter Verwendung der Strukturen (E-Mail-Adresse, Faxgerät, Visitenkarten) der Beklagten durchgeführt hat, hat sich Herr D in einem Ausmaß der Infrastruktur der Beklagten bedient, dass sein Auftreten für die Beklagte dieser kaum verborgen geblieben sein kann, zumindest jedoch für die Beklagte leicht erkennbar gewesen wäre. Hinzu kommt noch – wie die Beklagtenvertreterin in der Berufungserwiderung ausführte – dass die Beklagte im Hinblick auf ähnliche Vorgänge auch noch von mehreren anderen Anlegern gerichtlich in Anspruch genommen worden ist, was deutlich macht, dass der gegenständliche Sachverhalt keineswegs singulär ist.

2. Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, dass zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist. Bereits aus den Kurzübersichten (Anlagen K 10 und K 11) geht hervor, dass die Beklagte Anlageinteressenten gegenüber einzelne Merkmale dieser Anlageform werbend herausgestellt hat, mithin tatsächlich eine Beratung stattfand. Dies reicht bereits zur Bejahung eines Anlageberatungsvertrages aus. Aus dem verfahrensgegenständlichen Beratungsvertrag folgte eine Verpflichtung zu einer anleger- und objektgerechten Beratung, wobei Inhalt und Umfang der Beratungspflichten von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.) .

3. Es kann dahin stehen, ob hier eine anlegergerechte Beratung stattfand.

4. Jedenfalls muss der Senat davon ausgehen, dass der Kläger vorliegend nicht anlagegerecht beraten worden ist, indem er nicht über die Funktionsweise des Fonds und hierbei insbesondere nicht über die eingeschränkte Fungibilität aufgeklärt wurde. Bereits dies reicht zur Bejahung einer Haftung dem Grunde nach aus, so dass sich Ausführungen dazu, ob eine Haftung der Beklagten auch noch aus anderen Gesichtspunkten in Betracht kommt, erübrigen.

a) Eine Aufklärungspflicht besteht insoweit. Bei der vorliegenden Vermögensanlage handelt es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds. Im Prospekt heißt es auf Seite 15 unter Ziff. 10 Verkauf der Beteiligung/vorzeitiges Ausscheiden:

“ Für den Handel mit stillen Beteiligungen und KG-Anteilen gibt es keinen öffentlichen Markt. Diese können deshalb nicht ohne weiteres verkauft werden…Bei einem Verkauf des Kommanditanteils in den ersten Jahren oder einem vorzeitigen Ausscheiden ist deshalb nur mit einem Verkaufspreis bzw. einem Abfindungsguthaben unter der einbezahlten Einlagesumme zu rechnen. Dieses Angebot ist deshalb nicht geeignet für Anleger, die eine absolut sichere, fest verzinsliche Kapitalanlage mit einer der Höhe nach feststehenden und auch kurzfristig möglichen Rückzahlung des investierten Kapitals suchen.“

Auf Seite 104 des Prospekts ist der Gesellschaftsvertrag dargestellt. Unter § 27 ist als frühester Zeitpunkt, zu dem eine Kündigung seitens des Gesellschafters wirksam werden kann, der 31.12.2020 genannt.

Bei geschlossenen Immobilienfonds sollte ein Verkauf des Anteils im Hinblick auf die Konzeption der Anlage als langfristige Immobilieninvestition möglichst vermieden werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2014 – III ZR 389/12 -, Rn. 15, juris). Die eingeschränkte Fungibilität kann für den Anleger von ausschlaggebender Bedeutung sein, nämlich dann, wenn er das Kapital vor der ersten Kündigungsmöglichkeit benötigen sollte, wobei diese hier erst nach Ablauf von mehr als 15 Jahren besteht.

b) Es lässt sich nicht feststellten, dass die Beklagte dieser Aufklärungspflicht nachgekommen ist. Nimmt der Zeichner einer Vermögensanlage den Anlagevermittler oder -berater auf Schadensersatz wegen unzureichender Risikoaufklärung in Anspruch, so trägt er für die Behauptung, vom Vermittler bzw. Berater keinen – Risikohinweise enthaltenden – Anlageprospekt erhalten zu haben oder durch falsche mündliche Erklärungen nicht über die tatsächlichen Risiken im Bilde gewesen zu sein, zwar die Beweislast (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – III ZR 205/05 -, juris). Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden aber dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 – XI ZR 320/04 -, BGHZ 166, 56-65, Rn. 15). Vorliegend fehlt es an einer solchen Darlegung der Beklagten. Die Beklagte hat lediglich erklärt, sie bestreite mit Nichtwissen, dass Herr D den Kläger nicht anleger- bzw. anlagegerecht beraten habe. Unabhängig von der seitens der Prozessbevollmächtigten der Parteien ausführlich diskutierten Frage, ob in Anbetracht des § 138 Abs. 4 ZPO eine solche Erklärung überhaupt zulässig ist, erfüllt sie jedenfalls nicht die Anforderungen im Rahmen der sekundären Darlegungslast. Mithin kann weder davon ausgegangen werden, dass eine zureichende mündliche Aufklärung stattgefunden hat noch kann eine Aufklärung mittels rechtzeitiger Übergabe eines dieses Risiko darstellenden Prospektes angenommen werden.

5. Die Beratungspflichtverletzung ist kausal für den eingetretenen Schaden. Grundsätzlich streitet für den Kläger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Danach ist der Berater im Falle der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Aufklärungspflichten darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, indem der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte (BGH, Urteil vom 22. März 2011 – XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 40; vom 12. Mai 2009 – XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22 sowie Beschlüsse vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 33 und vom 9. Februar 2010 – XI ZR 70/09, juris Rn. 18). Auch insoweit legt die Beklagte keine ausreichenden Tatsachen dar, die geeignet wären, Zweifel an der Kausalität zu begründen. Soweit sie sich auf den erheblichen Zeitablauf von 10 bzw. 11 Jahren bezieht, die der Kläger trotz „offensichtlicher Falschdarstellungen“ an der Kapitalanlage festgehalten habe, wäre dies allenfalls dann ein Argument, wenn der Kläger über eine längere Zeit tatsächlich von der eingeschränkten Fungibilität gewusst, gleichwohl aber nichts unternommen hätte. Die Beklagte hat jedoch nichts dazu vorgebracht, wann und in welcher Weise der Kläger hiervon erfahren haben sollte. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, erst im Jahr 2013 seitens der klägerischen Prozessbevollmächtigten in Kenntnis gesetzt worden zu sein. In Anbetracht dessen erscheint die Annahme eines langjährigen Festhaltens an der Anlage trotz Kenntnis einer Falschberatung fernliegend, zumal der Kläger anlässlich seiner informatorischen Anhörung durch das Landgericht keine Umstände mitgeteilt hat, aus denen sich eine vorherige Aufdeckung der Falschberatung ergeben könnte .

6. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt.

a) Die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB beträgt 10 Jahre nach der Entstehung des Anspruchs. Entstanden ist der Anspruch hier nicht vor der Erklärung des Beitritts am 20.9.2005, so dass die am Montag, den 21.9.2015 bei Gericht eingegangene Klageschrift, die demnächst (17.10.2015) zugestellt wurde, zur Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 1 BGB geführt hat.

b) Ein vorheriger Ablauf der kenntnisabhängigen 3-jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB fand nicht statt. Der Kläger hat zu seiner Kenntnis vorgetragen, er sei erst im Jahr 2013 von einem Berater, den er wegen einer anderen Vermögensanlage eingeschaltet gehabt habe, auf erhebliche Risiken hingewiesen worden, was den Kläger zur Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung veranlasst habe. Diese anwaltliche Beratung habe am 22.3.2013 stattgefunden. Ausgehend hiervon konnte vor der am 17.10.2015 erfolgten Zustellung der Klageschrift keine Verjährung eintreten. Die für eine vorherige Kenntnis oder eine grobfahrlässige Unkenntnis darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat bereits keine konkreten Tatsachen vorgetragen, wann in der Person des Klägers solche Merkmale zuvor bereits erfüllt gewesen sein sollten.

7. Der Umfang des zu ersetzenden Schadens bemisst sich nach § 249 ff BGB. Es ist der Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der Kläger die gegenständlichen Beteiligungen nicht gezeichnet hätte.

a) Dem Kläger ist zunächst die von ihm aufgewandte Investitionssumme zu ersetzen. Unstreitig hat der Kläger auf die Beteiligung mit der Anteilsnummer 1 eine Summe in Höhe von 21.800,- € und auf die Beteiligung mit der Anteilsnummer 2 – nach Abzug der Rückzahlung – eine Summe in Höhe von 1.925,- € eingezahlt.

b) Der Kläger kann zuzüglich des ihm zu erstattenden Anlagebetrages nicht die von ihm bezifferten Beträge von 5.839,54 € und 785,80 € unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns gemäß §§ 252 BGB, 287 ZPO geltend machen. Grundsätzlich ist der geschädigte Anleger im Rahmen des Schadensersatzes gemäß § 249 BGB so zu stellen, als hätte er sich nicht an dem Fonds beteiligt (OLG München, Urteil vom 12.06.2012, 18 U 4424/11, zitiert nach Juris, Randnummer 71 m. w. N.). Gemäß § 252 Satz 2 BGB ist ein Gewinn dann entgangen, wenn dieser nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Insoweit ist dem Anleger, der durch schuldhaft unrichtige Angaben zu einer ansonsten nicht gezeichneten Anlageentscheidung bewogen wurde, grundsätzlich der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, das Eigenkapital in der angelegten Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH, Urteil vom 8.5.2012, XI ZR 262/10, zitiert nach Juris, Rn. 64 OLG München, a.a.O., Rn. 73 jeweils m. w. N.). Der Anleger muss dabei zwar nur darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre. Auch wenn an diese Darlegung keine strengen Anforderungen zu stellen sind, vielmehr eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügt, ist vorliegend eine Schadensschätzung mangels hinreichender Grundlagen nicht möglich. Vielmehr ist die Geltendmachung dieses Schaden von einem ausreichend substantiellen Vortrag abhängig, welcher gemessen an den Bestimmungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO die naheliegende Folgerung darauf zulässt, dass der Anleger in eine mit 4 % zu verzinsende Anlage investiert hätte. Hinsichtlich der Verzinsung sind verschiedene Anlageformen nämlich nicht ohne weiteres vergleich- und austauschbar (OLG Stuttgart vom 30.11.2010, 6 U 2/10, Juris). Insbesondere kann nicht unterstellt werden, dass ein Anleger, der sich an einem Steuersparmodell beteiligt hat – der Kläger hat anlässlich seiner informatorischen Anhörung durch das Landgericht eingeräumt, dass er auch Steuern sparen wollte – bei Kenntnis der Erfolglosigkeit seiner Anlage ausgerechnet einen Sparvertrag z. B. über Festgeld abgeschlossen hätte. Vielmehr kann es naheliegen, dass er als Alternative ebenfalls eine unternehmerische Beteiligung mit Verlustzuweisungen gewählt hätte. Solche Anlageformen sind aber typischerweise gerade nicht mit einer festen Verzinsung bzw. garantierten Rendite, sondern mit bloßen Gewinnchancen bei entsprechenden Risiken verbunden (OLG Karlsruhe vom 7.5.2010, 17 U 88/09, zitiert nach JURIS Rn. 90). Die allgemeine Behauptung des Klägers, dass er die Gelder festverzinslich mit einer Rendite von 4% angelegt hätte, wenn ihn die Beklagte nicht zu der Anlage veranlasst hätte, ist unter den gegebenen Umständen zu pauschal (OLG Frankfurt, Urteil v. 12.7.2012, 10 U 106/11, zitiert nach Juris, Rn 46 m. w. N.).

c) Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Allerdings sind die Ansprüche des Klägers auf Erstattung der Höhe nach auf 1,3 Gebühren beschränkt. Soweit der Kläger einen höheren Gebührenansatz geltend gemacht hat, kann dem nicht gefolgt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die anwaltliche Tätigkeit umfangreich oder schwierig war, mithin eine Abweichung von der Regelgebühr gerechtfertigt wäre, sind nicht hinreichend dargetan oder sonst ersichtlich. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der konkrete Aufwand für die anwaltliche Tätigkeit im Hinblick auf den Kläger allenfalls von durchschnittlichem Umfang war, da die Kanzlei des Bevollmächtigten des Klägers, wie in der Berufungserwiderung dargelegt, eine Mehrzahl von Verfahren ähnlicher Art betreibt (vgl. OLG Frankfurt vom 3.11.2010 19 U 70/10, Juris). Zudem ist der Sachverhalt hier relativ einfach gelagert. Ausgehend von einem Gegenstandswert von 55.520,- € ergeben sich gemäß Ziff. 2300 VV zunächst 1.622,40 €, zuzüglich Auslagenpauschale (20,- €) und 19 % MwSt. sind dies 1.954,46 €. In dieser Höhe war dem Antrag Ziff. 7 zu entsprechen.

d) Die mit den Anträgen Ziff. 5 und 6 begehrte Feststellung, dass die Beklagte zur Freistellung des Klägers von allen Verpflichtungen verpflichtet ist, die durch und im Zusammenhang mit den mittelbaren Kommanditbeteiligungen entstehen, ist berechtigt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger seine Beteiligungssumme bislang nicht vollständig eingezahlt hat, muss er mit einer Inanspruchnahme seitens Dritter gem. § 171 HGB rechnen, so dass das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben ist.

e) Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 5.9.2015 die Beklagte zur Rücknahme der Anteile aufgefordert hatte, die Beklagte dem aber innerhalb der ihr bis zum 18.9.2015 gesetzten Frist nicht nachgekommen ist, ist diese in Annahmeverzug (§ 293 BGB) geraten, so dass eine entsprechende Feststellung ebenfalls auszusprechen war.

f) Zudem waren Zinsen, wie beantragt, aus dem Gesichtspunkt des Verzuges nach Ablauf der mit Schreiben vom 5.9.2015 gesetzten Zahlungsfrist am 18.9.2015 in Bezug auf die unter Ziffer 1 und 2 gestellten Anträge zuzusprechen. Bezüglich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, soweit ihnen stattgegeben werden konnte, folgt die Verpflichtung zur Verzinsung aus §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt § 92 Abs. 2 ZPO, da die Zuvielforderung nur geringfügig war. Die Zuvielforderung betrifft nur die entgangenen Anlagezinsen und einen Teil der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten. Entgangene Anlagezinsen, die ein Kläger als gleich bleibenden Hundertsatz von der investierten Anlagesumme berechnet, stellen eine Nebenforderung der Hauptforderung auf Rückzahlung des investierten Kapitals im Sinne des § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG dar (BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2012 – XI ZR 261/10, WM 2012, 1211 Rn. 14 und vom 15. Januar 2013 – XI ZR 370/11, juris), so dass durch die Zuvielforderung hier kein Gebührensprung ausgelöst wurde.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Nr.10, 711 ZPO entnommen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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