OLG Frankfurt am Main, 09.12.2013 – 11 W 30/13

April 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 09.12.2013 – 11 W 30/13
Leitsatz

Eine Erledigungserklärung kann grundsätzlich auch nur mit Wirkung für die Zukunft abgegeben werden. Fehlt eine explizite zeitliche Einschränkung der Erledigungserklärung, ist grundsätzlich von einer unbeschränkten Erledigungserklärung auszugehen, sofern nicht gegenteilige Umstände vorliegen. Allein der Umstand, dass ein Vollstreckungsantrag wegen eines behaupteten Titelverstoßes gestellt worden war, genügt für die Annahme des Willens der zeitlichen Beschränkung nicht.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 20.6.2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1

I.

Mit Beschluss vom 20.2.2013, der der Schuldnerin am 27.2.2013 zugestellt worden war, hatte das Landgericht der Schuldnerin auf Antrag des Gläubigers im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, ein vom Gläubiger gefertigtes Foto öffentlich zugänglich zu machen, welches die Schuldnerin ursprünglich in ihre Website eingebunden hatte.
2

Am 04.03.2013 legte die Schuldnerin gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf ein von ihr am 20.2.2013 abgegebene Unterlassungserklärung.
3

Nachdem das streitgegenständliche Foto noch am 05.03.2013 unter der Adresse … abrufbar war, stellte der Gläubiger am 06.03.2013 Antrag nach § 890 ZPO wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot der einstweiligen Verfügung (Bl. 58 ff d. A.).
4

Im Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch vom 23.05.2013 gab die Schuldnerin erneut eine Unterlassungserklärung ab, die vom Gläubiger angenommen wurde. Beide Parteien haben daraufhin das Eilverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 127 f d.A.).
5

Mit Beschluss vom 20.06.2013 hat das Landgericht den Ordnungsmittelantrag des Gläubigers zurückgewiesen (Bl. 143 f d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, durch die übereinstimmende Erledigungserklärung sei der vollstreckbare Titel entfallen und könne daher auch dann keine Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen sein, wenn die Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot vor der Erledigterklärung begangen worden sei.
6

Gegen diesen ihm am 25.06.2013 zugestellten Beschluss hat der Gläubiger am 09.07.2013 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 171 ff d. A.). Die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erledigungserklärung sei dahingehend auszulegen, dass sie lediglich in die Zukunft gerichtet sein sollte.
7

Die Schuldnerin habe schuldhaft gegen den Tenor der Unterlassungsverfügung verstoßen, indem sie das Lichtbild weiterhin auf ihrem Internetspeicherplatz bereitgehalten habe. Sie treffe zumindest ein Organisationsverschulden.
8

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16.7.2013 nicht abgeholfen, weil die abgegebenen Erledigungserklärungen uneingeschränkt erfolgt seien. Eine Beschränkung auf die Zeit nach Abgabe der Unterlassungserklärung sei nicht erkennbar (Bl. 183 f d.A.).
9

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 793, 567, 569 ZPO zulässig.
10

Sie hat in der Sache jedoch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und des Nichtabhilfebeschlusses keinen Erfolg.
11

Die Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung vom 23.5.2013 ist nach ihrem klaren Wortlaut ohne jede zeitliche Einschränkung abgegeben worden. Zwar kann sich die Absicht, die Erledigungserklärung nur mit Wirkung für die Zukunft abzugeben, auch aus den Umständen ergeben; dies gilt insbesondere, wenn wegen eines angeblichen Titelverstoßes bereits ein Vollstreckungsantrag gestellt ist ist (vgl. BGH GRUR 2004, 264, 267 [BGH 23.10.2003 – I ZB 45/02] – EURO-Einführungsrabatt; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.10.2009, 6 W 170/09 – zitiert nach juris). Außer dem Umstand, dass ein Vollstreckungsantrag gestellt war, spricht vorliegend jedoch nichts dafür, dass der Gläubiger die Erledigungserklärung nur mit Wirkung für die Zukunft abgeben wollte. Denn in diesem Fall hätte der Rechtsstreit hinsichtlich des Zeitraums bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses fortgeführt werden müssen. Es wäre durch Urteil darüber zu entscheiden gewesen, ob der Titel für diesen Zeitraum zu Recht besteht und Grundlage für einen Vollstreckungsantrag bilden kann. Dies war aber vom Gläubiger offensichtlich nicht gewollt. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23.5.2013 (Bl. 127 f d.A.) hat der Gläubiger hier nicht lediglich „die Hauptsache“, sondern das gesamte Eilverfahren für erledigt erklärt. Er hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass er für das Eilverfahren keine Sachentscheidung mehr wünscht; der entsprechenden Ankündigung des Landgerichts, dass eine Entscheidung nach § 91a ZPO ergehen werde, ist er nicht entgegengetreten. Eine einschränkende Auslegung seiner Erledigungserklärung kam daher vorliegend nicht in Betracht (vgl. OLG Frankfurt aaO.).
12

Ist die Erledigung somit umfassend erklärt worden, kann aus der einstweiligen Verfügung nicht mehr vollstreckt werden, weil der Titel entfallen ist (BGH aaO S. 266).
13

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
14

Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2,3 ZPO nicht vorliegen.
15

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, wobei der Wert des Hauptsacheverfahrens zugrunde gelegt wurde.

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