OLG Frankfurt am Main, 10.07.2013 – 23 U 66/12

April 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 10.07.2013 – 23 U 66/12
Leitsatz

Eine Verfahrensverzögerung kann der Annahme der Sachdienlichkeit einer Widerklageerhebung in der Berufungsinstanz entgegenstehen
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 15.02.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-04 O 334/09, wird zurückgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten der Berufung haben die Kläger zu jeweils 22 % und die Beklagte zu 56 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des Vollstreckungsgläubigers gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das am 15.02.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-04 O 334/09, ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf die Erstattung von vereinnahmten Rückkaufwerten dreier gekündigter Lebensversicherungen in Höhe von 42.955,13 € in Anspruch. Diese hatten die Kläger an die Beklagte zur Sicherheit für ein von der Beklagten gewährtes Darlehen, mit dem die Kläger den Kauf einer Eigentumswohnung in O1 (bei Hannover) finanzierten, abgetreten. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen gem. § 540 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20.03.2012; dieser bedarf keiner weiteren Ergänzung.
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Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Kläger gegen die Beklagten keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB hätten, weil der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag wirksam sei und daher die Beklagte die Beträge aus den Lebensversicherungen nicht ohne Rechtsgrund erhalten habe. Zwar sei die für den Abschluss des Darlehensvertrages erteilte Vollmacht nichtig gewesen, da diese gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen habe, es habe jedoch beim Vertragsschluss eine Ausfertigung der Vollmacht bei der Beklagten vorgelegen, so dass die Beklagte nach § 172 BGB Vertrauensschutz genieße. Den Klägern sei der Beweis, dass der Beklagten bei Abschluss der Darlehensverträge eine notarielle Vollmacht nicht vorgelegen habe, nicht gelungen, da die hierzu vernommenen Zeugen Z1 und Z2 nicht bestätigt hätten, dass diese nicht vorgelegen habe. Das von den Klägern noch gemachte Beweisangebot der Vernehmung des Zeugen Z3 sei mangels Angabe dessen ladungsfähiger Anschrift nicht ausreichend gewesen; es bedürfe daher keiner Entscheidung darüber, ob dieses Beweisangebot verspätet gewesen sei.
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Auch wegen einer Aufklärungspflichtverletzung stünden den Klägern keine Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zu. Zu Aufklärungen über die Risiken des finanzierten Geschäftes sei die finanzierende Bank nur unter ganz besonderen Umständen verpflichtet. Derartige Umstände bestünden im vorliegenden Fall aber nicht, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs. Eine Pflicht der Bank zur Aufklärung über die etwaige Unangemessenheit des Kaufpreises bestehe grundsätzlich nur dann, wenn es zu einer wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert komme und die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen müsse. Dies setze müsse sowohl eine sittenwidrige Überteuerung des Objekts als auch die Kenntnis der Bank hiervon voraus.
4

Zur sittenwidrigen Überteuerung hätten aber die Kläger nicht hinreichend konkret vorgetragen, weil sie die wertbildenden Faktoren der streitgegenständlichen Immobilie nicht näher dargelegt hätten. Zudem hätten die Kläger eine Kenntnis der Beklagten hiervon weder dargetan noch unter Beweis gestellt. Selbst wenn eine objektive Überteuerung vorläge, könne hieraus noch nicht auf eine entsprechende Kenntnis der Bank geschlossen werden. Auch die zwischen den Parteien streitige Beleihungswertermittlung stelle kein Indiz für eine sittenwidrige Täuschung der Kläger dar, da eine solche von der finanzierenden Bank lediglich im eigenen Interesse vorgenommen werde.
5

Die Kläger könnten sich auch nicht auf eine sittenwidrige Täuschung durch den Vermittler berufen. Eine entsprechende Kenntnis der Beklagten sei ohnehin nur dann zu vermuten, wenn die Beklagte mit dem Vermittler oder Verkäufer in institutionalisierter Weise zusammengewirkt hätte und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers oder Vermittlers so evident unrichtig gewesen seien, dass sich aufdränge, die finanzierende Bank habe davor die Augen geradezu verschlossen. Hier sei aber bereits eine arglistige Täuschung durch evident unrichtige Angaben nicht ausreichend vorgetragen, denn dies hätte dem Beweis zugängliche Angaben des Vermittlers oder Verkäufers über das Anlageobjekt vorausgesetzt. Die Angabe des Vermittlers, es handele sich bei der Kapitalanlage um ein bankgeprüftes „Rundum-Sorglos-Paket“ reiche aber insoweit nicht aus, weil damit nur subjektive Werturteile und unverbindliche Anpreisungen des Verkäufers wiedergegeben würden. Auch die vermeintliche Äußerung des Vermittlers von der Erzielbarkeit einer Monatsmiete von 18,50 DM/m² stelle eine unverbindliche Anpreisung dar. Dass nach Ablauf der Mietgarantie die Mieten vom Mietmarkt bestimmt würden, hätte eines ausdrücklichen Hinweises nicht bedurft. Dass der Vermittler zudem eine versteckte Innenprovision in Höhe von 18,4 % verschwiegen habe, hätten die Kläger ebenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Es sei schon nicht ersichtlich, dass diese „versteckt“ sei, weil sie nämlich im Prospekt als Kosten für „Vertrieb und Marketing“ genannt werde. Ob die Beklagte daher planmäßig und institutionalisiert mit dem Vermittler zusammen gearbeitet hätte, bedürfe daher auch keiner weiteren Erörterung mehr. Schließlich habe die Beklagte auch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht für das Handeln des Vermittlers einzustehen, da er nicht in deren Pflichtenkreis tätig geworden sei.
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Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit der Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlich abgewiesenen Anträge weiter verfolgen. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass der Darlehensvertrag wirksam sei, obschon die der A mbH (nachfolgend kurz: A) erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetzes nichtig gewesen sei. Die Aussage der zu der Frage, ob bei Abschluss des Darlehensvertrages bei der Bank die Originalvollmacht vorgelegen habe, vernommenen Zeugen Z1 und Z2 sei unergiebig gewesen, so dass der entsprechende Beweis nicht geführt sei. Der Beklagten hätten vielmehr bei Abschluss des Darlehensvertrages lediglich Notarbestätigungen vorgelegen, was für die Bejahung einer Rechtsscheinvollmacht nach § 172 BGB nicht ausreiche. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht zudem den Zeugen Z3 nicht geladen. Erst durch die Aussagen der vorgenannten Zeugen seien die Kläger auf den Zeugen Z3 aufmerksam geworden. Das Landgericht hätte zumindest eine Beibringungsfrist setzen müssen. Im Übrigen hätte die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast den tatsächlich mit der Prüfung der Vollmacht betrauten Mitarbeiter benennen müssen. Selbst wenn der Darlehensvertrag wirksam sei, sei jedoch die Darlehensvaluta nicht an die Kläger ausgezahlt worden, weil diese auf ein Konto überwiesen worden sei, das die Geschäftsbesorgerin, die A, für die Kläger eröffnet habe, ohne über eine wirksame Vollmacht zu verfügen. Von diesem Konto sei dann der Kaufpreis für die Eigentumswohnung gezahlt worden, ohne dass dies den Klägern zuzurechnen sei.
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Zu Unrecht habe das Landgericht auch Schadenersatzansprüche wegen arglistiger Täuschung verneint. Eine Miete in Höhe von 18,50 DM/m² sei entgegen den Prospektangaben und entgegen den im Berechnungsbeispiel übernommenen Zusicherungen des Vermittlers B in O1 tatsächlich nicht erzielbar, sondern allenfalls eine Miete von maximal 12,62 DM. Dies ergebe sich aus einem vom Landgericht Hannover in einem Parallelverfahren eingeholten Mietwertgutachten. Hierüber seien die Kläger arglistig getäuscht worden, und dies sei auch der Beklagten bekannt gewesen. Zudem seien die Kläger arglistig darüber getäuscht worden, dass die A in Wahrheit Konzeptionärin der Wohnanlage und daher an der Vermittlung möglichst teurer Wohnungen interessiert gewesen sei. Ferner seien die Kläger über die wahre Höhe der Wohnungsvermittlungsprovision getäuscht worden. Hiervon seien nur 3 % offen gelegt worden und weitere 18,24 % seien nur der Beklagten bekannt gewesen und auch vom Vermittler B verschwiegen worden. Diese 18,24 % seien in einer als vollständig erscheinenden Auflistung im Prospekt versteckt gewesen. Eine Wohnungsvermittlungsprovision in dieser Höhe sei völlig unüblich. Da die Beklagte mit der A institutionalisiert zusammen gearbeitet habe, sei ihr diese arglistige Täuschung auch zuzurechnen. Zudem hafte die Beklagte, weil sie von dem Missbrauch der Vollmacht durch die A Kenntnis gehabt habe
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Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des am 15.02.2012 zum Aktenzeichen 2-04 O 334/09 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 42.955,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.974,41€ seit dem 17.11.2005, aus 5.744,15 € seit dem 25.06.2005 sowie aus 6.236,57 € seit dem 09.08.2005 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Widerklagend beantragt die Beklagte,

die Kläger zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag von 53.624,28 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2012 aus 40.931,72 € zu zahlen.

11

Die Kläger beantragen,

die Widerklage abzuweisen.

12

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlich gehaltenen Vortrags. Ergänzend trägt die Beklagte vor, dass die Urkunde der zugunsten der Treuhänderin erteilten notariellen Vollmacht am 31.01.1994 bei der Beklagten eingegangen sei und auch bei der Unterzeichnung des Zwischendarlehensvertrages vorgelegen habe. Der im Mai 1994 zur Ablösung des Zwischendarlehensvertrages und auch der im September 1995 zur Ablösung des Darlehensvertrages vom Mai 1994 geschlossene Darlehensvertrag seien auf dieselbe Weise zustande gekommen. Die streitgegenständlichen Lebensversicherungen seien mit Erklärung vom 15./28. September 1995 an die Beklagte abgetreten worden. Das Darlehen sei auch in mehreren Teilbeträgen ausbezahlt worden. Nachdem die Kläger im Jahr 2004 die Ratenzahlungen eingestellt hätten, habe die Beklagte nach letztmaliger Fristsetzung zum 15.09.2004 das Darlehen fällig gestellt und die Lebensversicherungen fällig gestellt. Mit dem Wiederklageantrag würde nunmehr die Rückzahlung des Restes der Darlehensforderung einschließlich Verzugszinsen und Refinanzierungsschaden verlangt.
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Der Darlehensvertrag sei wirksam. Es könne dahin stehen, ob die Vollmacht der Treuhänderin unwirksam gewesen sei, jedenfalls habe die Vollmachtausfertigung bei Vertragsschluss vorgelegen, so dass deren Wirksamkeit nach § 172 BGB zu bejahen sei. Die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis des Nichtvorliegens der Vollmachtausfertigung nicht geführt; dies habe die Beweisaufnahme vor dem Landgericht zweifelsfrei ergeben. Das Beweisangebot der Kläger zur Vernehmung des Zeugen Z3 sei verspätet gewesen. Letztendlich sei auch entscheidend, ob bei Abschluss des Endfinanzierungsvertrages eine wirksame Rechtsscheinvollmacht vorgelegen habe, denn die Verwertung der Lebensversicherungen sei auf der Grundlage des Endfinanzierungsvertrages erfolgt. Die gelte auch dann, wenn die Bank sowohl die Zwischen- als auch die Endfinanzierung ausreiche. Es komme zudem auch nur darauf an, ob die Rechtsscheinvollmacht vorgelegen habe, eine besondere Kenntnisnahme bei Vertragsschluss sei nicht notwendig. Die Kläger hätten letztlich nicht bestritten, dass sich die Vollmachtausfertigung bei den Kreditakten befunden habe. Da mithin die Behauptungen der Kläger nicht entscheidungserheblich gewesen seien, habe das Landgericht auch keine Hinweise erteilen oder eine Beibringungsfrist setzen müssen. Da die Beklagte auch sämtliche relevanten Unterlagen vorgelegt habe, hätten die Kläger auch keinen Anspruch auf Vorlage der gesamten Kreditakte. Die Kläger hätten das Darlehen auch empfangen, da sowohl die Kontoeröffnung als auch die Auszahlung nach Zugang der Vollmachtausfertigung bei der Beklagten erfolgt seien. Auch dies habe die Beweisaufnahme des Landgerichts ergeben, so dass die entsprechenden Zahlungsanweisungen der Treuhänderin zuzurechnen sei. Die Darlehen seien auch zweckentsprechend verwendet worden.
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Zu Recht habe das Landgericht auch die geltend gemachten Schadenersatzansprüche wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht verneint, da eine Aufklärungspflicht mangels Wissensvorsprung nicht ersichtlich sei. Die Kläger seien weder über die Rolle der Treuhänderin noch über den erzielbaren Mietzins noch über die im Kaufpreis enthaltene Innenprovision getäuscht worden. Der Geschäftsbesorgungsvertrag mit dieser sei geschlossen worden, nachdem sich die Kläger bereits für das konkrete Geschäft festgelegt und entschieden gehabt hätten. Die Rolle der Treuhänderin sei in dem Geschäftsbesorgungsvertrag klar umrissen gewesen. Den sich hieraus ergebenden Handlungsrahmen habe die Treuhänderin nicht überschritten. Aus dem Umstand, dass die Treuhänderin für die Abwicklung des Geschäfts eine Vergütung beanspruche, lasse sich keine Täuschung über deren Rolle herleiten. Auch eine Kenntnis der Beklagten von etwaigen Interessenkonflikten der Treuhänderin lasse sich nicht begründen und könne auch nicht unterstellt werden. Zwischen der Abwicklungsbeauftragten und den übrigen Geschäftspartnern hätten ausweislich des Prospekts keine Verflechtungen bestanden. Auch habe die Beklagte der Treuhänderin keine Finanzvermittlungsprovision in Höhe von 4 % gezahlt; dies hätten vielmehr die Kläger getan.
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Auch eine arglistige Täuschung über den erzielbaren Mietzins sei nicht dargetan. Dem Beweis zugängliche, konkrete unrichtige Angaben des Verkäufers oder Vermittlers hätten die Kläger nicht vorgetragen. Der Vortrag einer „Zusicherung“ des Vermittlers B ersetze keine konkrete Darlegung dessen, was der Vermittler B konkret über Mieteinnahmen erklärt habe. Die – im Übrigen mit Nichtwissen bestrittenen – Aussagen des Vermittlers stellten bestenfalls Prognosen dar. Auch der Prospekt garantiere keine „nachhaltig erzielbare Miete“. Darin werde lediglich darauf hingewiesen, dass der garantierte Mietzins in den ersten fünf Jahren 18,50 DM/m² betrage. Für den darauf folgenden Zeitraum habe der Prospekt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der erzielbare Mietzins hinter dem prospektierten Mietzins zurückbleiben könne. Auch aus dem von den Klägern vorgelegten Berechnungsbeispiel könne dies nicht entnommen werden, denn es werde bereits im Prospekt darauf hingewiesen, dass Mietrisiken bestünden. Soweit der Zeuge B erklärt habe, dass die Vermietung nach Ablauf der 5 Jahre kein Problem sei, weil sich das Objekt in bester Lage befinde und von bester Qualität sei, so dass die Mieten erzielt werden könnten, so sei dies ein subjektives Werturteil bzw. eine marktschreierische Anpreisung, was zur Begründung einer arglistigen Täuschung nicht ausreiche. Die Kläger hätten zudem auch nicht vorgetragen, wie die Beklagte hiervon Kenntnis erhalten haben solle. Tatsächlich habe sie auch keine Kenntnis von den Äußerungen des Zeugen B gehabt.
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Auch wegen arglistig verschwiegener Innenprovisionen hätten die Kläger keinen Schadenersatzanspruch. Der Prospekt erwecke diesbezüglich keine falschen Vorstellungen. Die Kläger hätten nicht davon ausgehen können, dass lediglich eine Innenprovision in Höhe von 3 % zuzüglich Umsatzsteuer anfiele. Die Kläger seien vielmehr darauf hingewiesen worden, dass weitere Vertriebsprovisionen anfielen; lediglich deren Höhe sei nicht offengelegt worden. Dies erschließe sich für den verständigen Leser bereits daraus, dass im Prospekt bei der Aufteilung des Gesamtaufwandes für das Gebäude inklusive des Vertriebs und des Marketings ein Anteil von 79,23 % des Gesamtkaufpreises ausgewiesen sei. Hieraus werde deutlich, dass Kosten für den Vertrieb der Wohnungen anfallen würden und in den Kaufpreis eingerechnet seien. Auch durch das Auftragsformular (Anlage K 13) seien die Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Vermittler nicht nur vom Erwerber, sondern auch von den übrigen Projektbeteiligten beauftragt worden seien und von diesen eine Vergütung erhielten. Soweit die Kläger nunmehr erstmals vortrügen, der Vermittler B habe ihnen auf konkrete Nachfrage eine Innenprovision verschwiegen, bestreitet die Beklagte dies mit Nichtwissen und rügt dies als verspätet.
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Eine Auskunftspflicht der Beklagten lasse sich aber bezüglich einer versteckten Innenprovision nicht begründen, denn die finanzierende Bank habe darauf nur hinzuweisen, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beitragen würde, dass das Kreditinstitut von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers der Immobilie hätte ausgehen müssen. Jedoch sei eine sittenwidrige Überteuerung der Immobilie nicht substantiiert vorgetragen. Auch ein institutionalisiertes Zusammenwirken der Beklagten mit dem Vertrieb der Wohnungen bzw. mit deren Verkäuferin sei nicht dargetan. Es hätten keine Vertriebsvereinbarungen, Rahmenverträge, Globalfinanzierungszusagen bestanden. Es reiche nicht aus, wenn eine Bank wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen desselben Objekts übernommen habe.
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Die Widerklage sei zulässig und sachdienlich. Da das Darlehen an die Kläger ausgezahlt worden sei und die Kläger die Ratenzahlungen eingestellt hätten und die Mahnungen der Beklagten fruchtlos geblieben seien, sei die Beklagte zur Kündigung des Darlehens berechtigt gewesen. Sie habe neben dem Anspruch auf Darlehensrückzahlung einen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung.
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Die Kläger stimmen der Widerklageerhebung in der Berufungsinstanz nicht zu und tragen vor, dass diese unzulässig sei, weil den Klägern eine Tatsacheninstanz genommen werde. Zudem hätte die Widerklage auch im Rahmen des vor dem LG Hannover geführten Parallelrechtsstreites erhoben werden können.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß erhoben, § 517, 522 Abs. 2 ZPO.
22

In der Sache selbst hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts auf keiner Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht und die nach § 526 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigen.
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Zu Recht hat das Landgericht Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB für nicht gegeben erachtet, weil die Zahlungen der Kläger auf das Darlehen nicht ohne Rechtsgrund erfolgten, nachdem die Darlehensverträge als wirksam zu behandeln waren und den Klägern die Darlehensvaluta auch zugeflossen ist. Zwar war die der A in Ziffer II. des Angebots zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages vom 22.01.1994 (UR-Nr. …/1994 des Notars C in O3) erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen Art.1 § 1 RBerG, § 134 BGB nichtig, denn die A verfügte nicht über eine Erlaubnis nach dem RBerG.
24

Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener umfassender Geschäftsbesorgungsvertrag ist nichtig, wobei von dem Mangel des Grundgeschäfts nach dem Schutzzweck des RBerG auch die im Vertrag enthaltene Vollmacht zum Abschluss aller mit dem Erwerb und der Finanzierung des Anlageobjekts zusammenhängenden Verträge bzw. Rechtshandlungen erfasst ist (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 28.09.2000 – IX ZR 279/99, WM 2000, 2443; BGH, Urt. v. 16.12.2002 – II ZR 109/01, WM 2003, 247; BGH, Urt. v.05.12.2006 – XI ZR 341/05, WM 2007, 440; BGH, Urt. v. 27.02.2007 – XI ZR 56/06, WM 2007, 731; BGH, Urt. v. 26.02.2008 – XI ZR 74/06, WM 2008, 683; BGH, Urt. v. 28.04.2009 – XI ZR 227/08, WM 2009, 1271).
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Der vorliegende Geschäftsbesorgungsvertrag und die Vollmacht haben einen solchen umfassenden Charakter mit vielfältigen rechtlichen Beratungsleistungen. Da die Abwicklungsbeauftragte keine Erlaubnis zur Rechtsberatung besaß, konnte sie die Kläger somit bei Abschluss der Darlehensverträge nicht wirksam vertreten.
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Demgegenüber sind die §§ 171 f. BGB sowie die allgemeinen Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht auch dann anwendbar, wenn die umfassende Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers unmittelbar gegen Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist. Allerdings setzt eine Vertretungsbefugnis des Geschäftsbesorgers gemäß §§ 171 Abs.1, 172 BGB voraus, dass dem Vertragspartner – hier der Beklagten – die Vollmacht des Geschäftsbesorgers in Urschrift oder Ausfertigung spätestens bei Abschluss des Vertrages vorliegt (BGH, Urt. v. 20.04.2004 – XI ZR 171/03, WM 2004, 1230; BGH, Urt. v. 27.05.2008 – XI ZR 149/07, WM 2008, 1266). Ist ein von einem Geschäftsbesorger oder Treuhänder abgeschlossener Darlehensvertrag wegen Verstoßes der Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig, kommt es im Falle einer Vertragsannahme durch die Bank für die Anwendung der §§ 171, 172 BGB nicht darauf an, ob ihr bereits bei Unterzeichnung ihrer Annahmeerklärung die Vollmacht im Original oder in notarieller Ausfertigung vorgelegen hat, sondern darauf, ob dies bei Vertragsschluss, d.h. bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärung, der Fall gewesen ist (BGH, Urt. v. 17.01.2012 – XI ZR 457/10, WM 2012, 312). Die Darlegungs- und Beweislast trifft – auch für die Unwirksamkeit einer Vollmacht und das Fehlen der Voraussetzungen einer Rechtsscheinvollmacht – den Bereicherungsgläubiger, hier die Kläger, weil es sich bei dem Umstand, dass der als Rechtsgrund in Betracht kommende Vertrag mangels wirksamer Vertretung unwirksam ist, um eine anspruchsbegründende Tatsache des bereicherungsrechtlichen Anspruchs handelt (BGH, Urt. v. 23.09.2008 – XI ZR 262/07, WM 2008, 2155; BGH, Urt. v. 28.04.2009 – XI ZR 227/08, WM 2009, 1271).
27

Allerderdings trifft den Bereicherungsschuldner auch insoweit die sekundäre Darlegungslast zum behaupteten Leistungsgrund, so dass er gehalten ist, konkret zu den Umständen einer Urkundenvorlage im Sinne von § 171 f. BGB vorzutragen (BGH, Urt. v. 28.04.2009 – XI ZR 227/08, WM 2009, 1271), mithin konkret darzulegen, wann und auf welchem Weg, namentlich von wem ihr die Vollmachtsurkunde vorgelegt wurde (vgl. allg. BGH, Urt. v. 27.09.2002 – V ZR 98/01, WM 2003, 640; BGH, Urt. v. 05.02.2003 – VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5 [9]). Dies hat die Beklagte unter Vorlage der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen getan. Die geschilderten Zeitabläufe sind plausibel. Danach soll das notarielle Vertragsangebot vom 22.01.1994 mit Schreiben der Treuhänderin vom 27.01.2994 übersandt worden und am 31.01.1994 bei der Beklagten eingegangen sein. Der Darlehensvertrag zur Zwischenfinanzierung sei von der Geschäftsbesorgerin im Februar 1994 unterzeichnet und in der Folge den Klägern mit Schreiben vom 23.02.1994 (Bl. 282 f. d. A.) zugeleitet worden sein. Der maßgebliche Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist derjenige des Zugangs des unterzeichneten Darlehensvertrages bei den Klägern. Zu diesem Zeitpunkt war die Vollmachtausfertigung nach dem Beklagtenvortrag längst eingegangen und lag vor.
28

Nach den von der Beklagten übersandten Unterlagen ist dann am 16.05.1994 der das Zwischenfinanzierungsdarlehen ablösende Darlehensvertrag unterzeichnet worden. Schließlich ist auch der das Darlehen vom 16.05.1994 ablösende Darlehensvertrag vom 28.05.1995 (Bl. 286 f. d. A.) vorgelegt worden. Hiermit ist die Beklagte zumindest ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen.
29

Soweit die Kläger vortragen, es hätte der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch oblegen, den Zeugen Z3 namhaft zu machen, geht dies fehl. Die sekundäre Darlegungslast umfasst nicht die Benennung von Zeugen und sonstigen Beweismitteln (Bacher in: BeckOK-ZPO [2013], § 284 ZPO, Rn. 84; BGH, Urt. v. 17.01.2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982 [984]). Die Benennung eines Zeugen mit den nach § 373 ZPO notwendigen Angaben einschließlich dessen ladungsfähiger Anschrift ist nicht mehr Teil des den Parteien obliegenden Tatsachenvortrags, sondern Element der sich daran anschließenden und auf dem Parteivorbringen beruhenden Beweisführung. Die Grundsätze der sekundären Darlegungslast finden darum hierauf keine Anwendung (BGH, Urt. v. 17.01.2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982 [984]).
30

Das Landgericht stützt in dem angefochtenen Urteil die Feststellung, dass nicht feststehe, dass die Vollmachtausfertigung bei Zustandekommen des Darlehensvertrages nicht vorgelegen hat, auf die Aussagen der Zeuginnen Z1 und Z2. Die insoweit vom Landgericht vorgenommene freie Beweiswürdigung der Zeugenaussagen und sonstigen Umstände gemäß § 286 ZPO mit der Folge seiner dementsprechenden richterlichen Überzeugung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
31

Grundlage der Beweiswürdigung ist das gesamte Ergebnis der Beweisaufnahme; Gegenstand der Beweiswürdigung sind Tatsachen und Indizien (vgl. Greger in: Zöller ZPO, 29. Aufl. 2012, § 286 Rn. 2, 9, 9a). Erkenntnisquellen der Beweiswürdigung sind Sachvortrag und Prozessverhalten der Parteien sowie das Ergebnis der Beweisaufnahme durch die in der ZPO normierten Beweismittel (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 286 Rn. 14, 15). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO bedeutet, dass der Richter lediglich an die Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf (Greger in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 286 Rn. 13). Der Vorgang der Überzeugungsbildung ist nicht von objektiven Kriterien abhängig, sondern beruht auf Erfahrungswissen und Judiz des erkennenden Richters (Scherzberg, ZZP 117 (2004), 178 f.), der etwa trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen darf (Greger in: Zöller, a.a.O.). Für den Beweis der streitigen Behauptung erforderlich, aber auch ausreichend ist die persönliche richterliche Gewissheit, die den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935; BGH, Urt. v. 06.06.1973 – IV ZR 164/71, BGHZ 61, 165 ff. [169]; Greger in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 286 Rn.19).
32

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BGH, Urt. v. 12.03.2004 – V ZR 257/03, BGHZ 158, 269 m.w.N.). Ein solcher Verfahrensfehler liegt dann vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs.1 ZPO entwickelt worden sind, was der Fall ist, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH a.a.O. m.w.N.).
33

Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Beide Zeuginnen haben übereinstimmend eine regelmäßige Praxis der Überprüfung des Vorliegens der Vollmacht geschildert und diese anhand der vorgelegten Urkunden erläutert. Die darauf gegründete Feststellung, das Fehlen der Vollmachtausfertigung sei nicht bewiesen, ist nicht denkfehlerhaft oder verstößt nicht gegen Erfahrungsgesetze.
34

Auch wenn diese Aussagen nicht ausreichen mögen, positiv das Vorliegen der Vollmachtausfertigungen zu beweisen, so lässt sich aber auch nicht deren Fehlen daraus ableiten. Dies führt aber angesichts der Beweislastverteilung dazu, dass die Kläger beweisfällig gewesen sind. Das Landgericht hat auch nicht verfahrensfehlerhaft von der Vernehmung des von der Klägervertreterin erst im Termin am 18.01.2012 benannten weiteren Zeugen Z3 abgesehen, denn dieses Beweisangebot war verspätet, § 296 ZPO. Die Beklagtenseite hatte bereits mit Schriftsatz vom 30.06.2011 (Bl. 640 f. d. A.) die Niederschrift über die Sitzung der 8. Zivilkammer des LG Hannover vom 24.05.2001 (Bl. 642 ff. d. A.) zu den Akten gereicht. In dieser Sitzung hat die später auch vom LG Frankfurt am Main befragte Zeugin Z2 ebenfalls zur Prüfung der Vorlage der Vollmachtausfertigung befragt und hatte im Rahmen dieser Vernehmung bereits angegeben, dass die Unterschrift von dem Zeugen Z3 gezeichnet wurde. Infolge dessen hatten die Kläger bereits seit Zugang dieses Schriftsatzes Kenntnis von diesem Umstand und hätten die Vernehmung des Zeugen Z3 auch bereits so rechtzeitig beantragen können, dass dem LG Frankfurt am Main noch eine Ladung des Zeugen zum Termin möglich gewesen wäre. Die verspätete Benennung des Zeugen Z3 haben die Kläger mithin nicht genügend entschuldigt, so dass dieses Beweismittel auch nicht nach § 531 Abs. 1 und 2 ZPO zuzulassen ist.
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Zutreffend hat das Landgericht auch einen Schadenersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung verneint.
36

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (st.Rspr., vgl. BGH, WM 2010, 2069 [BGH 21.09.2010 – XI ZR 232/09] m.w.N.; BGH, NJW 2007, 361 [BGH 26.09.2006 – XI ZR 283/03]; Senat, Urt. v. 08.10.2012, 23 U 93/11, juris, Rn. 36).
37

Ein solcher aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung auf Seiten der kreditgebenden Bank kann sich daraus ergeben, dass die von dem Anleger erworbene Wohnung sittenwidrig überteuert war und die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen musste (ständige Rechtsprechung: BGH, Urt. v. 20.05.2003 – XI ZR 248/02, WM 2003, 1370; BGH, Urt. v. 03.06.2008 – XI ZR 131/07, WM 2008, 1394; BGH, Urt. v. 15.06.2010 – XI ZR 318/09, WM 2010, 1448). Für die Annahme eines Wissensvorsprungs im Prozess ist zunächst substantiierter Vortrag des Anlegers zum (Minder-)Wert der Wohnung im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses mit konkreten, dem Beweis zugänglichen Angaben zu den wertbildenden Faktoren erforderlich (BGH, Urt. v. 19.09.2006 – XI ZR 204/04, NJW 2007, 357; BGH, Urt. v. 12.11.2002 – XI ZR 3/01, WM 2003, 61). Der Kaufpreis muss, um als sittenwidrig überteuert angesehen werden zu können, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs knapp doppelt so hoch sein wie der Wert der Wohnung (BGH, Urt. v. 20.05.2003 – XI ZR 248/02, WM 2003, 1370; BGH, Urt. v. 03.06.2008 – XI ZR 131/07, WM 2008, 1394; BGH, Urt. v. 15.06.2010 – XI ZR 318/09, WM 2010, 1448).
38

Eine kreditgebende Bank ist jedoch auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs nur verpflichtet, den Kreditnehmer über solche Umstände aufzuklären, von denen sie positive Kenntnis hat, denn seitens der Bank besteht keine Nachforschungspflicht hinsichtlich etwaiger Risiken des zu finanzierenden Vorhabens. Kreditinstitute prüfen den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht aber im Kundeninteresse (BGH, Urt. v. 07.04.1992 – XI ZR 200/91, WM 1992, 977; BGH, Urt. v. 03.06.2008 – XI ZR 131/07, WM 2008, 1394; BGH, Urt. v. 15.06.2010 – XI ZR 318/09, WM 2010, 1448). Dementsprechend kann sich aus einer lediglich zu bankinternen Zwecken erfolgten oder unterlassenen Beleihungswertermittlung grundsätzlich keine Pflichtverletzung gegenüber dem Kreditnehmer und somit auch keine diesbezügliche Aufklärungspflicht ergeben BGH, Urt. v. 03.06.2008 – XI ZR 131/07, WM 2008, 1394; BGH, Urt. v. 15.06.2010 – XI ZR 318/09, WM 2010, 1448).
39

Die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises eines zu finanzierenden Objekts führt für sich genommen – selbst wenn eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen finanzierender Bank und der Verkäuferin oder dem Vertreiber des Objekts festzustellen wäre – nicht zu einer widerleglichen Vermutung, die finanzierende Bank habe von der Überteuerung Kenntnis gehabt (BGH, Urt. v. 03.06.2008 – XI ZR 131/07, WM 2008, 1394; BGH, Urt. v. 15.06.2010 – XI ZR 318/09, WM 2010, 1448). Die Kenntnis der Bank bzw. die konkreten Umstände des Einzelfalles, nach denen sich einem zuständigen Bankmitarbeiter die Sittenwidrigkeit des Kaufpreises zumindest aufdrängen musste und vor denen er die Augen nicht verschließen durfte, sind vielmehr vom Bankkunden darzulegen und zu beweisen (BGH, Urt. v. 15.06.2010 – XI ZR 318/09, WM 2010, 1448; BGH, Urt. v. 29.04.2008 – XI ZR 221/07, WM 2008, 1121; Senat, Urt. v. 08.10.2012, 23 U 93/11, juris, Rn. 37). Eine sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises der Wohnung tragen die Kläger aber hier nicht einmal ansatzweise substantiiert vor, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat.
40

Insoweit ist das Landgericht auch zu Recht dem Antrag, die Vorlage der Kreditakten der Beklagte gemäß § 142 ZPO anzuordnen nicht weiter nachgegangen. Denn aus den sich in der Kreditakte (möglicherweise) befindlichen Unterlagen, die der Beleihungswertermittlung des finanzierten Objekts zu dienen bestimmt sind, lässt sich nichts gewinnen, da nach dem oben ausgeführten die Beleihungswertermittlung von der Bank nur im Eigeninteresse durchgeführt wird. Im Übrigen darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BGH, Urt. v. 15.06.2010 – XI ZR 318/09, juris, Rn. 25). Daran mangelt es hier.
41

Auch eine arglistige Täuschung über den mit der Wohnung erzielbaren Mietzins haben die Kläger vorliegend nicht schlüssig vorgetragen. Da eine Täuschung nur durch das Vorspiegeln oder Entstellen von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht und dementsprechend von subjektiven Werturteilen und marktschreierischen Anpreisungen abzugrenzen ist (Ellenberger in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 123 BGB, Rn. 3; Grüneberg in: Palandt, BGB 72. Aufl. 2013, § 280 BGB, Rn. 60a; BGH, Urt. v. 19.06.2006 – XI ZR 204/04, NJW 2007, 357), hätte es insoweit des Vortrages über konkrete Angaben des Vermittlers B bedurft. Entsprechende, auf objektive Tatsachen bezogene Äußerungen des Vermittlers B sind jedoch nicht vorgetragen, sondern lediglich, dass er den Mietzins für erzielbar halte, weil es sich um ein gutes Objekt in solider Lage handele. Entsprechend hat sich dieser auch in seiner Vernehmung als Zeuge in dem von den Klägern vor dem Landgericht Hannover geführten Parallelprozess geäußert. Die Zeugenaussage wurde durch die Kläger in den Prozess durch Vorlage der entsprechenden Sitzungsniederschrift vom 07.09.2010 (Bl. 586 ff. d. A.) eingeführt. Selbst, wenn man davon ausgeht, dass die Kläger sich den Inhalt der Aussage des als Zeugen vernommenen Vermittlers B vor dem Landgericht Hannover – wenigstens hilfsweise – zu Eigen machen, substantiiert dies ihren Vortrag nicht. Der als Zeuge vernommene Vermittler B (bei dem es sich n.b. um den Schwager der Klägerin zu 2. handelt) führt darin aus, dass er eine anfängliche Mietgarantie erwähnt habe und hinzu gesetzt habe, dass diese erforderlich sei, um das Objekt am Markt zu etablieren. Danach sei die Anschlussvermietung und die Miethöhe kein Problem mehr, weil es sich ja um eine hochwertige Immobilie in guter Lage handele, wobei er allerdings einräumte, verschwiegen zu haben, dass O1 kein Stadtteil von O2 sei; er habe vielmehr mit der Großstadt O2 geworben. An objektive Tatsachen hat der Vermittler B dabei nicht angeknüpft.
42

Ein anderes Bild ergibt sich auch nicht, wenn man den Prospekt zugrunde legt. Unter Ziffer III der Erläuterung zur Prospektdarstellung (Bl. 89 f. d. A.) finden sich dort eingehende Erläuterungen zur prospektierten Miete, zur Mietvermittlung und zum Mietausfallrisiko. Wesentlich ist hierbei, dass den Erwerber ein monatlicher Mietzins in Höhe von 18,50 DM/m² lediglich für fünf Jahre garantiert wird. Für den Zeitraum danach weist der Prospekt ausdrücklich darauf hin, dass über die Miete neu zu verhandeln sei und zwar unter Zugrundelegung der ortsüblichen Miete. Wenige Absätze weiter wird ausdrücklich darauf hingewiesen, „dass der erzielbare Mietzins nach Ablauf des Mietzeitraums hinter dem prospektierten Mietzins zurückbleibt“.
43

Ebenfalls an einer arglistigen Täuschung fehlt es bezüglich der von den Klägern vorgetragenen versteckten Innenprovision. Grundsätzlich obliegt es der finanzierenden Bank, mit der kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, nicht, den Darlehensnehmer von sich aus darauf hinweisen (st. Rspr., BGH, Urt. v. 05.06.2012 – XI ZR 178/11, juris, Rn. 23; BGH, Urt. v. 29. 06. 2010 – XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 17; BGH, Urt. v. 16. 05. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 46 und BGH, Urt. v. 02. 12 2003 – XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 418 f.). Dies gilt schon deshalb, weil die Veräußerung einer Immobilie zu einem überteuerten Kaufpreis nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst für den Verkäufer nicht ohne weiteres einen zur Aufklärung verpflichtenden Umstand darstellt. Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Es bleibt vielmehr den Vertragsparteien bis an die Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers überlassen, welchen Kaufpreis sie vereinbaren. Das gilt umso mehr, als jeder Verkaufspreis über dem reinen Verkehrswert liegende Gewinnanteile und Vertriebskosten enthalten kann und grundsätzlich keine Verpflichtung des Verkäufers, und schon gar nicht der finanzierenden Bank, besteht, dem Käufer ungefragt eine nähere Aufschlüsselung des Kaufpreises der Immobilie zu geben und den darin enthaltenen Provisionsanteil offen zu legen (BGH, Urt. v. 05.06.2012 – XI ZR 178/11, juris, Rn. 23).
44

Eine arglistige Täuschung der Kläger lässt sich auch nicht damit begründen, dass bei den Klägern gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden sei, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnungen falle lediglich die im Berechnungsbeispiel (Anlage K 14) und im Vermittlungsauftrag genannte Provision von 3% zzgl. Umsatzsteuer an, während tatsächlich eine weitere Vertriebsprovision von 18,24% angefallen sei, die in der Position a) des im Verkaufsprospekt aufgeführten Gesamtaufwandes enthalten gewesen sei. Richtig ist vielmehr, dass die Kläger auf den Anfall einer weiteren Vertriebsprovision deutlich hingewiesen wurden und ihnen lediglich deren Höhe nicht offenbart worden ist.
45

Unter Ziffer VIII der Erläuterungen zur Prospektdarstellungen (Bl. 90 d. A.) findet sich eine Darstellung der Aufteilung (in %) des kalkulierten Gesamtaufwandes. Hierin ist unter a) ein prozentualer Aufwand für Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing von 79,23 % angegeben. Der BGH hat in mehreren Urteilen vom 05.06.2012 – XI ZR 149/11 (juris), XI ZR 173/11 (juris), XI ZR 174/11 (juris), XI ZR 175/11 (juris = MDR 2012, 1030 [BGH 05.06.2012 – XI ZR 175/11]), XI ZR 176/11 (juris), XI ZR 177/11, XI ZR 178/11 (juris), XI ZR 179/11 (juris) – entschieden, dass Anleger nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht werden, wenn in dem Verkaufsprospekt in dieser Form angegeben wird, dass im Gesamtaufwand eine Vertriebsprovision enthalten ist. Soweit das OLG Oldenburg (Urt. v. 10.03.2011 – 8 U 56/10, juris) die Auffassung vertritt, der Anleger werde dadurch, dass der Gesamtaufwand im Verkaufsprospekt einerseits in eine große Position und andererseits in elf weitere Positionen von teilweise weniger als 1% aufgeteilt sei, darüber getäuscht, dass der Anteil für „Vertrieb und Marketing“ in der großen Position 18,24% betrage, ist der Bundesgerichtshof dem nicht gefolgt und hat ausgeführt:
46

Aus der bezifferten Höhe der Positionen b) bis l) der Kalkulation des Gesamtaufwandes im Prospekt könne nicht auf die Höhe der in der Position a) enthaltenen Vertriebsprovision geschlossen werden. Es existiere kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass aus der Höhe einzelner Positionen einer Preiskalkulation auf die Zusammensetzung eines anderen Preisbestandteils bzw. auf die Höhe darin enthaltener, nicht bezifferter Unterpositionen geschlossen werden könnte. Das gälte unabhängig von der Höhe der bezifferten Preisbestandteile. Es könne deshalb nicht angenommen werden, eine unbezifferte Unterposition übersteige die bezifferten sonstigen Preisbestandteile nicht oder nur geringfügig (BGH, Urt. v. 05.06.2012 – XI ZR 174/11, juris, Rn. 27).
47

Dem schließt sich der erkennende Senat an.
48

Schließlich ist der Berufung auch nicht aus dem Gesichtspunkt Erfolg beschieden, soweit die Kläger behaupten, eine ihnen zuzurechnende und wirksame Auszahlungsanweisung habe nicht vorgelegen.
49

Dahinstehen mag dabei, ob dieser Vortrag nicht dem Novenverbot des § 531 ZPO unterliegt.
50

Jedenfalls ist diese Behauptung der Kläger erkennbar ins Blaue hinein ohne jegliche Tatsachengrundlage, mithin rechtsmissbräuchlich erfolgt. Dabei hat der Senat bedacht, dass die Kläger grundsätzlich nicht gehindert sind, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich halten und ein unzulässiger Ausforschungsbeweis erst dann vorliegt, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH WM 2012, 1337-1344 [BGH 08.05.2012 – XI ZR 262/10] m.w.N.). Dabei ist bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne Zurückhaltung geboten, gleichwohl kann diese bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gegeben sein (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.).
51

So liegt der Fall hier:
52

Ausgangspunkt ist zunächst, dass die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, dass „Das Geld … in der Folgezeit entsprechend den Vereinbarungen zwischen den Klägern und der Treuhänderin verwendet .“ Die Beklagte hat zudem mit der Anlage B8 Schreiben vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Auszahlungen nach Vertragsschluss erfolgt ist. Diesen Vortrag haben die Kläger jedenfalls teilweise in der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2013 insoweit bestätigt, als die Klägervertreterin bestätigt hat, dass jedenfalls Teile des Darlehensbetrages an den Bauträger geflossen sind. Der Mittelfluss entspricht damit den Regelungen des Angebots zum Abschluss des Bauträgervertrages (vgl. Bl. 55 ff. d.A. und dem Wortlaut der Vollmacht der Treuhänderin (vgl. Bl. 47 ff. d.A.), sowie dem Inhalt des Vertrages vom 24.02.1994 (vgl. Bl. 52 ff. d.A.), wonach der Erwerb der streitgegenständlichen Immobilie durch die Kläger durch das streitgegenständliche Darlehen finanziert werden sollte. Da nun einerseits – unstreitig – dieser Erwerbsvorgang wie geplant durchgeführt wurde, und Mittel an den Bauträger geflossen sind, andererseits die Kläger persönlich die Auszahlungsanweisungen nicht erteilt haben, ist praktisch kein anderer Fall denkbar, als dass die Treuhänderin – und damit eine den Klägern zurechenbare Person – die Auszahlungsanweisungen wie vereinbart auch erteilt hat.
53

Dass die Kläger bislang nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden sind, ändert an dem vorstehenden Befund nichts. Denn die Kläger berufen sich zur Begründung ihrer Behauptung, nicht die Treuhänderin, sondern unbekannte Dritte hätten die Auszahlungsanweisung erteilt, auf angebliche Erkenntnisse in dem Sinne, dass bei einer anderen Treuhänderin „D“ bei einem anderen Anlageobjekt in O4, E-Straße, in vergleichbaren Fällen unberechtigte Dritte die Auszahlungsanweisungen erteilt hätten. Aus den behaupteten Geschehnisse bei der „D“ betreffend dem Anlageobjekt in O4, E-Straße, kann jedoch kein Rückschluss auf den hier interessierenden Fall in dem Sinne gezogen werden, dass nicht die Treuhänderin gemäß den vertraglichen Vorgaben, sondern unbekannte Dritte die entsprechenden Auszahlungsanweisungen erteilt haben sollen. Schlagend gegen die Behauptung der Kläger, unbekannte Dritte hätten die Auszahlungsanweisungen erteilt, streitet ferner die von den Klägern mit Anlage K 8 vorgelegte Schlussrechnung der Treuhänderin zum 25.03.1997, aus der sich u.a. die Verwendung der Darlehensmittel durch die Treuhänderin ergibt (vgl. Bl. 67 d.A.). Es ist daher nicht ansatzweise ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass nicht die Treuhänderin, sondern Dritte die Auszahlungsanweisungen erteilt haben.
54

Nach alledem durften die Kläger es nach Lage der Dinge nicht für wahrscheinlich halten, dass unbekannte Dritte der Beklagten unberechtigte Auszahlungsanweisungen für das streitgegenständliche Darlehen erteilt haben, und die Beklagte daraufhin die Gelder zur Auszahlung gebracht hat.
55

Die Widerklage der Beklagten ist nicht zulässig.
56

Da die Widerklage seitens der Beklagten erst im Berufungsverfahren erhoben wurde, richtet sich ihre Zulässigkeit nach § 533 ZPO. Eine Widerklage ist demnach nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und die Widerklage auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
57

Im vorliegenden Falle rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen einen Zuspruch der mit der Widerklage geltend gemachten Forderungen jedoch gerade nicht, da nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts gerade nicht positiv feststeht, dass die streitgegenständlichen Darlehensverträge wirksam zwischen den Parteien zustande gekommen sind. Vielmehr hat das Landgericht festgestellt, dass das Fehlen der Vollmachtausfertigung nicht bewiesen sei.
58

Aus diesem – im Rahmen des klägerischen Anspruchs aus § 812 BGB– zu Lasten der Kläger wirkenden non-liquet folgt jedoch nicht im Gegenschluss die Feststellung, dass – was die Beklagte im Rahmen ihres auf § 488 BGB gegründeten Anspruchs darzulegen und zu beweisen hätte – zwischen den Parteien der Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen ist, da dies die positive Feststellung voraussetzt, dass dem Vertragspartner – hier der Beklagten – die Vollmacht des Geschäftsbesorgers in Urschrift oder Ausfertigung spätestens bei Abschluss des Vertrages vorliegt, mithin bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärung, vorgelegen hat (BGH, Urt. v. 17.01.2012 – XI ZR 457/10, WM 2012, 312; BGH, Urt. v. 20.04.2004 – XI ZR 171/03, WM 2004, 1230; BGH, Urt. v. 27.05.2008 – XI ZR 149/07, WM 2008, 1266). Auf Grundlage der vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten und gemäß § 529 ZPO vom Senat seiner Entscheidung zu Grunde zu legenden Tatsachen, wäre die Widerklage damit nicht begründet.
59

Deswegen hat die Beklagte weiter die Zeugin Z4 benannt und in deren Wissen gestellt, dass Treuhänderin der Beklagten am 27.01.1194 eine notarielle Ausfertigung der ihr – der Treuhänderin – erteilten Vollmacht übersandt hat. Bei der Benennung der Zeugin Z4 handelt es sich damit um ein neues Angriffsmittel, auf die sich die Widerklage stützt. Dieses neue Angriffsmittel ist in der Berufung jedoch nicht zuzulassen, da neue Angriffsmittel nur insoweit zu berücksichtigen sind, soweit sie für die Entscheidung über die Berufung erheblich und nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sind. Hieran mangelt es, da es für die Entscheidung über die Berufung – wie vorstehend dargestellt – auf die Vernehmung der Zeugin Z4 nicht ankommt. Eine Änderung oder Erweiterung des nach § 533 Nr. 2 ZPO maßgeblichen Sach- und Streitstands durch neue, für die Berufung nicht entscheidungserhebliche Angriffs- und Verteidigungsmittel lässt sich auch nicht über § 531 Abs. 2 ZPO erreichen. Für die Zulassung nach § 533 Nr. 2 ZPO ist es daher unerheblich, ob ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das für die Widerklage, nicht aber für die Berufung relevant ist, auf Grund einer fehlerhaften Rechtsauffassung oder Prozessleitung in erster Instanz nicht vorgetragen worden ist, (vgl. Ball Musielak, ZPO, 10. Auflage 2013, § 533 Rn. 22), was im vorliegenden Falle ohnehin nicht ersichtlich ist.
60

Die Erhebung der Widerklage in der Berufung ist zudem nicht sachdienlich. Zwar wird die Sachdienlichkeit der Erhebung der Widerklage in der Berufung grundsätzlich dann als gegeben angesehen, wenn und soweit die Zulassung der Widerklage zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streitstoffs im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits führt und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Prozess vorbeugt. Dann kann es prozessökonomischer sein, die Erweiterung im anhängigen Rechtsstreit selbst um den Preis seiner Verzögerung zuzulassen, als Parteien und Gericht der Belastung eines zu erwartenden weiteren Prozesses auszusetzen. Die Zulassungsschranke des § 533 Nr. 2 ZPO drängt diesen Aspekt jedoch zurück. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Berufung vornehmlich der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung dient. Durch § 533 Nr. 2 ZPO räumt der Gesetzgeber der Betonung dieser Funktion, der eine Ausweitung des Prozessstoffs in zweiter Instanz im Grundsatz zuwiderläuft, Vorrang vor dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie ein (Ball Musielak, ZPO, 10. Auflage 2013, § 533 Rn. 2). Das Berufungsgericht soll demnach nicht über eine „Flucht in die Klageänderung/Widerklage/Prozessaufrechnung“ mit Tatsachenstoff konfrontiert werden können, der hinsichtlich der Berufung nach § 529 ZPO iVm. § 531 ZPO ausgeschlossen ist (Ball Musielak, ZPO, 10. Auflage 2013, § 533 Rn. 21).
61

So liegt der Fall hier. Der Rechtsstreit ist seit nunmehr über vier Jahren anhängig und das Landgericht hat zum Klagegrund bereits eine Beweisaufnahme durchgeführt. Das auch im Zivilprozess Geltung beanspruchende Beschleunigungsgebot fordert im Interesse der Rechtssicherheit, dass strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden. Die Zulassung der Widerklage würde jedoch im Hinblick darauf den Rechtsstreit erheblich verzögern. Die Wiedereröffnung der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der von der Beklagten neu benannten Zeugin Z4 würde nämlich dazu führen, dass der Senat voraussichtlich wegen § 355 ZPO gehalten wäre, die bereits vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeuginnen Z2 und Z1 zu wiederholen und zudem den von den Klägern weiter benannten Zeugen Z3 zu vernehmen, um die Umstände bzw. das Zustandekommen des Darlehensvertrages erneut aufzuklären. Zudem steht zu erwarten, dass die Kläger die erneute Beweisaufnahme zum Anlass nehmen werden, weitere Beweisanträge zu Haupt- und Indiztatsachen zu stellen. Die damit einhergehende Verfahrensverzögerung ist nicht hinnehmbar und steht der Annahme der Sachdienlichkeit der Widerklage entgegen.
62

Die Kostenentscheidung für die Berufung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
63

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

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