OLG Frankfurt am Main, 11.04.2017 – 6 W 31/17

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 11.04.2017 – 6 W 31/17
Leitsatz:

Die Erstattungsfähigkeit von im Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Verkehrsanwaltskosten kommt nur dann in Betracht, wenn es – insbesondere auf Grund einer entsprechenden Auflage des Revisionsgerichts – in diesem Verfahren ausnahmsweise auf neuen Tatsachenvortrag ankam (im Streitfall verneint).
Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Klägerinnen und des Drittwiderbeklagten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt € 55.496,00.
Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Über die Beschwerden war gemäß § 568 I ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden, da die in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Das Landgericht hat dem Antrag auf Festsetzung einer Verfahrensgebühr für einen Verkehrsanwalt nach RVG VV Nr. 3400 zu Recht nicht entsprochen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführer als Verkehrsanwalt im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beigeordnet wurde. Eine Beiordnung eines Verkehrsanwalts kam auch nicht in Frage. Eine Beiordnung kommt im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ebenso wenig in Betracht wie im Rechtsbeschwerdeverfahren (BGH, Beschluss vom 4. August 2004 – XII ZA 6/04, NJW-RR 2004, 1662) und im Revisionsverfahren (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 – V ZA 10/11, juris). Denn es geht lediglich um Rechtsfragen, für deren Beantwortung die zusätzliche Einschaltung eines Verkehrsanwalts nicht erforderlich ist (BGH, Beschl. v. 12.6.2014 – I ZR 189/13, juris).

Besondere Umstände, die ausnahmsweise die Bestellung eines Rechtsanwalts zur Vermittlung des Verkehrs zwischen der Partei und dem am Bundesgerichthof zugelassenen Rechtsanwalts erforderlich machen könnten, sind nicht gegeben. Insbesondere reicht es hierfür nicht aus, wenn der zweitinstanzliche Anwalt mit dem Prozessbevollmächtigten der Revisionsinstanz korrespondiert hat (BGH, Beschl. V. 7.6.1982 – VIII ZR 118/80, Rn. 3, juris). Nur wenn im Revisionsverfahren ausnahmsweise weiterer Sachvortrag erforderlich wird, z. B. aufgrund einer Auflage des Revisionsgerichts, die eine Unterrichtung des Revisionsanwalts über tatsächliche Umstände notwendig macht, kann ausnahmsweise die Einschaltung eines Verkehrsanwalts als notwendig angesehen werden (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.10.2004 – 5 W 3428/04, Rn. 5, juris).

Derartige Umstände sind nicht ersichtlich. Soweit sich die Beschwerdeführer auf angeblich neuen bzw. unrichtigen Sachvortrag in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung berufen, wurde dieser jedenfalls nicht durch eine Auflage des Revisionsgerichts veranlasst. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, inwiefern dieser angeblich neue Vortrag für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren von Bedeutung gewesen sein soll. Allein der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der 2. Instanz die Revisionsanwältin mit Schreiben vom 18.6.2014 auf angebliche Unrichtigkeiten zum tatsächlichen Vorbringen in der NZB-Begründung hingewiesen hat (Anlage KA3), genügt nicht. Es müsste vielmehr erkennbar sein, inwiefern dieser angeblich abweichende Vortrag im Revisionsverfahren Berücksichtigung hätte finden können. Die tatsächlichen Umstände, die zu der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 28 I MarkenG vorgetragen wurden, betreffen den materiell-rechtlichen Anspruch. Insoweit war der BGH an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden. Für die Aufdeckung von Widersprüchen zwischen der NZB-Begründung und den Feststellungen des Berufungsgerichts bzw. zum bisherigen Akteninhalt ist die Einschaltung eines Verkehrsanwalts auch nicht erforderlich.

Nach §§ 559 I S. 2, 551 III Nr. 2 lit. b ZPO können im Revisionsverfahren nur solche neuen Tatsachen berücksichtigt werden, mit denen ein Verfahrensfehler bezeichnet wird. Derartige Tatsachen zeigt die Beschwerde nicht auf. Soweit in der NZB-Begründung Verfahrensfehler in Gestalt der Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt werden, beziehen sich diese Rügen auf übergangenen Sachvortrag (vgl. NZBB 20). Eine Rüge dergestalt, dass das Berufungsgericht auf eine notwendige, bislang nicht erfolgte Ergänzung des Sachvortrags hätte hinwirken müssen, zeigt die Beschwerde nicht auf. Das gleiche gilt, soweit in der NZB-Begründung eine Verletzung des Willkürverbots im Hinblick auf die Beweiswürdigung der Instanzgerichte erhoben wurde. Es ist auch kein neuer Vortrag ersichtlich, der die vom BGH von Amts wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen betraf oder Vorgänge, die die prozessuale Rechtslage erst im Revisionsverfahren verändert haben.

Auf den Umfang des erst- und zweitinstanzlichen Streitstoffs oder die existenzielle Bedeutung des Verfahrens für die Parteien kommt es entgegen der Ansicht der Beschwerde ebenfalls nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

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