OLG Frankfurt am Main, 12.02.2014 – 2 U 130/13

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 12.02.2014 – 2 U 130/13
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers zu 2) wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 08.05.2013 (4/7 O 737/12) abgeändert.

Der Beklagte wird als Gesamtschuldner mit seinem Vater, A1 verurteilt, an den Kläger zu 2) 1.000.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 7% p.a. seit 06.05.2003 – abzüglich jeweils am 01.08.2004 und 02.09.2004 gezahlter 30.000,– EUR – zu zahlen.

Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger zu 2) 7.193,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.09.2012 betreffend vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Die Gerichtskosten erster Instanz haben die Klägerin zu 1) und der Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten erster Instanz hat die Klägerin zu 1) die Hälfte zu tragen. Im Übrigen trägt sie der Beklagte selbst. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) erster Instanz zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) fallen dieser selbst zur Last.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil sowie das vorgenannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1

I.

Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Darlehens.
2

Der Kläger zu 2) war mit dem Beklagten und seiner Familie eng befreundet. (…).
3

Die Klägerin zu 1) ist ein in O1 ansässiges Unternehmen, dessen vertretungsberechtigtes Organ der Kläger zu 2) ist.
4

Mit Mail vom 06.05.2003, 11:26 Uhr wandte sich der Beklagte an den Kläger zu 2) und wies darauf hin, dass die Firma B, die im Familienbesitz ist, in eine finanzielle Schieflage geraten ist und Insolvenz anmelden muss, falls „wir es nicht schaffen bis Ende dieser Woche 1 Millionen EUR zu finden“. Er bittet den Kläger zu 2) um Hilfe. Er schlägt vor, dass der Beklagte zu 2) den Betrag auf ein Festgeldkonto bei einer noch zu benennenden Bank hinterlegt und dies als „stille Beteiligung“ oder „Darlehen“ angesehen wird mit 6% bis 8% Zinsen und vierteljährlicher Auszahlung. Die Rückzahlung des Darlehens sollte ab 01.01.2004 beginnen. Die Höhe der Raten solle der Kläger zu 2) mit dem Vater des Beklagten klären. Es solle der Betrag innerhalb von 20 Monaten zurückgezahlt werden. In dieser Mail werden weitere Ausführungen gemacht wie man weitere Mittel von Banken oder vom Land erhalten kann. Wegen des genauen Inhalts der Mail wird auf Bl. 9 d.A. Bezug genommen. Der Beklagte ist an der B wirtschaftlich nicht beteiligt.
5

Nach einem Telefonat zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten überwies der Kläger am 07.05.2003 aus Mitteln der Klägerin zu 1) 1 Millionen EUR auf ein Konto des Vaters des Beklagten. Dieses Konto hatte das Sekretariat des Vaters des Beklagten in einer Mail vom 06.05.2003 um 12:03 Uhr dem Kläger zu 2) mitgeteilt. Den Betrag von 1 Millionen EUR hat der Kläger zu 2) der Klägerin zu 1) wieder zugeführt.
6

In der Folgezeit kam es zu Korrespondenz des Klägers zu 2) mit dem Vater des Beklagten und dem Beklagten, in der es darum ging, wie der Betrag zurückgeführt werden kann.
7

Mit Schreiben vom 16.05.2003 übersandte der Vater des Beklagten, der A2, den Entwurf eines Darlehensvertrages und eines Treuhandvertrages. Der Darlehensvertrag hatte ein Darlehen des Vaters des Beklagten an die B in Höhe von 400.000,– EUR zum Inhalt. Der Entwurf des Treuhandvertrages sah einen namentlich nicht benannten Treugeber vor, der im eigenen Namen auf eigene Rechnung ein vom Vater des Beklagten als Treuhänder im eigenen Namen eingerichtetes Festgelddepot über 1 Millionen EUR für eine Kreditlinie für die B zur Verfügung stellt. Zu dieser Vereinbarung ist es nicht gekommen. Im Januar 2004 unterbreitete der Vater des Beklagten dem Kläger zu 2) das Angebot, ihm Grundstücke zu verkaufen. Der Kaufpreis ist in dem Vertragsentwurf allerdings nicht enthalten. Der Kläger zu 2) lehnte das Angebot ab. Mit E-Mail vom 06.05.2004 machte der Kläger zu 2) gegenüber dem Vater des Beklagten Zinsen geltend. Dieser ließ gegenüber dem Kläger zu 2) durch seinen Sohn D mit Mail vom 01.06.2004 mitteilen, dass ab August 2004 monatlich 30.000,– EUR gezahlt werden sollen. Dies ist auch am 01.08.2004 und 01.09.2004 geschehen. Die Klägerin zu 1) unterbreitete daraufhin per Mail vom 29.06.2004 den Vorschlag eines Darlehensvertrages zwischen der Klägerin zu 1) als Darlehensgeber und einer noch zu benennenden Firma als Darlehensnehmer. Der Beklagte, sein Vater und sein Bruder sollten sich für die Schuld verbürgen.
8

Der Vater des Beklagten lehnte diesen Vorschlag am 29.07.2004 ab, da der in dem Entwurf enthaltene Tilgungsplan nicht eingehalten werden könne. Per Mail vom 24.12.2004 wies der Vater des Beklagten den Kläger zu 2) darauf hin, dass die B nicht in der Lage sei, ihre Zahlungspflichten zu erfüllen.
9

Mit Mail vom 02.11.2005 unterrichtete der Vater des Beklagten den Kläger zu 2), dass die B insolvent sei. In einer Mail vom 16.02.2006 teilte der Kläger zu 2) dem Beklagten mit, dass er Druck von den Direktoren der Klägerin zu 1) bekomme und der Beklagte eine Rückzahlungsstrategie ankurbeln soll. Einen Tag später teilte der Vater des Beklagten der Klägerin zu 1) mit, dass er völlig illiquide sei und keine Vorschläge für die Rückzahlung machen könne.
10

Mit E-Mail vom 26.05.2008 erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger zu 2), er würde ihm die Mittel sofort geben, wenn er sie hätte. In einer weiteren Mail vom 10.06.2008 berichtete der Beklagte über ein länger zurückliegendes Gespräch in O2 über die Thematik der Rückzahlung und erklärte, er würde dem Kläger zu 2) die Summe zurückzahlen, wenn sein Vater nicht zahlt, sobald er (der Beklagte) sie hat. Er erklärt darin, er habe alle Intentionen, dem Kläger zu 2) wenigstens einen Teil des Geldes zeitnah zu überweisen. Wegen des Inhalts dieser Mails im Einzelnen wird auf Bl. 12 und 13 d.A. Bezug genommen.
11

Gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Kläger hat der Beklagte ebenfalls im … 2011 dreimal erklärt, er werde das Geld mit Zins und Zinseszins zurückzahlen nach dem nächsten erfolgreichen Geschäftsabschluss.
12

Am …01.2012 hat der Vater des Beklagten ein notarielles Schuldanerkenntnis gegenüber der Klägerin zu 1) in Höhe von 1 Millionen EUR nebst 7% Zinsen seit 06.05.2003 abgegeben. Eine Zahlung ist weder durch den Beklagten noch durch seinen Vater erfolgt. Der Vater des Beklagten ist insolvent.
13

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, der Beklagte sei Darlehensnehmer. Jedenfalls sei dessen Verhalten als Schuldbeitritt zu werten.
14

Die Kläger haben beantragt,

1. den Beklagten als Gesamtschuldner mit seinem Vater, A1, zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.000.000,– EUR (in Worten: eine Million Euro) nebst 7% Zinsen p.a. seit dem 06. Mai 2003 – abzüglich jeweils am 01. August 2004 und am 02. September 2004 gezahlter 30.000,– EUR, die jeweils auf die Kosten und Zinsforderungen anzurechnen sind – zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, 7.193,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit betreffend vorgerichtlicher Anwaltskosten an die Kläger als Gesamtgläubiger zu zahlen.

15

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Er hat die Ansicht vertreten, Partei des Darlehensvertrages seien ausschließlich die Klägerin zu 1) und der Vater des Beklagten. Sein, des Beklagten, Verhalten stelle auch weder eine Schuldmitübernahme noch eine sonstige Haftungserklärung dar. Außerdem erhebt er die Einrede der Verjährung.
17

Das Landgericht hat mit Urteil vom 08.05.2013 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin zu 1) sei nicht aktivlegitimiert. Es würden keine vertraglichen Beziehungen zum Beklagten bestehen. Die Mail vom 06.05.2003 richte sich an den Kläger zu 2). Der Kläger zu 2) habe die Mittel von der Klägerin zu 1) erhalten. Der Beklagte sei nicht Partei des Darlehensvertrages geworden. Dies ergebe sich nicht aus der E-Mail vom 06. Mai 2003. Auch wenn im Text von „wir“ gesprochen werde, sei dem Gesamttext nicht zu entnehmen, der Beklagte habe ein Darlehen im eigenen Namen aufnehmen wollen. Der Hinweis auf die Kontaktdaten des Vaters zeige, dass der Beklagte nur vermitteln wollte. Der Darlehensbetrag sei deshalb auch auf das Konto des Vaters des Beklagten gezahlt worden. Die weitere Korrespondenz sei auch vom Vater des Beklagten bzw. dessen weiteren Sohn D geführt worden. Eine wirksame Bürgschaft des Beklagten liege ebenfalls nicht vor. Seine E-Mail vom 10.06.2008 lasse sich zwar als Bürgschaftserklärung auffassen. Diese sei allerdings formunwirksam. Auch eine Schuldmitübernahme sei nicht anzunehmen, da der Beklagte als Privatperson gehandelt habe und damit als Verbraucher. Auf den Schuldbeitritt sei § 492 BGB mit dem dort normierten Formerfordernis entsprechend anzuwenden. Die Schriftform sei nicht gewahrt.
18

Gegen dieses den Klägern am 24.05.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger zu 2) mit einem am 11.06.2013 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 19.07.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
19

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger zu 2) vor, das Landgericht habe die Mail vom 06.05.2003 fehlerhaft interpretiert. Bezüglich des Beklagten habe ein Schuldbeitritt vorgelegen. Der Beklagte habe sich unmittelbar verpflichten wollen. Er spreche in der Mail vom 06.05.2003 immer von „wir“, also auch von sich selbst. Mit der Mail und der Überweisung am Folgetag sei der Darlehensvertrag geschlossen worden. Es habe auch keine Bürgschaft des Beklagten vorgelegen, sondern ein Schuldbeitritt. Dieser habe auch nicht dem Formzwang unterlegen, da kein Verbraucherkreditvertrag vorgelegen habe. Der Kläger zu 2) sei kein Unternehmer und habe auch nicht in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit gehandelt. Auch habe der Beklagte persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen. Dieses folge aus der guten persönlichen Freundschaft zwischen den Parteien. Der Kläger zu 2) habe auf die zahlreichen Rückzahlungsversprechungen des Beklagten vertraut.
20

Der Kläger zu 2) beantragt,

1. den Beklagten als Gesamtschuldner mit seinem Vater, A1, zu verurteilen, an den Kläger 1.000.000,– EUR (in Worten: eine Millionen Euro) nebst 7% Zinsen p.a. seit dem 06. Mai 2003 – abzüglich jeweils am 01. August 2004 und am 02. September 2004 gezahlter 30.000,– EUR, die jeweils auf die Kosten- und Zinsforderungen anzurechnen sind – zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, 7.193,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit betreffend vorgerichtlicher Anwaltskosten an den Kläger zu zahlen.

21

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zu 2) zurückzuweisen.

22

Er führt aus, der Betrag von 1 Millionen EUR sei von der Klägerin zu 1) und nicht vom Kläger zu 2) gezahlt worden. Die Klägerin zu 1) habe die C-Bank angewiesen, den Betrag an den Vater des Beklagten zu überweisen. Der Kläger zu 2) habe im Außenverhältnis nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Klägerin zu 1) gehandelt. Der Beklagte sei auch nicht Empfänger des Überweisungsauftrages. Damit liege zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten entgegen der Ansicht des Landgerichts keine Anweisungssituation vor. Es bestehe keine Gesamtschuld mit dem Vater des Beklagten. Dieser habe ein notarielles Schuldanerkenntnis gegenüber der Klägerin zu 1) und nicht gegenüber dem Kläger zu 2) abgegeben. Aus der E-Mail vom 06.05.2003 folge keine unmittelbare Darlehensschuld des Beklagten und auch kein Schuldbeitritt, da der Überweisungsauftrag der Klägerin zu 1) erst am Folgetag erteilt worden sei. Die Mail sei lediglich die Bitte um Hilfe ohne die Begründung einer Verbindlichkeit. Die Regelungen sollten noch im Einzelnen ausgehandelt werden. Ein Darlehensvertrag bestehe nur zwischen der Klägerin zu 1) und dem A2. Nach der Mail vom 06.05.2003 sei wegen der Auszahlung des Betrages zwischen der Sekretärin des A und dem Sekretariat der Klägerin zu 1) telefoniert worden. Die Darlehensverpflichtung wäre auch verjährt, da das Darlehen am 23.05.2008 gekündigt worden sei.
23

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.12.2013 beantragt, die Leistung einer Ausländersicherheit anzuordnen. Diesen Antrag hat er mit Schriftsatz vom 08.01.2014 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 31.01.2014 hat der Beklagte vortragen lassen, dass nach der ersten Mail vom 06.05.2003 ein Telefonat mit dem Vater des Beklagten geführt worden sei, in welchem der Kläger zu 2) sich bereit erklärt habe, Hilfe zu leisten und die Zahlung auf das von dem A2 angegebene Konto zu leisten. Der Beklagte hat insoweit beantragt, die mündliche Verhandlung nochmals zu eröffnen und den Vater des Beklagten als Zeugen zu dieser Behauptung zu vernehmen.
24

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
25

II.

Die Berufung des Klägers zu 2) ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
26

Das Rechtsmittel des Klägers zu 2) ist auch begründet. Der Beklagte schuldet dem Kläger zu 2) die Rückzahlung des Betrages in Höhe von 1 Millionen EUR aus § 488 BGB. Zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten ist ein Darlehensvertrag zustande gekommen. Der Darlehensvertrag ist ein Vertrag, durch den sich der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in vereinbarter Höhe zur Verfügung zu stellen, der Darlehensnehmer den geschuldeten Zins zu zahlen und das Darlehen zurückzuerstatten hat (Palandt-Weidenkaff, 73. Aufl., Einf. v. § 488, Rz. 3). Darlehensgeber ist im vorliegenden Fall der Kläger zu 2). Der Beklagte hat sich mit seiner Mail vom 06.05.2003, 11:26 Uhr an den Kläger zu 2) als Privatperson mit einer großen Bitte gewandt unter Hinweis auf die freundschaftlichen Beziehungen. In dieser Mail bittet er den Kläger zu 2) um einen Betrag von 1 Millionen EUR für den 6% bis 8% Zinsen gezahlt werden sollten. Ein etwaiger Darlehensvertrag sollte also mit dem Kläger zu 2) als Darlehensgeber und nicht mit der Klägerin zu 1) zustande kommen. Dass die Klägerin zu 1) die Auszahlung vorgenommen hat, ist unmaßgeblich. Damit ist sie nicht zum Vertragspartner des Beklagten oder seines Vaters geworden. Sie hat als Dritte auf die Schuld des Klägers zu 2) nach § 267 BGB gezahlt. Ob dieser Zahlung eine Anweisung des Klägers zu 2) zugrunde liegt, ist ohne Bedeutung.
27

Dieser Vertrag ist auch zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten geschlossen worden. Dies ergibt sich aus der Mail des Beklagten vom 06.05.2003, dem anschließenden Telefonat und der daraufhin erfolgten Auszahlung des Betrages von 1 Millionen EUR sowie dem Umstand, dass beide eng befreundet waren und (…) ist. In der Mail vom 06.05.2003 verwendet der Beklagte immer wieder die „Wir-Form“.
28

So heißt es z. B. in dieser Mail:

„Wir“ brauchen bis Ende der Woche das Geld.

„Wir“ könnten Schwierigkeiten wegen Insolvenzverschleppung bekommen.

29

Der Beklagte schlägt eine Version vor wie der Kläger zu 2) „uns“ helfen kann. Die Rückzahlung soll in monatlichen Raten erfolgen. Lediglich die Höhe der Raten soll mit dem Vater des Beklagten abgestimmt werden. Der Beklagte führt aus, dass „wir“ hoffen, eine Landesbürgschaft in Höhe von 1,5 Millionen EUR zu erhalten und dass sich ein Wirtschaftsfonds des Landes Y mit 500.000,– EUR an der B beteiligt und diese 500.000,– EUR an den Kläger zu 2) weitergeleitet werden sollen. Die verbleibenden 500.000,– EUR, welche „wir dir schulden“ seien abgesichert.
30

„Ich würde Dich bitten“, die Sache zu überlegen.
31

Der Kläger zu 2) soll „uns“ aus der Klemme helfen.
32

Der Beklagte bringt mit diesen Äußerungen zum Ausdruck, dass auch er die Rückzahlung des Betrages schuldet. Dies ergibt sich zwar wörtlich nur für den Betrag von 500.000,– EUR. Aus dem Gesamtzusammenhang, in dem es um 1 Millionen EUR geht, ist aber zu entnehmen, dass „wir“ die Rückzahlung schulden. „Wir“ ist nach allgemeinem Verständnis der Erklärende selbst und zumindest eine andere Person.
33

Sollte der Beklagte mit diesen Formulierungen gemeint haben, nicht selbst als Kreditnehmer in Erscheinung zu treten, ist dies jedenfalls nach außen nicht klar geworden. Nach § 164 Abs. 2 BGB kommt der Mangel des Willens im eigenen Namen zu handeln nicht in Betracht, wenn der Wille im fremden Namen zu handeln nicht erkennbar hervortritt. Der Beklagte bringt jedenfalls in seiner Mail vom 06.05.2003 nicht klar zum Ausdruck, dass er nur im fremden Namen handelt.
34

In dem anschließenden Telefonat vom 06.05.2003, das unstreitig zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten stattgefunden hat, und an dessen genauen Inhalt sich der Beklagte nicht mehr erinnert, hat der Kläger zu 2) seine Zustimmung zur Auszahlung des Betrages erklärt und dies anschließend auch umgesetzt. Soweit der Beklagte in einem nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 31.01.2014 vortragen lässt, dieses Telefonat sei mit dem Vater des Beklagten geführt worden, ist dieses neue Vorbringen nach § 296 a Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Vorbringen der Kläger in der Klageschrift, wonach die Auszahlung des Betrages zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten telefonisch besprochen wurde, unstreitig.
35

Der Senat sieht auch keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Aus den vom Beklagten vorgelegten Mails vom 06. und 07. Mai 2003 geht nicht hervor, dass das Telefonat im Anschluss an die erste Mail vom 06.05.2003 mit dem Vater des Beklagten geführt worden ist. Der Umstand, dass sich der Vater des Beklagten über sein Sekretariat beim Kläger zu 2) bedankt und eine Kontonummer mitteilt, ist kein Anhaltspunkt dafür, dass der Vater des Beklagten das Telefonat geführt hat. Es ist genauso gut möglich, dass der Beklagte seinem Vater von dem Telefonat mit dem Kläger zu 2) berichtet und dieser dann sein Sekretariat mit der Erstellung der weiteren Mail vom 06.05.2003, 12:03 Uhr beauftragt hat. Im Übrigen wäre, selbst wenn der Vater des Beklagten das Telefonat geführt hätte, die Erklärung des Beklagten in seiner Mail vom 06.05.2003, 11:26 Uhr, wonach er auch selbst verpflichtet wird, nicht gegenstandslos geworden. Dass der Vater des Beklagten bei diesem Telefonat erklärt hätte, nur er persönlich oder die B würden das Darlehen zurückzahlen, hat der Beklagte nicht behauptet. Der Kläger zu 2) konnte deshalb davon ausgehen, dass auch der Beklagte für die Rückzahlung einstehen wird.
36

Dass die Zahlung auf ein Konto des Vaters des Beklagten erfolgt ist, ist unmaßgeblich, denn sowohl der Vater des Beklagten als auch der Beklagte selbst sind Darlehensnehmer. Der Darlehensgeber erfüllt seine Pflicht, indem er den Geldbetrag einem der Darlehensnehmer zur Verfügung stellt. Dass auch der Vater des Beklagten Darlehensnehmer ist, ergibt sich ebenfalls aus der E-Mail vom 06.05.2003, ist inzwischen zwischen den Parteien auch nicht mehr streitig. Er hat sich insoweit in notarieller Urkunde zur Rückzahlung an die Klägerin zu 1) verpflichtet, die die Mittel wirtschaftlich zur Verfügung gestellt hat. Gleichwohl ist der Darlehensvertrag auch zwischen dem Kläger zu 2) und dem Vater des Beklagten zustande gekommen, da das Schreiben des Beklagten und das anschließende Telefonat mit dem Kläger zu 2) stattgefunden hat, der in freundschaftlicher Beziehung zur Familie des Beklagten und seines Vaters stand. Außerdem erfolgte die Darlehensauszahlung auf das Privatkonto des Vaters des Beklagten. Die beiden Darlehensnehmer sind im Zweifel Gesamtschuldner.
37

Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich bei dem Darlehensvertrag auch nicht um ein Geschäft für den, den es angeht. Derartige Rechtsgeschäfte werden im Rahmen von Bargeschäften des täglichen Lebens geschlossen, nicht aber im Rahmen von Darlehensverträgen über 1 Millionen EUR. Bei anderen Verträgen muss der Vertreterwillen offengelegt werden (Palandt/Ellenberger, 73. Aufl., § 164 Rz. 8). Eine solche Offenlegung, dass der Beklagte nicht selbst verpflichtet werden soll, sondern allein sein Vater bzw. die B, ist jedenfalls in der Mail vom 06.05.2003 nicht zum Ausdruck gekommen.
38

In dieser Mail ist zwar erwähnt, dass die vom Kläger zu 2) erwarteten Mittel dazu dienen sollen, die Insolvenz der B zu verhindern. Dies bedeutet aber nicht, dass die Rückzahlung des Betrages von der B, deren Rechtsform nicht einmal angegeben wird, erfolgen soll. Der Beklagte behauptet selbst nicht an der B beteiligt zu sein. Dass er Vollmacht hat, in ihrem Namen zu handeln, trägt er ebenfalls nicht vor. Vielmehr bringt er in der Mail deutlich zum Ausdruck, dass „wir“, also auch der Beklagte, die Rückzahlung schulden. Mit Angabe des Verwendungszwecks ist noch keine Erklärung darüber abgegeben, wer Schuldner sein soll.
39

Soweit in der Mail vom 06.05.2003, 11:26 Uhr auch die Möglichkeit der Einräumung einer stillen Beteiligung angesprochen worden ist, ist es dazu gerade nicht gekommen. Dagegen spricht zum Einen, dass – wie dargelegt – die Rückzahlung nicht durch die B erfolgen sollte, an der die stille Beteiligung hätte erfolgen können, und zum anderen der Umstand, dass die Zahlung gerade nicht auf ein Konto der B, sondern ein solches des Vaters des Beklagten erfolgt ist.
40

Die Rückzahlung ist auch fällig. Nach § 488 Abs. 3 BGB hängt die Fälligkeit von der Kündigung des Darlehensvertrages ab. Diese Kündigung kann auch konkludent erklärt werden und liegt auch in dem Verlangen auf Rückzahlung (Palandt-Weidenkaff, 73. Aufl., § 488 Rz. 23). Dieses Rückzahlungsverlangen hat der Kläger zu 2) gegenüber dem Beklagten in den Mails vom 23.05.2008 (Anlage B19) und 30.08.2008 gestellt, so dass die Kündigungsfrist gemäß § 488 Abs. 3 BGB noch im Jahr 2008 abgelaufen und die Rückzahlung fällig geworden ist.
41

Die Kündigung des Darlehensvertrages kann bei einer Mehrheit von Darlehensnehmern nur einheitlich erklärt werden (BGH NJW 2002, 2866 [BGH 09.07.2002 – XI ZR 323/1]). Auch gegenüber dem Vater des Beklagten wurde die Fälligkeit herbeigeführt. Die Mail vom 30.08.2008 ist auch an den Vater des Beklagten gerichtet.
42

Aber selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen nicht davon ausginge, dass ein Darlehensvertrag zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten zustande gekommen ist, würde der Beklagte die Rückzahlung schulden.
43

Nach § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB kann auch ein Schuldverhältnis zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht nach Satz 2 der Bestimmung insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat. Voraussetzung ist, dass der Dritte durch sein Auftreten eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages übernommen hat (BGH NJW-RR 2006, 993 [BGH 13.12.2005 – KZR 12/04]).
44

Auch diese Voraussetzungen hat der Beklagte erfüllt, denn aus seiner Mail vom 06.05.2003 geht klar hervor, dass er selbst die Gewähr für die Erfüllung des Vertrages übernehmen will. Anders ist es kaum zu erklären, dass er in dieser Mail an vielen Stellen betont, dass „wir“, also auch er selbst, Rückzahlung schulden. Gerade die enge freundschaftliche Beziehung der Parteien in Verbindung mit den genauen Darlegungen über die Verwendung des Geldes und die Möglichkeiten der Rückzahlung durch „uns“ konnten bei dem Kläger zu 2) ein besonderes qualifiziertes Vertrauen in die Rückzahlungsbereitschaft des Beklagten erzeugen, das über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgeht.
45

Darüber hinaus haftet der Beklagte auf Rückzahlung des Betrages auch auf Grund seiner später abgegebenen Erklärungen.
46

Sowohl in den beiden Mails vom 26.05.2008 und 10.06.2008 als auch in den Telefonaten mit dem Prozessbevollmächtigten der Kläger im … 2011 hat der Beklagte einen Schuldbeitritt erklärt. Die Erklärung in der Mail vom 26.05.2008, er würde dem Kläger zu 2) die Mittel sofort geben, wenn er sie hätte, konnte vom Kläger zu 2) nur so verstanden werden, dass der Beklagte seine Schuld anerkennt. Er sieht sich nur an der Erfüllung gehindert, da er im Augenblick nicht über die entsprechenden Mittel verfügt. Am Bestehen des Anspruchs lässt er aber keinen Zweifel. Auch die Mail vom 10.06.2008, aus der sich ergibt, dass der Beklagte die Summe zahlen würde, falls der Vater nicht zahlt, sobald er die Summe hat, bringt Gleiches zum Ausdruck. Aus dieser Formulierung konnte der Kläger zu 2) schließen, dass der Beklagte zahlen wird, falls sein Vater dies nicht tut. Der Beklagte erklärt in dieser Mail ausdrücklich, dass er definitiv alle Intentionen habe, dem Kläger zu 2) die Summe zurückzuzahlen. Er weiß, dass es seine Schuld ist und bringt auch dies deutlich zum Ausdruck. Damit wurde für den Kläger zu 2) klar, dass der Beklagte das Bestehen des Anspruchs gegen ihn nicht in Zweifel zieht, aber erst zahlen kann sobald er über entsprechende Mittel verfügt.
47

Auch die Äußerungen gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Kläger im … 2011, in denen er bei drei Telefonaten das Anerkenntnis wiederholt hat und erklärt hat, er werde das Geld mit Zins und Zinseszins zurückzahlen nach dem nächsten erfolgreichen Geschäftsabschluss, bekräftigt die eigene Verpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger zu 2).
48

Diese Erklärungen des Beklagten sind als Schuldbeitritt (Schuldmitübernahme) anzusehen. Der Mitübernehmer tritt zusätzlich neben dem bisherigen Schuldner in das Schuldverhältnis ein. Beide werden Gesamtschuldner. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Beitretenden ist nicht erforderlich. Entscheidend ist, ob der Beklagte eine eigene Verpflichtung begründen wollte. Dies ist zu bejahen und ergibt sich aus den beiden Mails vom 26.05.2008 und 10.06.2008 (Bl. 12 und 13 d.A.) und den Erklärungen gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Kläger.
49

Es handelt sich nicht um einen bedingten Schuldbeitritt für den Fall, dass der Vater des Beklagten nicht zahlt, oder für den Fall, dass er selbst die Mittel erhält. Vielmehr ist die Zahlungspflicht dem Grunde und der Höhe nach anerkannt, aber der Zeitpunkt der Zahlung (wenn ich die Mittel habe; nach dem nächsten erfolgreichen Geschäftsabschluss) offen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Schuldbeitritt auch nicht formunwirksam. Der Schuldbeitritt ist grundsätzlich formfrei (Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., Überbl. v. § 414 Rz. 3). Eine Ausnahme gilt nur bei einem Verbraucherdarlehen. Daran fehlt es allerdings im vorliegenden Fall, da der Verbraucherdarlehensvertrag nur zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher besteht (§ 491 BGB). Der Kläger zu 2) ist aber kein Unternehmer. Das Darlehen wurde aus persönlicher Freundschaft als Privatdarlehen gewährt.
50

Die Forderung des Klägers zu 2) ist auch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann am 01.01.2009. Sie wäre grundsätzlich am 31.12.2011 abgelaufen. Die Verjährung hat nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB im … 2011 erneut begonnen, da der Beklagte in den drei Telefonaten mit dem Prozessbevollmächtigten der Kläger den Anspruch des Klägers zu 2) anerkannt hat.
51

Außerdem wurde im … 2011 über den Anspruch verhandelt. Insoweit gab es eine Korrespondenz mit Schreiben vom ….2011, ….2011 sowie eine persönliche Besprechung der Rechtsanwälte am ….2011. Dadurch war die Verjährung gemäß § 203 BGB gehemmt. Der Senat brauchte deshalb nicht zu entscheiden, ob die Berufung auf die Einrede der Verjährung außerdem treuwidrig war, weil der Beklagte zwischenzeitlich nach L1 verzogen und damit die Geltendmachung des Anspruchs erschwert hat.
52

Der Zinsanspruch ist der Höhe nach zwischen den Parteien nicht im Streit.
53

Da der Beklagte mit der Rückzahlung des Darlehens in Verzug war, hat er gemäß § 286 BGB auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung dieses Anspruchs zu tragen, die der Höhe nach nicht zu beanstanden und auch nicht bestritten sind.
54

Die Kostenentscheidung bezüglich der ersten Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und hatte zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1) unterlegen ist gegenüber dem Beklagten, der Kläger zu 2) dagegen erfolgreich war. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO zu tragen.
55

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
56

Die Revision war nicht nach § 543 ZPO zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts in dieser Sache nicht erfordern.

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