OLG Frankfurt am Main, 12.03.2018 – 19 U 3/18

März 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 12.03.2018 – 19 U 3/18
Leitsatz:

Das Europäische Standardisierte Merkblatt dient der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten. Weder ergänzt oder ersetzt es die vertraglichen Vereinbarungen noch vermag es ohne Weiteres beachtliche Zweifel über Voraussetzungen und Folgen des Widerrufsrechts zu begründen.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 19.12.2017 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-12 O 269/17) wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe

I.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger nach Widerruf eines mit der Beklagten im Dezember 2013 geschlossenen Immobiliendarlehensvertrages (nunmehr) die Feststellung, dass die Kläger der Beklagten seit dem Widerruf aus dem streitgegenständlichen Darlehensverhältnis keine Zins- und Tilgungsleistungen sowie Nutzungsersatz mehr schulden.

Der am 06.12.2013 zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag enthält folgende Widerrufsbelehrung:

Widerrufsinformation

Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. Der Darlehensnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrags oder in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für den Darlehensnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und dem Darlehensnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben kann der Darlehensnehmer nachträglich in Textform informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Der Darlehensnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: Bank1, Straße1, Stadt1, Telefax: …, E-Mail: ….de

Widerrufsfolgen

Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung.

Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag von 5,27 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde. Wenn der Darlehensnehmer nachweist, dass der Wert seines Gebrauchsvorteils niedriger war als der Vertragszins, muss er nur den niedrigeren Betrag zahlen. Dies kann z.B. in Betracht kommen, wenn der marktübliche Zins geringer war als der Vertragszins.

Ende der Widerrufsinformation.

Vor Abschluss des Darlehensvertrages hatte die Beklagte den Klägern ein Europäisches Standardisiertes Merkblatt übersandt, das unter anderem zum Widerrufsrecht folgende Ausführungen enthält:

Ihr Widerruf muss in Textform (z.B. mittels Brief, Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Bei mehreren Darlehensnehmern steht dieses Widerrufsrecht jedem einzelnen Darlehensnehmer alleine zu. Die Widerrufsfrist beginnt einen Tag nachdem Ihnen:

– die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in Textform mitgeteilt und Ihnen

– die Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Antrags zur Verfügung gestellt wurden, jedoch nicht vor Abschluss des Vertrags. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Der Widerruf ist zu senden an:

Bank1

Straße1

Stadt1

Zum Widerruf und seinen Rechtsfolgen beachten Sie bitte die konkreten Angaben, die in Ihrem Darlehensvertrag enthalten sind.

Üben Sie Ihr Widerrufsrecht nicht aus, bleibt der Darlehensvertrag wirksam. In diesem Fall sind Sie verpflichtet, der Bank nach Auszahlung des Darlehens die vereinbarten Zins- und Tilgungsraten sowie die weiteren im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehenden Kosten zu zahlen.

Mit Schreiben vom 25.01.2017 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen. Die Beklagte lehnte eine Rückabwicklung ab.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 19.12.2017 abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Kläger am 25.01.2017 den streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht mehr wirksam haben widerrufen können. Die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen sei zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung bereits verstrichen gewesen, denn die im Vertrag enthaltene Widerrufsbelehrung habe den damals geltenden gesetzlichen Anforderungen entsprochen (§ 495 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der jeweiligen Fassung vom 30.07.2010 – im Folgenden bezeichnet als a.F.). Die Beklagte könne sich insoweit auf Musterschutz berufen. Etwas anderes folge auch nicht aus dem vorab den Klägern zur Verfügung gestellten Europäischen Standardisierten Merkblatt, da dieses nur einer Vorabinformation des Verbrauchers gedient habe und hier nicht zum Vertragsinhalt geworden sei oder den Verbraucher anstelle der Widerrufsbelehrung belehrt habe. Eine Unklarheit habe sich daraus für die Kläger nicht ableiten lassen. Zudem habe der Vertrag auch alle für den Fristbeginn des Widerrufsrechts notwendigen Pflichtangaben, insbesondere zur zwischen den Parteien streitigen Anzahl der einzelnen Teilzahlungen, zur Anpassung des Sollzinssatzes, zur Vertragslaufzeit und zu den sonstigen Kosten gemäß Art. 247 § 3 Nr. 10 i.V.m. Art. 247 § 6 Nr. 1 i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB (in der Fassung vom 27.07.2011 – im Folgenden bezeichnet als a.F.), enthalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das am 21.12.2017 zugestellte Urteil (Empfangsbekenntnis Blatt 176 d. A.) haben die Kläger am 03.01.2018 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel sogleich begründet (Blatt 178 f. d. A.).

In der Sache verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Zur Begründung hierfür tragen sie vor, die Widerrufsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß gewesen und habe den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang setzen können. Insbesondere habe die Verwendung des Europäischen Standardisierten Merkblatts nicht die vom Landgericht zuerkannte Wirkung gehabt, sondern den Verbraucher hinsichtlich seines Rechts auf Widerruf fehlerhaft informiert. Es liege auch keine bloße vorvertragliche Erklärung an den Verbraucher vor. Zudem habe die Beklagte nicht alle für den Beginn einer Widerrufsfrist notwendigen Pflichtangaben im Vertrag gemacht, da die Anzahl der Tilgungsleistungen nicht zutreffend wiedergegeben worden sei. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang zu Unrecht allein auf die Dauer der Zinsbindungsfrist abgestellt. Die Beklagte wäre vielmehr verpflichtet gewesen, die Zahl aller Tilgungsleistungen über die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses unter Beachtung der anfänglichen Vertragswerte anzugeben. Auch die Laufzeit des Darlehens und die Sollzinsanpassung seien im Vertrag pflichtwidrig nicht angegeben worden.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.12.2017, Az. 2-12 O 269/17,

1.

festzustellen, dass die Kläger der Beklagten ab dem Widerrufszeitpunkt, dem 25.01.2017, auf das streitgegenständliche Darlehen keine Zins- und Tilgungsleistungen und auch keinen Nutzungsersatz mehr zu leisten haben, hilfsweise nur noch Nutzungsersatz in Höhe der marktüblichen Zinsen in Höhe von 1,52 %;
2.

die Beklagte zu verurteilen, weitere Euro in Höhe von 1.802,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (vorprozessuale Anwaltskosten) an die Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Beschlussentscheidung entgegensteht und dass schließlich eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Senat hat dazu in seinem Hinweisbeschluss vom 12.02.2018 Folgendes ausgeführt:

„Die Berufung ist zulässig; sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Ferner haben die Kläger weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen begründen könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht mit Schreiben vom 25.01.2017 nicht mehr wirksam ausüben konnten, weil die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen war. Die Berufungsbegründung der Kläger rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Die Beklagte hat die Kläger im Rahmen des hier zu beurteilenden Darlehensverhältnisses ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt, indem sie sich für die Verwendung des Musters Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. entschieden hat und ihr damit zumindest die sog. Gesetzlichkeitsfiktion zu Gute kommt.

Die Berufung der Kläger wendet sich im Ergebnis auch nicht gegen die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag an sich, sondern stellt auf die widersprüchlichen Angaben im Europäischen Standardisierten Merkblatt und dem streitgegenständlichen Vertrag ab, was ihr aber nicht zum Erfolg verhelfen kann. Wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend erkannt hat, dient das Europäische Standardisierte Merkblatt der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten nach § 491a BGB in der ab dem 11.06.2010 hier maßgeblichen Fassung. Insoweit heißt es auch in seinem Eingang – Blatt 102 d. A.:

„Diese Angaben stellen kein rechtsverbindliches Angebot dar.“

Vielmehr soll das Merkblatt nach seiner weiteren Beschreibung das Angebot der Bank erläutern und darüber informieren, dieses aber gerade nicht ersetzen oder ergänzen. In der Folge wird der Verbraucher auch nicht – zumal ohne ausdrücklichen Verweis im Darlehensvertrag auf das Merkblatt – dort eine die Widerrufsfrist auslösende Angabe suchen, sondern sich an die Darlehensvertragsurkunde halten. Die von der Berufung angeführten Zweifel vermag daher das Merkblatt bei verständiger Würdigung nicht hervorzurufen, zumal es ausdrücklich, wie vom Landgericht hervorgehoben, darauf hinweist – Blatt 105 d. A. -, dass der Darlehensnehmer zum Widerruf und seine Rechtsfolgen die konkreten Angaben im Darlehensvertrag zu beachten habe (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 23.12.2015, 23 U 51/15, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.03.2017, 17 U 58/16, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.06.2017, 17 U 48/17, juris; Schwintowski in jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 492 Rn. 26.1).

In weiterer Übereinstimmung mit dem Landgericht nimmt der Senat – soweit die Kläger das Urteil im Rahmen der Berufung angreifen – an, dass die Beklagte den Klägern die nach § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 3 Nr. 6 und Nr. 7, § 3 Abs. 4, § 9 Satz 1 EGBGB – jeweils a.F. – erforderlichen Pflichtangaben zur Angabe der Anzahl der zu leistenden Teilzahlungen, zur Vertragslaufzeit und zur Sollzinsanpassung zutreffend erteilt hat und somit auch daraus nicht der von der Berufung aufgegriffene, mangelnde Anlauf der Widerrufsfrist abgeleitet werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 25.10.2016, XI ZR 6/16, juris, entschieden, dass es einer vollständigen Aufzählung der Pflichtangaben in der Widerrufsinformation nicht bedürfe, da ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher die für seinen Vertrag maßgeblichen Pflichtangaben ermitteln könne (BGH, a.a.O., Rn. 7; ebenso BGH, Urteil vom 23.02.2016, XI ZR 101/15, juris). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.

Danach war die Beklagte nicht gehalten, die über die Zinsbindungsfrist hinausgehende Zahl der Teilzahlungen im Vertrag mitzuteilen, soweit die Beklagte – wie vorliegend erfolgt – zutreffend die Anzahl der Raten bis zum Ende der Zinsfestschreibung angegeben hatte.

Eine weitergehende, von der Berufung hervorgehobene Pflicht zur Angabe „aller Teilzahlungen bis zum fiktiven Ende der Vertragslaufzeit“ lässt sich Art. 247 § 3 Nr. 7 EGBGB a.F. nicht entnehmen, zumal die Laufzeit des Kredits, wie vom Landgericht zutreffend hervorgehoben, nach Ende der Zinsbindungsfrist offen war.

Zudem vermochte aber auch der verständige Verbraucher aus der rechnerischen Anzahl der Teilzahlungen und der jeweiligen einzelnen Ratenhöhe ohne weiteres zu erkennen, dass über die Dauer der Zinsfestschreibung durch die angegebenen Teilzahlungen nicht das gesamte Darlehen getilgt werden konnte (120 Raten zu je 249,79 Euro = 29.974,80 Euro; bei einem Darlehensbetrag in Höhe von 55.000,00 Euro und ohne die Betrachtung eines geschuldeten Zinses).

Aus dem vorgelegten Merkblatt war für den Kunden demgemäß unter dem Stichwort „Gesamtdauer der Darlehensvereinbarung“ erkennbar, dass auf der Annahme der bei Vertragsschluss maßgeblichen Konditionen eine Laufzeit von ca. 29 Jahren und 2 Monaten zu erwarten blieb – Blatt 103 d.A. -, wobei im Merkblatt ausdrücklich hervorgehoben wurde, dass sich durch eine Änderung der Bedingungen im Rahmen der Konditionenanpassung die Darlehensgesamtlaufzeit verlängern oder verkürzen kann.

Der Darlehensvertrag enthält entgegen der Ausführungen der Berufung auch die zutreffende Angabe zur Dauer der Vertragslaufzeit gemäß Art. 247 § 3 Nr. 6, § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. Diese ist auf Blatt 3 – Blatt 18 d. A. dahingehend sachlich zutreffend formuliert, dass der Immobiliardarlehensvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist und grundsätzlich erst mit der vertragsgemäßen vollständigen Rückzahlung endet. Eine darüber hinausgehende Angabe war nicht geschuldet (vgl. RegE BT-Drucks. 16/11643, Seite 124, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.12.2017, 19 U 58/17; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.07.2017, 23 U 172/16, juris; Palandt-Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, EGBGB 247 § 3 Rn. 2).

Entgegen der Annahme der Berufung enthält der vorliegende Darlehensvertrag im Zusammenhang mit dem Sollzins auch die nach Art. 247 § 3 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. erforderlichen Angaben zu den Bedingungen und den Zeitraum für seine Anwendung. Der Vertrag nennt auf Blatt 1 – Blatt 16 d. A. – die Höhe des festen Sollzinses (Nominalzinssatz) von 3,45 % p.a., den effektiven Jahreszins von 3,51 % sowie die Dauer der Zinsfestschreibung bis zum 30.12.2023. Auf Blatt 3 des Vertrages – Blatt 18 d. A. – teilt er zudem durch Hinweis auf den nach Erreichen des Festschreibungsdatums geltenden variablen Zinssatz die Art und Weise der Zinsanpassung nach Ablauf der Zinsbindung mit. Weitere Angaben waren nicht veranlasst.“

An den im Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 12.02.2018 angeführten Erwägungen wird festgehalten. Die Kläger haben in ihrem Schriftsatz vom 16.02.2018 keine Stellungnahme auf die Hinweise des Senats abgegeben.

Die Kläger und Berufungsklägerhaben gemäß §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel ohne Erfolg bleibt.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG, 3 ZPO. Die Kläger haben im Berufungsverfahren im Ergebnis weiterhin die Rückabwicklung des widerrufenen Darlehens verfolgt, so dass die bis zu diesem Zeitpunkt gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen – die die Kläger bis zum 30.05.2017 mit 12.947,06 Euro, die Beklagte bis zum Zeitpunkt des Widerrufs mit 11.239,76 Euro beziffert haben – auch vorliegend für die Streitwertbestimmung maßgeblich sind, vgl. BGH, Beschluss vom 04.03.2016, XI ZR 39/15, juris.

Vorausgegangen ist unter dem 12.2.2018 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit (…)

weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Kläger durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg erkennen lässt, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 09.03.2018.

I.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger nach Widerruf eines mit der Beklagten im Dezember 2013 geschlossenen Immobiliendarlehensvertrages (nunmehr) die Feststellung, dass die Kläger der Beklagten seit dem Widerruf aus dem streitgegenständlichen Darlehensverhältnis keine Zins- und Tilgungsleistungen sowie Nutzungsersatz mehr schulden.

Wegen der Einzelheiten zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 19.12.2017 abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Kläger am 25.01.2017 den streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht mehr wirksam haben widerrufen können. Die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen sei zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung bereits verstrichen gewesen, denn die im Vertrag enthaltene Widerrufsbelehrung habe den damals geltenden gesetzlichen Anforderungen entsprochen (§ 495 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der jeweiligen Fassung vom 30.07.2010 – im Folgenden bezeichnet als a.F.). Die Beklagte könne sich insoweit auf Musterschutz berufen. Etwas anderes folge auch nicht aus dem vorab den Klägern zur Verfügung gestellten Europäischen Standardisierten Merkblatt, da dieses nur einer Vorabinformation des Verbrauchers gedient habe und hier nicht zum Vertragsinhalt geworden sei oder den Verbraucher anstelle der Widerrufsbelehrung belehrt habe. Eine Unklarheit habe sich daraus für die Kläger nicht ableiten lassen. Zudem habe der Vertrag auch alle für den Fristbeginn des Widerrufsrechts notwendigen Pflichtangaben, insbesondere zur zwischen den Parteien streitigen Anzahl der einzelnen Teilzahlungen, zur Anpassung des Sollzinssatzes, zur Vertragslaufzeit und zu den sonstigen Kosten gemäß Art. 247 § 3 Nr. 10 i.V.m. Art. 247 § 6 Nr. 1 i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB (in der Fassung vom 27.07.2011 – im Folgenden bezeichnet als a.F.) enthalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das am 21.12.2017 zugestellte Urteil (Empfangsbekenntnis Blatt 176 d. A.) haben die Kläger am 03.01.2018 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel sogleich begründet (Blatt 178 f. d. A.).

In der Sache verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Zur Begründung hierfür tragen sie vor, die Widerrufsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß gewesen und habe den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang setzen können. Insbesondere habe die Verwendung des Europäischen Standardisierten Merkblatts nicht die vom Landgericht zuerkannte Wirkung gehabt, sondern den Verbraucher hinsichtlich seines Rechts auf Widerruf fehlerhaft informiert. Es liege auch keine bloße vorvertragliche Erklärung an den Verbraucher vor. Zudem habe die Beklagte nicht alle für den Beginn einer Widerrufsfrist notwendigen Pflichtangaben im Vertrag gemacht, da die Anzahl der Tilgungsleistungen nicht zutreffend wiedergegeben worden sei. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang zu Unrecht allein auf die Dauer der Zinsbindungsfrist abgestellt. Die Beklagte wäre vielmehr verpflichtet gewesen, die Zahl aller Tilgungsleistungen über die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses unter Beachtung der anfänglichen Vertragswerte anzugeben. Auch die Laufzeit des Darlehens und die Sollzinsanpassung seien im Vertrag pflichtwidrig nicht angegeben worden.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.12.2017, Az. 2-12 O 269/17,

1.

festzustellen, dass die Kläger der Beklagten ab dem Widerrufszeitpunkt, dem 25.01.2017, auf das streitgegenständliche Darlehen keine Zins- und Tilgungsleistungen und auch keinen Nutzungsersatz mehr zu leisten haben, hilfsweise nur noch Nutzungsersatz in Höhe der marktüblichen Zinsen in Höhe von 1,52 %;
2.

die Beklagte zu verurteilen, weitere Euro in Höhe von 1.802,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (vorprozessuale Anwaltskosten) an die Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die Berufung ist zulässig; sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Ferner haben die Kläger weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen begründen könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht mit Schreiben vom 25.01.2017 nicht mehr wirksam ausüben konnten, weil die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen war. Die Berufungsbegründung der Kläger rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Die Beklagte hat die Kläger im Rahmen des hier zu beurteilenden Darlehensverhältnisses ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt, indem sie sich für die Verwendung des Musters Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. entschieden hat und ihr damit zumindest die sog. Gesetzlichkeitsfiktion zu Gute kommt.

Die Berufung der Kläger wendet sich im Ergebnis auch nicht gegen die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag an sich, sondern stellt auf die widersprüchlichen Angaben im Europäischen Standardisierten Merkblatt und dem streitgegenständlichen Vertrag ab, was ihr aber nicht zum Erfolg verhelfen kann. Wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend erkannt hat, dient das Europäische Standardisierte Merkblatt der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten nach § 491a BGB in der ab dem 11.06.2010 hier maßgeblichen Fassung. Insoweit heißt es auch in seinem Eingang – Blatt 102 d. A.:

„Diese Angaben stellen kein rechtsverbindliches Angebot dar.“

Vielmehr soll das Merkblatt nach seiner weiteren Beschreibung das Angebot der Bank erläutern und darüber informieren, dieses aber gerade nicht ersetzen oder ergänzen. In der Folge wird der Verbraucher auch nicht – zumal ohne ausdrücklichen Verweis im Darlehensvertrag auf das Merkblatt – dort eine die Widerrufsfrist auslösende Angabe suchen, sondern sich an die Darlehensvertragsurkunde halten. Die von der Berufung angeführten Zweifel vermag daher das Merkblatt bei verständiger Würdigung nicht hervorzurufen, zumal es ausdrücklich, wie vom Landgericht hervorgehoben, darauf hinweist – Blatt 105 d. A. -, dass der Darlehensnehmer zum Widerruf und seine Rechtsfolgen die konkreten Angaben im Darlehensvertrag zu beachten habe (vgl. ebenso OLG Frankfurt, Urteil vom 23.12.2015, 23 U 51/15, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.03.2017, 17 U 58/16, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.06.2017, 17 U 48/17, juris; Schwintowski in jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 492 Rn. 26.1).

In weiterer Übereinstimmung mit dem Landgericht nimmt der Senat – soweit die Kläger das Urteil im Rahmen der Berufung angreifen – an, dass die Beklagte den Klägern die nach § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 3 Nr. 6 und Nr. 7, § 3 Abs. 4, § 9 Satz 1 EGBGB – jeweils a.F. – erforderlichen Pflichtangaben zur Angabe der Anzahl der zu leistenden Teilzahlungen, zur Vertragslaufzeit und zur Sollzinsanpassung zutreffend erteilt hat und somit auch daraus nicht der von der Berufung aufgegriffene, mangelnde Anlauf der Widerrufsfrist abgeleitet werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 25.10.2016, XI ZR 6/16, juris, entschieden, dass es einer vollständigen Aufzählung der Pflichtangaben in der Widerrufsinformation nicht bedürfe, da ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher die für seinen Vertrag maßgeblichen Pflichtangaben ermitteln könne (BGH, a.a.O., Rn. 7; ebenso BGH, Urteil vom 23.02.2016, XI ZR 101/15, juris). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.

Danach war die Beklagte nicht gehalten, die über die Zinsbindungsfrist hinausgehende Zahl der Teilzahlungen im Vertrag mitzuteilen, soweit die Beklagte – wie vorliegend erfolgt – zutreffend die Anzahl der Raten bis zum Ende der Zinsfestschreibung angegeben hatte.

Eine weitergehende, von der Berufung hervorgehobene Pflicht zur Angabe „aller Teilzahlungen bis zum fiktiven Ende der Vertragslaufzeit“ lässt sich Art. 247 § 3 Nr. 7 EGBGB a.F. nicht entnehmen, zumal die Laufzeit des Kredits, wie vom Landgericht zutreffend hervorgehoben, nach Ende der Zinsbindungsfrist offen war.

Zudem vermochte aber auch der verständige Verbraucher aus der rechnerischen Anzahl der Teilzahlungen und der jeweiligen einzelnen Ratenhöhe ohne weiteres zu erkennen, dass über die Dauer der Zinsfestschreibung durch die angegebenen Teilzahlungen nicht das gesamte Darlehen getilgt werden konnte (120 Raten zu je 249,79 Euro = 29.974,80 Euro; bei einem Darlehensbetrag in Höhe von 55.000,00 Euro und ohne die Betrachtung eines geschuldeten Zinses).

Aus dem vorgelegten Merkblatt war für den Kunden demgemäß unter dem Stichwort „Gesamtdauer der Darlehensvereinbarung“ ersehbar, dass auf der Annahme der bei Vertragsschluss maßgeblichen Konditionen eine Laufzeit von ca. 29 Jahren und 2 Monaten zu erwarten blieb – Blatt 103 d.A. -, wobei im Merkblatt ausdrücklich hervorgehoben wurde, dass sich durch eine Änderung der Bedingungen im Rahmen der Konditionenanpassung die Darlehensgesamtlaufzeit verlängern oder verkürzen kann.

Der Darlehensvertrag enthält entgegen der Ausführungen der Berufung auch die zutreffende Angabe zur Dauer der Vertragslaufzeit gemäß Art. 247 § 3 Nr. 6, § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F.. Diese ist auf Blatt 3 – Blatt 18 d. A. – dahingehend sachlich zutreffend formuliert, dass der Immobiliardarlehensvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist und grundsätzlich erst mit der vertragsgemäßen vollständigen Rückzahlung endet. Eine darüber hinausgehende Angabe war nicht geschuldet (vgl. RegE BT-Drucks. 16/11643, Seite 124, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.12.2017, 19 U 58/17; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.07.2017, 23 U 172/16, juris; Palandt-Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, EGBGB 247 § 3 Rn. 2).

Entgegen der Annahme der Berufung enthält der vorliegende Darlehensvertrag im Zusammenhang mit dem Sollzins auch die nach Art. 247 § 3 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. erforderlichen Angaben zu den Bedingungen und den Zeitraum für seine Anwendung. Der Vertrag nennt auf Blatt 1 – Blatt 16 d. A. – die Höhe des festen Sollzinses (Nominalzinssatz) von 3,45 % p.a., den effektiven Jahreszins von 3,51 % sowie die Dauer der Zinsfestschreibung bis zum 30.12.2023. Auf Blatt 3 des Vertrages – Blatt 18 d. A. – teilt er zudem durch Hinweis auf den nach Erreichen des Festschreibungsdatums geltenden variablen Zinssatz die Art und Weise der Zinsanpassung nach Ablauf der Zinsbindung mit. Weitere Angaben waren nicht veranlasst.

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