OLG Frankfurt am Main, 13.03.2013 – 2 U 250/12

April 21, 2019

OLG Frankfurt am Main, 13.03.2013 – 2 U 250/12
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 14.09.2012 verkündete Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main (Az. 2-27 O 138/12) wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.09.2012 sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.500,– EUR festgesetzt.
Gründe
1

I.

Mit der Klage macht die Klägerin, die Rechtschutzversicherer von früheren Mandanten des Beklagten war, im Rahmen der Stufenklage unter anderem Abrechnungs- und Auskunftsbegehren geltend.
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Der Beklagte wurde von den Versicherungsnehmern der Klägerin, den Eheleuten A und B, in einer Wohnungseigentumssache mandatiert. Mit einer vorläufigen Gebührenrechnung vom 05. Dezember 2005 rechnete der Beklagte insgesamt für die voraussichtliche Tätigkeit in der Wohnungseigentumssache einen Betrag in Höhe von 4.595,80 EUR ab. Aufgrund dieser Abrechnung leistete die Klägerin an den Beklagten entsprechende Vorschusszahlungen. Das unter dem Aktenzeichen … WEG geführte Wohnungseigentumsverfahren wurde im Frühjahr 2006 abgeschlossen. Mit Schreiben vom 13.03.2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass das Gericht die Kostentragungspflicht der Gegenseite bestätigt habe und ein Kostenfestsetzungsantrag gestellt sei. Am 18.09.2006 erging ein entsprechender Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main, in dem für die Mandanten des Beklagten und die Rechtsschutzversicherten der Klägerin ein Betrag in Höhe von 4.173,10 EUR nebst anteiligen Zinsen festgesetzt wurde. Das Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Versicherungsnehmern wurde im Jahre 2006 gekündigt. Eine Abrechnung des Beklagten gegenüber der Klägerin wurde nicht vorgenommen.
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Mit Schreiben vom 14.11.2006 bat die Klägerin zur weiteren Bearbeitung des Schadensfalles des Beklagten um den Kostenfestsetzungsbeschluss und stellte die Frage, ob die Gegenseite bereits Zahlungen geleistet habe. Nachdem zunächst keine Reaktion des Beklagten auf dieses Schreiben erfolgte, fragte die Klägerin mit weiteren Schreiben vom 29.01.2008, 26.03.2008 und 09.09.2010 nach dem Stand des Verfahrens an. Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.02.2011 forderte die Klägerin den Beklagten auf, sie bis zum 18.02.2011 über den Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens unter Beifügung der erforderlichen Belege zu informieren sowie eine Endabrechnung unter Berücksichtigung möglicher Erstattungen der Gegenseite zu erstellen. Für diese anwaltliche Tätigkeit wurde ein Gebührenaufwand in Höhe von 489,85 EUR berechnet.
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Die Klägerin begehrt mit dem Klageantrag zu 1) die Abrechnung des erhaltenen Kostenvorschusses und mit dem Klageantrag zu 2) Auskunft darüber zu erteilen, ob, wann und in welcher Höhe Zahlungen auf den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt vom 18.09.2006 erfolgt sind. Ferner macht sie eine weitere Leistungsklage von dem Ergebnis der Abrechnung und der Auskunftserteilung abhängig.
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Der Beklagte hat sich gegenüber der Klageforderung auf die Verjährung berufen.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, eine Verjährung sei nicht eingetreten, da die Verjährungsfrist erst zu laufen beginne, wenn der Rechtsanwalt erhaltene Fremdgelder ordnungsgemäß abgerechnet habe. Eine solche Abrechnung habe der Beklagte aber niemals erstellt.
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Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stünde kein eigener Anspruch auf Abrechnung des erhaltenen Vorschusses in Höhe von 4.595,80 EUR zu, da die Abrechnung nur mit der Mandantschaft zu erfolgen habe. Diese Abrechnung sei aber bereits im Jahre 2006 vorgenommen worden. Die aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss eingegangenen für die Mandanten vereinbarten Gelder habe er, der Beklagte, im Einverständnis mit diesen direkt auf bereits bestehende Gebührenforderungen verrechnet, da der Beklagte die Versicherungsnehmer der Klägerin auch in diversen privaten wie geschäftlichen Rechtsangelegenheiten vertreten habe. Zudem hat der Beklagte die Auffassung vertreten, nach Ende des Versicherungsvertrages hätte die Klägerin mit ihren Versicherungsnehmern abrechnen können und müssen. Ferner hat der Beklagte die Auffassung vertreten, ein vertraglicher Anspruch der Klägerin bestehe nicht, da die Parteien in keinem Vertragsverhältnis zueinander gestanden hätten, vielmehr die Klägerin mit Rechtsgrund das Vermögen ihrer Versicherungsnehmer zweckgerichtet vermehrt habe, indem sie die Kostennote vom 05.10.2005 beglichen habe.
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Wegen der in erster Instanz gestellten Anträgen und zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in dem Urteil des Landgerichts Bezug genommen, soweit ihnen nicht die Feststellungen in dem Berufungsurteil entgegenstehen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
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Mit dem dem Beklagten am 20.09.2012 zugestellten Teilurteil hat das Landgericht den Klageanträgen auf Abrechnung und Auskunftserteilung stattgegeben.
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Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin könne die auf sie von den Versicherungsnehmern übergegangenen Ansprüche auf Abrechnung des Vorschusses und Auskunftserteilung gegenüber dem Beklagten geltend machen, da die Versicherungsnehmer gegenüber dem Beklagten einen entsprechenden Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch hätten (§ 666 BGB). Der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Beklagten auf Herausgabe der von der Klägerin an den Beklagten ausgezahlten notwendigen Kosten sei auf die Klägerin nach §§ 67 VVG a.F., 86 VVG n.F. und 17 Abs. 8 ARB 94 übergegangen. Es sei unerheblich, dass nach dem Vortrag des Beklagten eine Abrechnung mit der Mandantschaft im Jahre 2006 erfolgt sei, da eine solche nicht schuldbefreiend für den Beklagten wirke, da mit der Zahlung seitens der Rechtschutzversicherung und der Entstehung des Rückerstattungsanspruchs dieser bei der Klägerin aus übergegangenem Recht und nicht mehr bei den Versicherungsnehmern entstanden sei. Eine Verjährung der Ansprüche sei nicht gegeben, weil bei einer Forderung des Rechtschutzversicherers auf Rückerstattung von Vorschusszahlung die Verjährungsfrist nicht mit der Abrechnung gegenüber dem Versicherungsnehmer beginne sondern erst mit der Abrechnung gegenüber der Rechtschutzversicherung.
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Mit seiner am 11. Oktober 2012 bei Gericht eingegangenen Berufung, die nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.12.2012 an diesem Tage begründet wurde, wendet sich der Beklagte gegen das Urteil.
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Er ist der Auffassung, Ansprüche der Klägerin seien verjährt, da den Versicherungsnehmern keine Rechte mehr zustehen würden, wie das Landgericht dargelegt habe, so dass von diesen auch keine Rechte gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten werden können. Ein Originäranspruch gegen den Beklagten bestehe nicht. § 86 VVG normiere lediglich einen Ersatzanspruch gegen einen Dritten, der ihrem Versicherungsnehmer zustehe. Ein solcher Ersatzanspruch der Versicherungsnehmer sei aber gerade nicht gegeben, wie dies das Landgericht festgestellt habe. Zudem ist der Beklagte der Auffassung, die Klägerin habe nie an den Beklagten geleistet sondern nur an ihre Versicherungsnehmer, so dass ein eigener Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nicht bestehe.
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Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung und Abänderung des Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.09.2012 zu Az. 2-27 O 138/12 die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Sie ist der Auffassung, die gesetzliche Rechtsnachfolge zu ihren Gunsten sei bereits mit der von ihr geleisteten Zahlung eingetreten, so dass der Beklagte gegenüber seinem Mandanten nicht mit befreiender Wirkung habe abrechnen können. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, da der Rückforderungsanspruch gegen den Rechtsanwalt zwar der gesetzlichen Verjährung unterliege, dies jedoch nicht gelte, wenn der Rechtsanwalt nicht ordnungsgemäß abgerechnet habe.
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II.

Die Berufung ist zulässig (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da das Landgericht im Ergebnis zu Recht der Klägerin in dem Teilurteil die Abrechnungs- und Auskunftsansprüche zugesprochen hat.
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Die dementsprechenden Ansprüche der Versicherungsnehmer der Klägerin waren nämlich gemäß der Regelung des § 67 VVG a.F., § 86 VVG n.F. auf die Klägerin übergegangen. Diese Paragraphen ordnen gerade einen gesetzlichen Anspruchsübergang im Sinne der §§ 401 ff. BGB an, mit der Konsequenz, dass auf den Versicherer auch die Abrechnungs- und Auskunftsansprüche der Versicherungsnehmer übergehen (MünchKomm Möller/Seger, VVG, § 86 Rdnr. 117). Diesem Forderungsübergang liegt der Gedanke zugrunde, dass bei einer Schadensversicherung der Versicherungsnehmer nicht erst trotz des Versicherungsschutzes versuchen muss, seine Rechte gegenüber dem Dritten durchzusetzen, vielmehr soll eine rasche Regulierung möglich sein, die nur dann gewährleistet ist, wenn der Versicherer einstandspflichtig ist ohne auf den Ersatzanspruch gegen den Dritten verweisen zu können. Aufgrund dieser gesetzgeberischen Wertung besteht deshalb ein Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf Zahlung der entsprechenden Leistung. Dies würde aber zu einer unberechtigten Bereicherung des Geschädigten führen, zum anderen würde damit der Versicherungsschutz über das versicherte Interesse hinaus ausgeweitet. Zur Lösung dieses Problems hat der Gesetzgeber deshalb auch ausdrücklich einen gesetzlichen Forderungsübergang des Anspruchs des Versicherungsnehmers auf den Versicherer angeordnet. Dies hat zur Folge, dass ein etwaiger Ausgleichsanspruch nicht direkt bei dem Versicherungsnehmer entsteht, vielmehr kraft der cessio legis sofort auf den Versicherer übergeht. Anerkannt ist in der Rechtsprechung auch, dass die Vorschriften der §§ 67 VVG a.F. und 86 VVG n.F. auch für die Rechtschutzversicherung gelten, da diese eine Schadensversicherung ist (OLG Hamm NJW-RR 2000, 174 [OLG Hamm 14.06.1999 – 13 U 259/98]). Dementsprechend gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen andere auf Erstattung von Kosten, die die Versicherung getragen hat, mit ihrer Entstehung auf diese über.
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Die Versicherungsnehmer der Klägerin hatten aber in der Wohnungseigentumssache von vornherein einen durch die Kostenentscheidung aufschiebend bedingten Kostenfestsetzungsanspruch gegen die anderen Beteiligten. Durch die Erledigung des Wohnungseigentumsverfahrens ist dieser aufschiebend bedingte Kostenerstattungsanspruch in einen endgültig entstandenen Erstattungsanspruch umgewandelt worden, der kraft der gesetzlichen Abtretung der Klägerin zusteht. Da mithin der geltend gemachte Anspruch den Versicherungsnehmern der Klägerin nicht selbst zustand, konnten diese auch nicht in Verhandlungen mit dem Beklagten über den Ausgleich des geleisteten Kostenvorschusses verhandeln, vielmehr war insoweit keine Rechtfertigung der Mandanten des Beklagten gegeben, mit diesem auch hinsichtlich des geleisteten Kostenvorschusses Abreden zu treffen.
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Der so bei der Klägerin entstandene Anspruch ist auch nicht verjährt, da die Verjährung entgegen der Auffassung des Beklagten nicht mit der Abrechnung gegenüber dem Versicherungsnehmer beginnt, weil dieser nicht verfügungsberechtigt ist. Es ist vielmehr, worauf das Landgericht zu Recht abgestellt hat, eine Abrechnung gegenüber der Rechtschutzversicherung erforderlich, die der Beklagte aber nicht vorgenommen hat. Zwar hat der Beklagte kein direktes Vertragsverhältnis zu der Klägerin, jedoch kann die Klägerin die auf sie übergangenen Auskunftsansprüche aus den §§ 675 und 666 BGB ihrer Versicherungsnehmer als Nebenrecht gegenüber dem Beklagten geltend machen, der diesen Anspruch zu erfüllen hatte. Durch die Abrechnung mit den Versicherungsnehmern ist deshalb keine Erfüllung des Anspruches eingetreten und es wurde auch nicht die Verjährung in Lauf gesetzt. Die Verjährung begann vielmehr nach der Regelung des § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger, also hier die Klägerin, Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Eine Kenntnis des Anspruchs der Klägerin im Jahre 2006 ist aber nicht feststellbar.
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Auch kann nicht von einer groben Fahrlässigkeit der Klägerin ausgegangen werden, da sie darauf vertrauen durfte, dass der Beklagte entsprechend den ihn treffenden Verpflichtungen gegenüber der Klägerin abrechnen würde. Hinsichtlich des Eintritts der Verjährung kann deshalb nicht auf das Jahr 2006 abgestellt werden, da insoweit lediglich angekündigt war, dass das Verfahren zwar abgeschlossen sei, aber bisher nur ein Kostenfestsetzungsantrag gestellt worden sei. Wie das Kostenfestsetzungsverfahren ausgegangen war, war aber im Jahre 2006 in keiner Weise ersichtlich, so dass hier der Beklagte weitere Auskünfte erteilen musste, ohne dass der Klägerin insoweit die Verpflichtung oblag, ständig bei dem Beklagten nachzuhaken. Eine grob fahrlässige Unkenntnis liegt nur dann vor, wenn die Kenntnis der Gläubigerin auf einer besonders schweren Vernachlässigung der ihr im Verkehr obliegenden Pflichten beruht. Bei der Vielzahl von Schadensfällen, die eine Großversicherung wie die Klägerin zu bearbeiten hat, ist es nicht ungewöhnlich, dass eine Gebührenabrechnung zunächst aus den Augen verloren wird. Vielmehr konnte die Klägerin, wie dargelegt, zu Recht erwarten, dass der von ihrem Versicherungsnehmer beauftragte Beklagte von sich aus zurückerstattete Kosten unverzüglich weiterleiten würde. Zudem ist der Abschluss von Kostenfestsetzungsverfahren auch nicht immer konkret vorhersehbar, da auch insoweit Rechtsmittel eingelegt werden können.
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Allenfalls hätte die Klägerin im Laufe des Jahres 2008 erkennen können, dass ihr gegenüber eine ordnungsgemäße Abrechnung nicht vorgenommen wurde, da sie in diesem Jahr festgestellt hat, dass seit längerer Zeit keine Informationen mehr erteilt worden waren. Mithin begann die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB frühestens mit dem Schluss des Jahres 2008 zu laufen und wurde durch die Zustellung des Mahnbescheides am 02.03.2011 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt.
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Unabhängig davon dürfte dem Beklagten ein Berufen auf die Einrede der Verjährung in Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB auch verwehrt seien, da er den ihn treffenden Pflichten zur Abrechnung gegenüber der Klägerin nicht nachgekommen ist und so selbst die späte Geltendmachung der Forderung veranlasst hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO entnommen.
25

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
26

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 3 ZPO entsprechend dem Abwehrinteresse des Beklagten an der Verweigerung der Abrechnung und der Auskunft zu bewerten (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rdnr. 16). Dieses Abwehrinteresse des Beklagten bewertet der Senat mit 1.500,– EUR.

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