OLG Frankfurt am Main, 14.02.2014 – 23 U 163/13

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 14.02.2014 – 23 U 163/13
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 08.07.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. wird durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. vom 08.07.2013 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 5.124,44 € festgesetzt.
Gründe
1

Die Berufung war nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
2

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, was der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 17.01.2014 bereits begründet hat. Die Stellungnahme der Klägerin vom 05.02.2014 rechtfertigt keine andere Beurteilung.
3

Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt in der Einpreisung eines Aufschlags von 1,96% in den für den Erwerb des Zertifikates an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu zahlenden Kaufpreis keine aufklärungspflichtige Rückvergütung. Nach der gefestigten Rechtsprechung des XI. Senats des Bundesgerichtshofs sind aufklärungspflichtige Rückvergütungen – regelmäßig umsatzabhängige – Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (BGH v. 16.10.2012, Az. XI ZR 368/11, Juris Rdnr. 30 m.w.Nw.).
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Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Da der in den Kaufpreis eingepreiste Aufschlag auf den Emissionspreis nicht an die Emittentin des Zertifikats, sondern an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu zahlen war, konnte dieser Betrag auch nicht verdeckt von der Emittentin an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zurückfließen.
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Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie mit dem Verkauf des Zertifikates Gewinn erwirtschaften würde. Eine Bank, die fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 S. 2 WpHG) oder des Eigenhandels (§ 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, ihre Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es für den Kunden bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, sodass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss. Ein Umstand, der – wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers – für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (BGH v. 17.09.2013, Az. XI ZR 332/12, Juris Rdnr. 11).
6

Dasselbe gilt im Falle eines Kommissionsgeschäfts, wenn der Anleger an die Bank für die Beschaffung der von ihr empfohlenen Wertpapiere eine Provision zahlt. Unter diesen Umständen geht der Anleger bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise davon aus, das die Bank – schon von Gesetzes wegen offenkundig (vgl. §§ 354, 396 HGB) – ein Gewinnerzielungsinteresse verfolgt, welches durch das von ihm geleistete Entgelt befriedigt wird. Er rechnet damit, dass die Bank als Kommissionärin ihren gesetzlichen Pflichten nachkommt, insbesondere allein seine Interessen als Kommittent wahrnimmt (§ 384 Abs. 1 HS 2 HGB) und sich bei ihren Ratschlägen ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt (BGH v. 24.09.2013, Az. XI ZR 204/12, Juris Rdnr. 25).
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Eine Aufklärungspflicht besteht hingegen dann, wenn die Bank als Kommissionärin zusätzlich zu der vom Anleger zu zahlenden Provision nach ihrem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Beratung unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers eine (zusätzliche) Vertriebsvergütung erhalten wird. In diesem Fall befindet sie sich in einem von ihr geschaffenen schwerwiegenden Interessenkonflikt, da sie sich gewissermaßen von beiden Seiten bezahlen lässt. Dem Kunden, der von der doppelten Vergütung nichts weiß, bleibt das zusätzliche Umsatzinteresse der Bank verborgen. Er kann daher als Kommittent nicht beurteilen, ob die Bank ihm ein bestimmtes Papier nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst auch noch von dritter Seite dafür vergütet wird. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen (Provisions-)Interesse (BGH a.a.O. Rdnr. 24 f.). Der beim Kunden hervorgerufenen Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank kann nur dadurch begegnet werden, dass die Bank ihre Doppelrolle offenbart und im Rahmen des Beratungsvertrages sowohl über den – geplanten oder bereits erfolgten – Erhalt der Vertriebsprovision als auch über deren Höhe aufklärt (BGH a.a.O. Rdnr. 26).
8

Um einen solchen Fall geht es hier jedoch nicht. Zwar hat die Klägerin zunächst behauptet, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe eine Provision von insgesamt mindestens 5% erhalten. Sie hat jedoch nicht vorgetragen, dass diese Provision von der Emittentin gezahlt worden sei. Im Übrigen hat die Klägerin für ihre offenbar aus der Luft gegriffene Behauptung keinen Beweis angeboten.
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Mithin spielt es für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Rolle, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Zertifikate durch ein Eigen- bzw. Festpreisgeschäft oder ein Kommissionsgeschäft an die Beklagte veräußert hat.
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Der Senat hält an seiner im Hinweisbeschluss geäußerten Rechtsauffassung zur Frage der Verjährung der geltend gemachten weiteren Schadensersatzansprüche, insbesondere zur Beweislastverteilung fest. Weitere Ausführungen sind weitgehend entbehrlich, da die Klägerin in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen ihre bereits vorgebrachten Argumente wiederholt. Zu ergänzen ist insoweit lediglich Folgendes:
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Der Vorsatz als innere Tatsache kann nur anhand von äußeren Indizien belegt werden kann. Es ist damit Sache der Klägerin Umstände vorzutragen, die für eine vorsätzliche Pflichtverletzung durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten sprechen. Daran fehlt es hier. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten, Frau X, die das in den Kauf der Zertifikate mündende Beratungsgespräch geführt hat, die Klägerin bewusst nicht auf das allgemeine Emittentenrisiko sowie das Verlustrisiko hingewiesen hat. Allein der Umstand, dass Frau X nach Vortrag der Klägerin die mit dem Kauf der Zertifikate verbundenen Risiken bekannt waren, lässt einen solchen Rückschluss nicht zu.
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 2, 713 ZPO.
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Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz war gem. §§ 63 Abs. 2 S. 2, 48 Abs. 1 S. 1, 43 Abs. 1 GKG i. V. m. §§ 3, 4 Abs. 1 HS 2 ZPO nach dem Wert der Klageforderung unter Abzug des geltend gemachten entgangenen Gewinns festzusetzen (vgl. BGH v. 27.06.2013, Az. III ZR 143/12, Juris).

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