OLG Frankfurt am Main, 14.02.2018 – 26 W 2/18

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 14.02.2018 – 26 W 2/18
Orientierungssatz:

Die Zwangsvollstreckung eines titulierten Einsichtsrechts richtet sich nach § 883 ZPO, weshalb keine Beugestrafe nach § 888 ZPO verhängt werden kann.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Gläubiger gegen den Beschluss des Landgerichts Hanau vom 24.11.2017 (Az.: 9 O 128/16) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Schuldner sind durch rechtskräftiges Anerkenntnisurteil und Urteil des Landgerichts Hanau vom 25.05.2016 (Az.: 9 O 128/16) verurteilt worden, den Gläubigern Einsicht in bestimmte Geschäftsunterlagen zu gewähren, wobei wegen der Einzelheiten des Urteilstenors auf den Akteninhalt Bezug genommen wird (Bl. 73 ff. d.A.).

Unstreitig fanden in der Folgezeit Termine zwecks Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen statt. Die Gläubiger beanstanden, dass ihnen in diesem Zusammenhang nicht sämtliche Geschäftsunterlagen zugänglich gemacht worden seien, insbesondere sei ihnen die allgemeine Geschäftskorrespondenz, Einsicht in (Darlehens-)Verträge, Protokolle, Beschlüsse und Versicherungsunterlagen vorenthalten worden.

Unter Berufung auf die Nichterfüllung der titulierten Verpflichtung haben die Gläubiger mit Schriftsatz vom 28.12.2016 beantragt, gegen die Schuldner ein empfindliches Zwangsgeld zu verhängen.

Durch den hier angefochtenen Beschluss des Landgerichts Hanau vom 24.11.2017 (Bl. 241 f. d.A.) wurde der Zwangsvollstreckungsantrag der Gläubiger als unzulässig verworfen, weil die Vollstreckung des titulierten Einsichtsverlangens nach § 883 ZPO zu erfolgen habe.

Gegen den ihren Bevollmächtigten am 30.11.2017 zugestellten Beschluss haben die Gläubiger mit Schriftsatz vom 13.12.2017 sofortige Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung darauf berufen, dass der Verweis auf eine Vollstreckung nach § 883 ZPO dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes widerspreche; den Gläubigern fehle gerade die Kenntnis, detailliert darzulegen, welche Geschäftsvorgänge und Unterlagen ihnen vorenthalten worden seien und wo diese sich ggf. im Einzelfall befinden.

Das Landgericht hat der Beschwerde des Gläubigers gemäß Beschluss vom 16.01.2018 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur weiteren Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Gläubiger, über die gemäß § 568 ZPO die zuständige Einzelrichterin des Senats zu befinden hat, ist gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 ZPO).

In der Sache selbst hat das Rechtmittel keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht den auf Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO gerichteten Zwangsvollstreckungsantrag der Gläubiger als unzulässig verworfen, weil sich die Vollstreckung des durch Anerkenntnisurteil vom 25.05.2016 titulierten Einsichtsrechts nach § 883 ZPO richtet. Der den Gläubigern durch dieses Urteil zuerkannte Leistungsanspruch auf Einsichtsgewährung ist nicht als Nebenpflicht einer umfassenden Auskunftspflicht, sondern als – isolierte – Hauptverpflichtung tituliert worden, wobei sich Gegenteiliges auch nicht aus den Urteilsgründen ergibt.

Entsprechend kann zur Erzwingung dieser Verpflichtung gegen die Schuldner keine Beugestrafe nach § 888 ZPO verhängt werden, sondern ist das Urteil nach § 883 ZPO zu vollstrecken. Dies steht im Einklang mit der weit überwiegend in Schrifttum und Rechtsprechung vertretenen Rechtsansicht (Zöller-Seibel, ZPO, 32. Auflage 2018, Rdnr. 2 zu § 883 ZPO sowie Rdnr. 3 zu § 888 ZPO, Stichwort „Auskunftserteilung“; Musielak-Voit, ZPO, 14. Auflage 2017, Rdnr. 3 zu § 883 ZPO; Röhricht/Graf von Westfalen/Haas, HGB, 4. Auflage 2014, Rdnr. 16 zu § 118 HGB; OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1992, 171 f. [OLG Frankfurt am Main 17.07.1991 – 20 W 43/91][OLG Frankfurt am Main 17.07.1991 – 20 W 43/91]; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 28.01.2002, Az.: 5 W 2/02, zitiert nach juris; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.03.2003, Az.: 20 W 96/99, zitiert nach BeckRS; OLG Hamm, Beschluss vom 04.10.1973, Az.: 14 W 73/73 zitiert nach juris; LG Itzehoe, Beschluss vom 05.02.1982, Az.: 4 T 243/81, zitiert nach juris; a.A. MüKo-HBG/Enzinger, Rdnr. 40 zu § 118 HGB).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist mit dem Verweis auf § 883 ZPO auch kein Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes verbunden; der Gläubiger kann die Durchsuchung der Räume des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher veranlassen (§ 758 ZPO) und den Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zwingen, wenn die Unterlagen nicht vorgefunden werden (§ 883 Abs. 2 ZPO).

Die Beschwerde der Gläubiger ist deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO besteht kein Rechtsgrund.

Eine Streitwertfestsetzung für die Gerichtskosten ist gemäß § 63 Abs. 2 GKG nicht veranlasst, da im Beschwerdeverfahren keine streitwertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen.

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