OLG Frankfurt am Main, 14.02.2018 – 4 U 103/17

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 14.02.2018 – 4 U 103/17
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2017 (Az.: 2-22 O 21/16) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 193.508,71 Euro festgesetzt.
Gründe

I.

Der Kläger nimmt mit der im Jahr 2016 erhobenen Klage den Beklagten auf Schadensersatz wegen behaupteter notarieller Amtspflichtverletzungen in Anspruch.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

I.
1.

an den Kläger zu Händen eines von ihm zu beauftragenden Notars einen Betrag i.H.v. 189.581,71 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10.12.2015 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Abgabe folgender notariell beurkundeter Erklärung des Klägers und seiner Ehefrau A vor einem von diesem zu beauftragenden Notar:

„Wir sind eingetragene Eigentümer des im Objekt Straße … in Stadt1 belegenen und im Grundbuch des Grundbuchamts Stadt1 von Ort1, Blatt … BV Nr. 68, eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 372/10.000stel Miteigentumsanteil nach WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 17 bezeichneten Wohnung mit Balkon im Dachgeschoss des Hauses Straße … – nebst einem Abstellraum im Kellergeschoss gleicher Nummerierung.

Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf Herrn B zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Grundschuld der Bank1 AG i.H.v. insgesamt 117.800,00 Euro.

Wir erteilen hiermit Herrn B die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die Auflassung zu erklären.

Wir erklären unser unwiderrufliches Einverständnis mit einer Weisung des Herrn B an den beauftragten Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Grundschuld der Bank1 AG i.H.v. 117.800,00 Euro zu verwenden.

Wir bewilligen die Eintragung des Herrn B als Eigentümer.

Der Notar darf von dieser Erklärung nur Gebrauch machen, wenn die Urteilssumme auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist. Ein etwaig überschießender Betrag ist an uns auszuzahlen.“

2.

an den Klägerin weitere 5.054,29 Euro als Nebenforderung (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 10.12.2015 zu zahlen;
II.

festzustellen,
1.

dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger und seiner Ehefrau jedweden Schaden zu ersetzen sowie die Vorgenannten von jedweden Kosten und Verpflichtungen freizustellen, die dieser im Zusammenhang mit dem Kauf, der Finanzierung und/oder der Übereignung des im Grundbuch des Grundbuchamts Stadt1 von Ort1, Blatt … BV Nr. 68, eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 372/10.000stel Miteigentumsanteil nach WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 17 bezeichneten Wohnung mit Balkon im Dachgeschoss des Hauses Straße … – nebst einem Abstellraum im Kellergeschoss gleicher Nummerierung, insbesondere mit dem Abschluss der unter dem Datum vom 21./22.2.2007 zu der Darlehenskontonummer 1 mit der Bank1 AG geschlossenen Darlehensvertrag, entstanden sind oder noch entstehen werden;
2.

dass sich der Beklagte seit dem 10.12.2015 in Annahmeverzug befindet.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main (Bl. 97 ff. d.A.) Bezug genommen. Dieser ist dahingehend zu berichtigen, dass die Ehefrau des Klägers nicht verstorben ist. Entgegen der Darstellung im Tatbestand ist es unstreitig geblieben, dass die Wohnung zwischenzeitlich anderweitig veräußert worden wäre. Zu ergänzen ist der Tatbestand noch insoweit, dass der Kläger und seine Ehefrau nach der beurkundeten Angebotsabgabe leichte Zweifel bekamen und sich durch den Vermittler C wieder der Sinnhaftigkeit des Erwerbs versichern ließen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass einem etwaigen Schadensersatzanspruch die dauerhafte Einrede der Verjährung entgegenstünde. Die zehnjährige Verjährungsfrist sei am 10. November 2016 abgelaufen. Die Klageschrift sei am 7. November 2016 eingereicht, dem Beklagten aber erst am 22. Dezember 2016 zugestellt worden. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten die Zahlungsaufforderung für den Gerichtskostenvorschuss am 16. November 2016 erhalten. Dieser sei erst am 5. Dezember 2016 – mithin 19 Tage später und nicht mehr demnächst – eingegangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 3. Mai 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Mai 2017 Berufung eingelegt und diese binnen ihm verlängerter Frist am 27. Juli 2017 begründet. Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Er beruft sich darauf, das Landgericht habe bei der Prüfung, ob die Zustellung der Klageschrift gemäß § 167 ZPO demnächst erfolgte, fehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass die Überweisung binnen zwei Wochen veranlasst und nur verspätet ausgeführt worden sei. Außerdem habe das Landgericht die Zeitspanne, in welcher der Vorschuss einzuzahlen war, falsch bemessen. Ansonsten macht der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen zum Gegenstand der Berufung.

Der Beklagte hat binnen ihm gesetzter Frist auf die Berufung erwidert. Er beantragt, die Berufung zurückzuweisen, und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Landgericht sei zu Recht von einer Verjährung der Forderung ausgegangen. Ohnehin sei der Anspruch bereits nach der Regelverjährung verjährt.

Ferner wiederholt und vertieft der Beklagte sein erstinstanzliches Vorbringen, dass er sich zur Zeit der Beurkundung an alle verfügbaren Rechtsquellen gehalten habe und es insbesondere genüge, wenn dem Verbraucher vorab ein nicht individualisierter Mustervertrag zur Verfügung stehe, weil ansonsten ein notarieller Vertragsschluss immer weiter hinausgezögert werden könne. Es fehle an der Kausalität des angeblichen Beratungsfehlers für den behaupteten Schaden, der überdies nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden sein könne.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Zwar ist entgegen der Ansicht des Landgerichts keine Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB eingetreten. Die Verjährungsfrist beginnt erst mit der Entstehung des Schadens zu laufen. Hier entstand der Schaden weitestgehend erst mit der Annahme des klägerischen Angebotes am 21. November 2006, so dass Verjährung erst mit Ablauf des 21. November 2016 eintreten konnte. Die Klagezustellung am 5. Dezember 2016 erfolgte vor diesem Hintergrund noch demnächst gemäß § 167 ZPO.

Soweit ein kleiner Teil des Schadens – die Beurkundungskosten des Beklagten – bereits zuvor eintrat, scheidet eine Verjährung ebenfalls aus, weil die Klagezustellung auch insoweit noch demnächst gemäß § 167 ZPO erfolgte. Bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen kommt es wie vom Kläger vorgetragen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf an, um wie viele Tage sich der ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Versäumnisurteil vom 25. September 2015 – V ZR 203/14 -, Rn. 9 m.w.N., zit. nach juris). Geht man davon aus, dass auch eine umgehende Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses einige Tage in Anspruch genommen hätte, hat die hier nach 19 Tagen erfolgte Einzahlung diesen Zeitraum nicht um mehr als 14 Tage verzögert. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ist schließlich noch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Kosten binnen 14 Tagen nach Zustellung der Zahlungsaufforderung anwies und das Gericht mit Schreiben vom selben Tag darüber informierte. Der 5. Dezember 2016 war sodann ein Montag, die Gesamtdauer von 19 Tagen also durch das dazwischen liegende Wochenende bedingt.

2. Eine Inanspruchnahme des Beklagten scheitert aber daran, dass der Kläger nicht hinreichend zum Fehlen der anderweitigen Ersatzmöglichkeit vorgetragen hat.

Im Falle des hier behaupteten fahrlässigen Verschuldens des Beklagten setzt seine Inanspruchnahme gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BNotO voraus, dass der Kläger nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen mag. Der Begriff der anderweitigen Ersatzmöglichkeit ist weit zu fassen und umfasst alle Möglichkeiten der Schadloshaltung tatsächlicher und rechtlicher Art (Bracker-Schramm, BNotO, 2011, § 19, Rn. 111). Maßgeblich ist, ob der Verletzte auf andere Weise als durch Inanspruchnahme des Notars einen Ausgleich desselben Schadens (Kongruenz) erlangen kann (Arndt/Lerch/Sandkühler-Sandkühler, BNotO, 2012, § 19, Rn. 177). Infrage kommen lediglich Ansprüche, die sich gegen einen Dritten richten, der nicht selbst – etwa als Vertragspartner – in den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht einbezogen ist (a.a.O., Rn. 180 m.w.N.). Ersatzansprüche gegen Berater des Geschädigten stehen einer Notarhaftpflicht allerdings entgegen (Schramm, a.a.O., Rn. 114). Der Anspruch gegen den Dritten muss realisierbar und zumutbar sein, was von den Umständen des Einzelfalles abhängt (Sandkühler, a.a.O., Rn. 182, 184). Auch ein Anspruch, der in der Vergangenheit bestand und realisierbar war, begründet die Geltung des Verweisungsprivilegs (a.a.O., Rn. 193), sofern der Geschädigte zu jener Zeit Kenntnis vom Schaden hatte (a.a.O., Rn. 194). Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er diejenigen Ersatzmöglichkeiten ausräumt, die sich aus dem Sachverhalt ergeben und demselben Tatsachenkreis entsprungen sind. Dem Notar bleibt es dann überlassen, sonstige Ersatzmöglichkeiten aufzuzeigen, die der Geschädigte wiederum beweispflichtig ausräumen muss (a.a.O., Rn. 199, 201). Fehlt der Nachweis dass keine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht, liegt eine Anspruchsvoraussetzung nicht vor, so dass die Klage als zurzeit unbegründet abzuweisen ist (Schramm, a.a.O., Rn. 124), in Frage kommt auch die endgültige Abweisung, wenn eine Inanspruchnahme – etwa wegen eingetretener Verjährung – bereits endgültig versäumt wurde.

Hier kommen insbesondere Ansprüche gegen die Verkäuferin, die vermittelnde GmbH oder die persönlichen Vermittler in Betracht, was auch der Kläger, dessen Prozessbevollmächtigter diese Ansprüche inzident geprüft hat (wie er zur Begründung der erhöhten Geschäftsgebühr vorträgt), implizit einräumt. Dass ihm und seiner Ehefrau nach seinem Vortrag mittels einer Überrumpelungsstrategie sowie unter Vorspiegelung falscher Zahlen (über die effektive monatliche Belastung durch Ratenzahlungen) eine sittenwidrig überteuerte Schrottimmobilie „angedreht“ wurde, dürfte vertragliche und deliktische Ansprüche – etwa gemäß § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB – begründen. Dies wird durch den klägerischen Vortrag, der alleine mit der Zumutbarkeit der Durchsetzung argumentiert, auch nicht in Abrede gestellt. In der mündlichen Verhandlung damit konfrontiert, äußerte der Klägervertreter lediglich, es sei nicht unproblematisch, den Verkäufern Arglist nachzuweisen. Eine hinreichend substantiierte Darlegung, weshalb man diese nicht erfolgreich in Anspruch nehmen können sollte, ist darin insbesondere im Hinblick darauf, dass nach umfangreicher Inzidentprüfung zuvor keine rechtlichen Bedenken gegen die Inanspruchnahme vorgetragen wurden, nicht zu sehen.

Die genannten Dritten waren auch nicht in den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht einbezogen. Im Gegenteil war ihr Handeln nach dem klägerischen Vortrag darauf ausgelegt, ihn und seine Ehefrau zu überrumpeln, so dass ihnen die etwaige Nichtbeachtung der Frist willkommen gewesen sein dürfte. Soweit der Bundesgerichtshof in einem Fall entschieden hat, der Vertragspartner könne wegen seiner Einbeziehung in den Schutzbereich kein Anspruchsgegner sein, betraf diese Entscheidung einen Fall, in welchem beide Vertragsparteien an einem wirksamen Vertragsabschluss interessiert waren, zu dem es wegen einer notariellen Pflichtverletzung nicht kam (BGH, Urteil vom 15. Juli 2004 – IX ZR 262/00 -, Rn. 14, zit. nach juris). Der vorliegende Fall liegt anders, hier sollte ausschließlich der Verbraucher vor Überrumpelung geschützt werden.

Die Inanspruchnahme der genannten Dritten war auch nicht unzumutbar. Betreffend die Vermittler D und C hat der Kläger bereits nichts Konkretes vorgetragen, was gegen die Zumutbarkeit und Realisierbarkeit der gegen diese gerichteten Ansprüche sprechen könnte. Er behauptet lediglich völlig unsubstantiiert und ohne Beweisangebot, hier bestünde ein Insolvenzrisiko. Der Beklagte hat dies bestritten. Soweit der Kläger betreffend die vermittelnde GmbH auf deren Löschung im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit im August 2012 sowie betreffend die Verkäuferin auf deren Auflösung Ende 2014 hinweist, hätte er sie zuvor jahrelang zumutbar in Anspruch nehmen können, denn wie sich in der mündlichen Verhandlung zeigte, war dem Kläger das Ausmaß des Schadens bereits im Jahr 2009 bekannt geworden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, mit der Immobilie anfangs noch zufrieden gewesen zu sein, weil sie durchgehend vermietet gewesen sei. Irgendwann habe er dann richtig nachgerechnet und sei spätestens im Jahr 2009 zu dem Entschluss gekommen, die Wohnung nicht mehr behalten zu wollen. Die Mieten seien im Gegensatz zum Hausgeld nicht gestiegen. Konkret hätten er und seine Ehefrau im Jahr 2009 den Entschluss gefasst, die Wohnung zu verkaufen. Weitere seither eingetretene Umstände hat der Kläger nicht geschildert. Mithin waren dem Kläger bereits im Jahr 2009 sämtliche Umstände bekannt, die ihn nun zu der Annahme bringen, ihm sei eine Schrottimmobilie „angedreht“ worden. Anstatt jedoch gegen die Anspruchsgegner vorzugehen, wartete er zu.

Der Anspruch des Klägers gegen die anderen Anspruchsgegner ist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verjährt, denn mit der Feststellung des Schadens hatten der Kläger und seine Ehefrau von sämtlichen den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis.

Es ist anerkannt, dass die erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdigung voraussetzt. Es genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit vielmehr die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 – III ZR 220/07 -, Rn. 7 m.w.N., zit. nach juris). Hier war dem Kläger ab 2009 der geltend gemachte Schaden bekannt, den er auf eine Täuschung der Anspruchsgegner zurückführte. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, welche weitere Kenntnis er für den Beginn der Verjährung noch hätte erlangen müssen.

Ferner sind die Ansprüche nach Ablauf von mehr als zehn Jahren jedenfalls mit Ablauf des 21. November 2016 gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB verjährt.

Vor diesem Hintergrund war die Berufung zurückzuweisen; einer Abweisung der Klage als „derzeit unbegründet“ bedurfte es nicht.

3. Unterstellt man hingegen, dem Kläger hätten anderweitige zumutbar verfolgbare Ansprüche nicht zugestanden, wäre sein Anspruch gegen den Beklagten gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verjährt.

Zur kenntnisabhängigen Verjährung gilt zunächst das oben zu dem Erfordernis der Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände Ausgeführte.

Bei der Inanspruchnahme des Notars wegen einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung ist für den Beginn der Verjährung allerdings zusätzlich erforderlich, dass der Geschädigte schlüssig darlegen kann, er könne Dritte nicht zumutbar in Anspruch nehmen. Wurde die Amtspflichtverletzung eines Notars lediglich fahrlässig begangen, stellt das Fehlen der anderweitigen Ersatzmöglichkeit eine zur Klagebegründung gehörende Voraussetzung dar. Deshalb muss sich hier die Kenntnis darauf erstrecken, dass der Schaden jedenfalls nicht vollständig auf andere Weise gedeckt werden kann. Ob der Geschädigte mit Erfolg einen Dritten auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch zu nehmen vermag, kann von tatsächlichen und rechtlichen Fragen abhängig sein. Der Kläger muss gegebenenfalls fähig sein, schlüssig darzulegen, dass die Haftung Dritter ausscheidet. Erst dann ist ihm die Erhebung einer Amtshaftungsklage zuzumuten. Die Verjährung beginnt erst dann, wenn hinreichend gesichert ist, dass der Schaden nur durch Inanspruchnahme des Amtsträgers ausgeglichen werden kann (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 – IX ZR 30/98 -, Rn. 20 m.w.N., zit. nach juris).

Unterstellt man das Nicht-Bestehen zumutbar verfolgbarer Ansprüche gegen Dritte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, weshalb dieses für den Kläger im Jahr 2009 noch nicht erkennbar gewesen sein soll. Dieser trägt in der Klageschrift selbst vor, eine anderweitige Ersatzmöglichkeit sei „zu keiner Zeit“ realistisch gegeben gewesen.

Mithin kannte der Kläger sämtliche Umstände, welche einen Anspruch gegen den Beklagten begründeten. Er wusste, dass er die Vertragsunterlagen erst am Tag vor dem Termin beim Beklagten erhalten hatte. Er wusste – seiner Behauptung zufolge – ferner, dass dem Regelungsgehalt von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. mangels pflichtgemäßen Verhaltens des Beklagten nicht Rechnung getragen worden war. Schließlich war ihm nach den obigen Ausführungen ab 2009 auch der geltend gemachte Schaden bekannt, den er kausal auf die dem Beklagten vorgeworfene Pflichtverletzung zurückführt.

Ob ihm auch das hier unterstellte Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit bekannt war, kann dahinstehen. Jedenfalls wäre eine Unkenntnis grob fahrlässig im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 -, Rn. 16 m.w.N., zit. nach juris). Hier hätte sich der Kläger nach Kenntnis der übrigen Umstände, die einen Anspruch gegen den Beklagten begründen, für den Fall, dass er wegen des möglichen Bestehens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit Zweifel an einem erfolgreichen Vorgehen gegen diesen gehabt haben sollte, anwaltlichen Rat einholen müssen, weil offenkundig so oder so die Verjährung – entweder der Ansprüche gegen Dritte oder gegen den Beklagten – drohte. Dieser Rat hätte für den hier unterstellten Fall sowie nach den Darlegungen in der Klageschrift bereits 2009 ergeben, dass Ansprüche gegen Dritte nicht gegeben seien. Mithin hätte der Kläger bereits 2009 erfahren, dass er zumutbar gegen den Beklagten vorgehen könne. Die Angelegenheit hingegen einfach laufen zu lassen, stellt vor diesem Hintergrund eine ungewöhnlich grobe Sorgfaltspflichtverletzung dar.

4. Die Kostenentscheidung war nach § 97 Abs. 1 ZPO zulasten des Klägers zu treffen.

Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zuzulassen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 709 Satz 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3, 4 und 5 ZPO.

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