OLG Frankfurt am Main, 15.01.2018 – 3 U 173/17

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 15.01.2018 – 3 U 173/17
Leitsatz:

1.

Ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnungen sind unschädlich, wenn die Identität der Partei bestimmt werden kann. Je nach den Umständen des Einzelfalles ist zur Individualisierung eine Adresse mitzuteilen, unter der die vermeintliche Beklagte ihren Sitz haben soll und/oder ihre Rechtsform darzulegen.
2.

Weder im nationalen Recht noch im EU-Verbraucherrecht existiert derzeit eine Norm, die den Hersteller oder Verkäufer für die gesamte Lebensdauer der Ware zur Lieferung von Ersatzteilen verpflichtet.

Tenor:

In dem Rechtsstreit (…)

wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.
Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer verzögerten Kfz-Reparatur.

Der Kläger erwarb im Jahr 2012 einen Marke1 Baujahr 08/2012. Im Jahr 2016 trat ein Defekt der Manschette der Antriebswelle auf. Erst im November 2016 konnte ein Ersatzteil organisiert und in das klägerische Fahrzeug eingebaut werden. Die Reparatur wurde dem Kläger mit 81,11 € in Rechnung gestellt.

Der Kläger hat in der Klageschrift das Rubrum der Beklagten angegeben mit: „Marke1, vertreten durch die B AG, diese vertreten durch ihren Vorstand C, Straße1, Stadt1“. Er hat die Auffassung vertreten, der Fahrzeughersteller Marke1 sei aus Treu und Glauben nach § 242 BGB dazu verpflichtet, Ersatzteile für einen Zeitraum von 10 Jahren zu bevorraten und sicher zu stellen, dass in einem angemessenen Zeitraum, den er mit 14 Tagen bemisst, die Beschaffung möglich ist. Vorliegend habe es 4 Monate gedauert, weil ein Originalersatzteil nicht früher habe organisiert werden können. Der Hersteller Marke1 müsse seinen Verzögerungsschaden in Höhe von 7.047,41 €, der im Wesentlichen aus Nutzungsausfall besteht, ersetzen.

Mit Schriftsatz vom 16.6.2017 hat sich die Kanzlei D gemeldet und erklärt, sie vertrete die B AG. Diese sei nicht Herstellerin sondern lediglich Vertriebsgesellschaft des Herstellers Marke1. Die Marke Marke1 werde in Deutschland keineswegs von der B AG vertreten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, denn es fehle der Beklagtenseite die Parteifähigkeit. Bei Marke1 handele es sich nicht um den Hersteller sondern lediglich um eine Automarke, also um ein gewerbliches Schutzrecht, das als solches nicht parteifähig sei. Die Marke Marke1 gehöre zur E; der Mutterkonzern sei die F mit Sitz in Amerika. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Es existiere keine Norm, welche den Verkäufer eines langlebigen technischen Wirtschaftsgutes dazu verpflichte, für die gesamte Lebensdauer der Ware Ersatzteile bereitzuhalten. Da der Kläger nicht den Verkäufer des Autos in Anspruch nehme, bedürfe es keiner Erörterung, ob eine nachvertragliche Pflicht des Verkäufers auf Bevorratung bestehe. Mit dem Hersteller bestünden keine vertraglichen Beziehungen. Der Kläger habe weder eine Herstellergarantie behauptet noch sei ersichtlich, dass eine etwaige Garantiefrist hier eingehalten worden sei.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren vollständig weiter. Er macht geltend, dass Marke1 nicht nur eine Marke sondern auch der Hersteller sei, der durch die B AG vertreten werde. Im Übrigen werde eine Pflicht zur Ersatzbeschaffung von Verschleißteilen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet.

Der Kläger beantragt:

1.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wird aufgehoben.
2.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 7.047,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 26.1.2017 zu zahlen.
3.

Die Beklagte hat dem Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 729,23 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Fahrzeugmarke Marke1 sei nicht auch gleichzeitig ein Fahrzeughersteller.

II.

Im Ergebnis hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage war bereits unzulässig, da die Klageschrift nicht die nach § 253 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO notwendigen Angaben enthielt. Danach müssen die Parteien des Rechtsstreits unterscheidbar bezeichnet werden. Kläger und Beklagter sind so genau zu benennen, dass kein Zweifel an der Person besteht (Zöller-Greger, 32. Auflage, § 253, Rz. 8). Ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnungen sind unschädlich, wenn die Identität der Partei bestimmt werden kann (Zöller-Althammer, 32. Auflage, Vor § 50, Rz. 7).

Eine solche Identitätsbestimmung ist auf Grundlage des Akteninhalts nicht möglich. Zwar deutet der mit der Berufungsbegründung vorgelegte Wikipedia-Ausdruck, in dem es heißt, Marke1 sei eine Tochtergesellschaft der A US LLC, die Möglichkeit an, dass es entgegen der Annahme des Landgerichts möglicherweise tatsächlich eine ausländische juristische Person, welche die Bezeichnung „Marke1“ in ihrem Namen trägt, geben könnte. Hinreichend nachvollziehbar ist dies für den Senat jedoch nicht, zumal der Kläger keinerlei weitere Merkmale mitteilt, welche die bestehenden Zweifel ausräumen und eine Klärung ermöglichen könnten. So wird weder eine zur Individualisierung nötige Adresse mitgeteilt, unter der die vermeintliche Beklagte ihren Sitz haben soll noch ist ihre Rechtsform dargelegt. Soweit der Kläger angegeben hat, dass die Beklagte durch die B AG vertreten würde, ist die B dem auch schon erstinstanzlich entgegen getreten. Mithin kann durch die Zustellung der Klage unter der Adresse der B AG in Stadt1 selbst dann kein Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Hersteller Marke1 begründet worden sein, wenn es sich bei dem Hersteller Marke1 um eine gegenüber der A US LLC eigenständige juristische Person handeln sollte.

Ergänzend sei angemerkt, dass die B AG mit Sitz in Stadt1 offensichtlich keine Niederlassung „des Herstellers Marke1“ im Sinne des § 21 ZPO darstellt und dass sich auch aus dem als Anlage zur Berufungsbegründung vorgelegten E-Mail-Ausdruck (K 7) keinerlei Anzeichen für das Bestehen einer allgemeinen Vertretungsmacht der B AG ergeben.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass es auch nach dem Dafürhalten des Senats an einer Anspruchsgrundlage für das vom Kläger verfolgte Begehren fehlt. Weder im nationalen Recht noch im EU-Verbraucherrecht existiert derzeit eine Norm, die den Hersteller oder Verkäufer für die gesamte Lebensdauer der Ware zur Lieferung von Ersatzteilen verpflichtet (Reinking-Eggert, Der Autokauf, 13. Auflage, Rz. 1356). Auch für einen kürzeren Zeitraum stoßen Käufer außerhalb des Direktvertriebs zumeist auf unüberwindbare rechtliche Schwierigkeiten. Gegenüber einem Hersteller wird eine Verpflichtung zum Bereithalten von Ersatzteilen lediglich so lange bejaht wie dem Käufer eine darauf bezogene Garantie versprochen wurde (Reinking-Eggert, Rz. 1363).

III.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können.

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