OLG Frankfurt am Main, 15.02.2018 – 6 U 136/16

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 15.02.2018 – 6 U 136/16
Leitsatz:

1.

Dem Firmenschlagwort „INTER CONTROL“ kommt auch für ein Unternehmen, das sich mit Regelungstechnik befasst, von Haus aus eine – geringe – Unterscheidungskraft zu.
2.

Das in Ziffer 1. genannte Firmenschlagwort ist mit einem hochgradig ähnlichen Kennzeichen eines anderen Unternehmens verwechslungsfähig, wenn zwischen den Tätigkeitsbereichen der Unternehmen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein durchschnittlicher Grad an Branchennähe besteht (im Streitfall bejaht).
3.

Die Kosten für eine bloße – nicht als Abmahnung oder Schutzrechtsverwarnung einzustufende – Berechtigungsanfrage sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3. Juni 2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.

Die Beklagte wird verurteilt,
1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken am Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,

sich zur Kennzeichnung ihres auf den Vertrieb von Gegenständen im Bereich der Mess- und Regeltechnik gerichteten Geschäftsbetriebs der Kennzeichnung
a)

Intercontrol

und/oder
b)

Intercontrol Mess- und Regeltechnik

und/oder
c)
string

zu bedienen.
2.

in die Löschung des Firmenbestandteils

Intercontrol

in ihrer beim Amtsgericht Stadt1, HRB … eingetragenen Firma Intercontrol Mess- und Regeltechnik GmbH einzuwilligen.
3.

der Klägerin über den Umfang der in I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Januar 2010 Rechnung zu legen und Auskunft zu erteilen unter Angabe der erzielten Umsätze sowie des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Verbreitungsgebiet.
II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Januar 2010 entstanden ist oder noch entstehen wird.
III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil und – im Umfang seiner Aufrechterhaltung – das angefochtene Urteil sind hinsichtlich Ziffern I. 1., I. 3. sowie der Kosten vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich Ziffer I. 1. lit. a) bis c) kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 90.000,00 – jeweils € 30.000,00 – und hinsichtlich Ziffer I. 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 7.500,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten können beide Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für sie insofern auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens in Anspruch.

Beide Parteien sind in der Mess- und Regelungstechnik gegenüber Fachkreisen tätig.

Die Klägerin produziert und vertreibt für OEM-Hersteller von Haushaltsgeräten (Original Equipment Manufacturer) Geräte zur thermischen Regelungstechnik. Teil ihres unter www.(…).de auch über das Internet angebotenen Sortiments sind z.B. Temperaturregler und -sicherungen für Haushaltsgeräte wie Bügeleisen oder Waschmaschinen sowie für Raumheizungen. Daneben bietet sie Produkte im Bereich Überstromschutz, solare Nachführung und „Mobilelektronik“ an.

Die Beklagte ist ein reines Handelsunternehmen. Ihr Angebotsspektrum umfasst Produkte im Bereich der Durchfluss- und Füllstandsmessung sowie unter anderem „Messwerterfassung und Auswertegeräte“.

Bezüglich der erstinstanzlich gestellten Anträge und der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die Feststellungen im angegriffenen Urteil (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) sowie auf die Ausführungen unter Ziffer II. Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 03.06.2016 mangels Branchenähnlichkeit abgewiesen (Bl. 589 ff. d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Tätigkeitsfelder der Parteien deckten sich zumindest in ihren Kernbereichen nicht. Während die Klägerin einen Schwerpunkt – wenn auch nicht ausschließlich – auf den sog. OEM-Bereich lege, sei die Beklagte als Handelsunternehmen insbesondere im Investitionsgütermarkt tätig. Das klägerische Tätigkeitsfeld bezüglich der Produktion und des Vertriebs von Temperaturreglern, -wächtern und -begrenzern decke sich nicht mit demjenigen der Beklagten, die Produktlösungen für die Durchfluss- und Füllstandsmessung von Feststoffen oder Flüssigkeiten in Industrieanlagen sowie auf dem sog. Aftermarket anbiete. Kunden der Beklagten seien Industriekunden aus verschiedenen Bereichen und keine Hausgerätehersteller. Der Umstand, dass die Klägerin eine Steuerung namens „Y Produkt1“ für Hydraulik-Komponenten anbiete, begründe keine Branchennähe. Denn sie produziere mit ihren Komponenten und Steuerungen – auch wenn sie dies in Abrede stelle – offenbar komplexere Systeme. Die von der Beklagten vertriebenen Geräte der „X Produkt5-Serie“ könnten zwar Durchfluss, Füllstand, Druck und Temperatur anzeigen, zur Messung müsse jedoch – nach Beklagtenvortrag – ein anderes Gerät angeschlossen werden. Auch diesbezüglich folge die Kammer dem Vortrag der Beklagten, dass die rein theoretische Möglichkeit der Temperaturanzeige für diese nicht von Bedeutung sei. Ausweislich ihres Internetauftritts sei die Beklagte offenbar im Bereich Durchfluss- und Füllstandsmessung spezialisiert. Anlage K 26 enthalte ein Angebot ihrer niederländischen Muttergesellschaft. Angebote anderer Firmen wie „Firma1“, „Firma2“ oder „Firma3“ eigneten sich angesichts des kleineren, hochspezialisierten Unternehmens der Beklagten nicht zu Rückschlüssen auf eine Branchennähe. Insgesamt sei die Verwechslungsgefahr auch deshalb minimiert, weil sich die Parteien jeweils an Fachkreise richteten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die klägerische Berufung. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ihres Erachtens ist das Landgericht von einer falschen Tatsachengrundlage ausgegangen. Sie sei nicht schwerpunktmäßig im OEM-Bereich, sondern gerade auch in der „Mobilelektronik“ tätig. Auch vertreibe die Beklagte nicht vorwiegend Produktlösungen für die Durchfluss- und Füllstandsmessung. Ihre eigenen Steuerungssysteme seien weder komplexer noch die von der Beklagten angebotenen Z-Produkte reine Anzeigegeräte. Materiell-rechtlich sei ihre Geschäftsbezeichnung „INTER CONTROL“ zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Die sich gegenüberstehenden Zeichen seien identisch. Da beide Parteien in derselben technischen Branche tätig seien und jeweils Mess- und Regelgeräte im Bereich der industriellen Automatisierung anböten, bestehe Branchenidentität.

Die Klägerin beantragt,

I.

die Beklagte unter Abänderung des am 3. Juni 2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Aktenzeichen 2-03 0 248/15, zu verurteilen
1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken am Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,

sich zur Kennzeichnung ihres auf den Vertrieb von Gegenständen im Bereich der Mess- und Regeltechnik gerichteten Geschäftsbetriebs der Kennzeichnung
a)

Intercontrol

und/oder
b)

Intercontrol Mess- und Regeltechnik

und/oder
c)
string

zu bedienen;
2.

die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung des Firmenbestandteils

Intercontrol

in ihrer beim Amtsgericht Stadt1, HRB … eingetragenen Firma Intercontrol Mess- und Regeltechnik GmbH einzuwilligen;
3.

der Klägerin über den Umfang der in I. 1. bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen und Auskunft zu erteilen unter Angabe der erzielten Umsätze sowie des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Verbreitungsgebiet;
4.

an die Klägerin einen Betrag von € 2.657,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen;
II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Januar 2010 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihren erstinstanzliches Vortrag und erhebt – formal nur hinsichtlich des Antrags zu II. – die Einrede der Verjährung (Bl. 716 d.A.).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

A. Die zulässige Berufung der Klägerin hat weit überwiegend Erfolg. Die Klage ist – abgesehen von dem vom Landgericht zu Recht abgewiesenen Antrag auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten – begründet.

I. Der Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der drei angegriffenen Zeichen folgt aus § 15 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1, 1. Alt., Abs. 2 S. 1 MarkenG. Durch die Verwendung des Zeichens „Intercontrol“ – auch mit kleinem „i“ im Rahmen des im Tenor/Antrag zu I. 1. c) abgebildeten Logos – hat die Beklagte die prioritätsälteren Rechte der Klägerin an deren Unternehmensschlagwort „INTER CONTROL“ verletzt.

Der Senat legt die Formulierung „ihres auf den Vertrieb von Gegenständen im Bereich der Mess- und Regeltechnik gerichteten Geschäftsbetriebs“ (Hervorh. durch das Gericht) dabei dahin aus, dass der Beklagten die Verwendung der beanstandeten Zeichen für ihren streitgegenständlichen Geschäftsbetrieb untersagt werden soll. Die Erwähnung der Mess- und Regeltechnik soll diesen Geschäftsgegenstand nur allgemein beschreiben. Denn die klägerischen Prozessbevollmächtigten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass der Klageantrag zu I. 1. darauf abziele, der Beklagten die Verwendung der beanstandeten Zeichen für Unternehmen mit dem derzeitigen Geschäftsgegenstand zu untersagen (Bl. 809 d.A.). Der Tenor ist daher nicht darauf gerichtet, der Beklagten jede nur denkbare Geschäftstätigkeit im Bereich der Mess- und Regelungstechnik zu untersagen. Eine wesentliche, aus dem Verbotsbereich hinausführende Änderung ihres Geschäftsgegenstands, könnte sie im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage geltend machen (§ 767 ZPO).

Ausgehend von der streitgegenständlichen Unternehmenstätigkeit der Beklagten besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen „INTER CONTROL“ und „Intercontrol“ bzw. „intercontrol“ – zweifarbig im Beklagtenlogo – eine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 15 Abs. 2 MarkenG.

Diese ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände festzustellen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft des klägerischen Kennzeichens und der Nähe der Unternehmensbereiche im Sinne des wirtschaftlichen Abstands der Tätigkeitsgebiete (sog. Branchennähe: vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2015 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 707 Tz. 23 – ConText; BGH, Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 55/10, GRUR 2012, 635 Tz. 12 m.w.N. – METRO/ROLLER’s Metro).

1. Das Unternehmensschlagwort „INTER CONTROL“ der Klägerin hat zwar originär nur geringe Kennzeichnungskraft, die sich gegenüberstehenden Zeichen sind jedoch hochgradig ähnlich und sprachlich sogar identisch. Für eine Verwechslungsgefahr reicht daher vorliegend eine durchschnittliche Ähnlichkeit der Tätigkeitsbereiche.

a) Hinsichtlich der klägerischen Firma „INTER CONTROL Willi Müller Elektrik GmbH & Co. KG“ (Name geändert – die Red.) ist nicht auf das gesamte Unternehmenskennzeichen, sondern allein auf die darin enthaltene Wortkombination „INTER CONTROL“ abzustellen (im Folgenden „Klagezeichen“). Das Klagezeichen genießt als Unternehmensschlagwort der Klägerin gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG eigenständigen Kennzeichenschutz. Es ist unterscheidungskräftig und seiner Art nach geeignet, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das klägerische Unternehmen durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2015 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 706 f. Tz. 19 – ConText m.w.N.). Daher kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin die Kurzbezeichnung „INTER CONTROL“ tatsächlich in Alleinstellung im Verkehr verwendet und ob sich diese dort durchgesetzt hat (vgl. BGH – ConText a.a.O., Tz. 21; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.04.2013 – 6 U 42/12, juris, Rn. 10).

aa) Der Firmenbestandteil „INTER CONTROL“ ist von Haus aus unterscheidungskräftig. Er ist nicht glatt beschreibend. Zwar steht das Wort „INTER“ – wie dem Verkehr bekannt ist – vielfach für „zwischen“, es kann aber auch als verkürzter Hinweis auf eine internationale Unternehmensausrichtung verstanden werden. „CONTROL“ lässt sich mit „Kontrolle“, „kontrollieren“, „überwachen“ und z.B. auch „messen“ übersetzen. Angesichts dieser verschiedenen Deutungsmöglichkeiten misst der Verkehr auch beiden Wörtern in Kombination keinen rein beschreibenden Sinngehalt zu. Die Anforderungen an die Kennzeichnungskraft sind nicht allzu hoch (vgl. z.B. BGH, Teilurteil vom 03.11.2016 – I ZR 101/15, GRUR 2017, 520, 524 Tz. 49 – MICRO COTTON; BGH, Urteil vom 28.06.2007 – I ZR 132/04, GRUR 2008, 258, 260 Tz. 24 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH, Urteil vom 15.02.2001 – I ZR 232/98, GRUR 2001, 1161 – CompuNet/ComNet). Die nahe liegende „Übersetzung“ als „Zwischenkontrolle“ würde den Unternehmensgegenstand der Klägerin auch nicht unmittelbar beschreiben. Selbst wenn diese mit Temperaturwächtern Produkte herstellt und vertreibt, die innerhalb technischer Geräte eine gewisse Kontrollfunktion haben, erschließt sich dem Verkehr nicht direkt, was das „inter“ insoweit bedeuten soll. Trotz beschreibender Anklänge stellt das Klagezeichen demnach eine in der deutschen Sprache nicht existierende Wortkombination mit eigenschöpferischem Gehalt und kennzeichnendem Überschuss dar (vgl. z.B. auch BGH – MICRO COTTON, a.a.O. Tz. 32; BGH. Urteil vom 24.02.2011 – I ZR 154/09, GRUR 2011, 826, 827 – Enymax/Emzymix).

bb) Das Unternehmensschlagwort „INTER CONTROL“ ist innerhalb der klägerischen Firma als einziger Bestandteil geeignet, sich als Kurzform im Verkehr durchzusetzen. Es steht am Firmenanfang. Diesem schenkt der Verkehr grundsätzlich besondere Aufmerksamkeit (vgl. BGH, Urteil vom 05.03.2015 – I ZR 161/13, GRUR 2015, 1004, 1007 Tz. 36 – IPS/ISP). Vorliegend gilt dies in besonderem Maße, da die Buchstaben des Klagezeichens durch Großbuchstaben hervorgehoben sind.

Der Rechtsformzusatz „GmbH & Co. KG“ ist rein beschreibend. Nichts anderes gilt für das Wort „Elektrik“ im weiteren – nicht hervorgehobenen – Zusatz „Willi Müller Elektrik“. Letzterer mag zwar insgesamt selbständig kennzeichnend sein, erscheint aber weder im Ganzen noch hinsichtlich der Namensangabe „Willi Müller“ geeignet, sich als schlagwortartiger Hinweis auf das klägerische Unternehmen durchzusetzen. „Müller“ ist ein ein häufig vorkommender, nicht besonders unterscheidungskräftiger Nachname. „Willi Müller“ ist weniger einprägsam und aufwändiger auszusprechen als „INTER CONTROL“.

cc) Da die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb zeitlich vor der Beklagten aufgenommen hat, genießt ihr Unternehmensschlagwort die bessere Priorität (§ 6 Abs. 3 MarkenG). Der Schutz des Firmenschlagworts „INTER CONTROL“ ist dabei bereits mit Aufnahme der klägerischen Geschäftstätigkeit entstanden (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2012 – I ZR 112/19, GRUR 2013, 68, 70 Tz. 28 – Castell/VIN CASTEL, BGH, Urteil vom 20.01.2011 – I ZR 10/09, GRUR 2011, 831, 833 Tz. 16 – BCC).

dd) Allerdings hat das Klagezeichen von Haus aus nur geringe Kennzeichnungskraft.

(1) Wegen seines beschreibenden Anklangs besteht keine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft. Einem Zeichen, das sich für die beteiligten Verkehrskreise unschwer erkennbar an einen beschreibenden Begriff anlehnt, kommt im Regelfall von Haus aus nur geringe Kennzeichnungskraft zu (BGH, Urteil vom 02.04.2015 – I ZB 2/14, GRUR 2015, 1127, 1128 Tz. 10 – ISET/ISETsolar; BGH, Urteil vom 05.12.2012 – I ZR 85/11, GRUR 2013, 833, 836 Tz. 34 – Culinaria/Villa Culinaria; BGH – BCC, a.a.O., Tz. 18). Der Annahme eines beschreibenden Gehalts steht dabei nicht entgegen, dass „INTER CONTROL“ keinen fest umrissenen Bedeutungsgehalt hat, sondern gewisse Unschärfen aufweist (BGH, Teilurteil vom 03.11.2016 – I ZR 101/15, GRUR 2017, 520, 523 Tz. 32 – MICRO COTTON; BGH, Urteil vom 09.02.2012 – I ZR 100/10, GRUR 2012, 1040, 1043 Tz 31 – pjur/pure m.w.N.).

(2) Eine nur „sehr geringe“ bzw. weit unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft besteht allerdings nicht (zu den fünf Kategorien der Kennzeichnungskraft und Zeichenähnlichkeit im Markenrecht, vgl. BGH, Urteil vom 05.03.2015 – I ZR 161/13, GRUR 2015, 1004, 1008 Tz. 49 – IPS/ISP; BGH, Urteil vom 05.12.2012 – I ZR 85/11, GRUR 2013, 833, 838 Tz. 55 – Culinaria/Villa Culinaria).

(3) Ob sich die Kennzeichnungskraft durch die von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittene Bekanntheit des Klagezeichens bei den angesprochenen Fachkreisen oder durch die von der Klägerin behaupteten Umsätze von etwa € 35 Mio. aufwärts pro Jahr, von denen ein erheblicher Teil auf das Inland entfalle – überwiegend hat sie einen Jahresumsatz von ca. € 55 Mio. behauptet – zu einer „zumindest“ durchschnittlichen Kennzeichnungskraft gesteigert hat, ließe sich nur im Wege einer Beweisaufnahme klären. Einer solchen bedarf es nicht. Wie noch auszuführen sein wird, besteht selbst bei nur geringer Kennzeichnungskraft des Klagezeichens eine Verwechslungsgefahr.

(4) Eine weitere Schwächung der originär ohnehin nur geringen Kennzeichnungskraft durch Drittkennzeichen lässt sich nicht feststellen. Dafür müssten weitere Kennzeichen im Ähnlichkeitsbereich in derselben oder einer eng benachbarten Branche in einem Umfang in Erscheinung getreten sein, der geeignet erschiene, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an ihre Existenz zu bewirken (BGH, Urteil vom 19.02.2009 – I ZR 135/06, GRUR 2009, 685, 687 Tz. 25 – ahd.de). Dies hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargetan. Sie hat zwar zwei Ausdrucke überreicht, auf denen das Kennzeichen „Intercontrol“ auftaucht, die Klägerin hat jedoch bestritten, dass die in Rede stehenden Internetseiten einen geografischen Bezug zum Inland haben. Beide Ausdrucke weisen eine britische Top-Level-Domain aus (http://www.(…).uk und http//www.(…)uk). Außerdem sind beide Internetseiten auf Englisch (Bl. 557 f. d.A.). Auf dem zweiten Ausdruck sind ferner herkömmliche Messbecher und Reagenzgläser aus Glas abgebildet, wie sie im Bereich der Chemie zum Einsatz kommen (Bl. 558 d.A.).

b) Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht eine hohe Zeichenähnlichkeit. Klanglich sind die Kollisionszeichen sogar identisch.

aa) Soweit die Klägerin „Intercontrol“ nicht nur als Element der Beklagtenfirma, sondern auch als Bestandteil der Beklagtenlogos angreift, genießt ein Unternehmenskennzeichen gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG Schutz gegen jede kennzeichenmäßige Verwendung unter Einschluss eines markenmäßigen Gebrauchs (vgl. z.B. OLG Hamburg, Urteil vom 11.12.2014 – 3 U 108/22, GRUR-RR 2015, 373, 375 Tz. 86 – Ansons’s/ASOS).

bb) Auch im Rahmen der angegriffenen Beklagtenfirma ist für die Frage einer Verwechslungsgefahr allein auf den Bestandteil „Intercontrol“ abzustellen. Dieser genießt wegen der Neigung des Verkehrs, längere Firmenbezeichnungen auf den allein unterscheidungskräftigen Bestandteil zu verkürzen, ebenfalls eigenständigen Kennzeichenschutz (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2015 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 707 Tz. 28) – ConText; BGH, Urteilo vom 21.02.2002 – I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 899 – defacto). Die Rechtsformangabe „GmbH“ ist ebenso wenig kennzeichnungskräftig wie der den Geschäftsgegenstand der Beklagten beschreibende weitere Bestandteil „Mess- und Regeltechnik“ in deren Firma und Logo. Ihr Logo wird klanglich durch den Wortbestandteil „intercontrol“ geprägt.

cc) Hiervon ausgehend besteht angesichts großer schriftbildlicher Ähnlichkeit und klanglicher Identität insgesamt eine hohe Zeichenähnlichkeit.

Für die Frage der Zeichenähnlichkeit reicht grundsätzlich die Ähnlichkeit in einem der drei Wahrnehmungsbereiche – schrift-/bildlich, klanglich oder begrifflich (vgl. z.B BGH, Urteil vom 24.02.2011 – I ZR 154/09, GRUR 2011, 826, 827 – Enymax/Emzymix). Klanglich wirkt es sich vorliegend nicht aus, dass sich das Klagezeichen aus den Wörtern „INTER“ und „CONTROL“ zusammensetzt, während „I/intercontrol“ in den angegriffenen Zeichen zusammengeschrieben wird.

Begrifflich ist von einer phantasievollen Wortkombination ohne greifbaren Bedeutungsgehalt auszugehen. Wollte man beiden Wortfolgen demgegenüber die Bedeutung einer „Zwischenkontrolle“ beimessen, bestünde auch diesbezüglich Übereinstimmung.

Außerdem haben beide Wortzeichen – nicht aber das Klagezeichen verglichen mit dem Beklagtenlogo – eine große schriftbildliche Ähnlichkeit. Die abweichende Groß- und Kleinschreibung führt zwar noch nicht aus dem Identitätsbereich hinaus (BGH, Urteil vom 05.11.2015 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 707 Tz. 30 – ConText), aber die Schreibweise des Klagezeichens in zwei Wörtern gegenüber dem zusammengeschriebenen Unternehmensschlagwort der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2016 – I ZR 254/14, GRUR 2016, 1300, 1309 Tz. 61 – Kinderstube).

c) Mit Blick auf die hohe Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Unternehmensschlagwörter und deren klangliche Identität genügt für die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr selbst ausgehend von einer nur geringen Kennzeichnungskraft des Klagezeichens bereits eine durchschnittliche Nähe der jeweiligen Tätigkeitsbereiche. Eine solche besteht.

aa) Für die Feststellung der sog. Branchennähe (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 20.01.2011 – I ZR 10/09, GRUR 2011, 831, 833 Tz. 20 ff. – BCC) kommt es nicht darauf an, ob die jeweiligen Unternehmensbereiche wirtschaftlich zur selben Branche gehören (vgl. BGH, Urteil vom 29.06.2006 – I ZR 110/03, GRUR 2006, 937, 941 Tz. 38 – Ichthyol II; BGH, Urteil vom 21.11.1996 – I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 470 – NetCom; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 15 Rn. 90). Eine Ähnlichkeit zwischen den Produkten bzw. Dienstleistungen im Sinne des Markenrechts ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. BGH – Ichthyol II, a.a.O.). Prüfungsmaßstab ist vielmehr die Nähe der Unternehmensbereiche (BGH, Urteil vom 05.11.2015 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 707 Tz. 23 – ConText; BGH, Urteil vom 31.07.2008 – I ZR 158/05, GRUR 2008, 1102, 1103 Tz. 15) bzw.- dem gleichbedeutend – der wirtschaftliche Abstand der Tätigkeitsgebiete der Parteien (BGH, Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 55/10, GRUR 2012, 635 Tz. 12 – METRO/ROLLER’s Metro; BGH, Urteil vom 13.10.2004 – I ZR 66/02, GRUR 2005, 61 m.w.N. – CompuNet/ComNet II). Eine identische Tätigkeit zweier Unternehmen lässt dabei zwar auf eine Branchenidentität schließen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 05.11.2015 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 707 Tz. 23 f. für Übersetzungsunternehmen), gerade bei größeren Branchen, wie z.B. der Informationstechnologie bzw. Computerbranche oder im Pharma- bzw. Arzneimittelbereich, kommt es für eine Branchennähe aber entscheidend auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind (BGH — BCC, a.a.O., Tz. 23 m.w.N.; BGH – Ichthyol II, a.a.O., Tz. 38; BGH – NetCom, a.a.O. S. 470). Entscheidend ist dabei nicht nur der Kernbereich der jeweiligen Tätigkeit. Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 55/10, GRUR 2012, 635 Tz. 14 – METRO/ROLLER’s Metro; BGH – BCC, a.a.O., Tz. 23). Anhaltspunkte für eine Branchennähe können dabei Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten, Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen geben (vgl. BGH – BCC, a.a.O., Tz. 23; BGH- Metrobus, a.a.O., Tz. 73). Bei reinen Vertriebsunternehmen wie der Beklagten beschränkt sich die Branchennähe insofern nicht auf den Betrieb eines Handels- bzw. Marktplatzes. Sie umfasst nach der Verkehrsauffassung sämtliche Waren und Dienstleistungen, die ein entsprechender Marktbetreiber üblicherweise anbietet (vgl. BGH – METRO/ROLLER’s Metro, Tz. 15; BGH, Urteil vom 05.02.2009 – I ZR 167/06, GRUR 2009, 484, 490 Tz 74 – Metrobus, jeweils für Cash&Carry-Großhandelsmärkte). Naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien sind ebenfalls in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2016 – I ZR 82/14, GRUR 2016, 810, 816 Tz. 65 – profitbricks.es; BGH – BCC, a.a.O., Tz. 23; BGH – Ichthyol II, a.a.O).

bb) Nach diesem Maßstab besteht nicht schon deshalb eine Branchenidentität, weil beide Parteien im Bereich der „Mess- und Regeltechnik“ tätig sind. Wie nicht zuletzt die Fülle der in den Rechtsstreit eingeführten Produkt- und Dienstleistungsbereiche zeigt, kann das Unternehmensspektrum in dieser Branche vielfältig sein. Dies verbietet eine statische Branchenbetrachtung.

Beurteilungsmaßstab ist vielmehr allein der wirtschaftliche Abstand zwischen den wechselseitigen Tätigkeitsgebieten. Dieser ist aus maßgeblicher Sicht der Verkehrsauffassung zumindest durchschnittlich.

cc) Schon die Betätigung der Klägerin auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Temperaturmess- und Regelgeräten für Haushaltsgeräte im OEM-Bereich auf der einen sowie der Vertrieb von Geräten zur Durchfluss- und Füllstandsmessung in Industrieanlagen durch die Beklagte auf der anderen Seite begründet eine jedenfalls durchschnittliche Branchennähe.

(1) Die Klägerin bietet für Hersteller von Haushaltsgeräten Mess- und Regelungsgeräte wie Temperaturregler – mit Flüssigkeitsfühler, Sprungkontakt, Sprung- oder Schnappsscheibe -, Temperaturwächter und -begrenzer, Temperatursicherungen zur Begrenzung von Temperaturen in elektrischen Geräten und Kombinationen solcher Geräte an (zu den Einzelheiten vgl. Anlage K 2, Bl. 22 ff. d.A.).

(2) Die Beklagte vertreibt als reines Handelsunternehmen über das Internet in Deutschland jedenfalls Messtechnik auf dem Gebiet der Durchfluss- und Füllstandsmessung, insbesondere für den Bereich der Schifffahrt.

(3) Eine Reihe von Anbietern im wettbewerblichen Umfeld der Parteien bieten im Rahmen eines „Full Service-Angebots“ Kombinationsgeräte an, mit denen sich Druck, Füllstand, Temperatur und/oder andere Parameter messen und anzeigen lassen. Dieses Marktumfeld prägt das Verkehrsverständnis mit. Angesichts dessen genügt bereits das vorskizzierte Angebotsspektrum der Parteien für eine Branchennähe.

Soweit die Beklagte den klägerischen Vortrag zum Wettbewerbsumfeld mit Nichtwissen bestritten hat, wird er durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagenbelegt. Hiernach bietet die Firma1- wohl im Bereich Fern-/Wärme – Volumenstrom- und Temperaturregler an (Anlagen K 23 (Bl. 360 ff. d.A.), K 24 (Bl. 377)). Die Firma2 vertreibt Mess-, Regel- und Automationssysteme bzw. Flüssigkeitsstand-, Differenzdruck- und Durchflussmesser, Thermostate, Sicherheitstemperaturwächter, Temperaturregler und z.B. Sicherheitstemperaturbegrenzer (Anlage K 24, Bl. 377 ff. d.A.). Das Sortiment der Firma3 umfasst digitale Anzeige- und Steuergeräte, Durchflussmesser, Füllstandsanzeiger, Temperaturwächter für Flüssigkeiten und Zeigerthermometer (Anlage K 25, Bl. 407 ff. d.A.).

Von ein und demselben Anbieter werden innerhalb der Mess- und Regeltechnik folglich kombinierte, ggf. modular aufgebaute, Datenerfassungs-, Auswertungs-, Kontroll-, Steuer- und Anzeigegeräte angeboten, die mit verschiedenen Sensoren verbunden werden können und auf diese Weise vielseitig in zahlreichen Branchen einsetzbar sind. Der Markt ist nicht durch eine strikte Spezialisierung auf einzelne Messwerte gekennzeichnet. Vielmehr besteht eine gewisse Tendenz zur Diversifikation.

Darauf, ob das eine oder andere System „komplexer“ ist, kommt es nicht an. Bestehende Preisunterschiede spielen ebenfalls keine Rolle. Auch ist unerheblich, dass sich bisher noch keines der klägerischen Produkte in den Anlagen befindet, in die die Produkte der Beklagten eingesetzt werden. Überschneidungen der Abnehmerkreise können zwar für eine Branchennähe sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2016 – I ZR 82/14, GRUR 2016, 810, 816 Tz. 65 – profitbricks.es m.w.N.), sie sind dafür aber kein notwendiges Kriterium. Eine Verwechslungsgefahr kann aus maßgeblicher Sicht des Verkehrs auch dann bestehen, wenn es in der Vergangenheit – wie im vorliegend – noch nicht zu Überschneidungen zwischen den wechselseitigen Kunden und Produkten gekommen ist (vgl. auch Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 15 Rn. 88 m.w.N.). Dies gilt im Streitfall in besonderem Maße, da die Beklagte ein reines Vertriebsunternehmen ist. Zum Sortiment eines Internetanbieters wie die Beklagten können aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres auch Temperaturmess- und Regelgeräte für OEM-Hersteller gehören, wie sie die Klägerin vertreibt. Eine etwaige Spezialisierung beider Parteien auf besondere Anwendungsgebiete der Mess- und Regelgeräte – nämlich auf Haushaltsgeräte bzw. Industrieanlagen – ist nicht so außergewöhnlich, dass dies schon für sich gesehen gegen eine durchschnittliche Branchennähe sprechen würde.

dd) Die Branchennähe der sich gegenüberstehenden Unternehmen wird durch deren konkretes Angebotsspektrum noch verstärkt.

(1) Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts bietet die Klägerin unter anderem auch Produkte im Bereich Mobilelektronik an. Sie hat behauptet,nicht nur im OEM-Bereich tätig zu sein, sondern ihre Produkte in großem Umfang auch anderen Kunden anzubieten und ein breites Feld an unterschiedlichen Lösungen im Bereich der Mess- und Regelungstechnik anzubieten (vgl. S. 5 des Landgerichtsurteils).

In der „Mobilelektronik“ bietet sie unter der Dachmarke „Y“ speicherprogrammierbare Geräte zur elektronischen Steuerung des Bewegungsablaufs von mobilen Arbeitsmaschinen an. Dazu gehört z.B. ein „y® Produkt2“. Dieses zum Outdoor-Einsatz geeignete Visualisierungssystem zeigt dem Bediener der Maschine zahlreiche Daten an. Es kann über einen Knoten als Steuerungssystem und in einem dezentralen BUS-Netzwerk als primäre Informationszentrale für alle Funktionen im Netz dienen (Anlage K 4, Bl. 54 ff. d.A.). Ferner vertreibt die Klägerin ein „y® Produkt3“ (Anlage K 22, Bl. 355 ff. d.A.), einen „y® Produkt3.1“ (Anlage K 27, Bl. 456 f. d.A.) und ein „y® Produkt1 CAN I/O-Modul“ (Anlage K 20, Bl. 352 f. d.A.) nebst Neigungssensor (Anlage K 21, Bl. 354 d.A.) zur Steuerung von Hydraulikkomponenten (Bl. 651 d.A.). Die Abkürzung „CAN“ steht dabei für „Controller Area Network“, d.h. für die Kommunikation von Steuerungsgeräten untereinander. Das klägerische Produkt „y® Produkt3“ vereint als Prozessrechner- und Anzeigesystem einen Datenmonitor mit einer Steuerung, die der Systemüberwachung dient und verschiedene Schnittstellen sowie Ein- und Ausgänge hat (Anlage K 22, Bl. 355 d.A.). Die eigentlichen Messsensoren müssen über Schnittstellen angeschlossen werden. Sie sind nicht Teil der Steuerungsgeräte.

(2) Die Beklagte hat neben Geräten für die Durchfluss- und Füllstandsmessung auch andere Produkte im Internet angeboten. Ausweislich des Landgerichtsurteils und der Anlagen K 14, B 3 und B 4 waren auf ihrer Internetseite unter anderem die Bereiche „Messwerterfassung und Auswertegeräte“, „Verbrauchsmessung“ und „Ein-/Auslagerungsmessung“ benannt.

(a) Ihre Behauptung, nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Sortiment ihrer niederländischen Muttergesellschaft anzubieten, ist unmaßgeblich. Die Beklagte ist zwar unstreitig nicht Inhaberin der Domain www.(…).eu (vgl. Anlage B 4, Bl. 316 f. d.A.), unter dieser Domain befand sich aber auch ihre Internetpräsenz. Die Beklagte selbst hat auf Anlage B 3, d.h. auf den Internetauftritt unter der URL http://(…).eu/de, Bezug genommen (Bl. 275 i.V.m. 298 ff. d.A.). Dort stand am 07.10.2015 unter dem Reiter „Industrie“ – der neben dem Reiter „Schifffahrt“ vorhanden war – und der Überschrift „Zugeschnittene Prozessmesstechnik“ unter anderem (Bl. 304 d.A.):

„Eine auf ihr Anforderungsprofil zugeschnittene Prozessmesstechnik für die Bereiche Füllstand, Durchfluss, Druck und Temperatur ist einer der Voraussetzungen für einen optimalen Prozessablauf in der Produktion sowie der Lagerhaltung.“

Die Beklagtenseite wies auf ihrer Internetseite zudem darauf hin, das Problem liege in der Auswahl der Messverfahren. Neben der Auswahl der Messtechnik komme es auf das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten und deren fachgerechte Installation an. Diesbezüglich bot sie neben der Installation und Inbetriebnahme einzelne Messgeräte und Paketlösungen an, sprich Messgeräte in Kombination mit Signalverarbeitung oder anderen Instrumenten (Anlage B 3, Bl. 304 d.A.). Außerdem verwies sie auf ihre Erfahrung in zahlreichen Branchen, darunter in der Automobilindustrie, der Hydraulik, dem Maschinen- und Anlagenbau und im Bereich Transport & Logistik (vgl. Anlage B 3, Bl. 305 d.A.).

Zweitinstanzlich ist außerdem unstreitig, dass auf jeder – auch nicht produktbezogenen – Seite des niederländischen Internetauftritts in der Fußzeile ein Verweis auf die Beklagte erfolgt (vgl. z.B. Anlagen K 26 (Bl. 455 d.A.) und K 39 bis K 41 b (Bl. 741 ff. d.A.). Dadurch ist zumindest gegenüber den der niederländischen Sprache mächtigen Verkehrskreisen der Eindruck entstanden, als könne über die Beklagte mit Sitz in Deutschland das vollständige Sortiment ihrer Muttergesellschaft bezogen werden. Soweit die Beklagte meint, selbst wenn sie die Produkte für ihre niederländische Mutter in Deutschland ausliefern würde, handele es sich nicht um ihr eigenes Angebot, verfängt dies mit Blick auf die Gestaltung des Internetauftritts unter www.(…).eu[/de] nicht.

Ausweislich Anlage B 3 fand sich auf der Internetseite www.(…).eu/de im Rahmen eines Überblicks über die Sparten „Industrie“, „Schifffahrt“ und „Verkehrstechnik“ die Angabe (Anlage K 14, Bl. 185 d.A.):

„Die genaue Messung Druck, Niveau, Fluss- oder Temperatur liefert immer die notwendigen Herausforderungen. […]“.

Aus objektiver Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ist die Beklagte demnach unter anderem auf dem Gebiet der Druck- und Temperaturmessung tätig gewesen. Sie hat ihre Produkte und Leistungen für eine Vielzahl von Branchen angeboten.

(b) Zur Rubrik „Messdatenerfassung und Auswertegeräte“ hieß es auf der Internetseite www.(…).eu/de, die digitale Vernetzung gehöre heute zum Alltag. Zur Lösung der Anforderung, die Fülle von eingehenden Informationen schnell abzufragen und entsprechend auf Veränderungen zu reagieren, bot die Beklagtenseite digitale Displays an, d.h. Schalttafel-Einbaugeräte zur Visualisierung und Analyse aller vorhandenen Prozessparameter, die jederzeit die aktuellen Messwerte der Prozessmesstechnik des Kunden anzeigen. Dazu wurde mitgeteilt, dass zahlreiche Eingangskarten die Umformung in standardisierte Prozesssignale zur Signalweiterverarbeitung erlaubten. Nach einer Abbildung und einem verlinkten Verweis auf die „X Produkt5-Serie“ wurden zahlreiche Merkmale – wohl dieser X-Serie – aufgeführt wie „Geeignet für alle gängigen Industrie-Signale“, „Erweiterbar mit verschiedenen Ausgangskarten“ oder „Schalttafeleinbaugeräte, Touchscreens“ (vgl. Anlage B 3, Bl. 313 f. d.A.; vgl. auch Anlage K 30, Bl. 465 ff. d.A.).

Die Produkt5-Serie von X ist unstreitig Teil des Sortiments der Beklagten gewesen. Ausweislich Anlage K 26 – deren niederländische Sprache insoweit keine Rolle spielt – sind Anzeigegeräte mit Display zur Anzeige von Durchfluss („Flowmeter“), Füllstand („Niveaumeter“), Druck und Temperatur („Druk & temperatuur“) Teil dieser Serie (Bl. 452 d.A.). Neben einem Monitor zur Anzeige der Durchflussrate mit Alarmfunktion (vgl. die englischsprachige Anlage K 29, Bl. 459 ff. d.A.) bietet X u.a. isolierte programmier- bzw. konfigurierbare Temperatur-Anzeigegeräte, gerade auch für den Outdoor-Bereich, an (vgl. Anlage K 32, Bl. 476 ff. d.A.). Insgesamt eröffnen die X-Produkte eine breite Auswahl an Anzeigern, Kontroll- und Steuersystemen zur Durchflusskontrolle von Flüssigkeiten und Gasen sowie zur Füllstand-, Druck- und Temperaturmessung. Sie werden für Anzeige-, Steuer-, Kontroll- und Signalübertragungsfunktionen eingesetzt. Die Geräte sind wetterfest und für die typische industrielle Umwelt ausgelegt. Bereits die Grundprodukte besitzen einen Signaleingang und einen Impuls-, Alarm- oder Steuerausgang. Mit den Eingängen können u.a. Temperatursignale verarbeitet werden. Ein konkreter Analogausgang kann zur Regelung von Steuerantrieben mit PI(D)-Reglern verwendet werden (vgl. insgesamt Anlage K 31, Bl. 470 ff. (471 f.) d.A.). Abweichend vom erstinstanzlichen Urteil lässt sich daher nicht sagen, die Temperaturanzeige spiele für die Beklagte keine Rolle.

Die von der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 20.09.2017 erhobene Behauptung, sie vertrete nur einen Teil des Programms des Herstellers X, nämlich die nicht speicherprogrammierbare Produkt5-Serie in definierter Form, d.h. mit herstellerseitig für die Funktionen Durchfluss- und Füllstandsmessung angepasster Hardwarekomponente (Platine) als einen auf die Durchfluss- oder Füllstandsmessung vorfestgelegten Bestandteil einer Anwendungslösung, ihre Kunden erhielten kein universell einsatzbares, sondern ein für die im Einzelfall angestrebte Funktion der Durchfluss- bzw. Füllstandsmessung vorkonfiguriertes Gerät, das sich dann nicht mehr umprogrammieren lasse, verfängt nicht. Dies ist aus ihrem Internetauftritt in der Vergangenheit nicht hervorgegangen. Dort sind die X-Geräte der Produkt5-Serie objektiv nicht nur für konkrete Anwendungsgebiete bzw. Einsatzbereiche angeboten worden. Auch sind sie isoliert und nicht nur als integraler Bestandteil einer Komplettlösung im Bereich der Durchfluss- und Füllstandsmessung beworben worden.

Ebenfalls nicht durchdringen kann die Beklagte mit ihrer neuen Behauptung, ihren Kunden sei bekannt, dass individualisierte Geräte der F-Serie aufgrund der Vorkonfiguration nicht plötzlich zur Druck- oder Temperaturmessung eingesetzt werden könnten; die angesprochenen Fachkreise würden die unterschiedlichen qualitativen Niveaus der Geräte kennen und wissen, dass diese für die Praxis auf einen speziellen Anwendungsbereich zugeschnitten würden und nach den jeweiligen Bedürfnissen konfiguriert werden müssten; sie würden die jeweiligen Anbieter kennen und diese und deren Produktportfolios unterscheiden können. Maßstab ist nicht ein mit den Geräten bereits vertrauter Altkunde, sondern der informierte Durchschnittsadressat. Hierunter zählen auch Neukunden und interessierte Kunden dritter Unternehmen.

(c) Daneben konnten von der Beklagten über die Internetseite www.(…).eu[/de] HMI Touchscreens von Firma4 bezogen werden (vgl. zu diesen Geräten u.a. Anlage K 26 (Bl. 453 d.A.) und Bl. 551 – 554, 728 d.A.). Die Abkürzung „HMI“ steht für „Human Machine Interface“ (vgl. die Beschreibung der „Firma4 Automation Series“ – „Z® Produkt6 HMIs“). Es handelt sich um eine Schnittstelle mit verschiedenen Ein- und Ausgängen („Ports“) und einem Touchscreen-Display, mit der Geräte verbunden, überwacht und kontrolliert werden können. Je nach Einsatzgebiet kann das „Z® Produkt6 HMI“ als Steuerung oder Regelung dienen. Ein denkbares Anwendungsgebiet ist die Maschinenautomatisierung („Machine Automation“). Dieser von der Klägerin in weiten Teilen bereits vor Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung gehaltene, inhaltlich unstreitige Vortrag ist nicht gemäß § 531 ZPO präkludiert.

Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 20.09.2017 behauptet hat, Kunden, die Firma4-Produkte erwerben wollten, müssten sich an einen autorisierten Dritthändler für Deutschland richten, da sie die Programmiersprache für das „Z Produkt6 HMI“ nicht beherrsche (Bl. 790, 792 i.V.m. Anlage B 17, Bl. 807 d.A.), ist diese Einschränkung ebenfalls nicht aus ihrem Internetangebot hervorgegangen.

(3) Die von den Parteien angebotenen Mess-, Steuerungs- und Auswertegeräte „y“ (Klägerin), X“ sowie „Firma4“ (Beklagte) mögen zwar nicht vollständig funktionsgleich sein, es handelt sich aber zumindest um ähnliche Anzeige-, Steuer- und Kontrollgeräte, die sich theoretisch an denselben Abnehmerkreis richten (zur inhaltlich unstreitigen und damit ebenfalls nicht präkludierten Gegenüberstellung eines y- und eines Firma4-Produkts, vgl. S. 5 des Schriftsatzes vom 29.08.2017, Bl. 728 d.A.). Ob die von der Beklagten angebotenen Geräte bislang nicht im Fahrzeug- bzw. Maschinenbereich verwendet worden sind, ist unmaßgeblich. Die bauartbedingt nicht nur für eine bestimmte Verwendung zugeschnittenen Geräte können und müssen für den konkret beabsichtigten Einsatz spezifiziert werden. So müssen z.B. an die y- und X-Geräte zur eigentlichen Messung Sensoren angeschlossen werden. Soweit die Parteien diese nicht selbst vertreiben, spielt dies für die Frage ihrer Branchennähe keine Rolle.

Hinzu kommt, dass gerade das Angebotsspektrum der Parteien, insbesondere der Klägerin, im Bereich der Regel- und Messtechnik schon für sich gesehen reicht breit ist. Die Klägerin setzt eigener Behauptung zufolge bei Bedarf individuelle Kundenwünsche um, z.B. für Anlagen in der industriellen Automatisierung (vgl. Bl. 564 f. d.A.) Entsprechend maßgeschneiderte Lösungen hat die Beklagte für sich in Anspruch genommen (Bl. 711 d.A.).

d) Bei Gesamtwürdigung aller aufgezeigten Faktoren – geringe Kennzeichnungskraft des Klagezeichens, große Ähnlichkeit der Kollisionszeichen bzw. klangliche Zeichenidentität und zumindest durchschnittliche Nähe der Unternehmensbereiche – sowie der zwischen diesen Kriterien bestehenden Wechselwirkung, ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr gegeben. Es besteht die nahe liegende Möglichkeit, dass das eine für das andere Zeichen gehalten wird. Daran ändert die Tatsache nichts, dass sich das Angebot beider Parteien an Fachkreise mit einem konkreten technischen Bedarf richtet. Fachkundige Erwerber legen bei der Erfassung von Zeichen zwar oftmals eine höhere Aufmerksamkeit an den Tag, allerdings sind die Kollisionszeichen so ähnlich – und klanglich sogar identisch -, dass selbst bei größter Aufmerksamkeit eine erhebliche Gefahr der Zeichenverwechslung besteht (vgl. insofern BGH, Urteil vom 24.02.2011 – I ZR 154/09, GRUR 2011, 826, 827 – Enymax/Emzymix). Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil es für eine Verwechslungsgefahr auf den unvollkommenen Erinnerungseindruck ankommt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 21.10.2015 – I ZR 23/14, GRUR 2016, 197, 200 Tz. 37 – Bounty; BGH, Urteil vom 05.03.2015 – I ZR 161/13, GRUR 2015, 1004, 1006 Tz. 31 – IPS/ISP). Selbst wenn die Beklagte bestreitet, dass die von der Klägerin substantiiert vorgetragenen und unter Beweis gestellten Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, liegt es auf der Hand, dass z.B. eine Google-Recherche mit Suchbegriffen wie „intercontrol“ oder „inter control“ zum Internetaufritt der jeweils anderen Partei führen kann, zumal die verwendeten Domains www.(…).de und www.(…).eu – abgesehen von der Top-Level-Domain – identisch und die jeweiligen Logos ebenfalls sehr ähnlich sind.

Anlass, den Schutzumfang des Klagezeichens wegen eines Freihaltebedürfnisses einzuschränken oder gesteigerte Anforderungen an eine Verwechslungsgefahr zu stellen, besteht nicht. Die beschreibenden Begriffe „inter“ und „control“ könnten zwar nicht zu Gunsten eines Zeichennutzers monopolisiert werden, gegenüber einem Verwender wie der Beklagten, der sich vergleichbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt hat, besteht jedoch kein Grund, den Schutzbereich eines Zeichens mit beschreibendem Anklang zu beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 14.02.2008 – I ZR 162/05, GRUR 2008, 803, 804 f. Tz. 22 – HEITEC).

Selbst wenn man eine unmittelbare Verwechslungsgefahr verneinte, bestünde zumindest eine sog. Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne. Eine solche liegt vor, wenn der Verkehr die Bezeichnungen selbst und die durch sie gekennzeichneten Unternehmen auseinanderhalten kann, aus den sich gegenüberstehenden Zeichen aber auf wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen schließt (BGH, Urteil vom 05.02.2009 – I ZR 167/06, GRUR 2009, 484, 489 Tz. 52 – Metrobus; BGH, Urteil vom 21.02.2002 – I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 900 – defacto). Da die Klägerin – jedenfalls im Bereich ihrer OEM-Produkte – mit Handelspartnern kooperiert, die ihre Produkte in kleineren Mengen anbieten (vgl. Anlage B 6, Bl. 525 d.A.), liegt es aus Sicht der angesprochenen Fachkreise nicht fern, dass die Beklagte ebenfalls als klägerisches Vertriebsunternehmen fungiert.

2. Hinsichtlich aller drei angegriffenen Zeichen besteht auch eine Begehungsgefahr.

Die Beklagte hat die durch die von ihr begangenen Kennzeichenverletzungen begründete tatsächliche Vermutung einer Wiederholungsgefahr (§ 15 Abs. 4 S. 1 MarkenG) nicht durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 14.02.2008 – I ZR 162/05, GRUR 2009, 1162, 1166 [BGH 30.04.2009 – I ZR 42/07] Tz. 64 – DAX).

Soweit die Nutzung eines Firmenbestandteils nur untersagt werden kann, wenn eine Begehungsgefahr für seine isolierte Benutzung besteht, da ein Antrag auf Unterlassung der Benutzung eines Firmenbestandteils weiter reicht als ein gegen die Verwendung der Gesamtbezeichnung gerichteter Verbotsantrag (BGH, Urteil vom 05.11.2005 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 708 [BGH 05.11.2015 – I ZR 50/14] Tz. 34 – ConText), besteht eine solche Gefahr hier. Die Beklagte hat das Wortzeichen „intercontrol“ nicht nur im Rahmen ihres Logos in hervorgehobener Weise benutzt, es ist auch allein kennzeichnender Teil der Domain www.(…).eu/de sowie der E-Mail-Adresse info@(…).eu, derer sich die Beklagte unstreitig gemeinsam mit ihrer niederländischen Muttergesellschaft (und dem belgischen Konzernunternehmen) bedient hat.

3. Der Unterlassungsanspruch ist auch nicht verjährt. Die Beklagte nutzt die angegriffenen Zeichen nach Art einer Dauerhandlung nach wie vor.

4. Die Annahme einer Verwirkung scheidet ebenfalls aus (§ 21 Abs. 2 MarkenG).

Hierfür müsste die Klägerin die streitgegenständliche Benutzung während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis der Zeichennutzung geduldet oder sich einer Kenntnisnahme verschlossen haben (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2005 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, 708 [BGH 05.11.2015 – I ZR 50/14] Tz. 36 – ConText).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vor dem Jahr 2013 – in dem erstmals eine Verwechslungsanfrage bei der Klägerin eingegangen sein soll – lässt sich nicht feststellen.

Die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung greifen daher ebenfalls nicht (§ 21 Abs. 4 MarkenG i.V.m. § 242 BGB).

5. Die Klägerin muss die Zeichennutzung durch die Beklagte auch nicht unter dem Aspekt einer langjährigen Koexistenz dulden.

Maßgeblicher Kollisionszeitpunkt ist das Jahr 2013. Die Beklagte ist zwar schon im Jahr 2008 gegründet worden, ihr ehemaliger Geschäftsführer hat aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht – von der Beklagtenseite unwidersprochen – vorgetragen, den Geschäftsbetrieb der Beklagten ab dem Jahr 2013 aufgebaut zu haben (§ 138 Abs. 3 ZPO, vgl. Bl. 647, 655 d.A.). Hierauf aufsetzend hat die Klägerin geltend gemacht, es sei daher erst zeitlich danach zu Verwechslungen gekommen.

Mit Blick auf die Klageerhebung Mitte 2015 hat keine jahrelange störungsfreie Koexistenz der Kollisionszeichen vorgelegen (vgl. insofern OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 08.06.2017 – 6 U 249/16, GRUR-RR 2017, 308, 309 Tz. 25 ff. m.w.N. – ELVAPO/EVAPO).

6. Die Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.

II. Die Klägerin hat analog § 37 Abs. 2 S. 1 HGB auch einen Anspruch darauf, dass die Beklagte in die Löschung des Firmenbestandteils „Intercontrol“ in ihrer beim Amtsgericht Stadt1, HRB … eingetragenen Firma Intercontrol Mess- und Regeltechnik GmbH einwilligt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 04.03.1993 – I ZR 65/91, GRUR 1993, 567, 577 f. [OLG Köln 21.08.1992 – 6 U 66/62] – Datatel; BGH, Urteil vom 15.10.1976 – I ZR 23/75, GRUR 1977, 159, 160 f. – Ostfriesische Tee-Gesellschaft). Sie hat diesen Antrag zu Recht auf den verwechslungsfähigen Firmenbestandteil beschränkt. Denn ein Antrag auf Einwilligung in die Löschung der vollen Firma reicht weiter als ein Antrag auf Einwilligung in die Löschung eines Firmenbestandteils (BGH, Urteil vom 05.12.2012 – I ZR 85/11, GRUR 2013, 833, 835 Tz. 26 – Culinaria/Villa Culinaria).

III. Darüber hinaus kann die Klägerin von der Beklagten gemäß §§ 242, 259 BGB Auskunft und Rechnungslegung über den Umfang der im Tenor zu I. 1. bezeichneten Handlungen sowie unter Angabe der erzielten Umsätze und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Verbreitungsgebiet, verlangen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Klageantrag zu I. 3. mit Blick auf seinen Rückbezugs auf den Antrag zu I. 1. nicht zu weit.

Die Angaben über die Umsätze und Werbung der Beklagten können für die Frage einer Marktverwirrung eine Rolle spielen. Der Klägerin stehen diese Auskünfte zu, da sie ihren Schadensersatzanspruch unter anderem nach den Grundsätzen der Lizenzgebühr ermitteln darf (vgl. § 15 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 14 Abs. 6 S. 3 MarkenG; BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 161/07, GRUR 2010, 239, 241 Tz. 29 – BTK).

Das erforderliche Verschulden liegt vor (vgl. insofern BGH, Urteil vom 19.02.2009 – I ZR 135/06, GRUR 2009, 685, 688 f. Tz. 34 – ahd.de). Angesichts der hohen Sorgfaltspflichtanforderungen im gewerblichen Rechtsschutz muss sich die Beklagte eine zumindest fahrlässige Verletzung des Klagezeichens vorwerfen lassen.

Da dieses allein in der Bundesrepublik Deutschland Kennzeichenschutz genießt, beschränkt sich die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung auch ohne dahingehende Einschränkung auf das Inland.

Den Tenor hat der Senat rein klarstellend auf den Zeitraum ab dem 01.01.2010 beschränkt. Die mit dem Antrag zu I. 3. begehrten Informationen dienen der Schadensersatzberechnung. Ihren Antrag auf Schadensersatzfeststellung hat die Klägerin jedoch selbst auf Handlungen seit Anfang 2010 begrenzt.

IV. Der klägerische Anspruch auf Schadensersatzfeststellung folgt aus § 15 Abs. 5 MarkenG.

Das nach § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da die Klägerin ihren Ersatzanspruch erst im Anschluss an die Erteilung der begehrten Auskünfte beziffern kann.

Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs ist die Beklagte mit ihrer zweitinstanzlich erhobenen Verjährungseinrede zwar nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert, da die dieser zugrundeliegenden Tatsachen unstreitig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 23.06.2008 – GSZ 1/08, NJW 2008, 3435 ff. Tz. 9 ff), ein der Klägerin für die Jahre vor 2012 zustehender Schadenersatzanspruch ist jedoch nicht gemäß § 20 S. 1 MarkenG i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren hat nicht vor dem Jahr 2013 zu laufen begonnen – die Klägerin hat bereits Mitte 2015 Klage erhoben. Eines Rückgriffs auf den gemäß 20 S. 2 MarkenG i.V.m. § 852 BGB noch Eintritt der Verjährung bestehenden Anspruch auf Herausgabe des durch die Kennzeichenverletzungen Erlangten nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie bedarf es daher nicht.

V. Die Klage auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat das Landgericht allerdings zu Recht abgewiesen.

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit der Patentanwälte in Höhe von € 2.675,00 – 1,5-Gebühr aus € 150.000,00 zuzüglich € 20,00 Kostenpauschale – zuzüglich Zinsen besteht nicht (§§ 670, 683 S. 1, 677 BGB).

1. Die klägerischen Patentanwälte wiesen die Beklagte mit Schreiben vom 19.12.2014 auf die Marken und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin hin. Sie gaben ihr Gelegenheit, bis spätestens 09.01.2015 mitzuteilen, warum sie sich berechtigt fühle, die beanstandete Bezeichnung als Unternehmenskennzeichen zu verwenden. Für den Fall, dass die Beklagte keine stichhaltigen Rechtfertigungsgründe haben sollte, wurde sie aufgefordert, bis spätestens 09.01.2015 die dem Schreiben als Anlage beigeführte, vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben (vgl. Anlage K 16, Bl. 191 ff. d.A.).

Dieses Schreiben stellt kein Abmahnschreiben, sondern eine bloße Berechtigungsanfrage dar. Eine Abmahnung zeichnet sich durch ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsverlangen aus (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 12.08.2004 – I ZR 98/02, juris, Rn. 13 – Verwarnung aus Kennzeichenrecht; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 06.12.2005 – 11 U 18/05, juris, Rn. 21). Eine solche unbedingte Unterlassungsforderung beinhaltet das Patentanwaltsschreiben vom 19.12.2014 nicht. Es ist nicht geeignet, der Beklagten wegen einer bereits vorprozessual erfolgten, unbedingten Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung unter Androhung eines Gerichtsverfahrend im nachfolgenden Prozess ein sofortiges Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO abzuschneiden (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 31.01.2006 – 5 W 12/06, GRUR 2006, 616).

2. Nachdem die Beklagte die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Anwaltsschreiben vom 16.01.2015 abgelehnt hatte (Anlage B 1, Bl. 288 – 292 d.A.), nahmen die klägerischen Patentanwälte Bezug auf die Beantwortung ihrer „Berechtigungsanfrage“ und gaben der Beklagten bis zum 06.03.0215 Gelegenheit zur Rückäußerung zu einigen rechtlichen Aspekten (Anlage B 1, Bl. 293 f. d.A.).

Auch dieses Schreiben stellt – selbst in Zusammenschau mit dem ersten Schreiben – keine erstattungsfähige Abmahnung dar.

3. Eine weitere vorgerichtliche Anwaltstätigkeit ist weder erkennbar noch würde sie unter dem Gesichtspunkt einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. des Schadensersatzes einen Erstattungsanspruch auslösen. Denn ein erneutes Schreiben wäre objektiv nicht erfolgversprechend gewesen.

B. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Klägerin hat nach §§ 92 Abs. 1 S. 1, 2. Alt., 269 Abs. 3 S. 1 ZPO zehn Prozent der erstinstanzlichen Kosten zu tragen. Ihre Zuvielforderung betreffend die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist zwar insgesamt verhältnismäßig geringfügig, auch hat diese keine zusätzlichen Kosten verursacht, allerdings hat die Klägerin schon erstinstanzlich ihren zusätzlichen Antrag auf Löschung der beiden Domains www.(…).eu und www.(…).info zurückgenommen (Bl. 549 d.A.). Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Löschungsantrags bewertet der Senat ihr Teilunterliegen in erster Instanz mit zehn Prozent.

Mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat fallengelassen Wendung „die Herstellung bzw.“ im Klageantrag zu I. 1. ist kein weiteres Teilunterliegen verbunden gewesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Senat daher gemäß §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 ZPO insgesamt der Beklagten auferlegt.

C. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht.

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