OLG Frankfurt am Main, 15.02.2018 – 6 U 247/16

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 15.02.2018 – 6 U 247/16
Leitsatz:

1.

Nach erfolgreicher Patentvindikation richten sich die Ansprüche des bösgläubigen Vindikationsschuldners auf Ersatz der für die Anmeldung und Aufrechterhaltung des Patents gemachten Anwendungen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 994 I i.V.m. 683, 684 BGB).
2.

Der Vindikationsgläubiger kann sich jedenfalls dann nicht mit Erfolg darauf berufen, die Anmeldung habe nicht seinem mutmaßlichen Willen entsprochen, wenn er den Vindikationsschuldner während des Vindikationsprozesses zur Zahlung der Jahresgebühren aufgefordert und nach Rechtskraft des Vindikationsurteils selbst noch Jahresgebühren entrichtet hat.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.11.2016 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313a ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Wie das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen hat, steht der Klägerin die geltend gemachte Hauptforderung aus §§ 994 II, 683 S. 1, 684 S. 1 BGB zu.

Nachdem die Klägerin die Erfindung der Beklagten unberechtigt angemeldet hat und der Beklagten demzufolge der mit inzwischen rechtskräftigen Urteil des Landgericht Frankfurt a. M. vom 16.3.2016 (2/6 O 410/15) zuerkannte Vindikationsanspruch zustand, richten sich die Ansprüche der Klägerin auf Ersatz ihrer Aufwendungen für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Patents nach den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (vgl. BGH GRUR 1982, 95 – Pneumatische Einrichtung; Senat, Urt. v. 25.9.2014 – 6 U 149/13, juris; GRUR-RR 2017, 294 – Transportfahrzeuge, Rn. 74). Entgegen der vom Beklagtenvertreter in der Senatsverhandlung vertretenen Auffassung kommt es daher nicht darauf an, ob etwa die Anmeldung des Patents selbst als notwendige Verwendung einzustufen ist.

Da – wovon das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgegangen ist – die Klägerin bei Anmeldung des Patents bösgläubig war, kann die Klägerin gemäß § 994 II BGB Ersatz der genannten Aufwendungen lediglich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Nach dem Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass die Aufwendungen für Anmeldung und Aufrechterhaltung des Patents entweder dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprachen (§ 683 S. 1 BGB) oder von der Beklagten jedenfalls nachträglich genehmigt worden sind (§ 684 S. 2 BGB).

Wenn der an der Erfindung tatsächlich Berechtigte gegen den nichtberechtigten Anmelder einen Vindikationsanspruch geltend macht und gerichtlich verfolgt, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Berechtigte die Anmeldung selbst weiterverfolgen bzw. das darauf erteilte Patent selbst nutzen oder verwerten will mit der Folge, dass auch die für Anmeldung und Aufrechterhaltung des Schutzrechts erforderlichen Aufwendungen regelmäßig im mutmaßlichen Interesse des Berechtigten liegen. Diese Vermutung hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht widerlegt. Zwar beruft sie sich darauf, sie habe den Gegenstand der Erfindung nur für eine einmalige Werbeaktion nutzen wollen und daher an dem Patent tatsächlich keinerlei Interesse gehabt; die Vindikationsklage habe sie allein erhoben, um damit Ansprüche der Klägerin aus dem Patent abwehren zu können. Diese Darstellung steht jedoch in unvereinbarem Widerspruch dazu, dass die Beklagte mit der Vindikationsklage zugleich auch Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Erfindung gegenüber der Klägerin geltend gemacht, während des Vindikationsprozesses die Klägerin ausdrücklich zur Zahlung der zur Aufrechterhaltung erforderlichen Gebühren aufgefordert (Schreiben vom 29.6.2015, Anlage K 5) und – wie der Klägervertreter in der Senatsverhandlung unstreitig gestellt hat – nach Rechtskraft des Vindikationsurteils die Jahresgebühren für das Jahr 2016 noch selbst gezahlt hat. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass auch die von der Klägerin zuvor getätigten Aufwendungen im mutmaßlichen Interesse der Beklagten lagen oder von ihr zumindest nachträglich genehmigt worden sind.

Für die rechtliche Beurteilung ist unerheblich, ob das Patent – was zwischen den Parteien streitig ist – inzwischen durch Nichtzahlung der Jahresgebühren für das Jahr 2017 erloschen ist. Auf eine dadurch eingetretene Entreicherung (§ 818 BGB) kann sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 684 S. 1 BGB nur anwendbar wären, wenn – anders als hier – die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht vorlägen.

Dass die Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe zum Erwerb und zur Aufrechterhaltung des Patents erforderlich waren, hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht; hiergegen wendet sich die Beklagte in der Berufungsbegründung auch nicht. Das gleiche gilt für den zuerkannten Zinsanspruch.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) sind nicht erfüllt.

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