OLG Frankfurt am Main, 15.05.2014 – 12 U 112/11

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 15.05.2014 – 12 U 112/11
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 5. Mai 2011 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und neu gefasst.

1. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 22.366,43 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2014 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte der Klägerin aus dem bei der Beklagten geführten Kapitallebensversicherungsvertrag 1.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1 bezeichneten Gegenleistung in Verzug befindet.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 23 % und die Beklagte 77 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1

I.

Die Beklagte ist ein englisches Versicherungsunternehmen, das Lebensversicherungen anbietet. Der Versicherungsnehmer zahlt bei den A-Policen der Beklagten einen Einmalbeitrag bzw. regelmäßige Beitrage bei der Beklagten ein. Die Einzahlungen fließen in einen „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“. Dafür werden dem Versicherungsnehmer Anteile an diesem Pool zugewiesen. Die Beklagte setzt jährlich eine Dividende fest, die den Wert und damit den Rücknahmepreis der Anteile erhöht. Sie garantiert keine Mindestdividende, sondern nur, dass am Ende der Vertragslaufzeit der Wert der Anteile höher ist als am Anfang und dass tatsächlich vorgenommene Erhöhungen nicht mehr zurückgenommen werden. Darüber hinaus kann der Versicherungsnehmer Gewinn- beziehungsweise Überschussbeteiligungen in Form des sogenannten Fälligkeitsbonus erhalten, der insbesondere der Ablaufleistung und bestimmten Auszahlungen zugeschlagen wird.
2

Die 1969 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten im September 2002 zwei Kapitallebensversicherungen ab. Versicherungsbeginn war jeweils der 12.9.2002. Als Ablaufdatum ist der 12.9.2064 vorgesehen.
3

Für die A1-Police (2) war die Zahlung eines Einmalbetrages von 23.000,00 € vereinbart. Beginnend im September 2003 und endend im September 2026 sollten jährliche Auszahlungen von 2.000,00 € erfolgen, bei einer angenommenen Wertentwicklung von jeweils 8,5 % p. a.. Die Anteile sind dem B-Pool Serie … zugeordnet. Den Einmalbetrag für die A1-Police finanzierte die Klägerin durch Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 20.000,00 € bei der Bank1. Darüber hinaus war von ihr ein Eigenkapitalanteil von 5.600,00 € aufzubringen. Das Darlehen sollte durch die Rückgabe der Fondsanteile eines zeitgleich abgeschlossenen separaten Investmentfonds (als Tilgungskomponente) bei Endfälligkeit zurückgeführt werden. Den Investmentfond hatte die Klägerin an die Bank1 verpfändet. Die Darlehenszinsen und die Beiträge für den Fondssparplan sollte die Klägerin selbst erbringen.
4

In die A2-Police (Nr. 1) sind über die Dauer von 25 Jahren ab Vertragsbeginn jährlich 2.000,- € einzuzahlen. Seine Anteile sind dem B-Pool (Serie …) zugeordnet.
5

Die Verträge sind Bausteine des als B-… Plan bezeichneten Anlagemodells, mit dem den Anlegern eine bankfinanzierte Rente verschafft werden soll. Bei dem B-… Plan sollten die Anleger den darlehensweise aufgenommen Betrag in die mit dem Einmalbetrag finanzierte Kapitallebensversicherung mit regelmäßiger jährlicher Auszahlung investieren, die in eine zweite Kapitallebensversicherung als regelmäßige jährliche Beitragszahlung reinvestiert werden sollten, mit Ausnahme des Beitrages für das erste Jahr, wo der Betrag von 2000,00 € aus Eigenmitteln zu erbringen war. Aus dieser zweiten Kapitallebensversicherung sollte der Anleger nach einer Beitragszahldauer von 25 Jahren monatliche Auszahlungen (hier 1.000,00 €) erhalten.
6

Das Anlagemodell und seine Finanzierung waren der Klägerin von C, Geschäftsführer der D GmbH, vermittelt worden. Der genannte Finanzmakler war im Verhältnis zur Beklagten Untervermittler des Versicherungsvertrages, Hauptvermittler waren von der Beklagten als „Masterdistributoren“ bezeichnete Finanzvermittler, denen die Beklagte, die in Deutschland keine Agenturen unterhält, den Vertrieb ihrer Versicherungsprodukte überlassen und mit denen sie Courtagevereinbarungen geschlossen hatte. Der Vermittler C hatte der Klägerin am 5.7.2002 ein Berechnungsbeispiel (K1), einen Tilgungsplan der Bank1 (K2) und eine Informationsschrift der Beklagten (K3) übergeben. Das Berechnungsbeispiel baute auf einer Wertentwicklung von 8,5 bis 9,5 % p.a. auf und wies ein nach 25 Jahren verbleibendes erhebliches Guthaben aus. In einem weiteren Besprechungstermin am 11.7.2002 überreichte Herr C der Klägerin eine Musterberechnung für die A1 (K6) und A2 Policen (K7). Die Klägerin unterzeichnete noch am 11.7.2002 die Versicherungsanträge.
7

Mit den Antragsformularen vom 11.7.2002 wurden der Klägerin die Policenbedingungen (LW2), die Verbraucherinformationen (LW3) und die Poolinformationen (LW4) ausgehändigt (18, 92 d. A.).
8

Die bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherungen nahmen nicht die erhoffte Wertentwicklung, um die Beiträge der A2-Police aus den Erträgen der A1-Police vollständig ratierlich zu bedienen. Der deklarierte Wertzuwachs betrug in den Jahren 2002 3,5 %, 2003 3 %, 2004 1,5 %, 2005 0,5 %. Aus anderen Verfahren ist dem Senat gerichtsbekannt, dass der deklarierte Wertzuwachs im Jahr 2006 0,5 %, 2007 0,5 % und 2008 1 % betrug.
9

Die Klägerin hat dargelegt, der Vermittler C habe ihr in den Beratungsgesprächen vom 5.7. und 11.7.2011 eine Wertentwicklung von 8,5 bis 9,5 % p.a. für die Lebensversicherungspolicen genannt. Die A1 Police speise die A2 Police, was ihr ab 2027 monatliche Auszahlungen von 1.000,- € aus der A2 Police erbringe. Er habe darauf hingewiesen, dass die in der Musterberechnung angenommene Rendite von 8,5 % einen erheblichen Sicherheitsabschlag beinhalte, die Rendite der Beklagten immer mehr als 11 % betragen habe, und hierzu auf die Werbebroschüre der Beklagten „E …“ verwiesen (K3). Die Beklagte habe wissentlich zugelassen, dass die D und deren Untervermittler mit überhöhten historischen Renditen warben und im Rahmen ihrer Berechnung überhöhte Renditen von mindestens 8,5 % als realistisch dargestellt hätten, obwohl dies 2002 nicht mehr der Fall gewesen sei.
10

Die Information der Beklagten, dass sie Anteile an einem bestimmten Pool erwerbe, sei unzutreffend. Sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass es sich bei den Pools lediglich um eine mathematische Zuschreibung handele, nur ein einheitlicher Rücklagentopf existiere und sie indirekt die Garantieleistungen für die anderen Anleger mit finanziere. Für die Gewährung der Garantien vereinnahme die Beklagte Kosten, die in den Unterlagen nicht ausgewiesen seien. Die Klägerin habe von dem Glättungsverfahren („Smoothing“) keine Kenntnis gehabt.
11

Die Klägerin hat behauptet, dass sie bei zutreffender Kenntnis und Information die zu dem B-… Plan gehörenden Versicherungsverträge und den Darlehensvertrag nicht gezeichnet hätte.
12

Sie hat erstinstanzlich verlangt, so von der Beklagten gestellt zu werden, wie sie ohne Abschluss des Darlehens und der Lebensversicherungsverträge stünde. Sie habe neben dem Darlehen, dass noch in Höhe von 20.000,00 € valutiere, 5.600,00 € Eigenkapital geleistet und Zinsen von bislang 9.363,-€ an die Bank1 gezahlt.
13

Erst im Sommer 2008 habe sie erkannt, dass sich die Policen nicht so erfolgreich entwickeln würden.
14

Die Klägerin hat beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin hinsichtlich der Darlehensrückzahlungsverpflichtung in Höhe eine Betrages von 20.000,00 € aus dem Darlehensvertrag mit der Bank1 Nr. 3 freizustellen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen weiteren Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem unter Ziff. 1 genannten Kreditvertrag freizustellen, insbesondere von weiteren Zinszahlungen, Vorfälligkeitsentgelte etc..
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 14.963,00 € zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. Die Verurteilung zu den Ziffern 1.-3. erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin auf Rückabtretung der an die Bank1 abgetretenen Ansprüche der Klägerin aus den Versicherungsverträgen mit der E Group Limited, Vertrag Nr. 2 sowie Vertrag Nr. 1.

15

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bezüglich etwaiger Ansprüche hinsichtlich der A1 Police wegen der Abtretung an die darlehensfinanzierende Bank angezweifelt. Sie hat eingewandt, die Klägerin nicht unzutreffend beraten zu haben. Wesentlicher Grund für die langfristige Konzeption sei, dass die Beklagte eine Glättung des Wertzuwachses über den Anlagezeitraum vornehme („Smoothing“). Die interne Unterteilung in Pools erfolge nur zur Berechnung von Leistungen. Entwickelten sich die Vermögenswerte gut, werde nur ein Teil über den deklarierten Wertzuwachs an den Versicherungsnehmer weitergegeben, bei schlechter Entwicklung würden Zuteilungen aus den Reserven finanziert. Garantierte Leistungen würden zunächst aus den Reserven des Pools erbracht. Reichen diese nicht aus, würden Garantieansprüche der Versicherungsnehmer fällig. Die Beklagte griffe dann „in geringem Umfang“ auf die Gesamtreserven im F-Fund zurück. Die Klägerin sei durch die Musterberechnungen (K6, K7) über mögliche geringere Renditen aufgeklärt worden. Ihre Behauptung, dass sie bei richtiger Aufklärung über Vergangenheitsrenditen bzw. Garantiekosten nicht abgeschlossen hätte, sei vorgeschoben. An der Konzeption und dem Vertrieb des B-… Plan sei die Beklagte nicht beteiligt gewesen. Über die Umstände oder etwaige Zusicherungen Dritter, die den Vertragsabschlüssen mit der Klägerin vorangegangen seien, könne sie mangels eigener Kenntnis keine Angaben machen, da sie bis zur Einreichung und Annahme der Anträge an deren Zustandekommen nicht beteiligt gewesen sei. Sie hat den Klägervortrag hierzu mit Nichtwissen bestritten.
17

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Die Klägerin habe aus ihren jährlichen Kontoauszügen erkennen können und müsse dies auch seit Erhalt des dritten Auszugs im Jahr 2005 erkannt haben, dass die Versicherungen die zugrunde gelegten Renditen nicht erzielten. Verjährung sei spätestens 2008 eingetreten.
18

Das Landgericht hat mit Urteil vom 5.5.2011, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
19

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie zunächst ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt hat. Zur Begründung der Berufung wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichern Vortrag und wendet sich gegen die Annahme des Landgerichts, dass § 12 VVG a. F. anwendbar sei und ihre Ansprüche verjährt wären.
20

Nach den Hinweisen des Senats mit Verfügung vom 21.02.2014 (Bl. 328 d. A.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, legte die Klägerin zur Entwicklung des Darlehens eine im Verlauf des Berufungsverfahrens zwischen ihr und der Bank1 geschlossene Vereinbarung vom 16./17.11.2011 vor (K41). Ausweislich dieser Vereinbarung wurde der Darlehensvertrag aufgehoben. Die Bank1 erließ der Klägerin 3000,00 €. Die Restforderung aus dem Darlehensvertrag belief sich danach noch auf 17.000,00 €. Nach Kündigung der abgetretenen A1-Police zahlte ihr die Beklagte einen Rückgabewert von 5.505,41 €, sodass nach Anrechnung auf die Restforderung noch eine Schlusszahlung von 11.494,59 € verblieb, deren Zahlung die Bank1 mit Schreiben vom 25.1.2012 der Klägerin bestätigt hat.
21

Die Klägerin beziffert den Schaden, den sie nunmehr ersetzt verlangt, auf insgesamt 27.748,10 €, die sich aus folgenden Positionen zusammensetzen: Eigenkapital (5.600,00 €), Zinsdienst 2004-2008 (6.589,80 €), Zinsdienst 2009-2012 (4.063,71 €) und Schlusszahlung 11.494,59 €.
22

Die Klägerin beantragt nach Erledigungserklärung des Rechtsstreits im Übrigen,
23

1. unter Abänderung des am 05.05.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt, Az. 17 O 328/10, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 27.748,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Police der Nummer 1 der Beklagten,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.
24

Die Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung an, soweit in den Anträgen der Klägerin eine solche enthalten ist und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.
Hilfsweise,
das Verfahren an das Landgericht Darmstadt zurückzuverweisen.

25

Die Beklagte verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Policen seien zum Rentenaufbau geeignet und die Erwartung einer künftigen Rendite von 8,5 % realistisch und objektiv gerechtfertigt gewesen. Sie nimmt zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, unter Bezugnahme auf obergerichtliche Entscheidungen Stellung, insbesondere zu der Aufklärungspflichtverletzung bezüglich der Quersubventionierung und des Glättungsverfahrens wie auch zur Renditeprognose und vertieft diesen Vortrag durch Vorlage sachverständiger Stellungnahmen der Wirtschaftsprüfer G AG vom 4.9.2013 zur Eignung der Renditeprognosen von 8,5 % in den Jahren 1999 bis 20022 und H LLP vom 5.7.2013 zum Glättungsverfahren. Noch im Jahr 2002 sei eine Renditeerwartung von 8,5 % realistisch und vertretbar gewesen; die in den Musterberechnungen der Beklagten als gerechtfertigt bezeichnete Prognose von 6 % beruhe auf einer Vorgabe der englischen Finanzaufsicht und sei auf die Anlagestruktur der Beklagten nicht übertragbar.
26

Die Beklagte behauptet erstmals, dass die Klägerin zu einer Renditeprognose von nur 6 % p. a. sowie über das Glättungsverfahren, seine Auswirkungen und Wirkungsweisen von dem Vermittler C aufgeklärt worden sei. Die Klägerin könne sich für die Kausalität der vom Bundesgerichtshof unterstellten Aufklärungsmängel zur Poolverwaltung nicht auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Die Klägerin hätte die Versicherungen auch abgeschlossen, wenn sie über die Einzelheiten der Beitragsverwaltung aufgeklärt worden wäre. Es sei ihr allein darauf angekommen, mit der Versicherung hohe Renditen zu erwirtschaften. Unter Zugrundelegung welcher Poolverwaltung sie diese erziele, sei für sie uninteressant gewesen. Dass die Beklagte bei Vertragsschluss eine Rendite von 6 % als gerechtfertigt erachte, habe für die Klägerin keine entscheidende Rolle gespielt. Wenn die Klägerin sich gegen den Abschluss einer Versicherung mit der Beklagten entschlossen hätte, hätte sie eine andere Kombination gewählt und nicht insgesamt von der fremdfinanzierten Anlage Abstand genommen. Die Beklagte bietet zum Beweis dieses neuen Vortrags den Vermittler C als Zeugen an und die Einvernahme der Klägerin als Partei.
27

Unterstellt, die Beklagte habe eine zu positive Renditeerwartung vermittelt, sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch auf die Differenz zur erwarteten Rendite begrenzt. Schäden wegen mangelnder Aufklärung über die Glättung seien nicht ersichtlich. Der neue Berufungsvortrag der Klägerin zum Schaden sei verspätet und nicht zu berücksichtigten. Die Klägerin habe erstinstanzlich versäumt, die Zinsen nachzuweisen, und sie habe auch jetzt die Zinsleistungen aus dem Jahr 2007 nicht bewiesen, zudem die Auszüge aus den Jahren 2009 bis 2012 nicht vorgelegt. Der Schaden bleibe daher bestritten.
28

Zur Verjährung trägt sie neu und unter Beweisantritt vor, die Klägerin habe spätestens 2006 Kenntnis der Verwaltung der Beiträge gehabt. Jedenfalls habe sie hinreichenden Anlass gehabt, sich diese Kenntnis zu verschaffen, da jeder Versicherungsnehmer im Jahr 2006 ein Rundschreiben mit einem F-Newsletter als Anlage erhalten habe, mit denen die Beklagte ihre Versicherungsnehmer auf die Unterlagen aufmerksam gemacht habe, aus denen sich die Einzelheiten zu Prämienverwaltung der Beklagten ergeben hätten und die Klägerin zu diesem Zeitpunkt Anlass gehabt hätte, sich zu vergewissern, dass ihr Verständnis den Tatsachen entsprochen habe.
29

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
30

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet. Die Klägerin hat mit Ausnahme des behaupteten Zinsschadens für die Jahre 2007 und 2009 bis 2012 Anspruch auf Ersatz des zuletzt geltend gemachten Schadens, der ihr aufgrund des Abschlusses des Darlehensvertrages und der Lebensversicherungsverträge wegen vorvertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen der Beklagten entstanden ist, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der noch bei der Beklagten geführten A2-Police, §§ 280, 311 Abs. 2 BGB.
31

Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht nach § 538 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, insbesondere ist keine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig.
32

A.

Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit folgt aus Art. 9 Abs. 1 lit. b, 16 Abs. 1 i. V. m. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO.
33

B.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Sicherungszession der A1-Police gegenüber der Bank1 hat die Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nicht umfasst. Zur näheren Begründung bezieht sich der Senat insoweit auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 11.7.2012 (IV ZR 286/10, RN 15-17). Nach der im Einvernehmen mit der Bank1 ausgesprochenen Kündigung der A1-Police und der Verrechnung ihres von der Beklagten erstatteten Rückgabewertes mit der Restschuld aus dem Darlehensvertrag ist auch der Sicherungszweck entfallen.
34

2. Die Beklagte war der Klägerin nach den Grundsätzen der anlegergerechten Beratung zur Aufklärung verpflichtet.
35

1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, muss die Beklagte bei der Anbahnung eines Vertragsschlusses über die auch hier geschlossenen A-Policen, weil es sich um Kapitalanlagen handelt, bei der der Versicherungszweck nur eine ganz untergeordnete Bedeutung hat, Anleger über die für den Anlageentschluss besonders bedeutsamen Umstände verständlich und vollständig informieren. Dies zeigt sich hier schon daran, dass die garantierte Todesfallleistung bei der A1-Police nur „101 % des Vertragswertes“ beträgt und bei der A2-Police nur „30.000 EUR oder 100 % des Vertragswertes, je nachdem welches der höhere Wert ist. Dies entspricht 60 % des Beitragsumfangs.“ Gegenüber der Renditeerwartung war dies von untergeordneter Bedeutung. Soweit die Informationserteilung durch den (Unter-)Vermittler nicht oder inhaltlich unvollständig oder unzutreffend geschieht, muss die Beklagte sich dies zurechnen lassen, weil sie den Vertrieb und damit auch die Erfüllung ihrer eigenen Informationspflichten anderen Finanzvermittlern überlassen hat (BGH, IV ZR 164/11, RN 53).
36

Der kapitalbildenden Lebensversicherung wird damit nicht der Charakter eines Versicherungsvertrages abgesprochen. Bei den hier maßgeblichen A1 und A2-Versicherungen handelt es sich zwar um Lebensversicherungen; im Vordergrund steht allerdings bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Kapitalanlage und nicht die Absicherung des Todesfallrisikos, was bereits die angenommenen Renditeerwartungen zeigen (OLG Frankfurt, 24 U 131/11, RN 69).
37

2) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 11.07.2012 steht auch nicht im Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 12.10.2005 (IV ZR 162/03). Vorliegend wird lediglich zur Konkretisierung der im gesetzlichen Schuldverhältnis der Vertragsanbahnung auch für den Versicherer bestehenden vorvertraglichen Aufklärungspflichten auf die für die Kapitalanlage geltenden Grundsätze zurückgegriffen.
38

3) Im Übrigen war die Beklagte auch versicherungsvertragrechtlich verpflichtet, die Klägerin über die Funktionsweise und die Risiken der streitgegenständlichen A Policen aufzuklären und zu beraten, sofern ein solcher Beratungsbedarf bestand. Ein spezifischer Beratungsbedarf ist anzunehmen, wenn über die Risikoabsicherung hinaus eine Vermögensanlage verfolgt wird. Davon ist hier auszugehen (Römer/Langheid, VVG, 3. Aufl. 2012, § 6 RN 9; OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.11.2013, 12 U 134/12).
39

3. Die Beklagte hat die ihr im Rahmen der Vertragsverhandlungen obliegenden Aufklärungspflichten verletzt, indem sie gegenüber der Klägerin bei Vertragsschluss ein unzutreffendes zu positives Bild ihrer eigenen Renditeerwartung gegeben hat.
40

1) Bei Vertragsabschluss wurde gegenüber der Klägerin der Eindruck erweckt, dass die Prognose einer Durchschnittsrendite von 8,5% realistisch ist. In den „unverbindlichen Musterberechnungen“, zu beiden Policen, mit denen die Klägerin über die zu erwartende Wertentwicklung aufgeklärt worden ist, wird jeweils auf den Seiten 1 und 5 eine Rendite von 8,5% zugrunde gelegt, die auf Seite 1 bei der Ablaufleistung und auf Seite 5 bei der Darstellung von Policewert und Todesfallleistung als alleiniger Wert angenommen wird. Die Musterberechnungen erwecken daher den Eindruck, dass mit dieser Rendite aufgrund einer sachlich gerechtfertigten Prognose der Beklagten gerechnet werden kann. Tatsächlich hat die Beklagte – wie sich auch aus Ziff. 5 der Hinweise zu den „unverbindlichen Musterberechnungen“ ergibt – aber nur die Prognose einer Wertentwicklung von 6% als gerechtfertigt angesehen. Selbst wenn der Klägerin, so der Beklagteneinwand, bewusst gewesen wäre, dass die Rendite aus den Lebensversicherung nicht garantiert ist, steht dies einer Aufklärungspflichtverletzung aber nicht entgegen, da die Beklagte eine konkrete Renditeprognose abgegeben hat. Werden konkrete Aussagen über eine zu erwartende Wertentwicklung gemacht, müssen diese ein realistisches Bild vermitteln; zeichnet sich bereits bei Vertragsschluss ab, dass diese Werte tatsächlich nicht erreicht werden können, ist der Interessent hierüber aufzuklären (BGH, IV ZR 164/11, RN 54). An einer solchen Aufklärung fehlt es.
41

Sie ergibt sich nicht aus Ziff. 5 der Hinweise in den „unverbindlichen Musterberechnungen“ der Beklagten. Auch wenn dort die von der Beklagten tatsächlich angenommene Wertentwicklung von 6% erwähnt wird, ist dieser Hinweis angesichts des Umstands, dass auf sämtlichen Seiten zuvor die Musterberechnung durchgehend auf der Grundlage einer Rendite von 8,5% durchgeführt wurde und sich der Hinweis auf die tatsächlich angenommene – niedrigere – Wertentwicklung nur kleingedruckt und erst auf Seite 6, mithin auf der letzten Seite der Musterberechnung findet, nicht ausreichend; Anordnung und Kontext des Hinweises gewährleisten nicht, dass der Anleger hiervon in der gebotenen Weise Kenntnis nimmt.
42

Sie folgt auch nicht aus der Tabelle, S. 2 ff. der Musterberechnung. Auch wenn dort neben einer Rendite von 8,5 % als weitere Szenarien Renditen von 4,5 %, 6 % und 9,5 % aufgeführt werden, wird dadurch die von der Beklagten tatsächlich angenommene Wertentwicklung von 6 % nicht hinreichend deutlich erwähnt, zumal durch die Aufnahme einer noch höheren Renditemöglichkeit und der durchgehenden Annahme von 8,5 % als „angenommene Wertentwicklung“ der Eindruck erweckt wird, es handele sich um den realistisch erzielbaren Wert. Die Darstellung offenbart nicht die tatsächlich von der Beklagten als gerechtfertig bezeichnete Wertentwicklung von 6 %.
43

Die A1-Police konnte bei dem Zinssatz von 6 % p. a. nicht einmal die erforderliche jährliche Auszahlung von 2000,- € zur Reinvestition in die A2 Police während der Beitragsdauer der letztgenannten Versicherung von 25 Jahre sicherstellen. Nach der Musterberechnung hätten bei diesem Zinssatz ab dem 18. Versicherungsjahr weitere Leistungen der Klägerin für die Finanzierung der A2 Police aufgebracht werden müssen. Zudem wäre das Kapital der A2-Police auch bei vollständiger Beitragszahlung und einer durchgehenden Rendite von 6 % p. a. auf der Grundlage der vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen ab dem 59. Lebensjahr der Klägerin, bei Erreichen ihres 71. Lebensjahres auf 0 abgesunken. Die beworbene Sicherheit „als langfristige Kapitalanlage für den Ruhestand“ (K4, S. 4) war auch mit der angenommenen Rendite von durchgehend 6 % p. a. nicht erreichbar.
44

Das von der Beklagten neu vorgelegte Gutachten G-Partner vom 4.9.2012 zur Eignung der Renditeprognosen, konstatiert grundsätzlich ein Abfallen des Renditenniveaus in den 90er Jahren des vorherigen Jahrhunderts. Die Beklagte hat in ihren Musterberechnungen für die streitgegenständlichen Policen, und wie aus anderen Verfahren bekannt, auch für die zwischen 1999 und 2003 in Deutschland vertriebene A3-Policen (24 U 131/11, S. 21; 7 U 194/12, S. 9f), nur eine Wertentwicklung von 6 % als gerechtfertigt angesehen, was für das Jahr 2002 auch in dem Gutachten G-Partner bestätigt wird. Selbst wenn die dortigen Ausführungen zu dem A3 auf den A1 und A2 übertragbar wären, hätte die Beklagte eine optimistischere Prognose, wenn sie nach den mit dem Gutachten dargelegten Gründen als auch vertretbar anzusehen wäre, zwar bekannt geben können, hätte dann aber auf die Abweichung von aufsichtsrechtlichen Vorgaben hinweisen müssen. Nur damit hätte die Beklagte offenbart, dass es sich bei einer Renditeerwartung von 8,5 % nicht um eine realistische, sondern um eine optimistische Erwartung handelte.
45

2) Darüber hinausgehende mündliche Hinweise und Aufklärung durch den Zeugen C hat die Beklagte erstinstanzlich nicht behauptet. Sie hat erstinstanzlich nichts zum Inhalt der mündlichen Erläuterung durch den Zeugen C vorgetragen und dazu auch keinen Beweis angeboten.
46

Zwar hat die Beklagte zweitinstanzlich unter Würdigung der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 mit Schriftsatz vom 13.3.2014, insbesondere S. 8 f (Bl. 358 f d. A.), auch behauptet, der Klägerin sei von dem Vermittler C auch über die vom Bundesgerichtshof beanstandeten Umstände, u. a. die prognostizierte Renditeentwicklung anhand der Musterberechnungen K6 und K7 aufgeklärt worden.
47

Sowohl der genannte Vortrag als auch die Beweisangebote hierzu sind neu in zweiter Instanz und nach § 531Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Der Zulassungsgrund des § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO kommt nicht zum Tragen, denn die Klägerin hat die geltend gemachten Ansprüche stets auf eine für die Anlageentscheidung kausale Aufklärungspflichtverletzung gestützt und sich auf die unzureichende Beratung des Zeugen C u. a. zu der Renditeerwartung berufen. Für die Beklagte bestand daher Anlass, hierzu bereits in erster Instanz vorzutragen. Dass das Landgericht den Anspruch letztendlich als verjährt angesehen und die Klage abgewiesen hat, ändert daran nichts (BGH, XI ZR 475/10), zumal sich dem Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl.136 d. A.) eine nur auf den Gesichtspunkt der Verjährung beschränkte Erörterung unter Ausklammerung der übrigen rechtlichen und tatsächlichen Aspekte nicht entnehmen lässt.
48

Es war erstinstanzlich auch nicht geboten, bei der Beklagten durch einen entsprechenden Hinweis auf weiteren Vortrag zu den Inhalten des Beratungsgesprächs hinzuwirken, da diese in der Klageerwiderung (S. 17, Bl. 103 d. A.) erklärt hatte, über die genauen Umstände oder etwaige Zusicherungen Dritter, die dem Abschluss der Lebensversicherungsverträge mit ihr vorangegangen waren, keine Kenntnis zu haben und deshalb keine Angaben machen zu können.
49

Das neue Vorbringen der Beklagten ist auch nicht nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 zu berücksichtigen. Nach den Maßgaben dieser Vorschrift beruht der neue Berufungsvortrag der Beklagten auf Nachlässigkeit, weil sie – wie oben dargelegt – bereits in erster Instanz zum Inhalt des Beratungsgesprächs, sofern dieses über den Inhalt der schriftlichen Unterlagen hinaus ging, hätte vortragen müssen.
50

3) Ob der Beklagten weitere Aufklärungspflichtverletzungen vorzuwerfen sind, die hier insbesondere im Zusammenhang mit unzutreffenden Angaben des Vermittlers C zur poolübergreifenden Reservenbildung oder einer fehlenden Aufklärung zum Glättungsverfahren in Betracht kommen, kann vorliegend dahinstehen.
51

4. Für die Haftung der Beklagten aus vorvertraglichen Pflichtverletzungen hinsichtlich der geschuldeten Aufklärung über die Renditeerwartung ist der Beklagten das Verhalten des Vermittlers C bei der Vertragsanbahnung gemäß § 278 BGB zuzurechnen, weil sie es ihm als Endvermittler überlassen hat, die ihr obliegenden Aufklärungspflichten zu erfüllen (ständige Rspr. BGH, zuletzt IV ZR 167/11, RN 6).
52

5. Das Verschulden der Beklagten nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird vermutet. Ein anrechenbares Mitverschulden der Klägerin fehlt.
53

6. Der Schaden der Klägerin beinhaltet den Abschluss der bei der Beklagten genommenen Versicherungen, die Aufnahme des Darlehens und den Einsatz von Eigenkapital.
54

1) Für die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzungen für den Anlageentschluss der Klägerin spricht eine tatsächliche Vermutung (BGH, IV ZR 164/11, RN 66; IV ZR 167/11, RN 6), deren Widerlegung zur Beweislast der Beklagten steht und von ihr nicht widerlegt worden ist. Unwiderlegt zu vermuten ist demgemäß, dass die Klägerin bei vollständiger Information von der Zeichnung der Lebensversicherung der Beklagten und der Darlehensaufnahme insgesamt Abstand genommen hätte. Dass die Klägerin bei Kenntnis der eigenen Renditeerwartung der Beklagten von allenfalls 6 % und/oder Kenntnis davon, dass es sich bei der prognostizierten Rendite von 8,5 % allenfalls um eine optimistische Schätzung handelte, trotzdem abgeschlossen hätte, hat die Beklagte nicht bewiesen. Die von der Beklagten beantragte Parteivernehmung der Klägerin war nicht durchzuführen. Die unter Beweis durch Vernehmung der Klägerin gestellte Behauptungen, der Klägerin sei es allein darum gegangen, in der Zukunft die erforderliche Rendite von 8,5 % p. a. zu erzielen, weshalb sie über eindeutige Warnhinweise hinweggesehen hätte, verkennt bereits, dass eindeutige Warnhinweise – wie oben ausgeführt – der Klägerin vor der Anlageentscheidung nicht gegeben worden sind. Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, dass eine zutreffend über die künftigen Renditeerwartungen aufgeklärte Klägerin, gleichwohl kontrahiert hätte, hat die Beklagte erstinstanzlich weder vorgetragen, noch sind diese sonst ersichtlich und widersprechen auch dem von der Klägerin geschilderten Anlegerverhaltens als einer besonders risikobedachten ängstlichen Anlegerin. Irgendwelche Anzeichen, dass die Klägerin eine eigene Risikoabschätzung derjenigen, die ihr anhand der Anlagen K6 und K7 von der Beklagten gegeben wurde, vorgezogen hätte, gibt es nicht.
55

Zweitinstanzlich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.3.2014 (S. 13, Bl. 365 d. A.) eingewandt, eine unzureichende Aufklärung über Renditeprognosen sei nicht kausal für die Entscheidung der Klägerin gewesen, da diese sich an Vergangenheitsrenditen orientiert habe. Sie hat u. a. behauptet, dass die Beklagte bei Vertragsschluss eine Rendite von nur 6 % als gerechtfertigt bewertete, habe keine entscheidende Rolle gespielt. Sowohl der genannte Vortrag als auch die Beweisangebote sind neu in zweiter Instanz. Das neue Vorbringen ist arm an Substanz. Wenn es gleichwohl trotz dieses Bedenkens als schlüssig bewertet würde, wäre es nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Auf die Ausführungen zu Ziff. B. 3. 2) wird Bezug genommen.
56

Die weitere Behauptung der Beklagten, dass die Klägerin, wenn sie nicht die Verträge mit der Beklagten geschlossen hätte, eine andere fremdfinanzierte Anlage gezeichnet hätte, ist gleichfalls ohne ausreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte. Die der Klägerin unterbreiteten Prospekte (K2, K3) und die Musterberechnungen (K6, K7) bezogen sich ausschließlich auf die Produkte der Beklagten, unter Hervorhebung der hier von ihr angebotenen Policen als besonders geeignet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin auf der Grundlage der Beratung durch den Vermittler C dasselbe Anlagemodell mit einer anderen Versicherungsgesellschaft eingegangen wäre. Was die Klägerin sonst getan hätte, wenn sie nicht das hier streitgegenständliche Modell gezeichnet hätte, ist spekulativ und von der Beklagten nicht ansatzweise dargelegt („andere Kombination gewählt“, S. 13 Schriftsatz v. 13.3.2014, Bl. 365 d. A.), daher auch kein zur Widerlegung der Kausalitätsvermutung geeigneter Vortrag, dem durch eine Beweisaufnahme nachzugehen wäre. Auch dieser vorgenannte Vortrag und die Beweisangebote hierzu sind neu. Wenn sie, entgegen der Auffassung des Senats als schlüssig bewertet würde, wären sie nach § 531 Abs. 2 ZPO, wie bereits unter Ziffer B. 3. 2) dargelegt, nicht zu berücksichtigen.
57

2) Die Aufklärungspflichtverletzung war auch für den Abschluss des Darlehensvertrages ursächlich. Hier waren die vermeintlich renditestarken Lebensversicherungen der Beklagten der zentrale Punkt des Anlagekonzepts. Ein auf Schadensersatzsansprüche aus diesen beiden Policen begrenzter Anspruch ließe unberücksichtigt, dass die Einmalzahlung für die A1-Police überwiegend kreditfinanziert war und durch die Auszahlungen aus dieser überwiegend kreditfinanzierten Lebensversicherung die Beiträge der A2-Police bedient werden sollten, die drei Elemente (Darlehensvertrag, A1 und A2) untrennbar miteinander verzahnt waren. Nur um auf die Renditestärke der Versicherung mit der Beklagten zurückgreifen zu können, ist die Klägerin die Kreditverbindlichkeit eingegangen und war von ihr darüber hinaus die Einmalzahlung zu erbringen.
58

3) Der Schaden, welcher der Klägerin durch den Abschluss der Lebensversicherungen entstanden ist, lag bereits in der Belastung mit den für sie nachteiligen Verträgen, die sie in ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigten und bezüglich der A2-Police trotz bestehender Erfüllungsansprüche weiterhin beeinträchtigen. Die Klägerin hatte einen Eigenkapitalanteil aufzubringen. Sie hat die Darlehensverbindlichkeiten, zu deren Eingehung sie aufgrund der Renditeversprechen der Beklagten veranlasst worden war, zurückgeführt und hierfür auch den Rückgabewert der zwischenzeitlich gekündigten A1-Police verrechnen.
59

Die Klägerin kann nach § 249 BGB verlangen, im Wege der Naturalrestitution so gestellt zu werden, wie sie stehen würde, wenn sie den Darlehensvertrag und die Lebensversicherungsverträge nicht abgeschlossen hätte. Aufgrund dessen ist die Beklagte gemäß dem Antrag zu 1 zu einer Zahlung von 22.366,43 € verpflichtet. Ohne den Abschluss der genannten Verträge hätte die Klägerin Zahlungen in dieser Höhe nicht erbracht, die sich zusammensetzen aus:
60

– Eigenkapitalanteil von 5.600,00 €, den die Klägerin mit den überreichten Kontoauszügen (K38) belegt hat,
61

– Schlusszahlung für das Darlehen von 11.494,59 €, belegt durch das Anlagenkonvolut K43 und die Anlage K44,
62

– Darlehenszinsen für das Jahr 2004 von 1.317,96 € (K39), das Jahr 2005 von 1.317,96 € (K39), das Jahr 2006 von 1.317,96 € (K39) und das Jahr 2008 von 1.317,96 € (K39).
63

Der Senat hat den erstinstanzlich gebotenen Hinweis auf das nur unvollständig eingereichte Anlagenkonvolut K39 mit Verfügung vom 21.2.2014 nachgeholt. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 5.3.2014 das Anlagekonvolut K39 „vollständig“ (Bl. 339 d. A.) eingeführt. Schon deshalb war ein weiterer Hinweis auf die weiterhin fehlende Zinsbescheinigung für das Jahr 2007 nach § 139 ZPO nicht geboten und ist die Klägerin für den insoweit geltend gemachten weiteren Schaden von 1.317,96 € beweisfällig geblieben. Beweisfällig geblieben ist sie ferner hinsichtlich des für den Zeitraum 2009 – 2012 geltend gemachten Zinsschadens von 4.063,71 €. Das hierzu angekündigte Anlagenkonvolut K45 war dem Schriftsatz vom 5.3.2014 nicht beigefügt. Die Klägerin hat auch nach einem vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung telefonisch erteilten Senatshinweis auf das fehlende Anlagenkonvolut K45 Belege für die von ihr vorgetragenen Zinszahlungen in diesem Zeitraum nicht in den Prozess eingeführt.
64

4) Etwaige in dem Zusammenhang mit dem Anlagemodell erzielte Steuervorteile muss sich die Klägerin nicht anspruchsmindernd anrechnen lassen, da auch der erstrebte Schadensbetrag der Besteuerung unterliegt (BGH, NJW 2010, 2506, [BGH 31.05.2010 – II ZR 30/09] RN 25).
65

Die Finanzierungskosten für Beiträge der Lebensversicherungen stellen Werbungskosten im Rahmen der betreffenden Einkunftsart dar. Steuervorteile, die sich durch Ansatz von Werbungskosten zunächst ergeben haben, werden bei einer Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes durch die Besteuerung der Schadensersatzleistung im Veranlagungszeitraum ihres Zuflusses regelmäßig wieder korrigiert. Erstattete Werbungskosten sind im Jahr des Zuflusses als Einkünfte der Einkommensart zu qualifizieren, in der sie zuvor geltend gemacht wurden. Steuerrechtlich sind Einnahmen einer Einkunftsart auch die Rückflüsse von Aufwendungen, die zuvor bei der Ermittlung der Einkünfte dieser Einkunftsart als Werbungskosten abgezogen wurden. Damit werden die in der Vergangenheit erlangten Steuervorteile in solchem Maße kompensiert, dass eine Vorteilsausgleichung der bislang erzielten Steuervorteile nicht in Betracht kommt (OLG Karlsruhe, a. a. o., S. 27 m. H. a. BGH, NJW-RR 2011, 986).
66

Die Beklagte, die als Schädigerin die Darlegungslast für die Vorteile und deren Anrechnung trägt, hat keine Umstände dafür vorgetragen, dass der Klägerin auch unter Berücksichtigung der zu versteuernden Ersatzleistung außergewöhnliche Steuervorteile verbleiben.
67

7. Mit der Annahme der ihr angebotenen Freigabe und Herausgabe der A2 Versicherungspolice der Beklagten (Policenummer 1) ist die Beklagte in Annahmeverzug (Antrag zu 2).
68

8. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt.
69

§ 12 Abs. 1 VVG a. F. ist auf den Schadensersatzanspruch nicht anwendbar, da der gegebene Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wirtschaftlich nicht an die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs tritt (st. Rspr. BGH, IV ZR 167/11, RN 6).
70

Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat (BGH, III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842 [BGH 24.03.2011 – III ZR 81/10]; OLG Düsseldorf, 4 U 151/11, RN 96).
71

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist objektiv mit dem Abschluss der Lebensversicherungsverträge entstanden und zwar, weil bereits der Erwerb für sich genommen bei Ansprüchen wegen Aufklärungspflichtverletzung einen Schaden darstellen kann, mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage im Jahr 2002 (BGH, IV ZR 286/10 RN 30 m. w. N.). Verjährungshemmende Maßnahmen hat die Klägerin mit der Klageerhebung im Jahr 2010 ergriffen, so dass die Verjährung eingetreten wäre, wenn die Klägerin über die maßgeblichen Umstände bereits 2006 informiert oder grob fahrlässig nicht informiert gewesen wäre. Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte die Klägerin jedoch weder bei Abschluss des Vertrages noch seit spätestens 2005 Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen. Hierzu gehört bei unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt ( BGH, a. a. o.).
72

Der Umstand, dass die Klägerin aus den Jahresübersichten, die sie von der Beklagten erhielt, die ungünstige Wertentwicklung erkennen konnte, vermittelte ihr nicht die Erkenntnis, dass sie schon über die eigene Erwartung der Beklagten im Jahr 2002 nicht zutreffend informiert worden war. Die schlechte Entwicklung konnte auch in der ungünstigen wirtschaftlichen Lage, die seither bestand, ihren Grund haben. Dass die Klägerin vor 2008 auf anderem Wege Kenntnis von dieser Aufklärungspflichtverletzung hatte, oder sich dieser grob fahrlässig verschlossen hat, steht nicht fest.
73

9. Die Klägerin hat gemäß § 291 S. 1 BGB Anspruch auf die geforderten Zinsen.
74

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 ZPO.
75

Die durch die zwischenzeitliche Ablösung des Darlehens veranlasste Umwandlung und Zusammenfassung des Freistellungs- und des Feststellungsantrags (ursprüngliche Anträge zu 1 und zu 2) in den zuletzt gestellten Zahlungsantrag stellt sich als teilweise Erledigungserklärung der Klägerin dar, der sich die Beklagte angeschlossen hat. Über die insoweit entstandenen Kosten war gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zu Auferlegung der Kosten auf die Beklagte hinsichtlich des Freistellungsantrages, da sie die Klägerin ohne die Ablösung des Darlehens von der daraus resultierenden Verpflichtung in voller Höhe hätte freistellen müssen.
76

Im Übrigen waren die zweitinstanzlichen Kosten nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen.
77

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
78

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die entschiedenen Fragen sind höchstrichterlich geklärt.
79

D.

Der Gegenstandswert im zweiten Rechtszug beträgt bis zum 12.3.2014 € 39.963,00 (Freistellungsantrag: 20.000,00 €, Feststellungsantrag: 5.000,00 €, Zahlungsantrag: 14.963,00 €). Der Feststellungsantrag auf Annahmeverzug hat keinen eigenständigen Wert (BGH, XI ZB 40/09).
80

Ab dem 13.3.2014 beträgt der Gegenstandswert im zweiten Rechtszug € 27.748,10 (Zahlungsantrag: 27.748,10 €, Feststellungsantrag auf Annahmeverzug: 0).

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