OLG Frankfurt am Main, 16.11.2017 – 3 U 69/15

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 16.11.2017 – 3 U 69/15
Leitsatz:

Für den Ausgleichsanspruch aus § 78 VVG analog gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters muss der Gebäudeversicherer darlegen und beweisen, dass die Schadensursache aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Mieters stammt und beim Mietgebrauch entstanden ist. Erst dann kehrt sich die Beweislast für die Pflichtverletzung und das Verschulden um.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.3.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert für die Berufung wird auf 319.129,- € festgesetzt.
Gründe

I.

Wegen der tatbestandlichen Feststellungen wird auf die Darstellung im Hinweisbeschluss vom 24.10.2017 (Bl. 325 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des LG Wiesbaden vom 19.3.2015 die Beklagte zu verurteilen, an sie 319.129,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.9.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Das Rechtsmittel der Klägerin war gemäß § 522 Abs. 2 S.1 ZPO durch einstimmigen Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist aus Gründen der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erforderlich. Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 24.10.2017 (Bl. 325 ff. d.A.) Bezug genommen.

Von der ihr eingeräumten Möglichkeit einer Stellungnahme hierzu hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO.

Vorausgegangen ist unter dem 24.10.2017 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit (…)

wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Beteiligung der beklagten Versicherung nach § 78 VVG analog an den Kosten für die Beseitigung eines Brandschadens. Die Klägerin macht einen Anteil von 50 % am Gebäudezeitwertschaden sowie die Abbruch- und Aufräumkosten geltend, was einer Klageforderung in Höhe von 319.129,- € entspricht.

Die Klägerin war zum Schadenszeitpunkt Gebäudeversicherer eines an der Straße1 in Stadt1 gelegenen A-Marktes. Die Beklagte war Haftpflichtversicherer der A GmbH, die Mieterin und Betreiberin des streitgegenständlichen A-Marktes war. Wegen des Inhalts des Mietvertrages wird auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 33-40 d.A.) Bezug genommen.

Am ….2010 zur Nachtzeit brannte der an der Straße1 in Stadt1 gelegene A-Markt bis auf die Grundmauern nieder. Das Feuer wurde ausgelöst in bzw. an Kunststoff-Mischmüllcontainern, die von Unbekannten vorsätzlich oder fahrlässig in Brand gesetzt worden waren. Das Feuer griff von den Behältern auf das Dach des Supermarktes über, welches einstürzte und das Gebäude auch innen in Brand setzte. Die Müllcontainer standen unmittelbar an der Wand der Anlieferungsschleuse des Supermarktes.

Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Stadt1 erstellte B, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Brandursachenermittlung, am 31.5.2010 ein Gutachten (Anlage K 2). Darin gelangt er zu der Einschätzung, Ausgang und Entstehung des Brandes seien im Bereich der Anlieferung des Supermarktes, unmittelbar neben der linken Außenwand, am Standort von zwei 1100 l-Kunststoff-Mischmüllcontainern, höchstwahrscheinlich an/in dem rückwärtigen Container gewesen. Weitere Brandherde seien denkbar, könnten aufgrund des hohen Zerstörungsgrades aber weder bewiesen noch mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Es sei primär zur Entzündung von Feststoffen möglicherweise des Polypropylen-Kunststoffcontainers, höchstwahrscheinlich des Inhalts gekommen. Der Brand habe sich zunächst auf den Entstehungsbereich beschränkt und es sei zur Entzündung des Polypropylenkunststoffes des Containers sowie zum Aufschmelzen gekommen. Der Brand habe sich dann zunehmend zügiger ausgebreitet und sei auf den benachbarten Container übergegangen, von wo er sich weiter ausgebreitet habe.

Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass es sorgfaltswidrig sei, den offenen Kunststoffcontainer mit brennbaren Abfällen unverschlossen und für jedermann zugänglich an der Gebäudewand der Anlieferung zu postieren. Die Beklagte hat behauptet, dass die Container nach dem Schließen automatisch einrasteten, so dass zum erneuten Öffnen ein Dreikantschlüssel benötigt werde.

Vor dem Landgericht Stadt1 wollte die Versicherung eines in dem gegenständlichen Gebäude ansässigen „Backshop“-Betreibers, der von dem Brandereignis ebenfalls betroffen war, wegen der an ihren Versicherungsnehmer gezahlten Ersatzleistungen die Mieterin an den Aufwendungen für den Schaden beteiligen. Nachdem das Landgericht Stadt1 unter dem Az. … die Klage abgewiesen hatte, wies das Oberlandesgericht Stadt2 unter dem Az. … mit am 21.10.2014 verkündeten Urteil (Bl. 208 ff d.A.) die hiergegen eingelegte Berufung der dortigen Klägerin zurück.

Das Landgericht Frankfurt/M. hat auch in diesem Fall die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus § 78 VVG analog stehe der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu, da es an einer Eintrittspflicht des in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherers für seinen Versicherungsnehmer bzw. den bei ihm Versicherten fehle. Die Frage, ob dieser wegen fahrlässiger Schadensverursachung ersatzpflichtig sei, sei nach den im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter geltenden Beweislastgrundsätzen zu entscheiden. Danach müsse der Vermieter darlegen und beweisen, dass die Schadensursache aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Mieters stammt und beim Mietgebrauch entstanden ist. Gelinge ihm dies, so komme es hinsichtlich der Pflichtverletzung sowie hinsichtlich des Verschuldens zu einer Beweislastumkehr. Lasse es sich nicht ausschließen, dass der Schadenseintritt vom Mieter in keiner Weise veranlasst oder beeinflusst wurde, weil ein Dritter, für den keine der beiden Seiten einzustehen hat, die Ursache gesetzt haben könnte, so bleibe es bei der Beweislast des Vermieters. Der Klägerin sei es vorliegend nicht gelungen darzulegen und zu beweisen, dass der Brand durch den Mietgebrauch der Versicherungsnehmerin der Beklagten entstanden sei. Bereits das von der Klägerin vorgelegte Gutachten lasse Zweifel an der Verursachung durch die Mieterin beim Mietgebrauch aufkommen. Im Übrigen könne der Versicherungsnehmerin der Beklagten weder angelastet werden, dass sie die Müllcontainer nachts draußen habe stehen lassen noch dass sie die Müllcontainer unmittelbar neben der Anlieferungsschleuse aufgestellt habe.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Ihrer Auffassung nach hätte das Landgericht ein Mieterverschulden positiv feststellen müssen. Die Inbrandsetzung sei vorhersehbar und vermeidbar gewesen. Sollten bei verschlossenem Container durch den Mieter oder seine Erfüllungsgehilfen brennende Abfälle, wie insbesondere Zigarettenreste, unachtsam entsorgt worden sein, so liege ebenso ein Mieterverschulden vor wie wenn bei unverschlossenem Container solche Abfälle entsorgt worden wären bzw. Dritte den Container vorsätzlich oder fahrlässig in Brand gesetzt hätten, denn der Mieter hafte jedenfalls wegen gefahrvoller Positionierung des Müllbehälters unmittelbar am Gebäude und auch wegen fehlenden Verschlusses bzw. mangelhafter Sicherung. Im Übrigen seien die Schutzpflichten auch deswegen zu beachten gewesen, weil es vor dem Brand immer wieder zu Sachbeschädigungen durch sich auf dem Gelände des Supermarktes unbefugt aufhaltende Personen gekommen sei. In Anbetracht dieser Umstände sei es Sache der Beklagten gewesen, den Nachweis fehlenden Verschuldens zu erbringen, was sie aber nicht vermocht habe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des LG Wiesbaden vom 19.3.2015 die Beklagte zu verurteilen, an sie 319.129,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.9.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, wobei sie sich insbesondere auch auf die Rechtsauffassung des OLG Stadt2 in seinem am 21.10.2014 verkündeten Urteil stützt.

II.

Die Berufung hat nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand keine Aussicht auf Erfolg, denn das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis zu Recht ergangen. Die Angriffe der Berufung vermögen dies nicht in Frage zu stellen.

A) Der Klägerin steht gegen die Beklagte bereits dem Grunde nach kein Anspruch aus § 78 Abs. 2 VVG analog zu. Im Einklang mit den Ausführungen des Landgerichts ist auch der Senat der Auffassung, dass für die Frage, ob der Versicherungsnehmer des in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherers wegen fahrlässiger Schadensverursachung ersatzpflichtig ist, die im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter entwickelten Grundsätze Anwendung finden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH VersR 2005, 498 [BGH 03.11.2004 – VIII ZR 28/04]; BGH NJW 1998, 594 [BGH 26.11.1997 – XII ZR 28/96]; BGH VersR 1996, 993 [BGH 19.10.1995 – IX ZR 82/94]), trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache nicht aus dem Verhalten eines Dritten herrührt, für den der Mieter nicht (nach § 278 BGB) haftet, wenn streitig ist, ob vermietete Räume infolge Mietgebrauchs beschädigt sind. Erst nachdem dem Vermieter dieser Beweis gelungen ist, kommt es hinsichtlich der Pflichtverletzung sowie hinsichtlich des Verschuldens zu einer Beweislastumkehr.

Aus dem Vortrag der Klägerin und unter Berücksichtigung des im Ermittlungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens, auf das sich die Klägerin zur Begründung ihrer Klage berufen hat, kann auch der Senat nicht entnehmen, dass der Brand durch den Mietgebrauch der Versicherungsnehmerin der Beklagten entstanden ist.

1) Unabhängig davon, ob die Versicherungsnehmerin der Beklagten Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass nicht ordnungsgemäß gelöschte Zigaretten nicht in einem Mischmüllcontainer mit brennbaren Materialien entsorgt werden, ist nicht schlüssig dargelegt, dass eine solche nicht ordnungsgemäße Entsorgung zu dem Brand geführt hat. Das Gutachten des Sachverständigen B, das im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens eingeholt worden ist und auf das sich die Klägerin zur Begründung einer Sorgfaltspflichtverletzung beruft, ist im Hinblick auf die festgestellten Tatsachen im Wesentlichen unstreitig. Hiernach lagen der Ausgang und die Entstehung des Brandes im Bereich der Anlieferung des Lebensmittelsupermarktes, unmittelbar neben der linken Außenwand, am Standort von zwei 1.100 l Kunststoff-Mischmüllcontainern. Der Sachverständige hat ausgeführt, es liege eine fahrlässige oder vorsätzliche Entzündung des Mischmüllcontainers bzw. des Inhalts vor, wobei er nicht aufklären konnte, ob der Brand aufgrund einer aus der Sphäre der Versicherungsnehmerin der Beklagten stammenden nicht ordnungsgemäß gelöschten Zigarette bzw. einen sonstigen Gegenstand oder durch fahrlässige oder vorsätzliche Entzündung der Mischmüllcontainer durch Dritte entstanden ist.

Zwar hat die Klägerin bezüglich der Behauptung, der Brand sei mit höherer bzw. mit größter Wahrscheinlichkeit von einer nicht ordnungsgemäß gelöschten Zigarettenkippe aus der Sphäre der Versicherungsnehmerin der Beklagten entstanden, Beweis angeboten durch Vernehmung des Sachverständigen B als Zeugen sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Allerdings ist bereits die Behauptung insoweit nicht ausreichend. Denn es muss feststehen, dass brandursächlich eine nicht ordnungsgemäß gelöschte Zigarette aus der Sphäre der Versicherungsnehmerin der Beklagten war, wohingegen eine (hohe) Wahrscheinlichkeit nicht ausreicht. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 3.11.2004, Az. VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381, 382) muss nämlich ausgeschlossen werden, dass die Schadensursache aus dem Verhalten eines Dritten herrührt. Sofern andere Ursachen, die nicht im Obhutsbereich des Mieters liegen, als schadensstiftend in Betracht kommen, auch wenn sie nicht sehr wahrscheinlich sind, bleibt es bei der Beweislast des Vermieters. Daneben fehlt es einem Sachverständigen an tragfähigen Anknüpfungstatsachen dafür, ob eine möglicherweise brandursächliche Zigarettenkippe aus der Sphäre der Versicherungsnehmerin der Beklagten und nicht von einem Dritten vorsätzlich oder fahrlässig dort entsorgt wurde. Im Übrigen hat der Sachverständige B ausdrücklich festgehalten, dass eine Entzündung zeitnah zur Brandentdeckung durch eine offene Flamme in Erwägung zu ziehen ist und insbesondere eine vorsätzliche Brandstiftung nicht nur denkbar sondern plausibel zur Brandentstehungszeit in den Nachtstunden an dem frei zugänglichen Brandentstehungsort sei.

2) In Übereinstimmung mit der Auffassung des OLG Stadt2 im Parallelrechtsstreit mit dem Az. … kann auch nach dem Dafürhalten des hiesigen Senats keine Pflichtverletzung des Mieters darin gesehen werden, dass die in Brand geratenen Container nicht abgeschlossen gewesen sein sollen.

a) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen würde, dass die von der Beklagten vorgetragene Behauptung, die abgebrannten Container seien mit einer Vorrichtung versehen gewesen, durch die beim Schließen die Deckel der Container automatisch eingerastet seien und nur mit einem Dreikantschlüssel hätten geöffnet werden können, nicht wahr ist, läge kein kausaler Sorgfaltsverstoß vor, denn der Sachverständige hat nicht feststellen können, ob der Brand in einem oder an einem Container entstanden ist, ob also erst eine Entzündung des Containers selbst oder des Inhalts stattfand. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen sind zwischen den Parteien insoweit unstreitig.

b) Davon abgesehen, könnte selbst dann kein Pflichtenverstoß der Mieterin bejaht werden, wenn festgestellt werden könnte, dass der Ursprung des Brandes im Container und nicht außerhalb lag. Zwar trifft den Mieter einer Sache regelmäßig eine Obhutspflicht, die vom Gesetz als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Inhalt dieser Obhutspflicht ist, dass die Mietsache so pfleglich behandelt wird, dass sie nicht beschädigt und nicht mehr als vertragsgemäß abgenutzt wird (Palandt-Weidenkaff, 76. Auflage, § 536c, Rz. 1). Für das Handeln Dritter ist ein Mieter nur verantwortlich, wenn ihm insoweit ein (Mit-)Verschulden vorgeworfen werden kann (Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 275, beck-online). Das ist hier nicht der Fall. Ein Mitverschulden des Mieters kann nur ausnahmsweise angenommen werden, wenn nämlich offensichtliche, jedermann bekannte Gefahren bestehen (z.B. unbefugter Zutritt von Dritten bei unverschlossenen Türen), denen durch eine mit einem zumutbaren Aufwand durchzuführende Maßnahme begegnet werden kann. Dass Müllcontainer von Brandstiftern angezündet werden und dann der Brand auf ein in der Nachbarschaft befindliches Gebäude übergreift, ist kein derart naheliegender Gedanke, dass man vom Mieter eines Supermarktes entsprechende Schutzvorkehrungen erwarten muss. Dies gilt auch dann, wenn die hiesige Mieterin wusste, dass sich in der Vergangenheit immer wieder Unbefugte auf dem nicht mit einem Zaun umfriedeten Supermarktgelände befunden und dort Sachbeschädigungen begangen haben.

3) Der Senat vermag auch keinen Sorgfaltsverstoß der Versicherungsnehmerin der Beklagten darin zu erblicken, dass die Kunststoff-Mischmüllcontainer unmittelbar neben dem Anlieferungsbereich und damit in Gebäudenähe aufgestellt waren. Die Container befanden sich unstreitig so nah an der linken Außenwand des Anlieferungsbereiches, dass das Feuer auf diese und sodann auf das restliche Gebäude übergreifen konnte, da der Anlieferungsbereich unmittelbar an das Gebäude angrenzte.

Wie bereits das OLG Stadt2 in seiner am 21.10.21014 verkündeten Entscheidung festgestellt hat, existiert bei der Aufstellung von Kunststoff-Müllcontainern keine Pflicht zur Wahl eines bestimmten Aufstellungsortes, wobei sich eine solche Pflicht weder aus den von der Klägerin vorgelegten „Brandverhütungsvorschriften für Fabriken und gewerbliche Anlagen“ noch aus den Allgemeinen Sicherheitsvorschriften der Feuerversicherer der VdS ergibt. Zwar sollen hiernach brennbare Abfälle im Freien in sicherem Abstand zu Gebäuden oder in feuerbeständig abgetrennten Räumen gelagert werden, doch ist Adressat dieser Regelungen stets ein Versicherungsnehmer einer Feuerversicherung. Die insoweit als Bestandteil eines Versicherungsvertrages ggf. mit dem Versicherungsnehmer vereinbarten Versicherungsbedingungen beschreiben hingegen nicht den Pflichtenkreis des Mieters. Aus dem vorgelegten Mietvertrag mit dem Versicherungsnehmer der Beklagten ergeben sich solche Sorgfaltsanforderungen ebenfalls nicht.

Soweit die Klägerin auf ein neueres Urteil des OLG München vom 7.8.2015 (Az. 25 U 546/15, Juris) Bezug nimmt, ergeben sich keine Aspekte, die eine andere Bewertung rechtfertigen. Zwar hat das OLG München darin zum Ausdruck gebracht, dass das Abstellen von beweglichen Containern mit einem leicht entflammbaren Material in größeren Mengen und für mehrere Stunden an einer Gebäudeaußenwand eine Erhöhung der Brandgefahr bewirkt. Es hat aber ausdrücklich offen gelassen, ob darin bereits eine Sorgfaltswidrigkeit liegt (aaO, Rz. 32). Der Senat verneint dies, da hiermit eine Überspannung der Sorgfaltsanforderungen verbunden wäre. Zu den oben bereits angesprochen Obhutspflichten kann es, wie gesagt, auch gehören, dass der Mieter dafür sorgt, Einwirkungen Dritter auf die Mietsache zu unterbinden. Aber auch insoweit muss sich eine solche Gefahrenlage einem durchschnittlich sorgfältigen und gewissenhaften Mieter ohne weiteres aufdrängen, was im Streitfall jedoch nicht der Fall war. Das gilt selbst dann, wenn, wie von der Klägerin vorgetragen und von der Beklagten bestritten, die Mieterin inventarversicherungsrechtliche Brandverhütungsvorschriften übermittelt und ähnliche, zuvor stattgefundene Brandereignisse mitgeteilt worden sein sollten.

4) Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass sich aus dem maßgeblichen Mietvertrag vom 11. April 2000 keine bei gewerblichen Mietverhältnissen in gewissen Grenzen prinzipiell mögliche (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid BGB § 535 Rn. 282, beck-online) Vereinbarung der Erweiterung der Obhutspflicht ergibt, die den Pflichtenkreis des Mieters derart erweitern könnte, dass die unter Ziffer 2 und 3 erörterten Maßnahmen vom Versicherungsnehmer der Beklagten hätten erwartet werden können.

III.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, zu diesem Hinweis binnen 2 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass bei einer Rücknahme des Rechtsmittels Gerichtsgebühren in nicht unerheblichem Umfang eingespart werden können.

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