OLG Frankfurt am Main, 18.03.2013 – 1 U 215/11

April 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 18.03.2013 – 1 U 215/11
Leitsatz

1. Auch Erlasse und sonstige Verwaltungsvorschriften können Amtspflichten zugunsten Dritter begründen, aus deren Verletzung sich Amtshaftungsansprüche ableiten lassen.

2. Ein gemeinnütziger Verein kann jedenfalls dann keine Geldentschädigung für die Verletzung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verlangen, wenn sein damals unmittelbar betroffener Vorstand für die mit der Persönlichkeitsverletzung in Zusammenhang stehenden Maßnahmen erfolgreich eine fünfstellige Geldentschädigung erstritten hat,

3. Auch für Klagen gegen Untergliederungen der öffentlichen Hand gilt der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage. Eine Ausnahme kommt – abgesehen von Fällen nicht abgeschlossener Schadensentwicklung – in Betracht, wenn auch die Feststellungsklage eine prozessökonomische Klärung der aufgetretenen Streitfragen ermöglicht und wenn zu erwarten ist, dass der Beklagte auch ohne ein Leistungsurteil seine Leistung erbringen wird. Daran fehlt es, wenn Hauptstreitpunkt die Ersatzfähigkeit einzelner Schadensposten unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit von Kosten ist.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 10. 8. 2011 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn das beklagte Land nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1

A. Der Kläger ist ein finanzbehördlich als gemeinnützig anerkannter Verein, der sich ausweislich § 1 seiner Satzung (Anl. B 8, Bl. 335 ff. d. A.) die Unterstützung hilfsbedürftiger Kinder in den – nicht näher bezeichneten – Armutsregionen der Welt und von Kindern in akuten Notlagen zum Ziel gesetzt hat. Er nimmt das beklagte Land (nachfolgend als „Beklagter“ bezeichnet) auf Ersatz seines materiellen Schadens und auf eine Entschädigung für eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen verschiedener Maßnahmen in Anspruch, die Bedienstete des Beklagten im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen den früheren Vereinsvorstand (…) ergriffen.
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Die Verwaltung des Oberlandesgerichts führt seit geraumer Zeit im Einvernehmen mit der Generalstaatsanwaltschaft auf der Grundlage verschiedener Erlasse des hessischen Justizministeriums (vom 8. 1. 1988, JMBl. 1988, 224 ff.; vom 16.12.1998, JMBl. 1999, 32 ff.; vom 18. 1. 2007, JMBl. 2007, 150; vom 8. 10. 2012, JMBl. 2012, 602 ff.) eine gemeinsame, jeweils zum 1.5. eines Jahres neu aufgelegte Liste, in der Einrichtungen genannt werden, die als Empfängerstelle von Geldauflagen in Ermittlungs- und Strafverfahren sowie in Gnadensachen in Betracht kommen können. Der Kläger wurde durch Bescheid vom 08.03.2… (…) in die zum 01.05.2… zu erstellende Liste aufgenommen. Ab September 2… führte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht O1 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstand des Klägers, Herrn (…). Dessen Vater, der jetzige Vereinsvorstand (…), hatte während einer Durchsuchung im Rahmen eines anderen Ermittlungsverfahrens versucht, Unterlagen des Klägers aus dem durchsuchten Haus zu entfernen; die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der Kläger die bis dahin vereinnahmten Mittel noch nicht zu mildtätigen Zwecken verwendet, sondern angelegt hatte. Mit zwei Schreiben vom …2… unterrichteten die listenführende Stelle des Oberlandesgerichts (…) und die Generalstaatsanwaltschaft (…) alle hessischen Richter und Staatsanwälte über das anhängige Ermittlungsverfahren. Außerdem wurde der Kläger ab dem 1. 5. 2… nicht mehr in die o. a. Liste aufgenommen, wie dies zwei Mitarbeiter des Justizministeriums und der listenführenden Stelle „vereinbart“ hatten (…) Der Kläger wurde hierüber zunächst nicht unterrichtet. Mit Verfügung vom …2…stellte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht O1 das Ermittlungsverfahren gegen Herrn (…) überwiegend nach § 170 Abs. 2 StPO ein (…).), im Übrigen am …2… nach § 153 Abs. 1 StPO. Hierüber unterrichtete die Generalstaatsanwaltschaft die listenführende Stelle unter dem …2…. Seit dem 1.5.2… ist der Kläger wieder in der Liste eingetragen. (…) erwirkte in einem anderen Rechtsstreit die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 17.000 € zuzüglich Zinsen für die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch verschiedene im Zuge des o. g. Ermittlungsverfahrens durchgeführte Maßnahmen (…).
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Der Kläger hat insbesondere eine verspätete Wiedereintragung in die Liste und eine unzureichende Wiedergutmachung der Verletzung seiner Ehre beanstandet. Durch die Rundschreiben von 2… sei sein guter Ruf zerstört und der Zufluss von Geldzuweisungen beendet worden.
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Das Landgericht hat mit am 10. 8. 2011 verkündetem Beschluss (…) das Verfahren hinsichtlich des auf die Löschung und Vernichtung von Daten und Unterlagen bezogenen ursprünglichen Klageantrages zu 2. (…) abgetrennt und an den zuständigen Strafsenat des erkennenden Gerichts verwiesen; die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 30.11.2011 zurückgewiesen (…). Der Kläger hat demgemäß unter Berücksichtigung dieser Verfahrenstrennung im vorliegenden Rechtsstreit noch beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger aufgrund
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des rechts- und amtspflichtwidrigen Unterlassens der Mitteilung der Einstellung des Verfahrens gegen den damaligen Vorstand des Klägers seit dem …2… an die gemeinsame listenführende Stelle des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main ab dem …2…,
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des rechts- und amtspflichtwidrigen Unterlassens der Mitteilung der Austragung des Klägers aus der Liste der gemeinnützigen Einrichtungen am …2…,
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des rechts- und amtspflichtwidrigen Unterlassens der Wiedereintragung des Klägers in die Liste der gemeinnützigen Einrichtungen ab dem …2…,
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der rechts- und amtspflichtwidrigen Vereinbarungen zwischen HMdJ und listenführender Stelle über den Ausschluss des Klägers von Zuweisungen (Zuweisungssperre),
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eine materielle Entschädigung wegen entgangener Einnahmen in Höhe von € 23.000,00 (23 Monate a € 1.000,00; Juni 2… bis April 2…),
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eine materielle Entschädigung zur Wiederherstellung der Wertschätzung des Vereins durch geeignete PR-Maßnahmen in Höhe von € 20.000,00,
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einen angemessenen immateriellen Schadensersatz, mindestens jedoch in Höhe von € 20.000,00,
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zu zahlen,
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2. (früher: 3.) den Kläger – den Streitwert dieser Klage insofern nicht erhöhend (§ 4 Absatz 1 2. Halbsatz ZPO) – freizustellen
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von notwendigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 1.761,08 bezüglich des streitgegenständlichen Amtshaftungsanspruchs,
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von notwendigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 402,82 bezüglich der Vernichtung/Löschung gemäß dem ursprünglichen Antrag zu 2 a),
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von notwendigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 402,82 bezüglich der Vernichtung/Löschung gemäß dem ursprünglichen Antrag zu 2 c),
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und jeweils den Beklagten gemäß § 887 Absatz 2 ZPO zur Vorauszahlung dieser Kosten unter a) bis c) zu verurteilen,
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3. (früher: 4.) festzustellen,
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dass der Beklagte zum Ersatz der aufgrund der rechts- und amtspflichtigen Listenaustragung und der den Kläger inkriminierenden Rundbriefe der Generalstaatsanwaltschaft und der listenführenden Stelle, betreffend den Kläger, sowie der unterlassenen Eintragung in die Liste gemeinnütziger Einrichtungen verpflichtet ist, dem Kläger alle künftigen, derzeit noch nicht zu beziffernden Schäden zu ersetzen,
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dass der Beklagte zum Ersatz der notwendigen Rechtsverfolgungskosten zu den zur Zeit anhängigen Antrags- und Beschwerdeverfahren unter Az. … (StA O1) und … bis … (LG O1) verpflichtet ist, soweit der Kläger Antragsteller bzw. Beschwerdeführer in diesen Verfahren ist,
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4. (früher: 5.) die Beträge gemäß Ziffer 1. a), b) und c) und Ziffer 2. (früher: 3.) jeweils mit 5 % über dem Basiszinssatz des § 288 BGB seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat gemeint, die Regelungen des Erlasses hätten keinen drittschützenden Charakter. Die Rundschreiben vom …2… seien rechtmäßig gewesen. Der Kläger habe seinen Schaden nicht substantiiert vorgetragen.
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Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Rundschreiben vom …2… sei rechtmäßig gewesen. Auf die Einstellung des Ermittlungsverfahrens habe die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit der Rundverfügung vom …2… zeitnah reagiert. Ob ansonsten Amtspflichten verletzt worden seien, könne offenbleiben, da der Kläger einen darauf beruhenden Schaden trotz eines diesbezüglichen Hinweises nicht ausreichend dargetan habe.
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Der Kläger rügt mit seiner Berufung außer zahlreichen Rechtsfehlern eine unzureichende Sachaufklärung, insbesondere die entgegen seinen Anträgen unterbliebene Beiziehung zahlreicher Akten und das umfangreiche Übergehen von Klagevortrag, das zu einer Behandlung streitigen Beklagtenvortrags als unstreitig geführt habe. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten habe seine Vollmacht, hier die Vollmacht des ihn bevollmächtigenden Oberstaatsanwalts (…) trotz der Rüge des Klägers nicht nachgewiesen. Alle Maßnahmen der Staatsanwaltschaft gegen seinen damaligen Vorstand seien mangels Verdachts rechtswidrig gewesen, was der Senat im o. a. Urteil vom 14. 6. 2010 festgestellt habe. Das Landgericht habe vernachlässigt, dass es insgesamt fünf den Kläger inkriminierende Rundverfügungen gegeben habe, außerdem, dass seitens der Staatsanwaltschaft jegliche, seitens des Oberlandesgerichts jedenfalls eine inhaltlich ausreichende Rehabilitierung des Klägers unterblieben sei. Seinen Vortrag zum Schaden habe das Landgericht zu Unrecht als unsubstantiiert abgetan, erst recht hinsichtlich des immateriellen Schadens. Die Abweisung des Feststellungsantrages und die Aberkennung von Kostenerstattungsansprüchen habe das Landgericht überhaupt nicht begründet.
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Der Kläger beantragt,
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das landgerichtliche Urteil aufzuheben und den Beklagten gemäß den Anträgen aus der Klageschrift vom 29.12.2010 zu verurteilen mit Ausnahme des in der Klageschrift genannten Amtshaftungsanspruchs Ziffer 2.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das landgerichtliche Urteil. Der Kläger müsse durch das Ausbleiben von Zuweisungen seit Herbst 2… davon erfahren haben, dass er nicht wieder in die Liste eingetragen worden war; während des laufenden Ermittlungsverfahrens habe er hierauf auch keinen Anspruch gehabt. Der Klagevortrag zum Schaden bleibe unsubstantiiert.
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Der Senat hat die – den abgetrennten ursprünglichen Klageantrag zu 2. betreffende – Akte des 3. Strafsenats des erkennenden Gerichts (…) beigezogen; diese war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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B. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Es spricht zwar manches dafür, dass die Bediensteten des Beklagten in verschiedener Hinsicht Amtspflichten verletzten, die ihnen gegenüber dem Kläger oblagen (nachfolgend II.). Die Klage scheitert indessen insbesondere daran, dass der Kläger einen ersatzfähigen Schaden nicht dargelegt hat, und dass eine Geldentschädigung für immaterielle Schäden zugunsten des Klägers als juristischer Person hier nicht in Betracht kommt (nachfolgend III.).
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I. Die allgemeinen Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch.
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1. Es ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Anträgen des Klägers auf Beiziehung zahlreicher Akten nicht entsprochen hat. Auch in der Berufungsinstanz bestand hierfür kein Anlass. Der Kläger legt nicht dar, zum Beweis welcher Tatsachenbehauptungen welche Akten beigezogen werden sollen. Das Recht des Gerichts zur Anforderung von Beiakten dient nicht dazu, den Parteien Einsicht in diese zu verschaffen und ihnen dadurch Sachvortrag überhaupt erst zu ermöglichen. Ebenso wenig besteht im Zivilprozess eine Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt durch Auswertung von Beiakten von Amts wegen zu ermitteln.
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2. Auf eine Unrichtigkeit des Tatbestands bezogene Verfahrensrügen können eine Berufung nicht begründen. Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils beurkundet mangels Berichtigung bindend den Inhalt des erstinstanzlichen Vorbringens (§ 314 ZPO).
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3. Die Prozessvollmacht des Beklagtenvertreters ist ausreichend nachgewiesen. Dieser hat nach der diesbezüglichen Rüge des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 11. 5. 2011 eine von Oberstaatsanwalt (…) unterzeichnete Vollmachtsurkunde (…) im Original zu den Akten gereicht (…). Der Kläger hat daraufhin nur noch beanstandet, die Vollmachtskette zum Generalstaatsanwalt sei nicht belegt. Der Beklagtenvertreter hat sich anschließend zur Bevollmächtigung des Oberstaatsanwalts (…) auf das Verfahren … berufen (…). Dem Senat ist in der Tat aus den Verfahren … und … bekannt, dass Oberstaatsanwalt (…) mit Verfügung des damaligen Generalstaatsanwalts vom …19… allgemein bevollmächtigt wurde, sodass eine lückenlose Vollmachtskette für den Beklagtenvertreter vorliegt. Dies ist auf S. 9 f. des vom Kläger vorgelegten Urteils in der Sache … ausgeführt (…). Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung nach einem entsprechenden Hinweis des Senats erklärt, die Vollmachtsrüge nicht weiter zu verfolgen.
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4. Über die Abtrennung des den ursprünglichen Klageantrag zu 2. betreffenden Verfahrens ist seit dem 30.11.2011 formell rechtskräftig entschieden.
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II. Im Streitfall bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob den Bediensteten des Beklagten Amtspflichtverletzungen zulasten des Klägers vorzuwerfen sind. Hierfür spricht immerhin manches.
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1. Der Senat hat allerdings im Urteil vom 14. 6. 2010 (…) entgegen der Lesart des Klägers nicht entschieden, dass bereits die Einleitung und Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gegen den damaligen Vorstand des Klägers, Herrn (…), überhaupt amtspflichtwidrig war; vielmehr hat er sich auf die Aussage beschränkt, die damals streitgegenständlichen Zwangsmaßnahmen– insbesondere Durchsuchung, erkennungsdienstliche Behandlung, Beschlagnahmen – seien wegen des zum maßgebenden Zeitpunkt fehlenden Verdachts rechtswidrig gewesen (…). Die Einleitung und die Durchführung des Ermittlungsverfahrens an sich waren nicht unvertretbar. Immerhin hatte der jetzige Vorstand des Klägers bei der – an sich rechtswidrigen – Durchsuchung den nicht ohne Weiteres verständlichen Versuch unternommen, Unterlagen des Klägers aus dem durchsuchten Haus zu entfernen, was einen Anfangsverdacht begründet haben mag; hinzu kam danach die weitere erklärungsbedürftige Tatsache, dass der Kläger seine Mittel nicht zeitnah in Hilfsprojekte investiert, sondern mit der Absicht einer Gewinnerzielung zunächst angelegt hatte. Angesichts dessen bestand später auch keine Rehabilitierungspflicht des Beklagten im Sinne eines Gebots, durch Rundschreiben an alle hessischen Strafrichter und Staatsanwälte über einen von Anfang an fehlenden Verdacht aufzuklären.
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2. Das den Kläger betreffende Verhalten der Bediensteten des Beklagten erscheint indessen nach dem Maßstab des die Liste über gemeinnützige Einrichtungen betreffenden Erlasses bedenklich.
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a) Auch Erlasse und sonstige Verwaltungsvorschriften können Amtspflichten zugunsten Dritter begründen, aus deren Verletzung sich Amtshaftungsansprüche ableiten lassen (vgl. BGH NVwZ-RR 2000, 746, 747 f. [BGH 20.07.2000 – III ZR 64/99]; NJW 2001, 3054, 3056 [BGH 21.06.2001 – III ZR 313/99]; Reinert, in: Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Edition: 25, Stand: 01.11.2012, § 839 Rn. 35; Staudinger-Wöstmann [2012], § 839 Rn. 118). Für den drittschützenden Charakter einer Amtspflicht genügt es, wenn sie auch dem Interesse des Geschädigten in qualifizierter Art zu dienen bestimmt ist (vgl. BGHZ 35, 44, 47, 50 f.; BauR 2010, 897, 900; st. Rspr.). Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Runderlass auch dem Interesse der gemeinnützigen Organisationen dient, Mittel zur Verwirklichung ihrer Ziele zu vereinnahmen; die Tatsache, dass die erlassgemäß zu führende Liste weder empfehlenden noch ausschließlichen Charakter hat, ändert daran nichts.
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b) In zeitlicher Hinsicht für den Streitfall maßgebend ist der Runderlass in den Fassungen vom 16.12.1998 (JMBl. 1999, S. 32 ff.) und vom 18.01.2007 (JMBl. 2007, S. 150). Beide Fassungen unterscheiden sich in den zur Beurteilung des Streitfalles maßgebenden Teilen nicht. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 des Erlasses war eine Einrichtung (erstmalig) nicht in die Liste aufzunehmen, wenn der listenführenden Stelle Tatsachen bekannt waren, die den Verdacht einer zweckwidrigen Verwendung von Mitteln durch die die Eintragung beantragende Einrichtung begründeten. Die Wiederaufnahme in eine Neuauflage der Liste war nach § 6 Nr. 5 des Erlasses ausgeschlossen, wenn die Verantwortlichen der Einrichtung wegen Eigentums- oder Vermögensdelikten zum Nachteil der Einrichtung oder wegen vergleichbarer Straftaten bestraft worden waren, außerdem nach § 6 Nr. 6 des Erlasses, wenn die Einrichtung ausweislich ihres eingereichten Rechenschaftsberichtes Gelder nicht unmittelbar und ausschließlich zu gemeinnützigen Zwecken verwendet hatte.
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c) Ob das Verhalten der Bediensteten des Beklagten diesen rechtsverbindlichen Vorgaben entsprach, erscheint dem Senat sehr zweifelhaft. Da der Kläger bereits in der Liste eingetragen war, war nicht § 4, sondern § 6 des Erlasses anzuwenden. Danach rechtfertigte der bloße Verdacht zweckwidriger Verwendung von Vereinsmitteln es nicht, den Kläger bei einer Neuauflage der Liste nicht mehr zu berücksichtigen; dies hätte vielmehr eine Bestrafung des Vorstands erfordert, zu der es im Streitfall nicht gekommen ist. Auf Erkenntnisse aus einem Rechenschaftsbericht des Klägers hat sich das beklagte Land zu keiner Zeit berufen. Die Unterrichtung der Listennutzer durfte in Anbetracht datenschutzrechtlicher Grundsätze und der strafprozessualen Unschuldsvermutung nur dem Zweck dienen, Verzögerungen aus dem jährlichen Erscheinen der Liste zum 1. Mai zu kompensieren; da der Kläger mangels Bestrafung seines Vorstands in der Liste nicht unberücksichtigt bleiben durfte, war auch eine Vorabmitteilung des Inhalts der Rundschreiben vom …2… eher unzulässig. Es liegt nahe, mit dem Klagevortrag anzunehmen, dass sich diese Rundschreiben und die „Streichung“ in der Liste im Ergebnis als „Zuweisungssperre“ innerhalb Hessens auswirkten; ob eine solche förmlich verfügt worden ist – was der Kläger nicht nachvollziehbar vorgetragen hat und was insbesondere bezüglich richterlicher Entscheidungen überhaupt schwer vorstellbar ist –, kann insofern dahinstehen.
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3. Unabhängig von den Vorgaben des Erlasses und von der Frage, ob dieser hinsichtlich der Eintragung gemeinnütziger Einrichtungen in die Liste und der weiteren Behandlung eingetragener Einrichtungen eine abschließende Regelung traf, erscheint das Verfahren des Beklagten auch ansonsten rechtsstaatlich bedenklich. Dies gilt zum einen dafür, dass der Beklagte den Kläger lange nicht über die „Streichung“ und die Vorabmitteilungen durch Rundschreiben unterrichtet hat; der Präsident des Oberlandesgerichts teilte dem Kläger erst mit Schreiben vom …2… (…) mit, dass er ihn mit Rücksicht auf das Strafverfahren ab 2… in die Liste nicht mehr aufgenommen hatte. Zweifelhaft erscheint zum anderen, ob nicht auch die Generalstaatsanwaltschaft im Nachgang zu ihrer Rundverfügung vom …2… die Staatsanwaltschaften von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens hätte unterrichten müssen, und ob die listenführende Stelle sich nicht jedenfalls angesichts ihres Vermerks vom …2… (…) früher nach dem Fortgang des Ermittlungsverfahrens hätte erkundigen und dadurch eine Wiedereintragung in die Liste zum 1. 5. 2… sowie ein früheres Rundschreiben des Inhalts vom …2… (…) hätte ermöglichen müssen. Dass dieses Rundschreiben bei den hessischen Gerichten verteilt wurde, war ausweislich des landgerichtlichen Tatbestandes in erster Instanz unstreitig; das nunmehrige Bestreiten des Klägers ist nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO in der Berufung nicht zu berücksichtigen.
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III. Die Rechtmäßigkeit des den Listeneintrag betreffenden Verhaltens der Bediensteten des Beklagten kann letztlich deshalb dahinstehen, weil der Klagevortrag auch unter Berücksichtigung der Erleichterungen gemäß §§ 252 BGB, 287 ZPO nicht den Schluss auf einen ersatzfähigen Schaden erlaubt.
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1. Der Zahlungsantrag zu 1. ist unbegründet.
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a) Das Landgericht hat auf S. 9 f. seines Urteils überzeugend ausgeführt, warum es sich zu einer Schätzung der dem Kläger entgangenen Geldzuweisungen (Klageantrag zu 1 a) außerstande gesehen hat. Auch das Berufungsvorbringen des Klägers erlaubt keine Schätzung der ihm entgangenen (hessischen) Zuweisungen, weil solche für die Zeit vor den streitgegenständlichen Ereignissen weiter nicht ansatzweise dargestellt werden und dies durch Bezugnahme auf beizuziehende Akten nicht zu ersetzen ist. Der unstreitige Umstand, dass der Kläger vor den streitgegenständlichen Ereignissen Bußgeldzuweisungen erhalten hatte, erlaubt auch nicht die Schätzung eines Mindestschadens, weil völlig offen ist, aus welchen Bundesländern diese Zuweisungen stammten.
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Hinzu kommt insoweit, dass der Anspruch des Klägers zumindest teilweise nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist. Der Begriff des „Rechtsmittels“ ist weit zu fassen, er umfasst auch formlose Eingaben und Rechtsbehelfe, die zur Beseitigung des amtspflichtwidrig herbeigeführten Zustands geeignet sind. Wenn – wie der Kläger behauptet – plötzlich jegliche Bußgeldzuweisungen ausblieben, musste er dies bemerken und bei der listenführenden Stelle nachfragen, wie er dies im Jahre 2… dann auch getan hat. Eine solche Frage hätte zumindest dazu geführt, dass er ab 1. 5. 2… wieder in die Liste eingetragen gewesen und die Einstellung des Strafverfahrens früher in der Richterschaft bekannt gemacht worden wäre.
52

b) Eine Kosten in Höhe von 20.000 € verursachende „PR-Aktion“ (Klageantrag zu 1 b) ist ersichtlich nicht erforderlich. Der Kläger ist seit vier Jahren wieder in der Liste eingetragen. Die knappgehaltenen Rundschreiben vom …2… sind jedenfalls bezüglich richterlicher Adressaten ausreichend richtiggestellt mit dem Rundschreiben vom … 2…. Der Kläger muss zur erfolgreichen Einwerbung von Geldzuweisungen ohnehin „PR“ betreiben, wie dies – gerichtsbekanntermaßen – auch zahlreiche andere gemeinnützige Einrichtungen tun. Mehrkosten für eine „Korrektur“ der vom Kläger in ihrer Bedeutung überschätzten Rundverfügungen vom …2… lassen sich nicht abgrenzen.
53

c) Eine – im landgerichtlichen Urteil nicht näher behandelte – Geldentschädigung für die Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Klageantrag zu 1 c) kommt nicht in Betracht. Die verfassungsrechtlich legitimierte Rechtsprechung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht und zur Geldentschädigung bei dessen Verletzung kann auf juristische Personen wie den Kläger als Idealverein nicht ohne Weiteres übertragen werden. Die herrschende Meinung lehnt eine Geldentschädigung für juristische Personen zutreffend ab, insbesondere weil diese keine Psyche besäßen und keine Genugtuung empfinden könnten (vgl. BGHZ 78, 24, 27 f.; OLG Stuttgart MDR 1979, 671 f. [OLG Stuttgart 13.12.1978 – 4 U 83/78]– jeweils für eine KG –; OLG München v. 12. 7. 1996 – 21 U 4775/95, insoweit in OLGR 1996, 217 f. nur Leitsatz abgedruckt – für einen Verein –; OLG Frankfurt OLGR 2000, 200, 201 – für eine AG –; Rixecker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, Anhang zu § 12, Rn. 22 ff.; Palandt-Sprau, BGB, 72. Aufl. 2013, § 823 Rn. 93; Soergel-Beater, BGB, 13. Aufl. 2…, § 823 Anh. IV Rn. 23; Erman-Klass, BGB, 13. Aufl. 2011, Anh. § 12 Rn. 68; Katzenmeier, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl. 2012, § 823 Rn. 189; BGB-RGRK-Dunz, 12. Aufl. 1989, § 823 Anh. I Rn. 125). Ob eine Geldentschädigung zugunsten einer juristischen Person ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn deren Genugtuungsbedürfnis durch die Entschädigung des gleichzeitig persönlich Betroffenen nicht Rechnung getragen werden kann (so Staudinger-Hager [1999], § 823 Rn. C 33; vgl. zu einer in der Form eines rechtsfähigen Vereins organisierten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft BGHZ 78, 274, 280), kann im vorliegenden Fall dahin stehen. Der unmittelbar betroffene damalige Vorstand des Klägers hat für die im angesprochenen Strafverfahren bewirkte Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Entschädigung in Höhe von 17.000 € zuzüglich Zinsen erstritten. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Verletzungstatbestände zulasten des Vorstandes und zulasten des Klägers nicht vollständig decken, erscheint eine zusätzliche Geldentschädigung für den Kläger im Streitfall nicht als erforderlich.
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2. Der auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichtete Klageantrag zu 2 a ist unbegründet. Da die Klage in der Hauptsache nach den obigen Ausführungen hinsichtlich des Amtshaftungsanspruchs wegen Pflichtverletzungen bezüglich des Listeneintrags unbegründet ist, hat der Kläger auch keinen hierauf bezogenen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch.
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IV. Hinsichtlich der Feststellungsanträge zu 3. gilt Folgendes:
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1. Der auf die Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich aller künftigen Schäden aus der „Streichung“ in der Liste, aus den Rundverfügungen und aus der unterlassenen Wiedereintragung gerichtete Klageantrag zu 3 a) ist unzulässig. Bei reinen Vermögensschäden ist ein Feststellungsinteresse nur gegeben, wenn der Schadenseintritt wahrscheinlich ist (vgl. BGH NJW 2006, 830 ff. [BGH 24.01.2006 – XI ZR 384/03] (Tz. 27]; NJW 2002, 1346, 1349 [BGH 25.10.2001 – IX ZR 427/98]; BGHReport 2…, 78 f. [Tz. 32]; st.Rspr.). Das ist unzureichend vorgetragen angesichts des Zeitablaufs seit der Wiedereintragung des Klägers am … 2… Der Kläger hat schon – wie oben III.1.a) ausgeführt – die bislang eingetretenen Schäden nicht ausreichend dargelegt, für Zukunftsschäden gilt dies erst recht.
57

2. Die Klage ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, soweit sie auf die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten aus den (strafprozessualen) Antrags- und Beschwerdeverfahren gerichtet ist (Klageantrag zu 3 b).
58

a) Eine Feststellungsklage ist grundsätzlich unzulässig, wenn dasselbe Rechtsschutzziel auch mit einer Leistungsklage verfolgt werden kann (vgl. etwa BGH NJW 1986, 2507 [BGH 07.02.1986 – V ZR 201/84]; 1993, 2993). Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn auch die Feststellungsklage eine prozessökonomische Klärung der aufgetretenen Streitfragen ermöglicht und wenn zu erwarten ist, dass der Beklagte auch ohne ein Leistungsurteil seine Leistung erbringen wird, z. B. bei Behörden (vgl. BAG JZ 1962, 166 [BAG 02.11.1961 – 5 AZR 148/60]; BGH NJW 1984, 1118, 1119 [BGH 09.06.1983 – III ZR 74/82]; 1995, 2219; 1996, 918 f.; NJW-RR 1994, 1272, 1273 [BGH 17.06.1994 – V ZR 34/92]; BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 2). Weiter kann insgesamt auf Feststellung geklagt werden, wenn sich der Schaden noch in der Entwicklung befindet, sodass eine abschließende Bezifferung ausscheidet (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1520 [BGH 15.01.2008 – VI ZR 53/07]).
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b) Danach ist die Feststellungsklage hier unzulässig. Die strafprozessualen Verfahren sind als solche unstreitig abgeschlossen und daher hinsichtlich der entstandenen Anwaltskosten abrechenbar, mithin einer Bezifferung und einer Leistungsklage zugänglich. Dass sich der Schaden noch in der Entwicklung befindet, stützt der Kläger allein auf eine eingelegte Verfassungsbeschwerde, die ebenfalls abrechenbar sein müsste und deren Notwendigkeit einer Begründung bedurft hätte, erst recht eine angekündigte Menschenrechtsbeschwerde des Klägers als juristischer Person. Die Feststellung ist vorliegend keine prozessökonomisch sinnvolle Alternative, weil der Hauptstreitpunkt der Erforderlichkeit von Kosten ungeklärt bliebe und deshalb unabhängig von der Entbehrlichkeit einer Zwangsvollstreckung keine „freiwillige“ Leistung des Beklagten zu erwarten ist.
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c) Jedenfalls ist die Feststellungsklage insoweit unbegründet. Der Kläger legt nicht einmal dar, an welchen der genannten Verfahren er mit welchem Ziel beteiligt war und wozu er einen Rechtsanwalt beauftragt hat. Dass die schlichte Bezugnahme auf beizuziehende Akten den schriftsätzlichen Parteivortrag nicht ersetzen kann, hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt.
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V. Eine Anspruchsgrundlage für den Ersatz von vorgerichtlichen Anwaltskosten, die sich auf das – hier abgetrennte, als Justizverwaltungssache an den 3. Strafsenat verwiesene – Löschungs- und Vernichtungsbegehren beziehen (Klageantrag zu 2 b und c), ist nicht ersichtlich (nachfolgend 1, 2). Der geltend gemachte Freistellungsanspruch ist zudem der Höhe nach deutlich übersetzt (nachfolgend 3).
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1. Der vermeintliche Folgenbeseitigungsanspruch des Klägers ist öffentlich-rechtlicher Natur. Die Verzugsregelung des BGB ist nur auf öffentlich-rechtliche Ansprüche im Gleichordnungsverhältnis anwendbar (vgl. Palandt-Grüneberg, a. a. O., § 286 Rn. 5 m. W. N.); um solche geht es hier nicht.
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2. Ein Amtshaftungsanspruch (Art. 34 GG, § 839 BGB, Art. 5 EMRK) besteht insoweit nicht. Die Bediensteten des Beklagten verletzten nicht dadurch schuldhaft ihre Amtspflichten gegenüber dem Kläger, dass sie bis August 2…– dem Zeitpunkt der diesbezüglichen vorgerichtlichen Tätigkeit des klägerischen Prozessbevollmächtigten – die Daten nicht löschten und die Kopien beschlagnahmter Dokumente nicht vernichteten.
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a) Für das Klagebegehren auf Vernichtung von Kopien beschlagnahmter Urkunden sind, da es sich um Bestandteile der staatsanwaltschaftlichen Akten handelt, die Vorschriften über die Aufbewahrung von Schriftstücken maßgeblich. Insoweit kommen der Runderlass des hessischen Justizministeriums vom 16.9.2007 (JMBl. S. 534 ff., Aufbewahrungsbestimmungen) und die Verordnung zur Aufbewahrung von Schriftgut der Justiz (Aufbewahrungsverordnung) vom 5. 3. 2012 (GVBl. 2012, 70) in Betracht. Beide Regelwerke lassen die Aufbewahrungsfrist mit dem Ende des Jahres, in dem die verfahrensbeendende Entscheidung getroffen worden ist, beginnen (Nr. 6 Abs. 1 S. 2 des Erlasses, § 4 Abs. 1 S. 2 der Verordnung). Die Aufbewahrungsfrist beträgt für eingestellte Js-Verfahren fünf Jahre (jeweils Anlage Nr. 622 lit. d zum Erlass und zur Verordnung). Sie begann im Streitfall infolge der Einstellung des Strafverfahrens im Juni bzw. Juli 2… mit dem Ende dieses Jahres zu laufen und war demgemäß zum Zeitpunkt des klägerischen Löschungsbegehrens vom … und … 2… noch nicht verstrichen.
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Ein Vernichtungsanspruch des Klägers lässt sich nicht daraus herleiten, dass das Ermittlungsverfahren nicht gegen ihn, sondern gegen seinen Vorstand gerichtet war, und dass die Kopien von verfahrensfehlerhaft beschlagnahmten Urkunden gefertigt wurden. Die Aufbewahrungsbestimmungen differenzieren nicht nach Aktenbestandteilen, die einen Verfahrensbeteiligten und solchen, die Dritte betreffen, abgesehen davon, dass zweifelhaft erscheint, ob insoweit zwischen dem Kläger und seinem damals für ihn handelnden Vorstand unterschieden werden könnte. Aus der rechtswidrigen Erhebung von Beweismitteln ergibt sich nicht ohne Weiteres deren generelle Unverwertbarkeit (vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 02.04.2006 – 2 BvR 237/06, 2 BvR 246/06, 2 BvR 256/06, juris-Rn. 10), sodass allein hierauf ein Vernichtungsanspruch nicht zu stützen ist. Schließlich beruft sich der Kläger zu Unrecht auf den Beschluss des OLG Stuttgart vom 5. 5. 1977 (4 V As 234/76, NJW 1977, 2276, 2277 [OLG Stuttgart 05.05.1977 – 4 VAs 234/76]). Das OLG Stuttgart hat eine Pflicht zur Vernichtung von Kopien darauf gestützt, dass das Strafgericht die Beschlagnahme der Originaldokumente aufgehoben und damit diese verbindlich freigegeben, als Beweismittel ausgesondert hatte. Eine strafgerichtliche Entscheidung dieses Inhalts ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich.
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b) Die Löschung von Daten bemisst sich nach § 489 Abs. 2 StPO, demgemäß etwa nach der Erforderlichkeit z. B. für folgende Verfahren. Solche liegen hier nicht völlig fern, z. B. eine zukünftige Überprüfung der satzungsmäßigen Verwendung eingeworbener Mittel, die der Kläger langfristig aufgeschoben hatte. Hinzu kommt, dass das streitgegenständliche Ermittlungsverfahren nach Darstellung des Klägers noch Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist. Aus der etwaigen Unzulässigkeit der Datenerhebung kann nicht ohne Weiteres auf ein Verwertungsverbot und damit auf ein Speicherungsverbot geschlossen werden (vgl. BVerfG, a. a. O.).
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3. Der vom Kläger geltend gemachte Freistellungsanspruch ist im Übrigen auch der Höhe nach deutlich übersetzt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat unter dem … 2… und dem … 2… seine Tätigkeit bezüglich der Vernichtung von Briefkopien und der Löschung von Bank- und Kontodaten getrennt mit jeweils 402,82 € berechnet und dabei jeweils als Streitwert 4.000 € angesetzt (…). Eine gesonderte Berechnung war nicht gerechtfertigt, da es sich um dieselbe Angelegenheit handelte, die der 3. Strafsenat des erkennenden Gerichts zudem mit Beschluss v. 10. 5. 2012 (…) zutreffend als nichtvermögensrechtlich eingeordnet und nach §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 Abs. 2, 3 S. 1 KostO mit dem Regelstreitwert von 3.000 € bewertet hat. Daraus ergibt sich für den Prozessbevollmächtigten des Klägers folgender Honoraranspruch gegen den Kläger:

1,3-fache Geschäftsgebühr (Wert 3.000 €)

245,70 €

Post- und TK-Pauschale

20,00 €

Honorar netto

265,70 €

+ 19 % USt.

50,48 €

= Honorar brutto

316,18 €
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VI. Da die Klage hinsichtlich der bezifferten Anträge nicht begründet ist, kommt auch eine Verzinsung dieser Beträge gemäß Klageantrag zu 4. nicht in Betracht.
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VII. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO. Ein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH besteht nicht; Gegenstand eines solchen Ersuchens kann nur die Frage der Auslegung von Unionsrecht sein, nicht aber eine vom Kläger geltend gemachte fehlerhafte Rechtsanwendung.

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