OLG Frankfurt am Main, 18.04.2018 – 4 U 120/17

März 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 18.04.2018 – 4 U 120/17
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.04.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 21. Zivilkammer – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500.000,00 Euro brutto zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils für den Kläger vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger darf eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aufgrund eines Anstellungsvertrages, der sich auf seine Tätigkeit als Mitglied des Vorstands der Beklagten bezog, auf Zahlung einer variablen Vergütung in Form eines Bonus in Anspruch.

Anstelle einer Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Klageanträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, der durch eine Bezugnahme auf den zwischen den Parteien am 18.06.2010 geschlossenen Anstellungsvertrag (Anlage KV 4 und B 1) zu ergänzen ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich aus dem zwischen den Parteien im Jahr 2010 geschlossenen Vertrag kein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2011 ergebe. Der Vertrag gewähre seinem Wortlaut nach keinen Anspruch, da es sich nach § 3 Abs. 3 des Vertrages bei Sonderleistungen, Gratifikationen oder ähnlichem um freiwillige Zuwendungen handele, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Der Kläger habe für einen vom Wortlaut des Vertrages abweichenden Willen der Parteien keinen Beweis erbracht. Den Angaben des Klägers bei seiner Vernehmung als Partei, nach denen er den Vertrag mangels entsprechenden Hinweises nicht so verstanden habe, dass die Bonusabrede ersatzlos habe aufgehoben werden sollen, stehe insbesondere die Aussage der Zeugin Z1 entgegen, nach der den Änderungen der Verträge aller Vorstandsmitglieder Informationen der BaFin sowie Rechtsstreitigkeiten von Mitarbeitern aus dem Investment-Bereich wegen Bonuszahlungen zugrunde gelegen hätten, über die der Kläger informiert gewesen sei. Während ein Eigeninteresse der Zeugin nicht ersichtlich sei, bestünden an der Aussage des Klägers Zweifel. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass der Vertrag in Anbetracht seiner wirtschaftlichen Bedeutung für den Kläger „reine Formsache“ gewesen sein solle. Der Wirksamkeit des Vertrages stehe auch kein Verstoß gegen die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen entgegen. Eine Kürzung von Bonuszahlungen sei in allgemeinen Geschäftsbedingungen nach der Rechtsprechung des BAG zum Arbeitsrecht zulässig. Es bestünden daher – außerhalb des auf strengere Schutzmaßnahmen bedachten Arbeitsrechts – gegen die Klausel des § 3 Abs. 3 und die Präambel des Vertrages keine Bedenken. Eine etwaige wirtschaftliche Nachteiligkeit der Vergütungsstruktur des im Jahre 2010 geschlossenen Vertrages gegenüber der Vorzeit begründe für sich genommen keine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 307 BGB. Es könne danach offen bleiben, ob es sich bei dem Vertrag aus dem Jahr 2010 um allgemeine Geschäftsbedingungen handele. Dagegen spreche allerdings, dass die Beklagte auf Verlangen des Klägers bereit gewesen sei, den Vertrag zu ändern.

Ein Bonusanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus dem zwischen den Parteien zuvor geschlossenen Anstellungsvertrag und/oder den arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu einer betrieblichen Übung. Die Parteien hätten in der Präambel unter B. des 2010 geschlossenen Vertrages zulässigerweise vereinbart, dass zwischen ihnen fortan die Bedingungen des neuen Vertrages gelten sollten. Einem Anspruch aus betrieblicher Übung stehe zudem entgegen, dass dieses Rechtsinstitut – ebenso wie der Gleichbehandlungsgrundsatz – auf Anstellungsverträge von Vorstandsmitgliedern keine Anwendung finde, da es sich bei Vorstandsmitgliedern nicht um Arbeitnehmer handele. Die Behauptung des Klägers, dass die Beklagte allen anderen Vorstandsmitgliedern einen Bonus für das Jahr 2011 gewährt habe, genüge auch nicht, um einen aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB abgeleiteten Bonusanspruch des Klägers zu begründen. Insbesondere seien unter Berücksichtigung der hervorgehobenen Treuepflicht des Klägers als Vorstandsmitglied mit der Eigenkündigung des Klägers und seiner Freistellung ab dem 20.05.2011 Umstände gegeben, die das Unterbleiben einer Bonuszahlung nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen.

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 09.05.2017 zugestellte Urteil mit am 09.06.2017 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 09.08.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem bei dem Oberlandesgericht an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten begründet.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung abweichend von seiner erstinstanzlichen Antragstellung die Auskunftsstufe der erhobenen Stufenklage nicht weiter, sondern begehrt nunmehr die Verurteilung der Beklagten zur Leistung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Bonuszahlung in Höhe von mindestens 600.000,00 Euro brutto.

Der Kläger beruft sich darauf, dass die Regelung in § 3 Abs. 3 des Dienstvertrages vom 16.06.2010 schon ihrem Wortlaut nach dahin auszulegen sei, dass ihm ein Anspruch auf Ermessensentscheidung des Aufsichtsrats über die Gewährung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2011 zustehe. § 3 Abs. 3 Satz 1 enthalte mit der Regelung, dass der Aufsichtsrat „nach billigem Ermessen“ eine Gratifikation gewähren kann, zwar keinen Anspruch auf eine bestimmte Gratifikation, aber einen Anspruch auf eine Ermessensentscheidung des Aufsichtsrates. Die weiteren Regelungen in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Dienstvertrages, nach denen es sich bei den Gratifikationen um freiwillige Zuwendungen handele und aus den Zuwendungen kein Rechtsanspruch abgeleitet werden könne, zielten allein auf den Ausschluss eines aus einer ggf. mehrfachen Zuwendung abgeleiteten Anspruchs aus betrieblicher Übung, änderten aber nichts daran, dass nach Satz 1 der Regelung ein Anspruch auf Ermessensentscheidung bestehe. Der Regelungsgehalt von § 3 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrages formuliere den Anspruch auf Zahlung eines Ermessensbonus lediglich aus der Perspektive der Bank, beinhalte aber keine Änderungsabrede zur Abschaffung des zuvor bestehenden Bonusanspruchs. Der Regelungsgehalt der Vorschrift sei dahin zu verstehen, dass der Berechtigte einen Anspruch auf die Zahlung eines Ermessensbonus habe, der allerdings (nach Ermessensausübung) auch ausfallen könne (daher „kann“). Es ergäbe ich im Übrigen ein Widerspruch, wenn der Freiwilligkeitsvorbehalt in Satz 2 der Regelung auf den Ermessensbonus zu beziehen wäre. Denn die Beklagte könne nicht einen Bonus zusagen und zugleich entgegen diesem Versprechen mit einer Freiwilligkeitsklausel einen Rechtsanspruch auf die versprochene Sonderzahlung ausschließen. Dies gelte insbesondere, weil mit dem Bonus auch die Erfüllung individueller Ziele durch den Kläger honoriert worden sei.

Darüber hinaus sei bei der Auslegung der Vergütungsregelung neben der tatsächlichen Handhabung, nach der eine „total compensation“ über viele Jahre gewährt worden sei, auch der wirkliche Wille der Parteien zu berücksichtigen, der dahin gegangen sei, dass der Kläger weiterhin einen Bonus im Sinne einer „total compensation“ habe erhalten sollen. Für einen entsprechenden Willen der Parteien spreche neben der Erwägung, dass es für den Kläger keinen Grund gegeben habe, freiwillig auf seinen Jahresbonus im 6-stelligen Bereich zu verzichten, auch die Aussage der Zeugin Z1, nach der die Boni-Klauseln nur hätten „angepasst“ werden sollen und über einen Wegfall der variablen Vergütung nie gesprochen worden sei, während über andere Änderungen der materiellen Vertragsbedingungen stets und ausführlich informiert worden sei. Auch belege der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger für das Geschäftsjahr 2010 einen Jahresbonus in Höhe von 751.447,59 Euro gezahlt und dabei das gleiche System einer „total compensation“ wie in den Jahren zuvor zugrunde gelegt habe, die Auslegung, dass der Dienstvertrag einen Anspruch auf einen der Höhe nach in das Ermessen der Beklagten gestellten Bonus begründe. Im Übrigen seien mit dem Kläger im Rahmen des gemeinsamen Verständnisses der Parteien, die „total compensation“ weiter zu führen, individuelle Ziele für das Geschäftsjahr 2011 vereinbart worden.

Der Kläger beruft sich zudem darauf, dass das Landgericht seinen Vortrag und die Aussage der Zeugin Z1 unzutreffend gewürdigt habe. Die pauschale Angabe der Zeugin, dass Änderungen der Verträge aller Vorstandsmitglieder aufgrund von Informationen der BaFin sowie aufgrund von Rechtsstreitigkeiten von Mitarbeitern aus dem Investmentbanking-Bereich wegen Bonuszahlungen erfolgt seien, werde von dem Landgericht „ungefiltert“ in die Urteilsbegründung übernommen, obwohl die Beklagte nicht substanziiert dargelegt habe, um welche Streitigkeiten es sich gehandelt habe und welche angeblichen Vorgaben der BaFin bestanden hätten. Dass Vorgaben der BaFin zu keinem Zeitpunkt vorgesehen hätten, den Anspruch auf variable Vergütung von Vorständen abzuschaffen, zeige sich schon daran, dass dem Kläger auch nach Abschluss des Dienstvertrages vom 16.06.2010 eine „total compensation“ ausgezahlt worden sei. Die Auszahlung einer „total compensation“ einschließlich variabler Vergütung für das Geschäftsjahr 2010 bestätige, dass mit der Aktualisierung der Vertragsmuster bei Verlängerung der Berufung in den Vorstand keine grundlegende Änderung der Vergütungsabrede verbunden und auch nicht beabsichtigt gewesen sei. Der zuvor unstreitig bestehende Anspruch auf einen Ermessensbonus habe vielmehr auch weiterhin bestehen sollen. Soweit das Landgericht argumentiere, dass es insbesondere im Hinblick auf eine Sorge des Klägers, als Vorstandsmitglied abberufen zu werden, Motive des Klägers für den Abschluss eines für ihn nachteiligen Vertrages gegeben habe, lasse es unberücksichtigt, dass der Kläger seit 4 Jahren ein etabliertes Vorstandsmitglied der Beklagten gewesen und qualifizierte Experten auf dem Gebiet des Investmentbanking, wie der Kläger, am Markt gesucht gewesen seien. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger, nur um Vorstandsmitglied der Beklagten zu bleiben, auf mindestens 2/3 seiner Vergütung verzichtet habe.

Das Landgericht habe ferner rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger zur „total compensation“ nicht substantiiert vorgetragen habe und eine Vernehmung des Zeugen Z2 sich als unzulässiger Ausforschungsbeweis darstelle. Der Kläger habe konkret dargelegt, dass der Zeuge als für die Bewertung des Klägers in Bezug auf dessen Bonus zuständiger Mitarbeiter der Beklagten die Gesamtvergütung für das Jahr 2010 erläutert habe und dem Kläger eine entsprechende compensation summary unter dem 20.01.2011 ausgehändigt worden sei. Es sei in dem Gespräch mit dem Zeugen auch die Vergütung des Klägers als „total compensation“ und damit deren Fortführung nach der Vertragsänderung zur Sprache gekommen.

Der Kläger beruft sich hilfsweise darauf, dass die von dem Landgericht angenommene Aufhebung des Bonusanspruchs ggf. wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam sei. Die Vereinbarung über die Aufhebung der variablen Vergütung des Klägers im Vorstandsdienstvertrag vom 16.6.2010 sei als von der Beklagten gestellte allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren. Die Klausel gelte gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als von der Beklagten gestellt, da der Kläger den Anstellungsvertrag im Sinne des § 13 BGB als Verbraucher geschlossen habe. Der Vorstand einer Aktengesellschaft sei bei Abschluss eines Anstellungsvertrages – ebenso wie der Geschäftsführer einer GmbH – als Verbraucher einzuordnen. Dass die Vertragsklausel von der Beklagten gestellt worden sei, werde im Übrigen auch von der Beklagten nicht bestritten. Diese mache vielmehr sogar geltend, dass die Verträge aller Vorstandsmitglieder im Jahr 2010 vereinheitlicht und in dieser Form vorgelegt und verwendet worden seien. Mit der Aufhebung der Bezugnahme auf den ursprünglichen Arbeitsvertrag des Klägers sei in dem 2010 geschlossenen Anstellungsvertrag der Anspruch des Klägers auf eine variable Vergütung in Abweichung von dem Äquivalenzprinzip aufgehoben worden, so dass die Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Es liege ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip vor, das nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 19.02.2014, 5 AZR 29/12) als Rechtsvorschrift im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB anzusehen sei. Das Äquivalenzprinzip diene nach dieser Rechtsprechung dazu, das ursprünglich von den Parteien festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erhalten. Dieses Gleichgewicht werde gestört, wenn ein Arbeitnehmer durch einseitigen Verzicht oder Erlass ohne rechtfertigende sachliche Gründe und kompensatorische Gegenleistung Ansprüche verliere. Dies sei für den Kläger als Vorstandsmitglied nicht anders zu bewerten. Es handele sich bei der Aufhebung des Anspruchs auf einen Bonus ggf. auch um eine überraschende Klausel, die nach § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden sei. Denn der Kläger habe nicht damit rechnen müssen, dass der von der Beklagten gestellte Dienstvertrag seine variable Vergütung vollständig aufheben würde, zumal diese zuvor nur durch einen Verweis auf seinen ruhend gestellten Arbeitsvertrag geregelt gewesen sei und sich in dem Vorstandsdienstvertrag des Jahres 2010 kein ausdrücklicher Verweis auf das Schicksal der variablen Vergütung finde. Die Unwirksamkeit der Aufhebungsklausel führe gemäß § 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zu ihrem ersatzlosen Wegfall bei Aufrechterhaltung des Dienstvertrages im Übrigen. Dabei sei die Lücke, die sich durch den Wegfall der Klausel ergebe, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dadurch zu schließen, dass dem Kläger für das Geschäftsjahr 2011 eine anteilige variable Vergütung zu gewähren sei, wie er sie zuvor zwischen 1998 und 2010 stets erhalten habe.

Der Kläger beruft sich höchst hilfsweise darauf, dass zwischen den Parteien hinsichtlich des Bonusanspruchs eine ergänzende Individualabrede dahin getroffen worden sei, dass dem Kläger weiterhin eine „total compensation“ ausgezahlt werde. Die Abrede ergebe sich daraus, dass der Kläger in Anbetracht der dargelegten Umstände beim Neuabschluss des Dienstvertrages, die keine inhaltliche Veränderung hätten erkennen lassen, aus der Zahlung des Bonus für das Jahr 2010 auf ein Angebot der Beklagten habe schließen dürfen, seine variable Vergütung auch in Zukunft unverändert weiterzuführen. Dieses Angebot habe der Kläger gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen. Ein begründetes Vertrauen des Klägers auf einen Anspruch auf variable Vergütung sei spätestens mit der Vereinbarung von bonusrelevanten Zielen für das Geschäftsjahr 2011 entstanden.

Hinsichtlich der Höhe der beanspruchten Bonuszahlung macht der Kläger geltend, dass bei der Bemessung des Bonus die Leistung und das Verhalten des Klägers, die Leistung der A Gruppe und der Abteilung des Klägers sowie die Marktsituation und das Interesse an der Arbeitsleistung zu berücksichtigen seien. Das Verhalten des Klägers und dessen Arbeitsleistungen seien bis zu seiner Freistellung tadellos gewesen. Die A Gruppe und insbesondere das Investment Banking der Beklagten hätten im Jahr 2011 sehr erfolgreich gearbeitet, was maßgeblich auf dem Beitrag des Klägers beruht habe. Zudem seien bei der Bemessung des Bonus durch eine gerichtliche Leistungsbestimmung auch die Höhe der an den Kläger in den Jahren 2008 bis 2010 gezahlten Boni zu berücksichtigen. Die Beklagte habe ihrerseits nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspreche, obwohl es ihr als die Leistung bestimmende Partei obliege, die Umstände darzulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.04.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 600.000,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, dass sich aus dem Dienstvertrag vom 18.06.2010 kein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2011 ergebe. Es handele sich bei der Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrages nicht um eine Anspruchsgrundlage auf einen Ermessensbonus, sondern um eine Ermächtigungsgrundlage, die dem Aufsichtsrat die Bewilligung eines Bonus ermögliche, ohne selbst pflichtwidrig zu handeln. Die Vertragsbestimmung regele gerade nicht, dass der Kläger einen Bonus erhalte oder ihm ein solcher gewährt werde, sondern lediglich, dass der Aufsichtsrat dem Kläger eine Sonderleistung, Gratifikation oder Ähnliches „gewähren kann“ und in diesem Fall den Grundsatz der Billigkeit und das geltende Recht zu beachten hat. § 3 Abs. 3 Satz 2 des Dienstvertrages stelle diesbezüglich klar, dass es sich bei den Sonderleistungen, Gratifikationen oder Ähnlichem in jedem Fall um freiwillige Zuwendungen handelt. Demgegenüber passe die vom Kläger vorgenommene Auslegung der Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages nicht zu dem Freiwilligkeitsvorbehalt in Satz 2 der Vorschrift. Dies sei ein weiteres deutliches Anzeichen dafür, dass das klägerische Verständnis des Dienstvertrages falsch und mit der Systematik der Vertragsbestimmung unvereinbar sei. Es ergebe sich ferner auch aus dem Dienstvertrag vom 27.04.2006 i. V. m. dem Arbeitsvertrag vom 16.06.1998 kein Anspruch des Klägers auf eine Bonuszahlung, da dieser Dienstvertrag nach der vom Landgericht zitierten Ziffer B. der Präambel des Dienstvertrages, aber auch nach der unter § 9 des Vertrages zur Beendigung des bisher geltenden Anstellungsvertrages getroffenen Regelung mit Wirkung zum 30.04.2010 aufgehoben worden sei. Ein entsprechender Hinweis ergebe sich auch aus der die Fortdauer des Ruhens des Arbeitsverhältnisses betreffenden Ergänzungsvereinbarung der Parteien zum Vertrag vom 16.06.1998 (Anlage KV 5). Es bestünden unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Vertragsschlusses auch keine Zweifel daran, dass die Aufhebung des Dienstvertrages vom 27.04.2006 und die Vereinbarung neuer Vertragsbedingungen dem Parteiwillen entsprochen hätten. Der Kläger habe nach der Aussage der Zeugin Z1, der Personalleiterin der Beklagten, gewusst, dass zwei Arbeitnehmer der Beklagten aus dem von ihm geführten Investmentbanking-Bereich die Beklagte auf Bonuszahlungen verklagt hätten und die Beklagte daraufhin mit ihren Arbeitnehmern Vertragsänderungen in Bezug auf die variable Vergütung vereinbart habe, die einen Anspruch auf Bonuszahlung ausschlössen. Anliegen der Beklagten sei es gewesen, sich vor möglichen weiteren Bonusklagen zu wappnen und ihrem Grundverständnis, dass jede über das Festgehalt hinausgehende Vergütung eine freiwillige, in das Ermessen der Beklagten gestellte Leistung sei, Geltung zu verschaffen. Dem Kläger sei darüber hinaus auch bekannt gewesen, dass der Abschluss neuer Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern im Jahr 2010 darauf abgezielt habe, eine entsprechende vertragliche Anpassung auch in den Vorstandsanstellungsverträgen vorzunehmen und einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung eines Bonus auszuschließen. Der Kläger habe im Übrigen vor Abschluss des Dienstvertrages vom 18.06.2010 mehr als ausreichend Zeit gehabt, sich mit dem Vertragstext und den darin enthaltenen Änderungen seines Dienstvertrages vertraut zu machen. So habe die Beklagte dem Kläger bereits vor dem 20.05.2010 eine englischsprachige Entwurfsfassung des Dienstvertrages und am 07.06.2010 eine zweisprachige Entwurfsfassung des Dienstvertrages zur Verfügung gestellt. Der Kläger habe überdies eingeräumt, dass über den Dienstvertragsentwurf gesprochen worden und ihm dabei aufgefallen sei, dass eine Klausel zum Wiederaufleben seines Arbeitsverhältnisses nach einer Beendigung des Vorstandsdienstvertrages fehlte. Es sei zudem entsprechend der Aussage der Zeugin Z1 eine in § 1 Abs. 5 des englischsprachigen Dienstvertragsentwurfes eingefügte Klausel auf Verlangen des Klägers in dem finalen zweisprachigen Dienstvertragsentwurf nicht mehr enthalten gewesen. Darüber hinaus habe es gemäß der als Anlage B 5 vorgelegten Email des Klägers Rückfragen des Klägers zum Verständnis der Regelungen in den §§ 3 Abs. 2, 3 Abs. 8 und 4 Abs. 3 des Entwurfs gegeben, während der Kläger gegen § 3 Abs. 3 des Dienstvertragsentwurfs keine Einwände erhoben habe.

Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass § 3 Abs. 3 und § 9 des Dienstvertrages vom 18.06.2010 nicht AGB-widrig seien. Zwar habe die Beklagte den Text der neuen Dienstverträge ihrer Vorstandsmitglieder im Jahr 2010 entworfen, sie sei jedoch auf Verlangen der Vorstandsmitglieder und insbesondere auch des Klägers tatsächlich bereit gewesen, den Vertragstext entsprechend den Wünschen und Anregungen der Vorstandsmitglieder zu ändern und Ergänzungsvereinbarungen abzuschließen. Es könne daher von einem „Stellen“ von Vertragsklauseln und dem dazu erforderlichen unbedingten Einbeziehungsverlangen keine Rede sein. Die Fiktion des § 310 Abs. 3 BGB rechtfertige diesbezüglich keine andere Würdigung, weil es sich bei dem Dienstvertrag vom 18.06.2010 nicht um einen Verbrauchervertrag im Sinne dieser Vorschrift handele. Der Kläger sei bei Abschluss des Dienstvertrages als Vorstandsmitglied der Beklagten, also einer Aktiengesellschaft, nicht Verbraucher im Sinne des § 13 BGB gewesen, sondern habe im Rahmen seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt. Die Qualifizierung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft als Verbraucher sei allein schon mit Blick auf dessen herausgehobene Verantwortung und Bezahlung nicht sachgemäß. Auch sei der Kläger nicht als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB schutzbedürftig gewesen.

Es handele sich bei § 3 Abs. 3 und § 9 des Dienstvertrages auch nicht um überraschende Klauseln. Insbesondere sei die vollständige Aufhebung eines vorangegangenen Dienstvertrages und die Vereinbarung neuer Vertragsbedingungen einschließlich neuer Regelungen zur variablen Vergütung keine objektiv ungewöhnliche Regelung gewesen, zumal sie im Vertragstext durch eigene Überschriften („Vergütung“ bzw. „Beendigung des bisher geltenden Anstellungsvertrages“) und durch einen Hinweis in der Präambel („neue Bedingungen“) kenntlich gemacht seien. Die Vertragsklauseln seien auch nicht im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB intransparent. Insbesondere sei bei vollständiger Aufhebung des bisherigen Dienstvertrages und einer Vereinbarung der Fortdauer des Ruhens des Arbeitsvertrages des Klägers klar gewesen, dass sich ein etwaiger variabler Vergütungsanspruch des Klägers für seine Vorstandstätigkeit zukünftig allenfalls aus dem neuen Dienstvertrag habe ergeben können. Der Kläger habe auch die Möglichkeit gehabt, den Verlust seines Anspruchs auf eine variable Vergütung zu erkennen, während unerheblich sei, ob er dies tatsächlich erkannt habe. Der Kläger sei durch die Regelungen auch nicht im Sinne des § 307 BGB unangemessen benachteiligt worden. Die Angemessenheit des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung sei gemäß Art. 4 Abs. 2 RL93/13/EWG und § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der AGB-Kontrolle entzogen. Es könne daher nicht beanstandet werden, dass der Kläger für seine Vorstandstätigkeit bei der Beklagten in Bezug auf den Zeitraum ab dem 01.05.2010 nur die in § 3 Abs. 1 des Vertrages geregelte Vergütung habe verlangen können. Eine unangemessene Benachteiligung könne entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch nicht aus einer Abweichung von dem Äquivalenzprinzip hergeleitet werden. Dieses diene lediglich dazu, das ursprünglich von den Parteien festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung während der Vertragslaufzeit zu erhalten und bewirke, dass einseitige rückwirkende Eingriffe in das vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht gestattet seien. Das Äquivalenzprinzip verbiete es den Parteien jedoch nicht, ein bestehendes Vertragsverhältnis einvernehmlich aufzuheben und an seine Stelle ein neues Vertragsverhältnis mit geänderten Regelungen zu setzen. Der Kläger verkenne im Übrigen, dass er auch vor Abschluss des Vorstandsdienstvertrages vom 18.06.2010 keinen Anspruch auf einen Bonus in einer bestimmten Höhe gehabt habe. Insbesondere habe die variable Vergütungsregelung in seinem Arbeitsvertrag, auf welchen sein Dienstvertrag aus dem Jahr 2006 verwiesen habe, jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages keinen Anspruch auf Zahlung einer variablen Vergütung für das streitgegenständliche Geschäftsjahr 2011 begründet, so dass der Kläger auf einen derartigen Anspruch auch nicht habe verzichten können.

Es sei ferner keine „total-compensation“-Vereinbarung geschlossen worden. Der gegenteilige erstinstanzliche Vortrag des Klägers sei von dem Landgericht zu Recht als unsubstanziiert gewürdigt worden und im Übrigen auch unerheblich. Insbesondere ergebe sich aus Erläuterungen zu einer compensation summary für das Geschäftsjahr 2010 nicht, ob der Kläger einen rechtlichen Anspruch auf diese Vergütung gehabt habe. Überdies könnten wegen der Verschiedenheit der Zeiträume ohnehin keine Schlussfolgerungen auf eine Vergütung für das Geschäftsjahr 2011 gezogen werden. Der Zeuge Z2 habe mangels einer Vertretungsmacht für die Beklagte mit dem Kläger keine wirksame „total-compensation“-Vereinbarung schließen können. Es könne in der bloßen Entgegennahme von Zahlungen für ein abgeschlossenes Geschäftsjahr auch keine Annahmeerklärung des Klägers in Bezug auf einen künftigen Bonus gesehen werden. Der Kläger habe mit der Beklagten für das Geschäftsjahr 2011 ferner auch keine Ziele vereinbart; vielmehr seien ihm diese von der Beklagten zur Unternehmenssteuerung vorgegeben worden.

Die Beklagte bestreitet im Übrigen, dass der Kläger bis zu seiner Freistellung für sie äußerst erfolgreich tätig gewesen sei und seine Tätigkeit allein im Jahr 2011 zu einem Umsatz in Höhe von 10 bis 15 Mio. € geführt habe.

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel des Klägers hat in der Sache in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der von dem Kläger mit der Berufungsbegründung vorgenommene Übergang von der erstinstanzlichen Stufenklage zu dem im Berufungsverfahren allein verfolgten letztstufigen Leistungsantrag ist nicht als Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO, sondern als stets zulässige Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO anzusehen (vgl. Zöller/Greger, ZPO 32. Aufl., § 254 Rn. 4 m.w.N.). Die Zulässigkeit der Klageerweiterung bedingt zugleich, dass die zu deren Begründung vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel, auch wenn es sich dabei um Angriffs- oder Verteidigungsmittel handelt, nicht als verspätet zurückgewiesen werden können (BGH, Beschluss v. 20.09.2016, VIII ZR 247/15, Rn. 18 m.w.N., zit. nach juris).

Der in das Ermessen des Gerichts gestellte, vom Kläger mit einem Mindestbetrag bezifferte Zahlungsantrag genügt den Anforderungen an einen bestimmten Antrag im Sinne des § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, da der Kläger geltend macht, dass eine von der Beklagten nach billigem Ermessen zu treffende Leistungsbestimmung im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB durch das Gericht zu treffen ist (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 253 Rn. 14).

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrages vom 16.06.2010 ein Anspruch auf eine im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffende Entscheidung über eine Bonuszahlung für das Jahr 2011 zu, die wegen einer Verzögerung der Leistungsbestimmung durch die Beklagte im Sinne des § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BGB vom Senat dahin getroffen wird, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 500.000,00 € brutto zusteht.

Die vertragliche Grundlage für den Anspruch des Klägers auf eine nach billigem Ermessen zu treffende Entscheidung der Beklagten über einen Bonusanspruch des Klägers für seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Beklagten im Geschäftsjahr 2011 ist die in § 3 Abs. 3 des Dienstvertrages vom 18.06.2010 getroffene Regelung, nach der der Aufsichtsrat der Beklagten nach billigem Ermessen und im Einklang mit geltendem Recht zusätzlich zum Jahresbruttogrundgehalt Sonderleistungen, Gratifikationen oder Ähnliches einmalig oder wiederholt gewähren kann. Soweit die Vertragsklausel i. V. m. der Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages einen Anspruch des Klägers auf Ermessensentscheidung über eine Bonuszahlung durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt ausschließt, ist dieser nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers unwirksam.

Die eine variable Vergütung des Klägers betreffende Regelung in § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages bildet als von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat eingeräumt, dass sie im Jahr 2010 den Text der neuen Dienstverträge ihrer Vorstandsmitglieder entworfen und dem Kläger zunächst die englischsprachige und dann die zweisprachige Entwurfsfassung des Dienstvertrages zur Verfügung gestellt hat. Die Beklagte hat die vorformulierten Bedingungen damit in die Verhandlungen eingebracht und deren Einbeziehung in den Vertrag verlangt, was für ein „Stellen“ der Vertragsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ausreichend ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 77. Aufl., § 305 Rn. 10 m.w.N.). Der Umstand, dass die Beklagte eine Vertragsklausel, die in § 1 Abs. 5 des ersten englischsprachigen Dienstvertragsentwurfs eingefügt war, auf Veranlassung des Klägers nicht in den folgenden zweisprachigen Entwurf des Dienstvertrages übernahm, und außerdem bereit war, den Dienstvertrag vom 18.06.2010 auf Wunsch des Klägers durch eine das Ruhen seines Arbeitsvertrages vom 16.06.1998 betreffende Vereinbarung zu ergänzen, stellt nicht in Frage, dass in der Übersendung der jeweiligen Vertragsentwürfe ein Einbeziehungsverlangen der Beklagten lag, zumal die vorgenommenen Änderungen des von der Beklagten entworfenen Vertragswerks nur marginalen Charakter hatten. Ferner können auch mögliche Erläuterungen der Vertragsentwürfe, mit denen die Beklagte auf die mit Email vom 20.05.2010 (Anlage B 5) hinsichtlich einzelner Vertragsklauseln geäußerten Verständnisschwierigkeiten des Klägers reagiert hat, nichts daran ändern, dass es sich bei dem Vertragswerk um von der Beklagten gestellte Vertragsbedingungen handelt. Die Änderungswünsche und Nachfragen des Klägers betreffen auch nicht die in § 3 Abs. 3 des Vertrages zur variablen Vergütung getroffene Regelung, so dass insoweit eine die Anwendbarkeit des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließende Individualvereinbarung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB schon im Ansatz nicht in Betracht kommt. Ein Aushandeln einzelner Vertragsbedingungen ändert nichts daran, dass die übrigen Vertragsbedingungen allgemeine Geschäftsbedingungen bleiben (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn. 18 m.w.N.).

Es kommt nach der vorstehenden Würdigung nicht entscheidend darauf an, dass die in den geschlossenen Vertrag übernommenen Vertragsbedingungen des Entwurfs der Beklagten zugunsten des Klägers gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als von der Beklagten gestellt gelten, weil der Anstellungsvertrag im Verhältnis zwischen der Beklagten als Unternehmerin und dem Kläger als Verbraucher geschlossen worden ist. Die Eigenschaft des Klägers als Verbraucher wird in Bezug auf den Abschluss seines Anstellungsvertrages mit der Beklagten durch seine Organstellung als Vorstandsmitglied der Beklagten nicht in Frage gestellt, da der Vorstand einer Aktiengesellschaft keine selbständige berufliche Tätigkeit im Sinne des § 13 BGB ausübt (OLG Hamm, Beschluss v. 18.07.2007, 8 Sch 2/07, Rn. 38 f., zit. nach juris; Ziemons, in: Ziemons/Binnewies Handbuch AG 78. Lieferung, Rn. 8240; Seibt, K. Schmidt/Lutter AktG 3. Aufl., § 76 Rn. 6, jeweils m.w.N.). Die dem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft eingeräumte Selbständigkeit bei der Wahrnehmung der ihm als Mitglied eines Gesellschaftsorgans obliegenden Pflichten rechtfertigt es wegen der Fremdnützigkeit der Tätigkeit und des Fehlens einer unmittelbaren wirtschaftlichen Risikotragung nicht, die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft hinsichtlich ihrer Verbrauchereigenschaft anders zu behandeln als GmbH-Geschäftsführer, deren Verbrauchereigenschaft im Sinne des § 13 BGB anerkannt ist (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 13 Rn. 3 m.w.N.).

Der Charakter der die variable Vergütung des Klägers betreffenden Vertragsklausel des § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages als allgemeine Geschäftsbedingung führt dazu, dass für die Feststellung des Inhalts der Regelung die für eine Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätze maßgebend sind. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die gebotene objektive, sich nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Die Unklarheitenregel des § 305 Abs. 2 BGB, nach der Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, kommt erst zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer erheblicher Zweifel an der richtigen Auslegung verbleibt und mindestens zwei Auslegungsergebnisse, von denen keines den klaren Vorzug verdient, als vertretbar erscheinen (BAG, Urteil v. 19.03.2014, 10 AZR 622/13, Rn. 29 f.; BGH, Urteil v. 24.10.2017, VI ZR 504/16, Rn. 22, jeweils m.w.N., zit. nach juris).

Die Auslegung des § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages ergibt nach diesen Maßstäben, dass variable Vergütungsbestandteile unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt worden sind und weder ein Anspruch des Klägers auf Bonuszahlung noch auf eine Ermessensentscheidung des Aufsichtsrats über eine solche Zahlung bestehen sollte. Maßgebend für die Auslegung ist der Verständnishorizont eines Organmitglieds oder leitenden Angestellten eines Unternehmens, da entsprechende Dienstverträge mit Regelungen zu variablen Vergütungsbestandteilen typischerweise mit diesem Personenkreis geschlossen werden. § 3 Abs. 3 Satz 1 des Anstellungsvertrages begründet danach vom Wortlaut her mit der Formulierung „der Aufsichtsrat kann nach billigem Ermessen … gewähren“ keinen Anspruch des Klägers auf eine Ermessensentscheidung des Aufsichtsrats über eine variable Vergütung, da mit der Wendung „kann … gewähren“ anders als mit der Formulierung „gewährt“ (vgl. dazu BAG, Urteil v. 20.02.2013, 10 AZR 177/12, Rn. 17, zit. nach juris) für die beteiligten Verkehrskreise hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass die Ermessensentscheidung über die Gewährung einer variablen Vergütung von dem Aufsichtsrat nicht getroffen werden „muss“, sondern in das Belieben des Aufsichtsrats gestellt wird. Möglicherweise verbleibende Zweifel, ob der Begriff „kann“ auch in dem Sinne verstanden werden könnte, dass der Aufsichtsrat in seiner Entscheidung über das „Ob“ der ermessensabhängigen Gewährung der variablen Vergütung nicht frei sein sollte, werden dadurch ausgeräumt, dass § 3 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages ergänzend festlegt, dass es sich bei den gewährten variablen Vergütungen „in jedem Fall um freiwillige Zuwendungen“ handelt. Der Begriff der „Freiwilligkeit“ kann i. V. m. der in Satz 1 getroffenen Kann-Regelung vertretbar nur dahin verstanden werden, dass das „Ob“ der Zuwendung von dem freien Willen des Aufsichtsrates der Beklagten abhängen sollte. Soweit das Bundesarbeitsgericht trotz grundsätzlicher Anerkennung eines zum Ausschluss eines vertraglichen Anspruchs führenden Freiwilligkeitsvorbehalts (vgl. BAG, Urteil v. 14.09.2011, 10 AZR 526/10, Rn. 20, zit. nach juris) Erwägungen dazu angestellt hat, dass der Begriff „freiwillig“ regelmäßig lediglich zum Ausdruck bringe, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet ist (BAG, Urteil v. 13.05.2015, 10 AZR 266/14, Rn. 22, zit. nach juris), kann dies auf die vorliegende Vertragsklausel schon deshalb nicht übertragen werden, weil im Hinblick auf variable Vergütungsbestandteile von Organmitgliedern oder leitenden Angestellten eines Unternehmens gesetzliche, tarifvertragliche oder durch Betriebsvereinbarung getroffene Vergütungsregelungen in der Regel nicht relevant sind. Darüber hinaus ergibt sich das für die Auslegung der vorliegenden Vertragsklausel maßgebende Verständnis der Freiwilligkeit auch nicht allein aus der in § 3 Abs. 3 Satz 2 enthaltenen Charakterisierung der Leistungen als „freiwillige Zuwendungen“, sondern erst aus dem Zusammenspiel dieser Regelung mit der in Satz 1 der Vertragsklausel getroffenen Kann-Bestimmung. Die weitere in § 3 Abs. 3 Satz 3 des Vertrages enthaltene Regelung, nach der aus den vorstehend als freiwillig charakterisierten Zuwendungen ein Rechtsanspruch nicht abgeleitet werden kann, dient als solche lediglich dazu, eine Entstehung künftiger Ansprüche nach den zur betrieblichen Übung entwickelten arbeitsrechtlichen Grundsätzen auszuschließen. Die Regelung ist damit für die Auslegung der Sätze 1 und 2 der Vertragsklausel nicht von Bedeutung, mit dem Verständnis der Charakterisierung der Leistungen als „freiwillige Zuwendungen“ aber jedenfalls ohne weiteres vereinbar.

Zweifel an der vorstehend dargestellten Auslegung der Vertragsklausel des § 3 Abs. 3 zu einer variablen Vergütung können nicht daraus hergeleitet werden, dass zwischen den Parteien vor Abschluss des Anstellungsvertrages vom 18.06.2010 in Bezug auf variable Vergütungsbestandteile des Klägers eine an den Arbeitsvertrag des Klägers vom 01.08.1998 anknüpfende anderweitige Regelung bestanden hat. Es kann offen bleiben, ob eine Anknüpfung an die vor dem Abschluss des Anstellungsvertrages vom 18.06.2010 bestehenden Vereinbarungen schon mit Rücksicht auf die gebotene einheitliche Auslegung der allgemeinen Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgeschlossen ist. Denn ein Rückgriff auf die von den Parteien im Vorangegangenen getroffene Vereinbarung kommt nach der durch die Regelung in B. Satz 3 der Präambel bestätigten Bestimmung des § 9 des Anstellungsvertrages vom 18.06.2010 jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil in dieser Vertragsklausel ausdrücklich geregelt ist, dass der vorangegangene Anstellungsvertrag vom 27.04.2006 am 30.04.2010 geendet hat und mit Wirkung vom 01.05.2010 durch den neu geschlossenen Anstellungsvertrag ersetzt wird. Die Auslegung dieser – dem Wortlaut nach eindeutigen – Regelung erscheint auch nicht deshalb als zweifelhaft, weil die Parteien den Anstellungsvertrag vom 18.06.2010 durch die am 21.06./29.06.2010 geschlossene Vereinbarung dahin ergänzt haben, dass der Arbeitsvertrag des Klägers vom 16.06.1998 weiterhin ruhend gestellt wird. Denn die auf Veranlassung des Klägers zur Fortdauer des Ruhens des Arbeitsvertrages getroffene Vereinbarung stellt die Geltung des Anstellungsvertrages vom 18.06.2010 für seinen in der Vertragsbestimmung des § 9 geregelten zeitlichen Anwendungsbereich nicht in Frage.

Die in § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages vom 18.06.2010 getroffene Regelung, nach der die Zahlung einer variablen Vergütung mit der Rechtsfolge des Ausschlusses eines diesbezüglichen Anspruchs des Klägers unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt wird, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Ausgangspunkt für die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers ist der Umstand, dass sich die in § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages getroffene Vereinbarung über eine variable Vergütung nach den für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden, oben dargestellten Auslegungsgrundsätzen auch auf leistungsabhängige wesentliche Vergütungsbestandteile bezieht, die der Größenordnung nach ein Vielfaches des in § 3 Abs. 1 des Vertrages festgelegten Jahresbruttogrundgehaltes des Klägers erreichen können. Der Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages, nach dem „zusätzlich zum Jahresbruttogrundgehalt Sonderleistungen, Gratifikationen oder Ähnliches einmalig oder wiederholt“ gewährt werden können, erfasst – mangels einer abschließenden Aufzählung – beliebige variable Vergütungsbestandteile, die sich in dem durch § 87 Abs. 1 AktG vorgegebenen Rahmen halten und dabei nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG insbesondere auch in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen des Vorstandsmitglieds stehen müssen. Zu diesen variablen Vergütungsbestandteilen gehören deshalb insbesondere auch solche Leistungen, die auf Zielvorgaben oder Zielvereinbarungen beruhen (vgl. Ziemons, a.a.O., Rn. 8340 f.). Das damit bei objektiver Auslegung zugrunde zu legende Verständnis der die variablen Vergütungsbestandteile betreffenden Vertragsklausel entspricht auch dem von den Parteien im vorliegenden Rechtsstreit übereinstimmend zugrunde gelegten Verständnis, das ggf. auch bei einer Abweichung vom objektiven Sinngehalt der Vertragsklausel maßgebend wäre (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305 c Rn.16 m.w.N.). Denn die Parteien gehen der Sache nach jeweils übereinstimmend davon aus, dass sich die betreffende Vertragsklausel zumindest auch auf eine Gewährung der Bonuszahlungen bezieht, die die Beklagte dem Kläger zuvor auf Grundlage der nach dem Anstellungsvertrag des Klägers vom 27.04.2006 fortgeltenden Regelung unter (3) des Arbeitsvertrages des Klägers vom 17.06.1998 (Anlage KV 1) gewährt hatte. Nach der betreffenden Regelung sollten die Bonuszahlungen, die als solche unter (6) des Arbeitsvertrages ausdrücklich neben „Sonderleistungen“ und „Gratifikationen“ aufgeführt sind, ermessensabhängig insbesondere unter Berücksichtigung der persönlichen Leistung des Klägers, seines Verhaltens, der Leistung der A Gruppe, der Leistung der Abteilung des Klägers, der Marktsituation und des Interesses der Beklagten an der Arbeitskraft des Klägers geleistet werden.

Die anspruchsausschließende Vereinbarung eines Freiwilligkeitsvorbehalts für im Verhältnis zur Grundvergütung wirtschaftlich bedeutsame variable Entgeltbestandteile, die zu der vom Kläger zu erbringenden Leistung in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, stellt sich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB als unangemessene Benachteiligung des Klägers dar.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Rechtsgeschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (zum Ganzen: BAG, Urteil v. 19.03.2014, 10 AZR 622/13, Rn. 49).

Nach diesem Maßstab kann eine mit der Dienstleistung in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Entgeltleistung nicht unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden (Staudinger/Rieble, BGB 2016, § 611 Rn. 924 m.w.N.; BAG, Urteil v. 19.03.2014, 10 AZR 622/13, Rn. 52, jeweils zu Arbeitsverträgen). Maßgebend ist, dass es mit dem nach der gesetzlichen Regelung des § 611 Abs. 1 BGB zu beachtenden Charakter der dienstvertraglichen Vergütung als Gegenleistung für eine erbrachte Dienstleistung nicht vereinbar ist, wenn der Dienstberechtigte nach der ggf. durch Zielvorgaben oder Zielvereinbarungen beeinflussten Dienstleistung trotz deren Erbringung und der Erreichung der vereinbarten oder vorgegebenen Ziele einen wesentlichen Teil des Vergütungsanspruchs entfallen lassen kann, ohne zumindest nach billigem Ermessen über die Gewährung des variablen Vergütungsbestandteils entscheiden zu müssen (vgl. BAG, a.a.O.). Es besteht in dieser Hinsicht zwischen Arbeitsverträgen und Anstellungsverträgen von Organmitgliedern kein struktureller Unterschied, der es rechtfertigen könnte, eine erst nach der Erbringung der Dienstleistung zu treffende Entscheidung über die Gewährung einer leistungsbezogenen variablen Vergütung in das freie Belieben des Dienstgebers zu stellen. Eine unangemessene Benachteiligung des Dienstnehmers ergibt sich danach jedenfalls dann, wenn sich aus der unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellten nachträglichen Entscheidung des Dienstgebers über eine variable Vergütung erbrachter Leistungen in Anbetracht der Höhe möglicher freiwilliger Zahlungen eine willkürliche Verschiebung der Größenordnung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ergeben kann, weil eine formularvertragliche Regelung der variablen Vergütung – wie im vorliegenden Fall – eine ggf. auch weit über die Grundvergütung hinausgehende Bonuszahlung zulässt.

Der vorstehenden Würdigung steht nicht entgegen, dass Vergütungsvereinbarungen, die Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regeln, aus Gründen der Vertragsfreiheit gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB keiner Inhaltskontrolle nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 307 Rn. 41, 46). Denn das der Beklagten durch den Freiwilligkeitsvorbehalt eingeräumte Recht, nach Erbringung der Dienstleistung durch den Kläger frei über eine die Größenordnung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung verschiebende Vergütungszahlung zu entscheiden, benachteiligt den Kläger nicht unter dem Aspekt einer sich bei Ausbleiben der variablen Vergütungszahlung ergebenden Unangemessenheit des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, sondern allein wegen der in das freie Belieben der Beklagten gestellten Möglichkeit, das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung nachträglich wesentlich zu verschieben. Es kommt dementsprechend auch nicht darauf an, ob die dem Kläger nach § 3 Abs. 1 des Anstellungsvertrages zustehende feste Vergütung die von dem Kläger erbrachten Dienstleistungen auch ohne eine variable Vergütungszahlung angemessen honoriert.

Als Rechtsfolge der Unwirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehalts in § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages ergibt sich gemäß § 306 Abs. 1, Abs. 2 BGB der Wegfall des Freiwilligkeitsvorbehalts bei Aufrechterhaltung der inhaltlich teilbaren Vertragsklausel im Übrigen (vgl. zur Maßgeblichkeit der inhaltlichen Teilbarkeit: BAG, Urteil v. 27.01.2016, 5 AZR 277/14, Rn. 23 m.w.N., zit. nach juris). Die Aufrechterhaltung der Klausel verstößt nicht gegen das allein dem Schutz des Gegners des Klauselverwenders dienende Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (vgl. zur Herleitung des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion: Staudinger/Schlosser, BGB 2013, § 306 Rn. 22), da sich ein vollständiger Wegfall der Klausel über die variable Vergütung mangels eines entsprechenden gesetzlichen Vergütungsanspruchs zugunsten der Beklagten als Klauselverwenderin auswirken würde. Dem Kläger steht danach wegen Wegfalls des Freiwilligkeitsvorbehaltes gemäß § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Ermessensentscheidung über einen Bonusanspruch zu. Es bedarf damit keiner ergänzenden Vertragsauslegung, die allerdings im Falle eines vollständigen Wegfalls der Vertragsklausel über die variable Vergütung unter Berücksichtigung der Interessenlage beider Parteien ebenfalls dahin gehen würde, dass dem Kläger ein Anspruch auf eine Ermessensentscheidung der Beklagten über eine variable Vergütung für das Jahr 2011 zustehen würde. Maßgebend ist dabei vor allem die Erwägung, dass mit einer solchen Ermessensentscheidung der Beklagten die in dem Dienstverhältnis zuletzt auch noch für die Vergütung des Jahres 2010 – d.h. auch noch nach Abschluss des am 01.05.2010 in Kraft getretenen neuen Anstellungsvertrages aufrechterhaltene – langjährige tatsächliche Übung der Gewährung eines Ermessensbonus fortgesetzt wird.

Der Beklagten ist nach dem Ergebnis der vorstehenden Würdigung ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich der variablen Vergütung des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 eingeräumt, weil die Beklagte nach der unter Wegfall des Freiwilligkeitsvorbehalts aufrechtzuerhaltenden Klausel des § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages vom 18.06.2010 nach billigem Ermessen und im Einklang mit geltendem Recht über die Gewährung einer variablen Vergütung zugunsten des Klägers für dessen Tätigkeit im Geschäftsjahr 2011 zu entscheiden hat. Anstelle der Leistungsbestimmung der Beklagten tritt gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BGB eine vom Senat durch Urteil vorzunehmende Leistungsbestimmung, da die Beklagte die ihr obliegende Leistungsbestimmung unter Berufung auf den in der Vertragsklausel enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehalt verzögert hat.

Der Senat übt sein Ermessen hinsichtlich der Bestimmung der variablen Vergütung des Klägers für seine Tätigkeit im Geschäftsjahr 2011 dahin aus, dass er einen Bruttobetrag von 500.000,00 € für angemessen erachtet. Ausgangspunkt für die Bemessung der Vergütung ist zunächst der auf die Vorlage des Jahresabschlusses der Beklagten für das Geschäftsjahr 2011 (Anlage KV 15) gestützte, unstreitig gebliebene Vortrag des Klägers, nach dem die Beklagte mit einem Bilanzgewinn in Höhe von 8.733.587,37 € im Jahr 2011 erfolgreich tätig war und die aus den Beratungsmandaten im bis zu seinem Ausscheiden vom Kläger geführten Bereich des Investmentbanking stammenden Provisionserträge mit einem Betrag von 88,2 Mio. € den größten Teil zum Gesamtergebnis der Beklagten beigetragen haben. Darüber hinaus hat die Beklagte die Tätigkeit des Klägers in dem vom Kläger als Anlage KV 6 vorgelegten Zeugnis vom 30.09.2011 für den gesamten Zeitraum seiner Tätigkeit uneingeschränkt positiv bewertet und in dem Zeugnis ausdrücklich ausgeführt, dass der Kläger seine Aufgaben „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ erfüllt habe. Die Beklagte ist dem Vortrag des Klägers insoweit nicht entgegen getreten und hat trotz des ihr obliegenden Leistungsbestimmungsrechts selbst nicht zu den der Bemessung der variablen Vergütung des Klägers zugrunde zu legenden Umständen vorgetragen. Bei der Bemessung der konkreten Höhe der variablen Vergütung des Klägers orientiert sich der Senat – wie in der Sitzung am 08.02.2018 erörtert – an den von der Beklagten als Anlagen B 2 bis B 4 vorgelegten Vergütungsaufstellungen für die Jahre 2008 bis 2010, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Danach belief sich die Höhe der in US-Dollar angegebenen variablen Vergütung des Klägers unter Berücksichtigung der in den Aufstellungen festgelegten Umrechnungsfaktoren im Durchschnitt der 3 Jahre auf rund 1 Mio. Euro jährlich. Der Senat erachtet es wegen der über einen Differenzbetrag von mehr als eine 1 Mio. Euro hinausgehenden erheblichen Schwankungen der Höhe der variablen Vergütung des Klägers in den Jahren 2008 bis 2010 unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers im Jahr 2011 aufgrund der von ihm ausgesprochenen Kündigung zum 30.09.2011 endete und der Kläger von der Beklagten bereits ab dem 20.05.2011 freigestellt war, für angebracht, den sich für den Zeitraum des Bestandes des Anstellungsverhältnis des Klägers im Jahr 2011 aus dem Durchschnittswert der vorangegangenen 3 Jahre rechnerisch ergebenden Betrag im Rahmen der Ermessensausübung auch vor dem Hintergrund, dass die Zahlung der variablen Vergütung keine Anreizwirkung für eine Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers mehr entfalten konnte, auf rund 500.000,00 Euro zu reduzieren.

Der zuerkannte Anspruch des Klägers auf Bonuszahlung für das Geschäftsjahr 2011 ist entgegen der von der Beklagten erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung nicht verwirkt. Zwar hat der Kläger den Bonusanspruch nach seiner Kündigung und Freistellung bis zu seiner mit Anwaltsschreiben vom 15.12.2015 (Anlage KV 11) gegenüber der Beklagten erklärten Zahlungsaufforderung über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht. Es liegt aber kein über den bloßen Zeitablauf hinausgehendes Verhalten des Klägers vor, das bei der Beklagten ein Vertrauen darauf hätte begründen können, dass der Kläger seinen Anspruch auch in Zukunft nicht mehr geltend machen würde. Soweit sich die Beklagte auf eine bereits im Jahr 2011 erfolgte abschließende Klärung sämtlicher offenen Punkte des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien beruft, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die zur Abwicklung des Vertragsverhältnisses vorgenommenen Veranlassungen auch einen Ermessensbonus des Klägers für das Jahr 2011 betrafen. Vielmehr konnte die noch während des Jahres 2011 vorgenommene Abwicklung schon deshalb kein Vertrauen der Beklagten auf das Unterbleiben einer Geltendmachung des Bonusanspruchs begründen, weil eine Entscheidung der Beklagten über den Bonusanspruch nach den unstreitigen Gepflogenheiten während des laufenden Anstellungsverhältnisses erst nach Abschluss des Geschäftsjahres 2011 zu erwarten war. Der Kläger hat nach diesem Zeitpunkt auch nach dem Vorbringen der Beklagten keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Es kommt damit nicht entscheidend darauf an, dass die Beklagte auch nicht zu den weiteren Voraussetzungen einer Verwirkung vorgetragen hat, wonach es über die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes hinaus der Feststellung bedarf, dass sich der Verpflichtete aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes in seinen Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn. 95 m.w.N.).

Wie vom Senat in der Sitzung am 08.02.2018 erörtert, steht dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Verzinsung des zuerkannten Geldbetrages nicht zu. Ein Anspruch auf Verzugszinsen gemäß den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB setzt – ebenso wie ein Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 BGB – die Fälligkeit der Forderung voraus. Diese tritt bei einer gerichtlichen Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB erst mit Rechtskraft des Gestaltungsurteils ein (zum Ganzen: BAG, Urteil v. 10.12.2013, 3 AZR 595/12, Rn. 9, 11, zit. nach juris). Ein Zinsanspruch kann danach in einem die Leistungsbestimmung treffenden rechtsmittelfähigen Urteil nicht zuerkannt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Kostenquotelung ist zu Lasten des Klägers auch dessen vollständiges Unterliegen hinsichtlich des als Nebenforderung geltend gemachten Zinsanspruchs berücksichtigt (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 92 Rn. 3).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund, der gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Zulassung der Revision gebieten könnte, liegt nicht vor. Die Entscheidung hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung des Senats folgt mit der Feststellung der Unwirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehalts der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG zu Freiwilligkeitsvorbehalten in Arbeitsverträgen. Die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf Anstellungsverträge von Organmitgliedern kann nach den ihr zugrunde liegenden an § 611 Abs. 1 BGB anknüpfenden allgemeinen vertragssystematischen Erwägungen nach Würdigung des Senats nicht zweifelhaft sein.

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