OLG Frankfurt am Main, 19.10.2017 – 3 U 209/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 19.10.2017 – 3 U 209/16
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 04.10.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Aktenzeichen 2-28 O 53/16, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Dezember 2008 geschlossenen Darlehensvertrages über einen Nettokreditbetrag in Höhe von EUR 118.550,00 (Anlage K1, Bl. 12 ff. d. A.) mit einem vereinbarten Zinssatz in Höhe von 4,75% p.a., festgeschrieben für 10 Jahre, zu dessen Absicherung eine Buchgrundschuld über EUR 120.000,00 bestellt wurde.

Hinsichtlich des Inhalts des Vertrages, bei dem neben dem Kläger als weitere Darlehensnehmerin dessen Ehefrau auftrat, wird auf die Anlage K1 (Bl. 12 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die von der Beklagten verwendete und dem Vertragstext beigefügte Widerrufsbelehrung lautet wie folgt:
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Nach Auszahlung des Darlehens bedienten der Kläger und seine Ehefrau das Darlehen entsprechend der vertraglichen Vereinbarung.

Im Juli 2013 wurde das Darlehen mittels einer Sonderzahlung abgelöst.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.12.2014 (Anlage K 2, Bl. 17 ff. d. A.) erklärten der Kläger und seine Ehefrau gegenüber der Beklagten den Widerruf ihrer dem Darlehensvertrag zugrunde liegenden Willenserklärungen. Zugleich forderten sie die Beklagte zur Rückzahlung eines im Darlehensvertrag vereinbarten und daher von der Beklagten einbehaltenen Bearbeitungsentgelts in Höhe von 1.200,- EUR auf.

Außerdem trat die Ehefrau des Klägers diesem sämtliche Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Immobiliendarlehen mit Erklärung vom 11.12.2014 ab.

Die Beklagte wies den Widerruf zurück, erstattete dem Kläger aber im März 2015 das von der Darlehensvaluta einbehaltene Bearbeitungsentgelt in Höhe von 1.200,- EUR.

Mit seiner Klage macht der Kläger zum einen einen bezifferten Nutzungsersatzanspruch im Hinblick auf die geleisteten Raten in Höhe von 21.821,12 EUR sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend. Ferner begehrt er im Wege der Klageerweiterung die Rückzahlung sämtlicher geleisteter Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 162.160,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem jeweiligen Zahlungszeitpunkt Zug um Zug gegen Rückzahlung der ausgezahlten Darlehensvaluta sowie hilfsweise die Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen, insbesondere auch des erstinstanzlichen Parteivorbringens, wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 04.10.2016 (Bl. 112 ff. d. A.) verwiesen, mit dem das Landgericht die Klage vollumfänglich abgewiesen hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerruf nicht fristgemäß erklärt worden sei. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung genüge den gesetzlichen Anforderungen der damals geltenden Vorschriften, mit der Folge, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung längst abgelaufen gewesen sei. Die Belehrung sei – entgegen der Ansicht des Klägers -optisch mittels einer schwarzen Umrandung noch ausreichend drucktechnisch hervorgehoben. Die Nennung einer Anschrift der Beklagten unter Angabe des Postkorbes sei unschädlich, zumal die Beklagte auch eine Hausanschrift angegeben habe. Es sei auch nichts dagegen einzuwenden, wenn die Beklagte durch die Verwendung der Überschrift „Widerrufsrecht für jeden einzelnen Darlehensnehmer“ deutlich mache, dass jeder Darlehensnehmer ein eigenständiges Widerrufsrecht habe. Auch die Verwendung des Begriffes Willenserklärung sei nicht zu beanstanden, da dieser an den Wortlaut von § 355 BGB anknüpfe und eine erläuternde Auslegung einer Norm nicht geschuldet sei. Der Wirksamkeit der Belehrung stünde ferner nicht entgegen, dass für den Fristbeginn nicht auch auf die Zurverfügungstellung des Antrags des Verbrauchers abgestellt werde, da sich aus dem Fehlen dieser Möglichkeit allenfalls ein – unschädliches – Hinausschieben der Widerrufsfrist ergebe. Der in der Widerrufsbelehrung verwendete Begriff der Vertragsurkunde habe keiner Erläuterung bedurft. Unschädlich sei zudem, wenn im Hinblick auf den Fristbeginn auf die Zurverfügungstellung eines „Exemplars“ der Widerrufsbelehrung abgestellt werde, da auch hieraus hervorgehe, dass eine bloße Kenntnisnahme durch den Verbraucher nicht genüge, sondern dieser eine Verschriftlichung der Belehrung erhalten müsse. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, über alle denkbaren Rechtsfolgen eines Widerrufs zu informieren. Soweit die Belehrung im ersten Satz zu den Widerrufsfolgen darauf eingehe, dass der Darlehensnehmer sein Widerrufsrecht auch ausüben könne, wenn er bereits eine Leistung von der Bank erhalten habe, führe dies nicht zu Unklarheiten. Das Landgericht erachtet es schließlich für unschädlich, dass innerhalb der Belehrung zum Fristbeginn statt des Wortes „Widerrufsbelehrung“ versehentlich das Wort „Widerrufserklärung“ verwendet wird, da es sich hierbei um einen selbst bei oberflächlicher Durchsicht leicht zu erkennenden – bloßen Schreibfehler handele.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags und unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Klageantrags weiterverfolgt.

Der Kläger meint, das Landgericht sei zu Unrecht von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ausgegangen. Es fehle bereits an einer hinreichenden optischen Hervorhebung, da die Schrift der Widerrufsbelehrung genauso groß wie die Schrift bei den anderen Vertragsteilen sei und auch auf andere Weise keine Abhebung vom Vertragstext erfolge. Auch die gesonderte Platzierung auf einer eigenen Seite des Vertrages verhindere nicht, dass die Belehrung im Vertragstext „verschwinde“.

Darüber hinaus verkürze die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist faktisch um einen Tag, da sie suggeriere, dass bereits durch den Erhalt der Belehrung bzw. durch Zugang der Vertragsunterlagen die Frist in Gang gesetzt würde. Die Belehrung sei überdies unzureichend, da sie vorgebe über den Fristlauf zu belehren, tatsächlich aber nur den Fristanfang und nicht das Fristende erläutere.

Schließlich wirke die Verwendung des Begriffs „Widerrufserklärung“ anstatt „Widerrufsbelehrung“ jedenfalls für den juristisch ungebildeten Verbraucher verwirrend, was dem Deutlichkeitsgebot ebenfalls zuwiderlaufe. Hierdurch könne beim Verbraucher der Eindruck entstehen, er bräuchte einen bestimmten Text – sprich ein vorgefasstes Formular – um den Widerruf formwirksam erklären zu können.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des LG Frankfurt am Main vom 04.10.2016 (2-28 O 53/16)

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.821,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 162.160,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 747,00 EUR seit dem 01.07.13, aus 131.627,76 EUR seit dem 25.06.2013 und aus jeweils 575,00 EUR seit 16.03.09, 15.04.09, 15.05.09, 15.06.09 … …(15.05.2013), Zug um Zug gegen Rückzahlung eines Betrages von 118.550,00 EUR vom Kläger an die Beklagte zu zahlen;

hilfsweise festzustellen, dass sich der Darlehensvertrag vom 15.12.2008 mit der Filialnummer …, Kto.-Nr. … durch den Widerruf des Klägers in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Das Landgericht sei völlig zu Recht von einer wirksamen Widerrufsbelehrung ausgegangen. Darüber hinaus hätten die Kläger ihr Widerrufsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt (§ 242 BGB). Die vertragliche Beziehung sei durch die Rückführung des Darlehens im Juli 2013 beendet worden. Hierauf habe sie – die Beklagte – sich eingestellt.

Schließlich erhebt die Beklagte – erstmals im zweiten Rechtszug – die Einrede der Verjährung.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie indes keinen Erfolg.

Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Wie das Landgericht ist auch der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger und seine Ehefrau keine Rechte aus ihrem Widerruf vom 10.12.2014 ableiten können.

Dies schon deshalb, weil der Kläger und seine Ehefrau durch die streitgegenständliche Belehrung zutreffend über Frist und Form eines Widerrufs belehrt worden sind, mit der Folge, dass die Widerrufsfrist bereits im Jahre 2008 in Gang gesetzt wurde und der mit Schreiben vom 10.12.2014 erklärte Widerruf verfristet war. Auf die Frage, ob der Ausübung des Widerrufsrechts der Einwand der Treuwidrigkeit bzw. Verwirkung entgegenstünde, kommt es daher gar nicht mehr an.

Maßgeblich für die gesetzlichen Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Widerruf ist vorliegend § 355 BGB in der Fassung vom 02.12.2004. Hiernach betrug die Widerrufsfrist zwei Wochen; sie begann nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher nicht eine Widerrufsbelehrung in Textform ausgehändigt sowie entweder die Vertragsurkunde oder seine Vertragserklärung (beziehungsweise deren Abschrift) zur Verfügung gestellt wurden. Weiter war der Widerruf ebenfalls in Textform zu erklären.

Entgegen der Annahme des Klägers informiert die streitgegenständliche Belehrung zutreffend und für einen Durchschnittsverbraucher verständlich über diese Vorgaben des Gesetzes, so dass die fehlende Übereinstimmung mit der Musterbelehrung ohne Bedeutung ist.

a. Auch wenn dies von der Berufung nicht mehr gerügt wird, gilt dies zunächst hinsichtlich der Verwendung des Wortes „Darlehensnehmer“ statt der direkten Anrede („Sie“). Es kann auch für den durchschnittlichen Verbraucher kein Zweifel darüber herrschen, wer Darlehensnehmer ist, zumal aus der Vertragsurkunde und der entsprechenden Kennzeichnung des Unterschriftsfeldes eindeutig hervorgeht, wer mit Darlehensnehmer gemeint ist.

b. Auch über die gesetzlichen Vorgaben für den Fristlauf wird – entgegen der Annahme der Berufung – in zutreffender Weise informiert.

(1) Insbesondere ist die Belehrung nicht deshalb unwirksam, weil sie an einer Stelle anstatt des richtigen Begriffs „Widerrufsbelehrung“ das Wort „Widerrufserklärung“ enthält. Dass es sich hierbei um ein bloßes Schreibversehen handelt, ist für jeden unbefangenen Leser des Belehrungstexts offenkundig. Legte man nämlich den (fehlerhaften) Wortlaut des betreffenden Satzes zugrunde, so würde der Darlehensnehmer dahin belehrt, dass die Frist für die Abgabe der Widerrufserklärung einen Tag nach Erhalt der Widerrufserklärung beginne. Es bedarf keiner juristischen Fachkenntnisse, um den hierin enthaltenen Zirkelbezug zu erkennen; dieser springt vielmehr ins Auge. Es ist auch offensichtlich, was die Beklagte an dieser Stelle eigentlich meint: Dass dort statt „Widerrufserklärung“ richtig das Wort „Widerrufsbelehrung“ hätte stehen müssen, ergibt sich unmissverständlich aus dem Gesamtzusammenhang. Zum einen enthält der Text die Angabe, dass der Fristlauf von dem Erhalt eines Exemplars „dieser“ Widerrufserklärung abhänge. Bereits der Gebrauch des Demonstrativpronomens zeigt dem Leser auf, dass es sich um den ihm vorliegenden Text handeln muss. Unterstrichen und bestätigt wird dies dadurch, dass der Passus, der auch den fehlgeschriebenen Hinweis enthält, in der Überschrift ausdrücklich als „Widerrufsbelehrung“ bezeichnet wird und mit den Worten „Ende der Widerrufsbelehrung“ schließt. Zudem bestätigt der Darlehensnehmer unmittelbar anschließend den Erhalt (auch) der Widerrufsbelehrung. Hieraus geht unschwer hervor, dass es tatsächlich auf die Aushändigung der Widerrufsbelehrung ankam und es sich bei dem Wort „Widerrufserklärung“ um einen bloßen Schreibfehler handelte. Dass ein Missverständnis in irgendeinem anderen Sinne möglich sein sollte, ist nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht zu ersehen, welche andere Urkunde ein Verbraucher für „diese Widerrufserklärung“ hätte halten sollen (vgl. etwa OLG Frankfurt, Verfügung vom 21.12.2015 – 19 U 160/15).

Geht man daher zutreffender Weise von einem offensichtlichen Schreibfehler aus, so vermag dieser die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung nicht in Frage zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 24.01.2017 – XI ZR 66/16 – juris Rn. 12).

(2) Es wird aus der Berufungsbegründung nicht ohne weiteres klar, ob die Verwendung des Begriffs „Vertragsurkunde“ als irreführend aufgefasst wird:

Auch die Verwendung des Begriffs „Vertragsurkunde“ ist jedenfalls nicht zu beanstanden. Gemäß § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a. F. begann bei Verträgen, die – wie hier wegen § 492 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. – schriftlich abzuschließen sind, die Widerrufsfrist erst, sobald dem Verbraucher erstens die Widerrufsbelehrung in Textform sowie zweitens entweder die Vertragsurkunde oder seine eigene Vertragserklärung (in Original oder Abschrift) ausgehändigt wurden. Unschädlich ist es dabei zunächst, dass die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung wegen der zweiten Voraussetzung allein auf die Aushändigung der Vertragsurkunde abstellt, statt alternativ auch eine Übergabe der Vertragserklärung des Verbrauchers genügen zu lassen. Denn es ist den Parteien unbenommen, die Voraussetzungen des Fristlaufs zugunsten des Verbrauchers strenger zu fassen und den Fristbeginn damit im Ergebnis hinauszuschieben (BGH MDR 2009, 1232 [BGH 13.01.2009 – XI ZR 118/08]; BGH, Urteil vom 13.01.2009 – XI ZR 509/07- juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 26.05.2009 – XI ZR 242/08 – juris Rn. 16).

Der Belehrungstext begründet auch nicht die Möglichkeit eines Fehlverständnisses des Inhalts, dass mit dem Begriff „Vertragsurkunde“ eine anderweitige, von den Parteien noch nicht unterzeichnete Ausfertigung des Darlehensvertragsvordrucks gemeint sein könne. Auch für den juristisch nicht Vorgebildeten ist der Begriff der „Vertragsurkunde“ hinreichend klar und verständlich und einer ergänzenden Erläuterung nicht bedürftig. Dies entspricht auch der Wertung des Gesetzgebers. Denn § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a. F. verwendet den Begriff der Vertragsurkunde ebenfalls ohne jede weitere Erläuterung. Der Unternehmer muss nicht genauer formulieren als der Gesetzgeber selbst. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich klargestellt, dass auch sein Urteil vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08) nicht anders interpretiert werden soll (BGH, Urteil vom 21.02.2017 – XI ZR 381/16- juris Rn. 14).

(3) Soweit nach dem Wortlaut der Widerrufsbelehrung der Lauf der Frist für den Widerruf „einen Tag nach“ Zurverfügungstellung der genannten Unterlagen beginnt, orientiert sich die Belehrung an der gesetzlichen Vorgabe in den §§ 187, 188 BGB, was nicht zu besanstanden ist. Es kann aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Formulierung, aber auch aufgrund der optischen Gestaltung kein Zweifel darüber herrschen, dass sich diese zeitliche Vorgabe auf sämtliche genannten Unterlagen bezieht. Woraus der Kläger schließt, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist faktisch um einen Tag verkürze, ist nicht ersichtlich. Es wird – entgegen der Annahme der Berufung – auch nicht suggeriert, dass bereits durch den Erhalt der Belehrung bzw. durch Zugang der Vertragsunterlagen die Frist in Gang gesetzt würde.

Soweit die Berufung umfangreich aus dem Urteil des OLG Stuttgart vom 29.09.2015 (6 U 21/15) zitiert und auf die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 11.10.2016 (6 U 48/16) verweist, wird bereits übersehen, dass dort jeweils eine abweichende Belehrung zugrunde lag, die im Hinblick auf den Fristbeginn den Zusatz “ nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ enthielt, worauf das Oberlandesgericht Stuttgart auch maßgeblich abstellt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29.09.2015 – 6 U 21/15 – Rn. 43). Hinzu kommt, dass der Bundesgerichtshof die Einleitung „Die Frist beginnt einen Tag nachdem“ selbst im Zusammenhang mit dem vom OLG Stuttgart beanstandeten Zusatz, die Frist beginne nicht „vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ ausdrücklich für nicht irreführend erachtet (BGH, Versäumnisurteil vom 21.02.2017 – XI ZR 467/15 – juris Rn. 47).

Das von der Berufung zitierte Urteil des LG Köln vom 17.03.2015 (21 O 295/14) wurde vom OLG Köln (Urteil vom 02.03.2016 – 13 U 52/15) abgeändert. Auch das OLG Köln erachtet die Wendung, die Frist beginne „einen Tag nachdem“ die maßgeblichen Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden, nicht für unklar.

Die von der Berufung zitierte Entscheidung des OLG Celle vom 18.01.2016 (3 U 148/15) ist nicht veröffentlicht oder falsch zitiert. Ob dieser überhaupt eine vergleichbare Widerrufsbelehrung zugrunde lag, kann daher gar nicht beurteilt werden. Die kann indes mit Blick auf das Vorgenannte auch dahinstehen.

(4) Dass die Zwischenüberschrift des Abschnitts, der die Belehrung über die Widerrufsfrist enthält, nicht „Widerrufsfrist“, „Frist des Widerrufs“ oder „Fristbeginn“ lautet, sondern „Fristlauf“, beeinträchtigt die Deutlichkeit der Belehrung ebenfalls nicht.

Der mit der Überschrift gewählte Begriff des „Fristlaufs“ ist umfassend und beinhaltet den Beginn der Frist, denn dieser Moment kennzeichnet unmissverständlich und auch in der Umgangssprache zweifelsfrei ein notwendiges Element des Fristlaufes.

Eine Undeutlichkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass unter der Überschrift „Fristlauf“ möglicherweise auch eine Angabe zum Fristende erwartet werden könnte, denn eine Belehrung über das Fristende wird von Gesetzes wegen (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F.) nicht gefordert, sondern lediglich eine Belehrung über die Länge der Frist und deren Beginn, wobei diese Angaben so deutlich sein müssen, dass der Verbraucher das Fristende aus den ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Informationen selbst ermitteln kann, was vorliegend gewährleistet ist. Hinsichtlich der Länge der Widerrufsfrist werden der Kläger und seine Ehefrau bereits im ersten Satz der Widerrufsbelehrung darüber aufgeklärt, dass die Widerrufsfrist zwei Wochen beträgt.

c. Es liegt auch kein Fehler darin, dass in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung darüber belehrt wird, dass mehrere Darlehensnehmer jeweils einzeln widerrufen können. Bereits mit Urteil vom 11.10.2016 (XI ZR 482/15 – juris Rn. 15) hat der Bundesgerichtshof völlig zu Recht entschieden, dass im Fall des Abschlusses eines Verbraucherdarlehensvertrages durch mehrere Verbraucher als Darlehensnehmer jeder von ihnen seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung selbständig widerrufen kann und sich die Rechtswirkungen des Widerrufs im Verhältnis zwischen dem Darlehensgeber und den übrigen Darlehensnehmern nach § 139 BGB richten. Ein Belehrungszusatz für mehrere Darlehensnehmer ist zwar nicht geboten, wenn er aber gleichwohl erfolgt, muss er – wie bei der streitgegenständlichen Belehrung geschehen – dahin lauten, dass jeder selbständig widerrufen kann.

d. Vorliegend wird nicht ganz klar, auf welchem Weg der Darlehensvertrag zustande gekommen ist. Aber selbst bei einer nicht im Wege des Fernabsatzes vereinbarten Finanzierungsdienstleistung wäre die Aufnahme des Gestaltungshinweises Nr. 6 des Musters zur Anlage 2 der BGB-InfoV keineswegs irreführend. Denn der in dem Gestaltungshinweis wiedergegebene Rechtssatz trifft auch auf Fälle zu, in denen ein Fernabsatzgeschäft nicht vorliegt; er ist dann lediglich nicht aufklärungspflichtig. Der in die streitgegenständliche Belehrung aufgenommene Gestaltungshinweis Nr. 6 stellt den Umfang der Wertersatzpflicht für den Fall der Ausübung des Widerrufsrechts klar: Dem Verbraucher wird erläutert, dass er trotz seines Widerrufs verpflichtet bleiben kann, seine bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dieser Hinweis war auch im vorliegenden Falle sachlich korrekt. Denn § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. verwies wegen der Rechtsfolgen des Widerrufs auf die gesetzlichen Bestimmungen zum Rücktritt gemäß den §§ 346 ff. BGB. Die § 346 Abs. 1, § 347 Abs. 1 BGB aber sehen vor, dass im Falle des Rücktritts die Pflicht zum Wertersatz neben der empfangenen Leistung auch gezogene oder schuldhaft nicht gezogene Nutzungen derselben umfasst. Handelt es sich bei der zu erstattenden Hauptleistung um ein Darlehen, so bestehen die Nutzungen aus den Kapitalzinsen (vgl. Palandt-Ellenberger, 76. Aufl., § 100 BGB, Rn. 1), d. h. aus demjenigen, was der Darlehensnehmer gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB auch vertraglich zu zahlen verpflichtet ist. Für das Fernabsatzrecht ergeben sich dabei keine materiellen Besonderheiten. Dass eine Belehrung über die mögliche Pflicht des Darlehensnehmers, der kreditgebenden Bank die Zinsen zu ersetzen, gleichwohl nur im Fernabsatzrecht erforderlich war, folgt für den streitgegenständlichen Zeitraum aus § 312d Abs. 6 BGB a. F. Denn diese Bestimmung erklärte die Vorschriften zur Zahlung von Wertersatz gemäß den §§ 346 ff. BGB (abweichend von § 357 BGB) bei Fernabsatzverträgen nur unter der Voraussetzung für anwendbar, dass der Verbraucher hierüber rechtzeitig förmlich belehrt wurde. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass eine solche Belehrung über dieselbe Rechtsfolge in allen anderen Fällen des Widerrufs unnötig war, nicht aber etwa fehlerhaft (vgl. OLG Frankfurt, Verfügung vom 21.12.2015 – 19 U 160/15, juris Rn. 50 ff.).

e. Auch wenn der Kläger dies nicht beanstandet, ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass es unschädlich ist, dass der Darlehensnehmer nicht vollständig über die Rechtsfolgen des Widerrufs belehrt wird. Abgesehen davon, dass die maßgeblichen Rechtsfolgen genannt werden, wenn ausgeführt wird, dass die beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und ggf. gezogene Nutzungen herauszugeben seien, entspricht die Passage zum Wertersatz im Kern der Musterbelehrung, die das Risiko der Verpflichtung zum Wertersatz (für den Fall, dass die empfangene Leistung nicht bzw. nicht vollständig zurückgewährt werden kann) ebenfalls ausschließlich im Hinblick auf den Verbraucher formuliert. Letzteres hat im Übrigen auch der Bundesgerichtshof bisher nicht beanstandet (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 24.01.2017 – XI ZR 66/16).

f. Weitere Besonderheiten, die in Gesamtschau mit dem Schreibversehen im Hinblick auf den Begriff der „Widerrufserklärung“ die Belehrung insgesamt intransparent oder missverständlich erscheine ließen, hat die Berufung nicht mit Erfolg aufgezeigt; sie liegen auch sonst nicht vor.

g. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landgericht auch mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Widerrufsbelehrung in hinreichender Form deutlich gestaltet und optisch hervorgehoben ist. Hierzu genügt es im konkreten Fall, dass der Text eingerahmt und die Zwischenüberschriften zudem fett gedruckt sind. Hinzu kommt, dass sich die Belehrung am Ende des Darlehensvertrages befindet und gesondert zu unterschreiben war, was die Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Kenntnisnahme durch den Verbraucher erhöht.

2. Dahinstehen kann hiernach die Frage, ob der Ausübung eines Widerrufsrechts der Einwand der Treuwidrigkeit entgegenstünde. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung.

3. Auch wenn es hierauf nicht mehr ankommt, soll lediglich ergänzend angemerkt werden, dass der Kläger im Rahmen seiner Klageanträge einen etwaigen Nutzungsersatz doppelt ansetzt. Bereits mit dem ursprünglichen Klageantrag errechnet sich der Kläger einen überschießenden Anspruch unter Berücksichtigung eines Nutzungsersatzes auf die einzelnen Raten in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (vgl. Bl. 9 und 10 d. A.).

Mit der Klageerweiterung wird dann die Rückzahlung sämtlicher Raten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen Leistungszeitpunkt verlangt.

4. Da der Widerruf des Darlehensvertrages in der Hauptsache erfolglos geblieben ist, kann der Kläger auch keine Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten beanspruchen.

Ungeachtet dessen dürfte ein Verzug der Beklagten keinesfalls vor der Mandatierung der Prozessbevollmächtigten eingetreten sein, da auch der Widerruf erstmals im anwaltlichen Schreiben vom 10.12.2014 (Bl. 17 f. A.) erklärt worden ist.

5. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen, da dieses ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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