OLG Frankfurt am Main, 19.12.2016 – 9 U 2/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 19.12.2016 – 9 U 2/16
Tenor:

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 04.12.2015 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zustellung. Den Parteien wird unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 12.01.2015 (Az. XI ZR 366/15) zur Festsetzung des Streitwerts aufgegeben, binnen gleicher Frist die vom Kläger bis zum Zeitpunkt des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen mitzuteilen.
Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines von den Klägern erklärten Widerrufs eines zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrages.

Wegen des streitigen und unstreitigen Parteivortrags in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist zum Zeitpunkt des mit anwaltlichem Schreiben vom 13.05.2015 erklärten Widerrufs bereits abgelaufen gewesen sei, weil die von der Beklagten verwendete Belehrung den gesetzlichen Anforderungen genügt habe. Zwar entspreche die streitgegenständliche Belehrung nicht dem damals geltenden Muster der BGB-InfoV. Eine Verpflichtung, dieses Muster zu verwenden, habe jedoch nicht bestanden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Widerrufsbelehrung den im BGB aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung entspreche. Dies sei der Fall. Insbesondere sei auch über den Beginn der Widerrufsfrist ordnungsgemäß belehrt worden. Die verwendete Formulierung entspreche im Wesentlichen dem Wortlaut des § 355 Abs. 2 S.1, 3 BGB a.F..Soweit die streitgegenständliche Belehrung unter Punkt 2 nur auf die Vertragsurkunde oder eine Abschrift derselben abstelle und nicht als weitere Alternativen den schriftlichen Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift des Antrags aufführe, sei dies nicht zu bemängeln. Für den Verbraucher sei es besser, wenn weniger Dokumente aufgezählt würden, da dies die Möglichkeit minimiere, dass die Widerrufsfrist überhaupt zu laufen beginne. Im Übrigen diene die Reduzierung der zu erhaltenden Dokumente dem besseren Verständnis. Der von den Klägern angeführten Entscheidung des BGH vom 10.03.2009 (Az. XI ZR 33/08) bzw. der Entscheidung vom 15.02.2011 (Az. XI ZR 148/10) lägen andere Fallkonstellationen zugrunde. Die Kritik des BGH an den dort verwendeten Formulierungen habe sich (nur) gegen die vorliegend gerade nicht benutzte Formulierung „der schriftliche Darlehensantrag“ bzw. „eine Abschrift … des Darlehensantrags“ gerichtet.

Soweit die Belehrung für den Fristbeginn auf „einen Tag, nachdem…“ abstelle, sei dies unschädlich, da dies § 187 Abs. 1 BGB entspreche und durch die Vereinigung von § 355 Abs. 2 BGB a.F. mit § 187 Abs.1 BGB für den Verbraucher mehr Klarheit erreicht werde. Gegen dieses ihnen am 10.12.2015 zugestellte Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer am 04.01.2016 eingelegten und – nach Fristverlängerung bis zum 10.03.2016 – am 09.03.2016 begründeten Berufung.

Die Kläger sind der Auffassung, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe. Sie hielten an ihrer Auffassung fest, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung gleichlautend irreführend sei wie die Belehrungen in den vom Bundesgerichtshofs entschiedenen Rechtsstreitigkeiten zu den Aktenzeichen XI ZR 33/08 und XI ZR 148/10. Darüber hinaus hielten die Kläger an ihrer Rechtsauffassung fest, dass die Widerrufsbelehrung auch im Hinblick auf die Formulierung zum Fristbeginn („ein Tag, nachdem…) nicht ordnungsgemäß sei. Ein durchschnittlicher Verbraucher, auf dessen Verständnis abzustellen sei, könne nicht erkennen, wann nach der Widerrufsbelehrung der Fristbeginn enden solle.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Abänderung des am 04.12.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main festzustellen, dass die Kläger als Gesamtgläubiger ihre Vertragserklärung zum Abschluss des mit der Beklagten vereinbarten Darlehensvertrages Nummer … über 17.000 € mit anwaltlichem Schreiben vom 13.05.2015 wirksam widerrufen haben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

II.

1. Der Senat beabsichtigt nach eingehender Beratung, die Berufung der Kläger durch einen einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), wie nachfolgend im Einzelnen dargelegt.

Auch hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung mangels Abweichens des Senats von Entscheidungen des BGH oder anderer Oberlandesgerichte noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts, da die entscheidenden Rechtsfragen geklärt sind, so dass die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO ebenfalls vorliegen. Zudem ist im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für die Berufungsführer sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Senat der Begründung des Landgerichts folgt und diese allenfalls ergänzt, eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

2. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. In der Sache dürften sie keinen Erfolg haben. Weder beruht die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung.

Die Kläger wurden durch die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt.Maßgeblich für die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ist gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB vorliegend § 355 BGB in der Fassung vom 2.12.2004. Danach betrug die Widerrufsfrist 2 Wochen. Sie begann nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher nicht die Widerrufsbelehrung in Textform sowie eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wurde. Darüber hinaus musste der Widerruf in Textform erfolgen; eine Begründung war nicht erforderlich.

Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung lautet hinsichtlich der von den Klägern beanstandeten Information zur Widerrufsfrist wie folgt:

„Fristablauf

Der Lauf der Frist beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer

– ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und

– die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde

zur Verfügung gestellt wurde. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs“.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Belehrung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift (Bl. 4 d.A.) Bezug genommen. Diese Widerrufsbelehrung enthält alle nach § 355 BGB a.F. für eine ordnungsgemäße Belehrung erforderlichen Informationen. Sie informiert den Verbraucher in umfassender, unmissverständlicher und für ihn eindeutiger Weise über sein Widerrufsrecht und den Fristbeginn.

Entgegen der Auffassung der Kläger lässt die verwendete Formulierung „die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde“ keinen Raum für ein Missverständnis dahingehend zu, dass es sich hierbei auch um eine Urkunde handeln könnte, die die Willenserklärung des Darlehensnehmers noch nicht enthält. Die Widerrufsbelehrung entspricht insoweit exakt der gesetzlichen Formulierung; noch deutlicher als das Gesetz muss der Darlehensgeber nicht sein (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2016, Az. XI ZR 309/88). Zutreffend ist das Landgericht in diesem Zusammenhang auch davon ausgegangen, dass die von den Klägern angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den Aktenzeichen XI ZR 33/08 und XI ZR 148/10 eine andere Fallgestaltung betreffen. Die dort gewählte Formulierung „der schriftliche Darlehensantrag“ bzw. „eine Abschrift … des Darlehensantrags“ differenziert nicht hinreichend zwischen dem Vertragsantrag des Verbrauchers und dem des Darlehensgebers. Sie entspricht insoweit auch gerade nicht dem Gesetzeswortlaut, der auf den „Antrag des Verbrauchers“ abstellt.

Eine Fehlerhaftigkeit der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung ergibt sich auch nicht aus der Formulierung „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem…“. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, setzt dieser Satz in rechtlich zutreffender Weise die für den Fristbeginn geltende Regelung des § 187 Abs. 1 BGB um; die Belehrung gewinnt daher gerade für einen juristischen Laien an Klarheit. Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend eine in diesem Punkt vergleichbare Widerrufsbelehrung auch ausdrücklich als ordnungsgemäß angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2015, Az. XI ZR 501/15, Rdn. 29).

Da die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung die Kläger damit ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert und die Widerrufsfrist von zwei Wochen in Gang gesetzt hat, konnte der mit anwaltlichem Schreiben vom 13.05.2015 erklärte Widerruf damit keine Wirkung mehr erzeugen.

III.

Der Senat regt an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen.

Etwaiger neuer Vortrag ist nach der ZPO nur in sehr engen Grenzen zulässig. Die Rücknahme hätte die Halbierung der Gerichtskosten zweiter Instanz zur Folge (§ 3 Abs. 2 GKG i.V.m. KV 1222).

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