OLG Frankfurt am Main, 20.07.2017 – 15 U 26/17

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 20.07.2017 – 15 U 26/17
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Januar 2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Marburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen einer behaupteten Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Pressemitteilung in Anspruch. Ebenfalls geltend gemachte vorgerichtliche Abmahnkosten hat ihm das Landgericht, von der Beklagten nicht angegriffen, zugesprochen.

Der Kläger ist Student der B-Universität in O1. Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vorsitzender des Vereins „I“ erhielt der Kläger im Jahr … den S-Preis der Stadt O1 und der K. Seit … ist der Kläger im Verein „L“, getragen von der G, tätig. Nebenberuflich arbeitet der Kläger für die O2er … „Y“, die … für Erfolg bei Frauen anbot, u. a. mit dem Werbeslogan: „…“. Diese Tätigkeit wird der „Pick-up-Szene“ zugeordnet. Im Jahr 2014 wirkte der Kläger in einem Beitrag der Sendung „N“, die vom J produziert wurde, unter der Überschrift „…“ mit. Die Sendung war für lange Zeit im H-Kanal der F-… abrufbar. Im Anschluss an die Sendung drückte der Kläger gegenüber der Redaktion des Js mit einer E-Mail vom 5. April 2014 seine Enttäuschung aus, weil der Beitrag ihn in ein „falsches Licht“ rücke. Er habe zwar gewusst, dass es um Pick-up gehe, aber nicht, dass es „so einseitig beleuchtet“ werde. Der „wichtigste Fakt“, dass er auch Z sei und „anderen Männern helfe“ sei nicht erwähnt worden.

Am … wurde in der Q-Zeitung unter dem Titel „…“ über einen Streit zwischen dem alten und dem neuen Vorstand berichtet. Dabei wurde auch die Y2-Tätigkeit „eines Mitstreiters“ des neuen Vorstands – gemeint war der Kläger – angesprochen, den der bisherige Vorstand auf der Homepage einer … für „R“ entdeckt habe und den er der „Pick-up-Szene“ zurechne, die im Ruf stehe, „Männern beibringen zu wollen, wie sie Frauen zum Sex verführen oder gar zwingen zu können“. In einem weiteren Bericht der Q-Zeitung vom … unter dem Titel „…“ wurde unter Bezugnahme auf eine Pressemitteilung des ehemaligen Vorstands mitgeteilt, dieser fordere den Rücktritt von „A …, …, Student und Vorstandsbeisitzender im …“, der bei der … „Y“ R1-Seminare gebe und in einem F-Beitrag über die „Pick-up-Artists“ als „recht derber Macho“ gezeigt werde.

In der Zeitung des AStA der B-Universität in O1 vom … erschienen zwei Beiträge mit den Titeln „C 2 …“ und „C: 1“. In beiden Artikeln fand auch der Kläger Erwähnung, im erstgenannten Artikel als neuer Vorstand der L unter Nennung seines Vornamens und seiner Tätigkeit in der „… Yz in O1“. Im zweitgenannten Artikel wurde er als „A, zugehörig zur … Y … und Studierender der B-Uni“, bezeichnet. Berichtet wird auch von seinem Auftreten in einem „von F produzierten Video-Clip“.

Der Kläger nahm das zum Anlass, den allgemeinen Studierendenausschuss der Universität O1 im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Im Beschwerdeverfahren hatte der Kläger Erfolg. Durch Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Januar 2016 wurde der allgemeine Studierendenausschuss der Universität O1 antragsgemäß verurteilt. Das Hauptsacheverfahren ist noch anhängig.

Im Anschluss an dieses Urteil kam es am … 2016 zu einer „Pressemitteilung“ von 16 Studierendenvertretungen bzw. -verbänden, darunter die Beklagte, unter dem Titel „…“. Mit der Pressemitteilung wurden auch die beiden vorgenannten Artikel veröffentlicht. Wegen des Inhalts der Pressemitteilung wird auf Anlage K 5 (Bl. 41 d. A.) Bezug genommen.

Nach Abmahnung des Klägers gab die Beklagte am 22. Februar 2016 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Der Kläger hält die von ihm beanspruchte Geldentschädigung für geboten, weil die ihn betreffende Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die identifizierende Berichterstattung als besonders schwerwiegend einzuordnen sei. Das ergebe sich zum einen aus der „beispiellosen vorsätzlichen Missachtung eines höchstrichterlichen Urteils in gleicher Sache“. Durch die gegenseitigen Verweisungen auf weitere Teilnehmer sei er bundesweit „an den Pranger gestellt und zum Symbol eines Kampf gegen Sexismus instrumentalisiert“ worden. Es sei von einem hochgradigen Verschulden der Beklagten auszugehen, weil es sich um einen kalkulierten Rechtsverstoß, der seine Persönlichkeitsrechte besonders intensiv verletze, handele.

Der Kläger hat – soweit im Berufungsrechtszug noch von Bedeutung – beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 5.000 Euro liegen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.02.2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage insoweit abgewiesen. Es hat keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung erkennen können. Es sei keinesfalls so, dass mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt eine umstrittene Fallkonstellation endgültig geklärt worden wäre. Wenngleich die Kammer die vom Oberlandesgericht Frankfurt angeführten Argumente für zutreffend erachte, könne man „dies durchaus auch anders sehen“. Eine rechtsfeindliche Gesinnung der Beklagten sei nicht dargetan, weil das in Rede stehende Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt keine Wirkung zwischen dem Kläger und der Beklagten im hiesigen Verfahren habe. Außerdem habe die Beklagte die Artikel umgehend „aus dem Netz genommen“. Die Artikel beinhalteten keine Schmähkritik, sondern eine sachliche, wenngleich meinungsstarke Auseinandersetzung mit dem Phänomen Pick-up-Artists. Betroffen sei dabei die Sozialsphäre des Klägers. Ein Eingriff in diesen Bereich sei weniger schwerwiegend als derjenige in das Intim- bzw. Privatleben.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 18. Januar 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Februar 2017 eingelegte und am 9. Februar 2017 begründete Berufung des Klägers, mit der er an seiner Rechtsauffassung festhält. Das Landgericht habe einen ganz wesentlichen Aspekt des vorliegenden Falles nicht in ausreichender Form gewürdigt. Eine derart beispiellose und vorsätzliche Missachtung eines höchstrichterlichen Urteils unter Inkaufnahme der andauernden Rufschädigung und Persönlichkeitsrechtsverletzung des Betroffenen sei seinem Prozessbevollmächtigten noch nicht begegnet. Obwohl es der Beklagten freigestellt gewesen sei, den Kläger nicht zu identifizieren, habe sie ihn bewusst unter voller „Identifizierbarmachung“ veröffentlicht, um ein „Signal“ zu setzen. Um sich kritisch mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auseinanderzusetzen, hätte auch eine Veröffentlichung unter vollständiger Anonymisierung des Klägers erfolgen können. Es sei offensichtlich, dass die Identifizierung keinesfalls der Auseinandersetzung in der Sache, sondern einem ganz anderen Zweck gedient habe: Den Kläger erneut „an den Pranger“ – nunmehr deutschlandweit – zu stellen“, um ihn erheblich in seinem Ruf zu schädigen. Die abgegebene Unterlassungserklärung könne nicht zur Kompensation dienen, weil es naheliege, dass eine Organisation, die ein höchstrichterliches Urteil missachte, sich auch nicht an eine Unterlassungserklärung gebunden fühle.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung des Klägers ist zwar statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil das angefochtene Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat, weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Denn der vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung besteht nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. zu allem BGHZ 199, 237 = NJW 2014, 2029, Rdz. 38, 41 f. m.w.N.; BGH NJW-RR 2016, 1136). Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (BGH NJW 2012, 1728 [BGH 20.03.2012 – VI ZR 123/11] m.w.N.; BGH NJW-RR 2016, 1136 [BGH 24.05.2016 – VI ZR 496/15]). Unter Umständen kann sich der Umstand mindernd auf das Gewicht der durch die angegriffenen Äußerungen bewirkten Persönlichkeitsrechtsverletzung auswirken, dass bereits vor dem angegriffenen Beitrag in verschiedenen Veröffentlichungen über den Verletzten berichtet wurde. (vgl. BGHZ 199, 237 = NJW 2014, 2029; BGH NJW-RR 2016, 1136).

Unter Zugrundelegung dieser vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze für einen Anspruch auf eine Geldentschädigung vermag auch der Senat keinen derart schwerwiegenden Eingriff der Beklagten in das Persönlichkeitsrecht des Klägers zu erkennen, dass eine Geldentschädigung gerechtfertigt wäre.

Bereits der vom Kläger in den Vordergrund gerückte Aspekt, die Beklagte habe vorsätzlich ein „höchstrichterliches“ Urteil missachtet, verfängt nach Auffassung des Senats nicht. Eine „Missachtung“ des Urteils des 16. Zivilsenats als solche berührt das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht, sondern allenfalls die Justiz der Bundesrepublik Deutschland. Davon abgesehen hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das Urteil des 16. Zivilsenats gegenüber der Beklagten keinerlei bindende Wirkung hat. Vielmehr ist es legitim, ein in anderer Sache ergangenes Urteil nicht zu beachten, weil es für falsch gehalten wird. Durch diese Missachtung wird nicht die Ehre desjenigen, zu dessen Gunsten das Urteil ergangen ist, verletzt. Derjenige, der ein in anderer Sache ergangenes Urteil nicht beachtet, läuft vielmehr lediglich Gefahr, dass in einem gegen ihn geführten Rechtsstreit die in dem Urteil vertretene Auffassung ebenfalls für richtig gehalten wird und ihm das zum Nachteil gereicht.

Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers kann vielmehr lediglich – unabhängig von dem zu seinen Gunsten ergangenen Urteil des 16. Zivilsenats gegen den allgemeinen Studierendenausschuss der Universität in O1 – darin liegen, dass die Beklagte die Pressemitteilung herausgegeben hat und dabei die beiden vom Kläger beanstandeten Artikel (erneut) veröffentlicht hat. Der Senat lässt dahinstehen, ob er der Auffassung des 16. Zivilsenats sowie des Landgerichts folgen könnte, dass darin eine vom Kläger nicht hinzunehmende Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts liegt. Denn darauf kommt es für die Entscheidung des Senats nicht an, weil jedenfalls ein schwerwiegender Eingriff nicht bejaht werden kann.

Der Annahme eines solchen schwerwiegenden Eingriffs steht bereits die Zielrichtung der Pressemitteilung entgegen, die entgegen der Meinung des Klägers nicht darin bestand, ihn bundesweit an den Pranger zu stellen und seinen Ruf zu schädigen. Vielmehr war Anlass des gemeinsamen Vorgehens das Urteil des 16. Zivilsenats, „dessen Zensur“ man sich nicht fügen wolle. Es wird für ein „fragwürdiges Zeichen“ gehalten, wenn es studentischen Vertretungsorganisationen verboten würde, Kritik an Diskriminierung und Gewalt(aufrufen) zu üben. Deshalb werde „eine Konfrontation für unvermeidlich“ gehalten. Diese Konfrontation richtete sich ersichtlich aber nicht gegen den Kläger, sondern gegen den Inhalt des ergangenen Urteils. Dass dabei die beiden vom Kläger beanstandeten Artikel veröffentlicht wurden, war nachvollziehbar für erforderlich gehalten worden, weil sich auf deren Publikation die Verurteilung des 16. Zivilsenats bezog. Dass damit auch die „notwendige Kritik an der sexualisierten Gewalt“ von „Pick-up-Artists“ gestärkt werden sollte, richtet sich ebenfalls nicht vordergründig gegen die Person des Klägers. Die „Pick-up-Artist-Szene“ als solche steht im Vordergrund, die Person des Klägers ist dabei lediglich eine mehr zufällige „Randfigur“, weil seine Person in den beiden Artikeln Erwähnung findet. Eine Auseinandersetzung gerade mit dem Kläger zu beabsichtigen lag schon deshalb fern, weil – anders als bei den Veröffentlichungen in der AStA Zeitung der Universität in O1 am … – die von den jeweiligen Pressemitteilungen angesprochenen Kreise keinerlei Verbindungen zu dem in O1 studierenden Kläger hatten. Deshalb bedurfte es aus Sicht der Beklagten auch nicht zwingend einer Anonymisierung des Klägers, dessen Person – wie dargelegt – von untergeordneter Bedeutung war und weil fern lag, dass ein etwa in O3, O4 oder auch O5 Studierender ein Interesse daran haben konnte, den Kläger anhand der Angaben in den Artikeln zu individualisieren.

Der Einordnung der möglichen Persönlichkeitsrechtsverletzung als schwerwiegend steht nach Auffassung des Senats weiterhin entgegen, dass sehr viel dafür spricht, dass der Kläger seine Nennung in den Artikeln hinnehmen müsste, wenn sich die Beklagte auf Meinungsfreiheit oder Pressefreiheit berufen könnte. Denn dann, wenn das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Einen mit der Meinungsfreiheit/Pressefreiheit des Anderen kollidiert, ist eine Abwägung zwischen diesen Grundrechten vorzunehmen. Dabei gilt, dass die Behauptung wahrer Tatsachen, die Vorgänge aus der Sozialsphäre betreffen – darum geht es vorliegend – grundsätzlich hingenommen werden müssen, weil das Persönlichkeitsrecht keinen Anspruch darauf verleiht, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es genehm ist. Zu den hinzunehmenden Folgen der eigenen Entscheidungen und Verhaltensweisen gehören deshalb auch solche Beeinträchtigungen, die sich aus nachteiligen Reaktionen Dritter auf die Offenlegung wahrer Tatsachen ergeben, so lange sie sich im Rahmen der üblichen Grenzen individueller Entfaltungschancen halten. Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (vgl. nur BVerfG NJW 2016, 3362 m.w.N.). Dass die Erwähnung individualisierbarer Merkmale des Klägers in den beiden Artikeln und die Darstellung seiner bisherigen Tätigkeit in der sogenannten „Pick-up-Szene“, die sämtlich wahr wiedergegeben wurden, einen unverhältnismäßigen Persönlichkeitsschaden befürchten ließen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Das gilt umso mehr, weil der Kläger, der sowohl in der Stadt O1 als auch an der B-Universität nur einem kleineren Personenkreis bekannt sein dürfte, nicht mit vollem Namen Erwähnung fand und Personen, die ihn nicht kennen, erst unter Zuhilfenahme von Suchmaschinen würden individualisieren können, ohne aber einen Bezug zu ihm zu haben. Außerdem vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, dass der Kläger durch die Darstellung in den beiden Artikeln in nennenswerter Weise in seiner Ehre berührt sein will. Denn offensichtlich steht er zu seiner Tätigkeit als „Yx“ und hält sie weder für ehrenrührig noch frauenfeindlich oder gar sexistisch, weil er seine Tätigkeit als Hilfe für Männer ansieht. Geht es mithin allenfalls um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, die der Kläger gegenüber den Trägern anderer Grundrechte hinnehmen müsste, kann seine Betroffenheit in Ehre und Persönlichkeit nach Auffassung des Senats nicht deshalb stärkeres Gewicht haben, weil sich die Beklagte als Studierendenvertretung und öffentlich-rechtliche Körperschaft nach Auffassung des 16. Zivilsenats nicht auf Grundrechte berufen kann. Folgt man dem, hat das nur zur Folge, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig und von ihr zu unterlassen ist, verleiht den Aussagen in den beiden Artikeln aber kein stärkeres Gewicht im Hinblick auf Ehre und Persönlichkeitsrecht des Klägers.

Zu Recht hat das Landgericht in die Abwägung mit einbezogen, dass die auf der Internetseite der Beklagten am … 2016 erschienene Pressemitteilung mit den beiden Artikeln bereits im Zusammenhang mit der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten vom 22. Februar 2016 wieder entfernt wurde und deshalb der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich war. Der Kreis derjenigen, die mit diesen Informationen in Berührung kamen, dürfte deshalb nur gering sein. Jedenfalls hat der Kläger nicht behauptet, dass die Internetseite der Beklagten einen hohen Grad an Frequentierung hätte und einen großen Personenkreis erreichen würde.

Von Bedeutung ist ebenfalls, dass der Kläger mit seiner Teilnahme an dem F-Beitrag „N“ selbst die Anonymität verlassen und die Öffentlichkeit gesucht hatte, mithin seine Tätigkeit als „Yx“ – wie bereits dargelegt – als nicht ehrenrührig und geheimhaltungsbedürftig ansieht. Dass der Beitrag nicht den Vorstellungen des Klägers entsprach, kann der Beklagten nicht angelastet werden. Der zeitliche Abstand zwischen der Veröffentlichung der Pressemitteilung und dem Fernsehbeitrag von nahezu zwei Jahren ist nach Auffassung des Senats für das Gewicht einer Persönlichkeitsrechtsverletzung unerheblich und mag allenfalls im Rahmen einer gebotenen Abwägung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit eine Rolle spielen. Davon abgesehen hatte der Beitrag deshalb nicht an Aktualität verloren, weil der Kläger die Tätigkeit als „Yx“ weiter ausübte und damit ein aktueller Bezug gegeben war.

Schließlich hat der Senat berücksichtigt, dass die Anonymität des Klägers bereits durch die zuvor erfolgten Veröffentlichungen in der Q-Zeitung vom … und … für diejenigen, die sich der Mühe unterzogen, aus den Angaben die Identität des Klägers zu ermitteln, aufgehoben war. Der Senat verkennt nicht, dass diesem Umstand nur geringes Gewicht zukommt, weil diese Berichte wohl kaum von einem erheblichen Teil derjenigen, die durch die Pressemitteilung vom … 2016 erreicht wurden, zur Kenntnis genommen worden war.

Unter Abwägung aller Umstände ist ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer angenommenen Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers nicht gerechtfertigt. Mit den Fällen, in denen der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit Geldentschädigungen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung zugesprochen hat (vgl. BGH NJW 1985, 2644 [BGH 09.07.1985 – VI ZR 214/83]; NJW 1996, 1131 [BGH 30.01.1996 – VI ZR 386/94]; NJW 2005, 215 [BGH 05.10.2004 – VI ZR 255/03]; NJW 2014, 2029 [BGH 17.12.2013 – II ZB 6/13]) ist der Fall des Klägers in keiner Weise vergleichbar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung des Senats auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf einer Würdigung von Tatsachen im Einzelfall beruht und der Sache auch sonst keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

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