OLG Frankfurt am Main, 20.07.2017 – 6 U 149/16

März 20, 2019

OLG Frankfurt am Main, 20.07.2017 – 6 U 149/16
Leitsatz:

1.

Wird eine eingetragene Bildmarke als Bestandteil eines Wort-/Bildzeichens verwendet, liegt darin keine rechtserhaltende Benutzung der Marke, wenn der Wortbestandteil dieses Zeichens für sich unterscheidungskräftig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bildmarke innerhalb des Gesamtzeichens einen Buchstaben des Wortbestandteils ersetzt.
2.

In der isolierten Verwendung einer Bildmarke liegt nur dann eine rechtserhaltende Benutzung, wenn eine hinreichende Übereinstimmung zwischen der Marke und dem verwendeten Zeichen am Maßstab von § 26 III MarkenG besteht und die Verwendung nach Art einer Marke – insbesondere nicht rein dekorativ – und nicht nur unternehmensintern erfolgt sowie einen hinreichenden Produktbezug erkennen lässt. Soweit einzelne Verwendungsformen diese Voraussetzungen erfüllen, müssen sie nach den Gesamtumständen dazu bestimmt und geeignet sein, Absatzmärkte zu erschließen oder zumindest zu erhalten (im Streitfall verneint).

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.06.2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Löschung der nachfolgend wiedergegebenen deutschen Bildmarke der Beklagten wegen Verfalls (DE 30234638, im Folgenden „Streitmarke“):

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Die Streitmarke wurde mit Priorität vom 27.07.2002 am 06.08.2002 in Schwarz-Weiß eingetragen. Ein gegen sie geführtes Widerspruchsverfahren endete am 20.03.2006.

Auf Eigenantrag der Beklagten ist die Marke nach Anhängigkeit (17.08.2015), jedoch vor Rechtshängigkeit der vorliegenden Löschungsklage (15.09.2015) mit Wirkung zum 20.08.2015 teilweise gelöscht worden. Sie genießt nunmehr noch Schutz in den Klassen 9, 38, 41 und 42 für:

Datenverarbeitungsgeräte, Computersoft- und -hardware; Unterrichtsapparate und -instrumente; Bereitstellung von Informationen und Plattformen im Internet; Aus- und Weiterbildung; Berufsberatung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; EDV-Beratung; Konfiguration von Computernetzwerken durch Software; Vermietung von Computersoftware.

Anlass für die streitgegenständliche Löschungsklage war, dass die Beklagte gegen die Eintragung einer Wort-Bildmarke durch die Klägerin Widerspruch eingelegt hatte. Die Klägerin wehrte sich am 09.03.2015 mit einem Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA).

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Beklagte habe die Streitmarke nach Ablauf der Benutzungsschonfrist nicht rechtserhaltend genutzt. Diese sei nicht markenmäßig, sondern z.B. in Form von

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– auch mit Zusätzen wie z.B. „Partner für Bildung & Beratung“ –

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als bloßes Unternehmenskennzeichen bzw. rein dekorativ und zudem in kennzeichenverändernder Form verwendet worden.

Hinsichtlich der in erster Instanz gestellten Anträge und des dortigen Parteivortrags wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil verwiesen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Nachdem die Klägerin die Löschungsklage wegen der nach Anhängigkeit erfolgten Teillöschung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im Hinblick auf die Dienstleistungen der Klasse 35 und die Dienstleistungen der Klasse 36 „Telekommunikation; Weiterleiten von Nachrichten und Informationen aller Art über elektronische Kommunikationswege“ zurückgenommen und insofern gemäß § 269 III 3 ZPO einen Kostenantrag zu Lasten der Beklagten gestellt hat, hat das Landgericht der Löschungsklage mit Urteil vom 23.06.2016 stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.

Hiergegen richtet sich deren Berufung.

Die Beklagte wiederholt und vertieft in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie meint, das Landgericht sei von einer unvollständigen Tatsachengrundlage ausgegangen; dafür spreche u.a., dass das Urteil keine Ausführungen zu folgenden Benutzungsformen enthalte (bei denen die Spiralen im Hintergrund gräulich und nicht lila/bläulich sind):

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Ferner habe das Landgericht die klägerische Darlegungs- und Beweislast für die Nichtbenutzung der Streitmarke verkannt. Es sei dadurch fehlerhaft zu der Einschätzung gelangt, die Beklagte habe die angegriffene Marke nicht rechterhaltend genutzt. Sofern es die Benutzungsnachweise für unzureichend hielt, hätte es einen rechtlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO erteilen und Beweis durch Anhörung des Geschäftsführers der Beklagten und der von dieser benannten Zeugen erheben müssen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 23.06.2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die am 20.07.2016 gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 23.06.2016, Az. 2-03 O 338/15, eingelegte Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe schon ihrer sekundären Darlegungslast für eine rechterhaltende Benutzung nicht genügt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die Berufungsbegründung vom 29.08.2016 nebst Anlage (Bl. 567 – 595 d.A.), die Berufungserwiderung vom 22.11.2016 (Bl. 619 – 635 d.A.) und auf die Ausführungen unter Ziffer II. Bezug genommen.

II.

A. Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

I. Die Löschungsklage ist begründet.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Gemäß § 55 I, II Nr. 1 MarkenG kann jede Person vor den ordentlichen Gerichten gegen den als Markeninhaber Eingetragenen Klage auf Löschung wegen Verfalls (§ 49 MarkenG) erheben.

2. Zu Gunsten der Klägerin besteht auch ein Anspruch auf vollständige Löschung der Streitmarke. Ausgehend von den von der Beklagtenseite dargelegten Benutzungsformen ist die Streitmarke für keine der noch eingetragenen Waren und Dienstleistungen rechtserhaltend genutzt worden.

a) Gemäß § 49 I 1 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Verfalls gelöscht, wenn sie nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Löschungsantrags eine Benutzung der Marke gemäß § 26 MarkenG begonnen oder wieder aufgenommen worden ist. Im Fall eines Widerspruchs gegen die Markeneintragung tritt gemäß § 26 V MarkenG an die Stelle des Eintragungszeitpunkts Eintragung derjenige des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens.

b) Vorliegend endete die Benutzungsschonfrist mit Blick auf das gegen die Streitmarke geführte Widerspruchsverfahren am 20.03.2011. Ab diesem Zeitpunkt bis zum Löschungsantrag vom 09.03.2015 hätte die Beklagte die Streitmarke rechterhaltend benutzen müssen.

Wird eine Benutzung nach einem ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung binnen drei Monaten vor Stellung des Löschungsantrags begonnen oder wieder aufgenommen wird, so bleibt sie nur dann unberücksichtigt, wenn die Vorbereitungen für die erstmalige oder erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Markeninhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass ein Antrag auf Löschung gestellt werden könnte (§ 49 I 3 MarkenG). Wird der Löschungsantrag nach § 53 I 1 MarkenG beim DPMA gestellt, ist für die Berechnung der Dreimonatsfrist nach § 49 I 1 MarkenG dieser Antrag maßgeblich, wenn die Klage auf Löschung nach § 55 I MarkenG innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung gemäß § 53 IV MarkenG erhoben wird.

Da die Klägerin die streitgegenständliche Löschungsklage am 17.08.2015 eingereicht hat und diese am 15.09.2015 zugestellt und damit rechtshängig geworden ist (§§ 253 I, 261 I ZPO, zur Maßgeblichkeit der Rechtshängigkeit, vgl. z.B. OLG Hamburg (U.v. 30.03.2017 – 3 U 150/15), juris, Rn. 36; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 49 Rn. 22), ist vorliegend der Zeitraum von drei Monaten vor dem Löschungsantrag beim DMPA maßgebend. Diesen stellte die Klägerin unter dem 09.03.2015 (Anlage RK 2, Bl. 282 ff. d.A.).

Diesbezüglich ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Beklagte in der Zeit ab dem 09.12.2014 in Kenntnis eines drohenden Löschungsantrags Teile der streitgegenständlichen Nutzungshandlungen erstmals aufgenommen haben könnte.

c) Die Darlegungs- und Beweislast für die Nichtbenutzung liegt im Ausgangspunkt bei der Klägerin.

Im Löschungsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Löschungskläger darlegungs- und beweisbelastet. Anders als in einem Verletzungsprozess sowie in einem vom Markeninhaber selbst initiierten Widerspruchsverfahren, in dem dieser jeweils als „Angreifer“ für seine Marke auf eine Nichtbenutzungseinrede des Gegners hin die Benutzung seiner Marke darzutun und erforderlichenfalls zu belegen hat (vgl. zum Verletzungsprozess z.B. BGH (U.v. 10.10.2002 – I ZR 235/00) – BIG BERTHA, juris, Rn. 40; zum Widerspruchsverfahren, siehe EuGH (U.v. 17.07.2014 – C-141/13 P) – Walzer Traum/Walzertraum, juris, Rn. 3), befindet sich der Beklagte im Löschungsprozess in einer Defensivrolle. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Duff Beer“ die Annahme des Berufungsgerichts bestätigt hat, der Beklagte habe „nachgewiesen“, dass er die Marke rechtserhaltend genutzt habe (BGH (U.v. 05.11.2012 – I ZR 135/11), juris, Rn. 11), besteht kein Grund zu der Annahme, dass damit eine Änderung der Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast bezweckt gewesen ist.

Den Beklagten einer Löschungsklage kann nach dem auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) allerdings eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Diese setzt voraus, dass der Löschungskläger keine genaue Kenntnis von den Umständen der Benutzung der Marke hat und auch nicht über die Möglichkeit verfügt, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären (BGH (U.v. 10.04.2008 – I ZR 167/05) – LOTTOCARD, juris, 1. Leitsatz i.V.m. Rn. 19; BGH (U.v. 25.04.2012 – I ZR 156/10) – Orion, juris, Rn. 11).

d) Dies zugrunde gelegt, lässt sich eine rechtserhaltende Benutzung der Streitmarke durch die Beklagte im Streitfall nicht feststellen.

Die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung setzt grundsätzlich Folgendes voraus:

aa) Es muss eine hinreichende Übereinstimmung zwischen der benutzten Zeichenform und der eingetragenen Marke im Sinne des § 26 III MarkenG bestehen;

bb) das benutzte Zeichen muss nach Art einer Marke – und nicht z.B. rein dekorativ – verwendet worden sein;

cc) die Zeichennutzung muss im geschäftlichen Verkehr – und nicht z.B. rein unternehmensintern – erfolgt sein und

dd) sie muss einen ausreichenden Waren- oder Dienstleistungsbezug aufweisen; die Nutzung als reines Unternehmenskennzeichen genügt also ebenso wenig wie bloße Imagewerbung.

ee) Die hiernach grundsätzlich als rechtserhaltende Benutzung in Betracht kommenden Verwendungsformen müssen nach den Gesamtumständen die Annahme einer ernsthaften Zeichennutzung rechtfertigen, d.h. sie müssen dazu bestimmt und geeignet gewesen sein, Absatzmärke zu erschließen oder zumindest zu erhalten.

Bei Dienstleistungsmarken bedarf die rechtserhaltende Benutzung insoweit besonderer Betrachtung, da eine körperliche Verbindung der Marke zu einem Produkt ausscheidet. Als Benutzungshandlungen kommen primär die Anbringung der Marke am Geschäftslokal und eine Benutzung auf Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, insbesondere auf Geschäftsbriefen und -papieren, Rechnungen, Werbedrucksachen, etc.

aa) Hinsichtlich der von der Beklagten vorrangig im geschäftlichen Verkehr verwendeten Wort-Bildzeichen fehlt es schon an einer ausreichenden Ähnlichkeit mit der Streitmarke i.S.d. § 26 III MarkenG.

(1) Eine rechtserhaltende Benutzung setzt nach § 26 I, II MarkenG voraus, dass die Marke von ihrem Inhaber oder mit dessen Zustimmung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden ist. Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt dabei gemäß § 26 III MarkenG auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert, und zwar selbst dann, wenn diese Form ihrerseits als Marke eingetragen ist (vgl. z.B. BGH (U.v. 10.01.2013 – I ZR 84/09) – PROTI II, juris, Rn. 29).

Eine Veränderung des kennzeichnenden Charakters ist zu verneinen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. z.B. BGH (U.v. 17.11.2014 – I ZR 114/13) – PINAR, juris, Rn. 12; BGH (U.v. 10.01.2013 – I ZR 84/09) – PROTI II, juris, Rn. 20; BGH (U.v. 08.02.2007 – I ZR 71/04) – bodo Blue Night, juris, Rn. 12). Verändern die Unterschiede dagegen die Marke, wie sie eingetragen ist, so ändert sich auch deren kennzeichnender Charakter (OLG Köln (U.v. 10.03.2017 – 6 U 140/16) – Weißer Westie, juris, Rn. 44). Unter „Kennzeichnungs-“ bzw. „Unterscheidungskraft“ wird dabei die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung verstanden, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, dass die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH (B.v. 09.07.2015 – I ZB 65/13) – Nivea-Blau, juris, Rn. 10; BGH (B.v. 21.07.2016 – I ZB 52/15) – Sparkassen-Rot, juris, Rn. 13; BGH (B.v. 23.10.2014 – I ZB 61/13) – Langenscheidt-Gelb, juris, Rn. 9).

Maßstab ist der angesprochene Verkehr, d.h. diejenigen Abnehmer, die die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen nachfragen (OLG Köln – Weißer Westie, a.a.O., Rn. 45). Dabei kommt es auf das Verständnis des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers an (BGH (U.v. 05.12.2012 – I ZR 135/11) – Duff Beer, juris, Rn. 31 f., 34).

Zur Feststellung dieses Verkehrsverständnisses hat es vorliegend keines Verkehrsgutachtens bedurft. Der Senat hat die Frage nach einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Streitmarke durch die streitgegenständlichen Nutzungsformen kraft eigener Sachkunde und Lebenserfahrung beurteilen können, da sie sich grundsätzlich an die Allgemeinheit gerichtet haben.

(2) Soweit die Beklagte bzw. ihre beiden Tochtergesellschaften – die A AG und die B GmbH – das als Streitmarke genützte Bildzeichen anstelle des „o“ innerhalb der Wortmarke „provadis“ – teils mit weiteren Wort- und/oder Bildzusätzen – benutzt haben, scheitert die Annahme einer rechtserhaltenden Markennutzung an der Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Streitmarke durch die Einbettung in das Wortzeichen „provadis“, vgl. insbesondere nachfolgende Gestaltungen:

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(a) Diesbezüglich hat die Beklagte das Bildzeichen entgegen der klägerischen Auffassung allerdings nicht als reines Unternehmenskennzeichen, sondern durchaus markenmäßig verwendet.

Dies folgt schon aus der logoartigen Gestaltung des Unternehmensschlagworts „provadis“. Dieser entnimmt der Verkehr, dass mit der Bezeichnung nicht nur ein Geschäftsbetrieb benannt wird, sondern auch eine aus diesem stammende Dienst-/Leistung gekennzeichnet werden soll (zum Ineinanderübergehen von firmen- und markenmäßiger Benutzung bei Dienstleistungsmarken BGH (B.v. 21.07.2016 – I ZB 52/15) – Sparkassen-Rot, juris, Rn. 44).

(b) Das aus den Buchstaben „prvadis“ und dem grafischen Bildelement zusammengesetzte Kombinationszeichen

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,

weicht von der Streitmarke allerdings nicht nur in Bestandteilen ab, die ihren Kennzeichnungskraft unbeeinflusst lassen.

(aa) Der Verkehr sieht in dem Kombinationszeichen

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kein Wortzeichen verbunden mit der Streitmarke als Zweitmarke, sondern ein einheitliches, zusammengesetztes Wort-Bildzeichen, dessen integraler Bestandteil das Bildelement ist. Dabei erkennt er ohne weiteres, dass das Bildzeichen das „o“ ersetzt, das Gesamtzeichen also „provadis“ lautet. Dass das Bildzeichen keinen vollständig geschlossenen Kreis bildet, ändert hieran nichts.

Werden zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung zwei Zeichen verwendet, liegt es in der Regel – so auch hier – nahe, dass der Verkehr darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Kennzeichen erblickt und nicht von zwei voneinander zu unterscheidenden Zeichen ausgeht (BGH – PROTI II, a.a.O., Rn. 20; BGH (U.v. 17.11.2014 – I ZR 114/13) – PINAR, juris, Rn. 15).

Ersetzt ein Bildzeichen – wie vorliegend – den Buchstaben eines Wortzeichens und verschmelzen das Wort- und das Bildelement zu einem einheitlichen Zeichen, scheidet die Annahme mehrerer eigenständiger Kennzeichen aus.

(bb) Hiervon ausgehend erweckt die Streitmarke in Alleinstellung einen anderen Gesamteindruck als das blaue „Schneckenzeichen“ eingebettet in den Wortbestandteil „provadis“. Letzteres erscheint als grafische Verzierung und nicht als eigenständige Zweitmarke.

Der Wortbestandteil „provadis“ der in Rede stehenden Benutzungsformen prägt die Gesamtzeichen jedenfalls klanglich, da sich der Verkehr bei aus Wort- und Bildbestandteilen kombinierten Zeichen nach der allgemeinen Lebenserfahrung maßgeblich am Wortbestandteil orientiert. Denn für die Verkehrsteilnehmer ist es im Allgemeinen am einfachsten, die unter der Marke angebotene Ware oder Dienstleistung mit Hilfe des Wortbestandteils zu bezeichnen (vgl. z.B. BGH – Duff Beer, a.a.O., Rn. 21). Dem Bildbestandteil kann bei gebotener Gesamtbetrachtung zwar erhebliche Bedeutung zukommen, sofern der Wortbestandteil nur geringe Kennzeichnungskraft aufweist (BGH – Duff Beer, a.a.O.). Dies trifft auf den Wortbestandteil „provadis“ aber nicht zu.

Für die Verbindung zweier Begriffe zu einem neuen Gesamtbegriff steht der Bundesgerichtshof auf dem Standpunkt, diese verändere den kennzeichnenden Charakter der Marke (BGH (U.v. 31.05.2012 – I ZR 135/19) – ZAPPA; juris, Rn. 35). Dies gilt erst recht, wenn – wie vorliegend – die Streitmarke in Blau in dekorativer Form das als solches kennzeichnungskräftigte Wortzeichen „provadis“ ersetzt.

(cc) Die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung der Streitmarke als Bestandteil des Wortes „provadis“ kommt vorliegend auch nicht deshalb in Betracht, weil das in Rede stehende Bildzeichen vom Verkehr für sich betrachtet als Hinweis auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung wahrgenommen würde (vgl insofern EuGH (U.v. 18.07.2013 – C-252/12) – Specsavers, juris, Rn. 24, zur Frage, ob ein „wortloses“ Logo auch ohne das überlagernde Wortzeichen, mit dem es benutzt worden ist, noch auf die eingetragenen Waren hinweist).

Das „Schneckenzeichen“ innerhalb des Wortes „provadis“ stellt sich für den angesprochenen Verkehr als übliche grafische Verzierung dar, mag es durch seine blaue Farbe auch besonders hervortreten. Besondere Umstände, aufgrund derer der Verkehr es dennoch als eigenständigen Herkunftshinweis auffassen könnte, sind weder dargetan noch ersichtlich (vgl. insofern BGH (U.v. 05.12.2012 – I ZR 85/11) – Culinaria/Villa Culinaria, juris, 2. Leitsatz i.V.m. Rn. 50 f.). Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr (vgl. BGH (B.v. 25.02.2010 – I ZB 19/08) – Malteserkreuz II, juris, Rn. 12).

Die Eigenschaft des Bildzeichens als Zweitmarke oder dessen eigenständige Kennzeichnungskraft folgen im Streitfall weder aus der konkreten Zeichengestaltung noch aus einer Verkehrsdurchsetzung des „Schneckenzeichens“ als Herkunftshinweis. Dass dieses isoliert als Bildmarke eingetragen worden ist, bedeutet nicht, dass es auch innerhalb eines Kombinationszeichens zwingend eigenständig kennzeichnende Funktion haben muss. Der Grundsatz, dass die rechtserhaltende Benutzung einer Marke, solange diese nicht gemäß §§ 50, 54 MarkenG gelöscht worden ist, nicht mit der Begründung verneint werden kann, die Verwendung des Zeichens sei für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen generell nicht herkunftshinweisend (z.B. rein beschreibend) (vgl. z.B. BGH (U.v. 10.04.2008 – I ZR 167/05) – LOTTOCARD, juris, 2. Leitsatz i.V.m. Rn. 24), führt nicht dazu, dass der Benutzung der Streitmarke innerhalb eines Kombinationszeichens zwangsläufig eine eigenständig kennzeichnende Wirkung hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden graphische und farbliche Hinzufügungen und Gestaltungen vielmehr nicht selten einen lediglich verzierenden Charakter haben, denen der Verkehr keine Bedeutung für den kennzeichnenden Charakter einer eingetragenen Wort-/Marke bzw. der benutzten Form zumisst (BGH (U.v. 18.12.2014 – I ZR 63/14), juris, Rn. 16; BGH (U.v. 17.11.2014 – I ZR 114/13) – PINAR, juris, Rn. 12; BGH (U.v. 08.01.2014 – I ZR 38/13) – Probiotik, juris, Rn. 18).

(dd) Sinn und Zweck des Benutzungszwangs sprechen ebenfalls nicht für die Annahme einer rechtserhaltenden Nutzung der Streitmarke durch Wort-Bildkombinationen wie die oben abgebildeten.

Mit Blick auf die Anzahl der eingetragenen und geschützten Marken und der zwischen ihnen möglichen Konflikte ist eine Aufrechterhaltung des Markenschutzes nach Ablauf der Benutzungsschonfrist nur gerechtfertigt, wenn die Marke auf dem Markt der Waren oder Dienstleistungen der in Rede stehenden Klasse tatsächlich verwendet worden ist (EuGH (U.v. 15.01.2009 – C-495/07), juris, Leitsatz i.V.m. Rn. 21). Das Register soll wahrheitsgetreu die Angaben widerspiegeln, die die Unternehmen tatsächlich auf dem Markt benutzen, um ihre Waren und Dienstleistungen im Wirtschaftsleben von anderen zu unterscheiden (EuGH (U.v. 02.02.2016 – T-171/13), juris, Rn. 67). Die Vorschrift des § 26 MarkenG gestattet in gewissem Umfang zwar eine prioritätswahrende Anpassung und Fortentwicklung von Marken, insbesondere deren Modernisierung, allerdings nur, sofern deren kennzeichnender Gesamteindruck erhalten bleibt.

Letzteres ist vorliegend gerade nicht der Fall.

(3) Entsprechendes gilt, soweit die Beklagtenseite das Bildzeichen in abgewandelter Form als Hintergrund in nachfolgenden Kombinationszeichen verwendet hat (wobei das rechte der beiden nebeneinander abgebildeten Zeichen die aktuelle Fassung ist, wie sie seit Mitte 2014 unternehmensübergreifend von der Beklagtenseite genutzt wird):

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Diesbezüglich besteht für eine erstinstanzliche Entscheidung auf unvollständiger Tatsachenbasis kein Anhaltspunkt. Hinsichtlich vorstehender Zeichen liegt die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung angesichts der erheblichen Unterschiede zur Streitmarke noch ferner. Das Landgericht hat sich daher auf die Feststellung beschränken können, es habe insgesamt keine rechtserhaltende Benutzung erkennen können.

In vorstehenden Zeichenformen kann aus den unter Ziffer (2) dargestellten Gründen keine die Kennzeichnungskraft der Streitmarke unberührt lassende Zeichennutzung gesehen werden. Dass die Wortelemente nur einen Zusatz auf einer anderen Ebene bildeten, lässt sich insofern entgegen der Beklagtenansicht nicht sagen. In beiden Verwendungsformen ist das „Scheckenzeichen“ nur als Hintergrundmotiv und – insbesondere im oberen Zeichen – nicht einmal rund, sondern flächig gestreckt und axial gedreht verwendet worden.

Das seit Mitte 2014 unternehmensübergreifend verwendete Logo weist zudem deutliche hell-dunkel-Verläufe und damit in Teilen einen abweichenden Farbkontrast auf.

(4) In Bezug auf die Verwendung von kringelförmige Gestaltungen als Wasserzeichen auf Geschäftspapier, Blöcken oder Ordnern, hat jedenfalls insofern keine hinreichende Übereinstimmung mit der Streitmarke vorgelegen, als die Zeichen nur ausschnittsweise wiedergegeben worden sind. Dies betrifft vor allem Gestaltungsformen wie diejenigen links oben und rechts unten auf dem nachstehend abgebildeten Ordner, auf dem Briepapier und auf dem Block:

Anlage B 4 – 7 d):

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(5) Nichts anderes gilt, soweit an die Streitmarke angelehnte Gestaltungsformen – zumal rein dekorativ im Hintergrund – u.a. Bestandteil von Broschüren wie „Kompetenz entscheidet“ in Anlage 4 B – 3 b) gewesen sind:

Von den Darstellungen der folgenden Abbildungen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und des Datenschutzes abgesehen – die Red.

Der Ausschnitt einer Dartscheibe mit Dartpfeil auf Seite 10 der Broschüre „Bildungskompass 2011“

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weist ebenfalls kaum Ähnlichkeit mit der Streitmarke auf. Er dürfte vom angesprochenen Verkehr schon deshalb nicht als Anspielung auf die Streitmarke wahrgenommen worden sein, weil innerhalb dieser Werbeunterlage – wie auch im Übrigen – die Nutzung von Logos mit Zusätzen wie „Partner für “ und „Weiterbildung“ dominierte (vgl. Anlage B 4 – 3 a)). Nur diese wurden insofern als Marken angesehen.

(6) Die innerhalb der Jahreszahl „2009“ auf einem Monitor der Messe LEARNTEC 2009 ersetzte Zahl „9“ hat ebenfalls keine ausreichende Ähnlichkeit mit der Streitmarke gehabt. Aus Sicht des angesprochenen Verkehrs hatte sie zudem rein dekorative Funktion ohne konkreten Produktbezug.

Anlage 4 b):

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bb) Soweit für eine rechtserhaltende Benutzung damit von vornherein nur die Verwendung der Streitmarke in „Alleinstellung“ in Betracht gekommen ist, scheidet die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung teils schon deswegen aus, weil die Streitmarke in den konkreten Verwendungsformen nicht nach Art einer Marke, sondern reich dekorativ verwendet worden ist.

Prämisse für eine rechtserhaltende Nutzung ist, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das in Rede stehende Zeichen nicht nur als dekoratives Element, sondern zumindest auch als Herkunftshinweis ansieht (vgl. z.B. BGH (B.v. 23.10.2014 – I ZB 61/13) – Langenscheidt-Gelb, juris, Rn 42).

(1) Nach der zutreffenden Einschätzung des Landgerichts hat die Verwendung des Bildzeichens als Werbeträger, z.B. als Griff von Cocktail-Stäbchen, auf Gläsern oder Flaschen anlässlich von Messeauftritten der Beklagten, als Formgeber für deren Geschicklichkeitsspiel „Der heiße Draht“, auf Streichholzschachteln, Geschirr, Anstecknadeln, Uhren oder Strampelanzügen keine markenmäßige Nutzung dargestellt, sondern rein dekorative Funktion gehabt:

Anlage 4 f):

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Anlage 4 i) („Der heiße Draht):

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Anlage 6 a):

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Anlage 7 d):

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Anlage 7 e):

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(2) Entsprechendes gilt für Verwendungsformen wie insbesondere das Wasserzeichen auf dem Geschäftspapier (vgl. z.B. Anlagenkonvolut B 4 – 5 p), auf Blöcken und Ordnern – soweit diese überhaupt eine hinreichende Zeichenähnlichkeit i.S.d. § 26 III MarkenG aufgewiesen haben (vgl. insofern lit. dd) (4)) – sowie für das „Schneckenzeichen“ z.B. auf Firmenfahrzeugen:

Anlage 3 l):

Von der Darstellung der folgenden Abbildungen wird aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen – die Red.

Anlage 7 c):

Von der Darstellung der folgenden Abbildungen wird aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen – die Red.

(a) Auch hinsichtlich der Nutzung auf Fahrzeugen hat der verständige Durchschnittsteilnehmer des angesprochenen Verkehrs nicht angenommen, das Bildzeichen – das keine ungewöhnliche grafische Gestaltungsform ist – habe neben dem jeweils zusätzlich abgebildeten Wort-Bildzeichen „provadis“ (mit „Schnecke im „o“, teils mit weiteren Wortzusätzen wie „Partner für Bildung Beratung“) keine Gestaltungs-, sondern Markenfunktion gehabt. Er hat in entsprechenden Nutzungsformen keine Zweitmarke, sondern ein dekoratives Element gesehen, wenn vielleicht auch in Form eines Auszugs aus einem komplexen Wort-Bild-Logo.

Hinzu kommt, dass die Beklagte keinen Vortrag dazu gehalten hat, inwiefern ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises mit der Streitmarke auf den Firmenfahrzeugen in Berührung gekommen ist. Eine Nutzung für konkrete Dienstleistungen – in Abgrenzung zu allgemeiner Unternehmenswerbung – ist ebenfalls nicht erkennbar.

(b) Ebenfalls als rein dekorativ ist neben den bereits oben unter Ziffer (4) wiedergegebenen Nutzungsformen gemäß Anlage B 4 – 7 d) (dort S. 1) bei verständiger Betrachtung u.a. die nachfolgende Einbindung der Streitmarke in die Jahreszahl „2010“ im Rahmen der Messe LEARNTEC jenes Jahres gewesen (Anlage B 4 – 4 c):

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(c) Sofern ein kleinerer Teil des Verkehrs – anders als der durchschnittliche Verbraucher – in solchen Motiven im Einzelfall eine Marke erkannt haben mag, wäre dies für die Annahme einer markenmäßigen Zeichennutzung unerheblich (BGH (U.v. 24.11.2011 – I ZR 175/09) – Medusa, juris, 2. Leitsatz i.V.m. Rn. 23).

(3) Die Verwendung des „Schneckenzeichens“ auf dem „Provadis PowerClicker“ hat sich aus objektiver Sicht des durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers gleichfalls nicht als markenmäßige, sondern als rein dekorative Zeichennutzung dargestellt:

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Von der Darstellung der folgenden Abbildungen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes abgesehen – die Red.

Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass z.B. Microsoft Computer-Tasten mit dem Windows-Zeichen belegt hat. Ohne einen Anhaltpunkt dafür, dass sich das Bildzeichen isoliert im Verkehr als Herkunftshinweis auf die Beklagte durchgesetzt hat – wie dies etwa bei Microsoft der Fall ist -, sieht der Verkehr in dem Tastenzeichen jedoch keine Marke, sondern eine grafische Gestaltungsform. Eine Marke würde üblicherweise nicht auf einer Funktionstaste, sondern irgendwo anders auf der hellen Grundfläche des Geräts platziert.

Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beklagte mit ihrem Produkt überhaupt schon Umsätze hat erzielen können (was die Klägerin bestreitet), und dass sich der in Rede stehende Button durch seine Größe und die blaue Farbe des Zeichens – gerade im ausgeschalteten Zustand – unter Umständen deutlich von den übrigen Tasten und Zeichen abhebt.

Bezogen auf die Nutzung des Bildzeichens auf dem größten Button des „Provadis Power Clicker“ ist auch unerheblich, ob eine rechtserhaltende Benutzung schon deshalb ausscheidet, weil sich die Zeichennutzung bei der erstmaligen Präsentation des Geräts auf der Messe „LEARNTEC“ 2014 gegebenenfalls nicht auf ein Produkt bezog, dessen Vertrieb unmittelbar bevorstand.

Eine ernsthafte Zeichennutzung muss sich auf Waren beziehen, die bereits vertrieben werden oder deren Vertrieb von dem Unternehmen zur Gewinnung von Kunden, insbesondere durch Werkekampagnen, vorbereitet wird und die unmittelbar bevorsteht (EuGH (B.v. 27.01.2004 – C-259/02), juris, Rn. 37; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 26 Rn. 217). Der PowerClicker wurde zwar bereits auf der Messe „LEARNTEC“ im Februar 2014 erstmalig vorgestellt, aber jedenfalls nicht vor Frühjahr (April) 2016 – und damit erst ca. zwei Jahre später – von einem Dritten bestellt. Ausweislich Anlage B 6 kündigte die Beklagte seine Auslieferung noch im Februar 2015 erst für Herbst 2015 an (vgl. das Kundenanschreiben vom 13.02.2015 auf Bl. 387 d.A.). Unternehmensintern ist der PowerClicker frühestens ab Herbst 2015 zum Einsatz gekommen, wobei er möglicherweise kontinuierlich im Internet beworben worden ist.

(4) Eine rechtserhaltende Benutzung lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Beklagte die Streitmarke – teils nach außen erkennbar – zur Dekoration ihres Geschäftssitzes verwendet hat, z.B. am Gebäudeeingang (Anlage B 4 – 7 b)), auf der Häuserfront und seit 1997 im Innenhof des Provadis-Geländes (Anlage B 4 – 7 a)), beispielsweise wie folgt:

Anlage B 4 – 7 a):

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Von der Darstellung der folgenden Abbildungen wird aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen – die Red.

Anlage B 4 – 7 b):

Von der Darstellung der folgenden Abbildungen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen – die Red.

cc) Zeichennutzungen innerhalb des Geschäftsgebäudes der Beklagten, wie insbesondere als Emblem auf Zwischentüren oder als Kunstwerk gegenüber dem Geschäftsführerbüro (Anlage B 4 – 7c)), stellen bereits keine Verwendungen im geschäftlichen Verkehr dar:

Anlage B 4 – 7 c):

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Denn es ist weder dargetan noch erkennbar, dass sich nicht unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrskreises am Firmensitz der Beklagten aufhalten und dort mit der Streitmarke konfrontiert würden.

Rein unternehmensinterne Zeichennutzungen sind prinzipiell keine Verwendung als Marke auf dem Markt der durch diese geschützten Waren oder Dienstleistungen (vgl. z.B. EuGH (B.v. 27.01.2004 – C-259/02), juris, Rn. 37; EuGH (U.v. 11.03.2003 – C-40/01) – Minimax, juris, Rn. 37).

dd) Hinsichtlich eines nicht unerheblichen Teils der streitgegenständlichen Benutzungsformen – darunter auch bereits oben angesprochene Zeichennutzungen – hat im Übrigen ein konkreter Waren- oder Dienstleistungsbezug gefehlt.

(1) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung setzt eine rechtserhaltende Benutzung voraus, dass die Marke für Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, um für diese Produkte einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern. Dem Markeninhaber muss es neben reiner Imagewerbung darum gehen, gezielt für konkrete Produkte bzw. Dienstleistungen Marktanteile zu gewinnen oder zu erhalten Hierzu muss die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet werden, für die sie eingetragen ist. Der angesprochene Verkehr muss die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die konkrete Ware oder Dienstleistung ansehen (vgl. BGH – LOTTOCARD, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.; BGH (B.v. 29.07.2009 – I ZB 83/08) – ATOZ III, juris, Rn. 17).

Dies ist nicht der Fall, wenn reine Imagewerbung ohne spezifischen Waren- oder Dienstleistungsbezug betrieben wird (vgl. BGH (U.v. 21.07.2005 – I ZR 293/02) – OTTO, juris, Rn. 22; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl. 2009, § 26 Rn. 45.).

(2) Keinen konkreten Waren- oder Produktbezug hatte z.B. der Aufdruck der Streitmarke auf Apfelsinen anlässlich einer Messe (vgl. Anlage B 4 – 4 c)):

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Die Wiedergabe der Streitmarke auf Bildschirmen bei Messeaufritten der Beklagtenseite, z.B. wie folgt:

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,

hat ebenfalls keine Verbindung zu konkreten Produkten und/oder Dienstleistungen hergestellt.

ee) Soweit die Beklagte die Streitmarke in den nachfolgenden dargestellten Einzelfällen nicht nur als Gestaltungsmittel und innerhalb ihres Unternehmens, sondern nach Art einer Marke im geschäftlichen Verkehr für konkrete Produkte oder Dienstleistungen verwendet hat, stellen sich ihre Zeichennutzungen – auch unter Berücksichtigung einer abweichenden rechtlichen Bewertung vorstehender Nutzungsformen – bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls jedenfalls nicht als sinnvolle geschäftliche Nutzung dar, die geeignet gewesen wäre, für ganz konkrete Leistungen oder Produkte der Beklagten Marktanteile zu erhalten und diese gegenüber Produkten und Dienstleistungen Dritter abzugrenzen.

(1) Maßstab für die Beurteilung sind insoweit grundsätzlich die im betreffenden Wirtschaftszweig zum Erhalt oder Gewinn von Marktanteilen für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen als gerechtfertigt angesehenen Verwendungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Markennutzung (vgl. z.B. EuGH (U.v. 17.07.2014 – C-141/13 P) – Walzer Traum/Walzertraum, juris, Rn. 29; EuGH (U.v. 19.12.2012 – C-149/11) – ONEL/OMEL, juris, Leitsatz i.V.m. Rn. 29, zur Gemeinschaftsmarke).

(2) Hiervon ausgehend ist eine wirtschaftlich zweckmäßige Markenstrategie der Beklagtenseite bei gebotener Gesamtbetrachtung nicht erkennbar. Zum Teil ist die Streitmarke eher unauffällig wiedergegeben worden. Im Übrigen ist sie nur sporadisch eingesetzt worden.

Vermöge einer solchen Zeichennutzung, wie sie die Beklagte betrieben hat, war es bei objektiver Betrachtung nicht möglich, Marktanteile auch nur zu erhalten. Bei Würdigung aller von der Beklagten dargelegten Zeichennutzungen sprechen insbesondere die (fehlende) Häufigkeit der Verwendung der Streitmarke in „Alleinstellung“ und die üblicherweise durch die Beklagtenseite verwendeten (anderen) Zeichen gegen eine ernsthafte Nutzung der Streitmarke. Dies gilt selbst dann, wenn man die von der Kammer als rein dekorativ, unternehmensintern oder ohne hinreichenden Waren- oder Produktbezug bewerteten Nutzungsformen in die Betrachtung einbezieht. Die von der Beklagten dargelegten Verwendungen stellen sich in Zusammenschau nicht als wirtschaftlich sinnvolle Markennutzung dar.

(a) Eine Nutzung der Streitmarke in Alleinstellung hat u.a. im Zusammenhang mit dem Kurseditor-Angebot „FIT2“ stattgefunden. Dort ist das Bildzeichen auf YouTube am oberen Bildschirmrand sowie zusätzlich (wohl) als Link eingeblendet worden (Anlage B 4 – 5 l):

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Allerdings ist die Streitmarke insofern überwiegend recht klein und nicht besonders augenfällig abgebildet gewesen. Ferner war auf den Internetseiten (innerhalb des auf YouTube angezeigten Programms) jeweils auch das Wort-Bild-Logo „provadis“ (mit eingebetteter Streitmarke und dem Zusatz „Partner für Bildung und Beratung“) vorhanden. Das „Schneckenzeichen“ ist deshalb auch insofern eher nicht als eigenständige Marke, sondern als dekorativer Teilausschnitt erschienen, der aus pragmatischen Gründen aus der Wort-Bildmarke extrahiert worden ist.

Soweit die Streitmarke im Zusammenhang mit „ProvadisELearning“ – Informationen zu „FIT2“ innerhalb der eigentlichen Software abgebildet worden ist (vgl. die Abbildung auf dem Monitor in Anlage B 4 – 5 k) auf YouTube)

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genügt dies selbst ausgehend von einer markenmäßigen Benutzung nicht den Anforderungen an eine rechtserhaltende Zeichennutzung.

Hinsichtlich des Programms „FIT2“ ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass die Nutzung der Streitmarke in „Alleinstellung“ überhaupt von einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs zur Kenntnis genommen worden ist. Die wiedergegebene Nutzung auf YouTube lässt diesen Schluss nicht zu. Die Streitmarke ist auch nicht einmal isolierter Bestandteil der „FIT2“-Lernbox gewesen (vgl. Anlage B 4 -5 i)).

(b) Daneben ist die Streitmarke teilweise isoliert im Internet abgebildet gewesen, z.B. auf der Facebook-Seite der Beklagten, wie nachstehend wiedergegeben (Anlage B 4- 3 g); siehe auch Anlage B 4 – 7 b)):

Von der Darstellung der folgenden Abbildung wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes abgesehen – die Red.

Auch diese Nutzungsformen zeichnen sich überwiegend dadurch aus, dass das Bildzeichen – von vorstehend wiedergegebenem Logo im Rahmen des Lichtbildes einmal abgesehen – eher unauffällig abgebildet worden ist (Anlage B 3 – 7 b), vgl. auch die Abbildung unter bb) (4)). Dass das Logo mit der Internetadresse der Beklagten in relevantem Umfang im geschäftlichen Verkehr verwendet worden ist, ist ebenfalls weder vorgetragen noch den Anlagen zu entnehmen.

Der wirtschaftliche Zuschnitt der Beklagten gestattet für sich gesehen keinen Rückschluss auf den Umfang der Nutzung der Streitmarke „in Alleinstellung“ (vgl. die von der Klägerin bestrittenen Angaben zu ihren Gesamtumsätzen in der eidesstattlichen Versicherung in Anlage B 4).

(c) Soweit die Beklagtenseite eine Werbebroschüre mit der Streitmarke versehen hat, ist nichts dafür ersichtlich, dass es sich nicht nur um eine einmalige Werbemaßnahme gehandelt hat, die noch dazu vor mehreren Jahren stattgefunden haben dürfte (vgl. die Vorderseite der Hefte in der obersten Reihe des Aufstellers in Anlage B 4 – 4 c):

Von der Darstellung der folgenden Abbildung wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes abgesehen – die Red.

Eine solch gelegentliche Zeichennutzung genügt den Anforderungen des § 26 MarkenG nicht.

(d) Nichts anderes würde gelten, wenn mit der Abbildung der Streitmarke auf Messemonitoren im Einzelfall eine Zeichennutzung für konkrete Waren oder Dienstleistungen einhergegangen wäre.

3. Bedarf für eine Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen oder für die Anhörung ihres Geschäftsführers hat angesichts dessen nicht bestanden. Beweisbedürftig sind nur bestrittene entscheidungserhebliche Tatsachenbehauptungen. Vorliegend hat die Beklagte eine rechtserhaltende Nutzung der Streitmarke schon nicht schlüssig dargetan, zumal der überwiegende Teil der Nutzungsformen unstreitig ist.

Das Landgericht hat es auch nicht versäumt, der Beklagten einen Hinweis gemäß § 139 ZPO zu erteilen.

II. Schließlich hat das Landgericht der Beklagten zu Recht gemäß § 269 III 3 ZPO auch insofern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, als die Klägerin die Löschungsklage zwischen An- und Rechtshängigkeit teilweise zurückgenommen hat.

Diesbezüglich hat der Billigkeit entsprochen, die Beklagte auch insoweit mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten. Denn es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass deren teilweiser Verzicht auf Markenschutz andere Gründe gehabt haben könnte als die Erkenntnis, dass insofern keine rechtserhaltende Benutzung erfolgt ist.

Da die Klägerin trotz einheitlichen Antrags zu Verfahrensbeginn der Sache nach die Löschung der Marke für eine größere Zahl von Waren und Dienstleistungen begehrt hat, lässt sich auch nicht sagen, dass ihr Rechtsschutzziel mit Blick auf den unverändert gebliebenen Antrag im Laufe des Rechtsstreits unverändert geblieben ist.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beschränkt sich auf die Kosten des Rechtstreits. Die Verpflichtung der Beklagten zur Löschungseinwilligung war nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Sie gilt gemäß § 894 ZPO (erst) mit Rechtskraft des Urteils als erteilt.

C. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) sind nicht erfüllt.

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