OLG Frankfurt am Main, 20.10.2014 – 23 U 270/13

April 16, 2019

OLG Frankfurt am Main, 20.10.2014 – 23 U 270/13
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 08.11.2013 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main – Az.: 2-21 O 105/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die zweite Instanz wird auf 12.862,26 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche geltend im Zusammenhang mit dem Erwerb von Kommanditanteilen an dem Schiffsfonds A-Gesellschaft „…“ mbH & Co. KG (im Folgenden: A). Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird zunächst auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen; darüber hinaus sind lediglich folgende Ergänzungen veranlasst:
Für die am 14.03.2006 gezeichnete Anlage wurden vom Kläger erst am 15.09.2006 12.489,42 € entrichtet.
Die Beklagte hat behauptet, dem Kläger sei schon aufgrund früherer Abrechnungen über Anlagegeschäfte bekannt gewesen, dass die Beklagte ein Verdienstinteresse verfolge. Er sei von der Zeugin Z1 in dem vorliegenden Gespräch ausdrücklich darüber aufgeklärt worden, dass die Beklagte eine Provision für die Vermittlung erhalte. Der Kläger sei aber ohnehin davon ausgegangen, dass das Agio an die Beklagte fließen werde. Wie bei vorangegangenen und den nachfolgenden Anlagegeschäften habe der Kläger sich für die Vergütung der Beklagten nicht weiter interessiert. Ob die Beklagte eine Vergütung erhalte, habe für ihn keine Rolle gespielt; zudem sei ihm die Rückvergütungsproblematik vermutlich gar nicht bekannt gewesen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeuginnen Z1 und Z2 als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Schadensersatzansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Es fehle bereits an einer Pflichtverletzung. Die Beweisaufnahme habe die Behauptung eines Beratungsfehlers nicht bestätigt. Die Zeugin Z2 habe angegeben, sich nicht für das Anlagegeschäft ihres Mannes interessiert zu haben. Die Zeugin Z1 habe sich an das konkrete Gespräch nicht erinnern können; auf ihre Angaben, wie sie üblicherweise verfahren sei, komme es nicht an. Etwaige Ansprüche wegen Verschweigens von Rückvergütungen seien jedenfalls verjährt, wobei dahinstehen könne, ob der Kläger positive Kenntnis von dem Erhalt einer Provision durch die Beklagte gehabt habe. Denn unstreitig habe der Kläger im Rahmen von Wertpapiertransaktionen Abrechnungen erhalten, die in der Regel auch eine Vergütung für die Beklagte ausgewiesen hätten. Da anzunehmen sei, dass der Kläger bereits in 2003 eine solche Abrechnung für das getätigte Aktiengeschäft erhalten habe, habe es sich ihm aufdrängen müssen, dass die Beklagte auch für den Vertrieb von Schiffsfonds Provisionen erhalte; insofern habe er grob fahrlässig gehandelt, als er dem Schiffsfonds beigetreten sei, ohne sich bei der Zeugin Z1 über den Erhalt von Provisionen zu informieren.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine abgewiesenen Anträge weiterverfolgt und zu deren Begründung er ausführt, das Urteil sei fehlerhaft, soweit es die Haftung der Beklagten auf Leistung von Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung hinsichtlich der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen mit der Begründung abgelehnt habe, dass die Ansprüche zwischenzeitlich verjährt seien. Die Argumentation des Gerichts sei in sich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar; so werde lediglich auf eine Abrechnung über ein angebliches Aktiengeschäft im Jahre 2003 verwiesen, aber nicht weiter ausgeführt, woraus sich der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ergeben solle. Die angebliche Wertpapierabrechnung wäre aber auch keinesfalls geeignet gewesen, den Kläger über Rückvergütungen in Kenntnis zu setzen bzw. eine grob fahrlässige Unkenntnis zu begründen. Es fehle schon an einer Vergleichbarkeit der Produkte; da der Kläger im Vorfeld unstreitig keine anderen geschlossenen Beteiligungen gezeichnet habe, habe es tatsächlich nicht den geringsten Anhaltspunkt gegeben, wonach sich dem Kläger die spezielle Problematik der Rückvergütungen bei geschlossenen Beteiligungen hätte aufdrängen müssen. Im Übrigen sei in den erstinstanzlichen Schriftsätzen bereits darauf hingewiesen worden, dass der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der angeblichen früheren Wertpapiergeschäfte, die nicht einmal konkret benannt worden seien, nicht einlassungsfähig gewesen sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 13.01.2014 (Bl.148ff.d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Endurteils des Landgerichts Frankfurts vom 08.11.2013 – 2-21 O 105/13 – wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.021,28 € nebst Zinsen in Höhe von 2 % p.a. vom 14.03.2006 bis Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus seiner Beteiligung an dem A-Gesellschaft „…“ mbH & Co. KG in Höhe von nominal USD 15.000,-.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit der Annahme der Abtretung zu Ziffer 1 in Verzug ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 1.275,68 brutto (2,0 Geschäftsgebühr aus 12.021,28 € zzgl. Auslagenpauschale und MwSt) zu erstatten.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere auch von einer etwaigen Pflicht zur Rückzahlung von Ausschüttungen, freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der in Ziff. 1 genannten Gesellschaft resultieren und die ohne Zeichnung nicht eingetreten wären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil jedenfalls im Ergebnis für richtig.
Was den Vorwurf des Klägers anbelange, er sei von der Beklagten nicht über den Erhalt von Rückvergütungen aufgeklärt worden, lasse sich die Klage hierauf nicht erfolgreich stützen; zu Recht habe das Landgericht einen Anspruch des Klägers bzw. dessen Durchsetzbarkeit verneint. Die Feststellungen des Landgerichts, wonach der Kläger schon im Jahr 2003 für das von ihm erwähnte Aktiengeschäft eine Abrechnung erhalten habe und dass es sich ihm aufgrund der Abrechnung habe aufdrängen müssen, dass die Beklagte auch für die Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung eine Provision erhalte, so dass ihm als grob fahrlässig anzulasten sei, wenn er die Beteiligung gleichwohl ohne weitere Erkundigung gezeichnet habe, seien im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der bloße Hinweis des Klägers, die Argumentation des Landgerichts sei „widersprüchlich und nicht nachvollziehbar“, reiche nicht aus, um Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen zu begründen. Die Berufung übersehe zudem, dass das angefochtene Urteil sich jedenfalls aus anderen Gründen als richtig erweise. Im Rahmen ihrer Einvernahme habe die Zeugin Z1 den Vortrag der Beklagten, dass der Kläger von ihr anlässlich der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung über die der Beklagten zufließende Provision aufgeklärt worden sei, bestätigt. Sie habe nämlich ausgesagt, dass sie mit ihren Kunden generell darüber gesprochen habe, dass die Beklagte aus dem Vertrieb Provisionen erhalte; wenn sie sich auch an nähere Einzelheiten zum Inhalt des Gespräches mit dem Kläger nicht mehr habe erinnern können, so habe sie aber noch gewusst, dass sie diesen Punkt mit dem Kläger erörtert habe. Dass demgegenüber die Zeugin Z2 sich nicht mehr habe daran erinnern können, dass über Provisionen gesprochen worden sei, habe seinen Grund darin, dass sie an das Gespräch generell keine Erinnerung mehr gehabt habe; aber auch nach der Aussage der Zeugin Z2 sei nicht ausgeschlossen, dass die Provisionsfrage von der Zeugin Z1 angesprochen worden sei. Der Kläger selbst habe sich zu dem Thema „Provisionen“ bzw. „Kick-Backs“ überhaupt nicht geäußert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei damit davon auszugehen, dass die vom Kläger behauptete Pflichtverletzung der Beklagten schon nicht vorgelegen habe. Zumindest aber stehe fest, dass die Provisionsfrage für den Anlageentschluss des Klägers keine Rolle gespielt haben könne. Schließlich sei der etwaige Anspruch des Klägers im Hinblick auf die ihm von der Zeugin Z1 erteilten Informationen auch verjährt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 26.02.2014 (Bl.162ff.d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO. Auch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
Die zulässige Berufung ist im Ergebnis unbegründet, weil etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers gemäß § 280 BGB wegen des Verschweigens von Rückvergütungen verjährt und damit gemäß § 214 BGB nicht durchsetzbar sind. Im Hinblick auf sonstige Beratungsfehler nimmt die Berufung die Feststellungen des Landgerichts hin, wonach die Behauptungen des Klägers nicht erweislich waren.
Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, aufgrund dessen die Beklagte verpflichtet war, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Der Beratungsvertrag ist zumindest schlüssig durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs geschlossen worden; um ein solches handelte es sich, nachdem die Zeugin Z1 mit dem Kläger wegen der Neuanlage von Geldern ein Gespräch geführt und ihm den A als für ihn geeignet empfohlen hat. Zutreffend ist weiterhin die unausgesprochene Annahme des Landgerichts, dass das Fließen von Rückvergütungen dem Grunde nach in tatsächlicher Hinsicht als unstreitig anzusehen ist. Auch wenn keine Seite hierzu Konkretes, insbesondere auch zur Höhe, vorträgt, ist die Beklagte dem Vorbringen des Klägers im Tatsächlichen nicht wirksam entgegen getreten. Übereinstimmend gehen die Parteien vielmehr davon aus, dass die Beklagte eine Vermittlungsprovision aus dem Agio bzw. aus ausgewiesenen Eigenkapitalbeschaffungskosten erhalten hat. Die beklagte Bank trifft nach der Rechtsprechung des Senats insoweit eine sekundäre Darlegungslast (vgl. OLG Frankfurt am Main WM 2013, 1852 [OLG Frankfurt am Main 08.07.2013 – 23 U 246/12]), so dass sie den Erhalt von Rückvergütungen entweder substantiiert bestreiten oder zur genauen Höhe hätte vortragen müssen.
Die Beklagte hat schon nach dem unstreitigen Vortrag ihre Aufklärungspflichten jedenfalls insoweit verletzt, als sie den Kläger zumindest nicht über die Gesamthöhe der Provisionen informiert hat; selbst die Beklagte hat nur behauptet, dass die Zeugin Z1 über die Provision dem Grunde nach informiert habe. Aus der Aussage der Zeugin Z1 ergibt sich im Übrigen, dass sie die genaue Höhe der Provision gar nicht hätte nennen können. Zur ordnungsgemäßen Aufklärung ist aber auch die Mitteilung erforderlich, in welcher Höhe Rückvergütungen fließen, da auch die Höhe der Rückvergütung ungefragt offen gelegt werden muss (BGH NJW 2011, 3227 [BGH 09.03.2011 – XI ZR 191/10]; NJW 2011, 3231 [BGH 24.08.2011 – XI ZR 191/10]).
Im Ergebnis zu Recht geht das Landgericht jedoch davon aus, dass die Forderung verjährt wäre.
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers wäre bereits mit Zeichnung der Fondsbeteiligung im Sinne von § 199 Abs.1 Nr.1 BGB entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, bei der gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist (BGH NJW 2013, 1801 [BGH 26.02.2013 – XI ZR 498/11]; NJW 2010, 3292 [BGH 08.07.2010 – III ZR 249/09]). Die kenntnisabhängige Verjährung im Sinne von §§ 195, 199 Abs.1 Nr.2 BGB ist für jeden Beratungsfehler gesondert zu beurteilen (BGH NJW-RR 2011, 842 [BGH 24.03.2011 – III ZR 81/10]; BKR 2010, 118 [BGH 19.11.2009 – III ZR 169/08]; NJW 2008, 506 [BGH 09.11.2007 – V ZR 25/07]). Die erforderliche Kenntnis von den einen Anspruch begründenden Umständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (st.Rspr.; BGH NJW 2013, 1801 [BGH 26.02.2013 – XI ZR 498/11] m.w.N.). In Fällen des Schadensersatzes wegen unzureichender Aufklärung muss der Geschädigte insbesondere nicht die Rechtspflicht des Schädigers zur Aufklärung kennen. Auch insoweit genügt vielmehr die Kenntnis derjenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt (BGH NJW 2013, 1801 [BGH 26.02.2013 – XI ZR 498/11]; NJW-RR 2011, 842 [BGH 24.03.2011 – III ZR 81/10]; BKR 2010, 118 [BGH 19.11.2009 – III ZR 169/08]; NJW 2008, 506 [BGH 09.11.2007 – V ZR 25/07]). Allerdings erfordert der Verjährungsbeginn des Schadensersatzanspruches wegen verschwiegener Rückvergütung nicht die Kenntnis des Anlegers von deren konkreter Höhe. Die beratende Bank muss den Anleger zwar über Grund und Höhe einer Rückvergütung ungefragt aufklären, so dass die unterlassene Mitteilung über die Höhe der Rückvergütung ein anspruchsbegründender Umstand ist. Von diesem Umstand hat ein Anleger aber denknotwendig bereits dann positive Kenntnis, wenn er weiß, dass die ihn beratende Bank Provisionen für das von ihm getätigte Anlagegeschäft erhält, deren Höhe ihm die Bank nicht mitteilt (BGH NJW 2013, 1801 [BGH 26.02.2013 – XI ZR 498/11]). Weiß der Anleger um die Rückvergütungen und fehlt ihm nur die Kenntnis von der Höhe der Rückvergütung, steht dies dem Verjährungsbeginn nur entgegen, wenn die beratende Bank konkrete, jedoch fehlerhafte Angaben zur Höhe der Rückvergütung gemacht hat (BGH NJW 2013, 1801 [BGH 26.02.2013 – XI ZR 498/11]; BKR 2014, 200 [BGH 04.02.2014 – XI ZR 398/12]).
Nach diesen Grundsätzen ist das Landgericht zwar zu Unrecht von einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers ausgegangen. Zu Recht führt die Berufung nämlich aus, dass der Umstand, dass auf einer Abrechnung über ein früheres Wertpapiergeschäft eine wie auch immer geartete Vergütung der Beklagten aufgeführt gewesen sein mag, nicht dazu führen kann, dass das Unterlassen weiterer Erkundigungen zu einer Provision der Beklagten bei der vorliegenden, drei Jahre später erfolgten Anlageentscheidung als grob fahrlässig anzusehen wäre. Grob fahrlässig im Sinne von § 199 Abs.1 Nr.2 BGB handelt ein Gläubiger nur, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen, so dass von einem schweren Obliegenheitsverstoß in eigenen Angelegenheiten gesprochen werden muss (Palandt-Ellenberger, BGB, 73.Aufl., § 199 Rn.39 m.w.N.). Aus den Wertpapierabrechnungen, namentlich aus der vom Landgericht herangezogenen angeblichen Abrechnung über ein drei Jahre zuvor getätigtes Aktiengeschäft, kann sich aber – sofern der Kläger hiervon überhaupt nähere Kenntnis genommen hat, was ja nicht selbstverständlich ist, und ihm dies auch Jahre später immer noch in Erinnerung war, was das Landgericht völlig offen lässt – allenfalls ergeben haben, dass die Bank bei dem betreffenden Geschäft eine Gewinnerzielungsabsicht hatte. Irgendwelche sinnvollen Schlussfolgerungen hieraus auf den Erwerb eines Schiffsfonds konnten gar nicht gezogen werden; ihr Unterlassen war demnach nicht vorwerfbar. Denn beim Aktiengeschäft – Näheres zum Aktienerwerb des Klägers aus 2003 wird nicht mitgeteilt – dürfte eine gänzlich andere rechtliche und tatsächliche Situation vorgelegen haben; hier fließen regelmäßig schon gar keine aufklärungspflichtigen verdeckten Rückvergütungen (vgl. BGH MDR 2013, 1294 [BGH 17.09.2013 – XI ZR 332/12]; NJW-RR 2013, 244 [BGH 16.10.2012 – XI ZR 367/11]; NJW 2012, 2873 [BGH 26.06.2012 – XI ZR 316/11]; m.w.N.). Insofern kann aus mehreren Gründen nicht unterstellt werden, dem Kläger sei ein vergleichbarer Sachverhalt schon bekannt gewesen, so dass er „ganz naheliegende Überlegungen“ hätte anstellen müssen. Vielmehr dürfte an sich aus Sicht des Klägers eher anzunehmen gewesen sein, dass bei einer anderen Anlage gerade keine Provisionen verdient werden, wenn kein besonderer Hinweises darauf erfolgt wäre.
Im Ergebnis liegt aber dennoch Verjährung vor, weil dem Kläger aufgrund des Inhalts des Beratungsgesprächs das Fließen von Provisionen aus den offen ausgewiesenen Positionen zumindest dem Grunde nach seit dem 14.03.2006 positiv bekannt war, so dass Verjährung mit Ablauf des Jahres 2009 eingetreten ist. Denn die Zeugin Z1 hat ausgesagt, dass über Provisionen gesprochen worden sei, generell und auch in den Gesprächen mit dem Kläger. Es seien dabei das Agio sowie weitergehende Vertriebsprovisionen Gesprächsgegenstand gewesen; sie habe erläutert, dass die Beklagte auch wirtschaften müsse und so mittels Provisionen verdiene. Zwar hat die Zeugin eingeräumt, an das konkrete Gespräch keine Erinnerung mehr zu haben; ausreichend ist insoweit aber durchaus, dass die Zeugin bekundet hat, dies immer so gehalten zu haben. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin oder der Glaubhaftigkeit der Aussage sind nicht laut geworden; sie wären auch nicht ohne Weiteres plausibel, nachdem die Zeugin Erinnerungslücken sowie eine unterlassene Aufklärung über die genaue Provisionshöhe eingeräumt hat. Da der Kläger mithin dem Grunde nach darüber aufgeklärt worden ist, dass die Beklagte Provisionen für das von ihm getätigte Anlagegeschäft erhielt, hatte er denknotwendig auch positive Kenntnis davon, dass die Beklagte ihm die Höhe der Provision nicht mitteilt (vgl. BGH NJW 2013, 1801 [BGH 26.02.2013 – XI ZR 498/11]).
Der Senat verkennt nicht, dass die Zeugin vor dem Landgericht zu dem nur sehr allgemein gefassten übergreifenden Beweisthema „Inhalt des Beratungsgesprächs“ vernommen worden ist und der Kläger den Vorschuss hat einzahlen müssen, wohingegen die Beweislast für die hier interessierende konkrete Einzelfrage der verjährungsrelevanten Kenntnis des Klägers auf Seiten der Beklagten lag. Dies ändert aber nichts daran, dass die Verwertung der Aussage der Zeugin auch insoweit grundsätzlich von § 286 ZPO gedeckt ist. Grundlage der Beweiswürdigung ist das gesamte Ergebnis der Beweisaufnahme, zu dessen umfassender Würdigung das Gericht nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist; eine unvollständige Würdigung der Beweise wäre eine Gehörsverletzung (BGH NJW-RR 2004, 425 [BGH 14.10.2003 – VI ZR 425/02]; NJW-RR 92, 1392 [BGH 02.04.1992 – I ZR 217/90]; Zöller-Greger, ZPO, 30.Aufl., § 286 Rn.2). Die Regeln der Beweislastverteilung sind für die Beweiswürdigung nicht verbindlich und begründen insbesondere kein Verwertungsverbot für Beweisergebnisse, so dass selbst Umstände, die vom Beweispflichtigen nicht vorgetragen sind, aber auch nicht in Widerspruch zu seinem Vorbringen stehen, bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind (Zöller-Greger, ZPO, 30.Aufl., § 286 Rn.2 m.w.N.). Erst wenn sich ein Sachverhalt ergibt, den keine der Parteien behauptet hat und den sich die begünstigte Partei auch nicht zu eigen macht, darf die Entscheidung darauf nicht gegründet werden (BGH NJW-RR 90, 507 [BGH 19.01.1990 – V ZR 241/88]). So liegt der Fall hier aber nicht. Zum einen ist ohnehin davon auszugehen, dass sich eine Partei – hier die Beklagte – die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden, ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu eigen macht (BGH, Beschl. v. 20.11.2012 – XI ZR 441/11; NJW-RR 2010, 495; NJW 1991, 1541 [BGH 08.01.1991 – VI ZR 102/90]). Zum anderen hat die Beklagte schon erstinstanzlich vorgetragen, dass der Kläger von der Zeugin Z1 ausdrücklich darüber aufgeklärt worden sei, dass die Beklagte eine Provision für die Vermittlung erhalte.
Die erneute Vernehmung eines bereits in erster Instanz gehörten Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht, muss zwar erfolgen, wenn das erstinstanzliche Gericht die Aussage nur zum Teil oder gar nicht gewürdigt hat, diese aber nach ihrem protokollierten Inhalt mehrdeutig ist (BGH BauR 2014, 141 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, insbesondere ist die Aussage der Zeugin Z1 in dem betreffenden Punkt nicht mehrdeutig oder missverständlich. Es ist auch nicht so, dass das Landgericht die entgegenstehende und nach § 529 ZPO bindende Feststellung getroffen hätte, dass die Zeugin „nicht über den Erhalt von Provisionen aufklärte“. Die betreffende Formulierung am Ende eines Absatzes bezieht sich offenbar auf die Prämisse des Landgerichts, das – jedenfalls – grobe Fahrlässigkeit angenommen hat. Ob sogar positive Kenntnis vorgelegen hat, hat das Landgericht ausdrücklich offen gelassen.
Der Kläger hat trotz des ausdrücklichen und rechtzeitig erteilten Hinweises des Senats auf die beabsichtigte Würdigung der Zeugenaussage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nichts vorgebracht, was eine erneute Vernehmung der Zeugin – etwa wegen zwischenzeitlich aufgetretener Zweifel an deren Glaubwürdigkeit oder zur Wahrnehmung eines ergänzenden Frage- oder Anhörungsrechts im Hinblick auf den erteilten Hinweis – veranlasst hätte. Warum der Kläger bzw. seine Prozessvertretung trotz des frühzeitigen und offensichtlich genau zu diesem Zweck erteilten Hinweises diesbezügliche Überlegungen in ein erst nach mündlicher Verhandlung durchgeführtes Ablehnungsverfahren verlagert, erschließt sich in keiner Weise. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO ist auch im Hinblick auf die Ausführungen des Schriftsatzes vom 02.10.2014 nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs.1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder der Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO

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