OLG Frankfurt am Main, 20.12.2018 – 8 U 53/17

März 14, 2019

OLG Frankfurt am Main, 20.12.2018 – 8 U 53/17
Leitsatz:

Ein Freistellungsanspruch ist keine Geldschuld im Sinne des § 288 Abs. 1 BGB.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Januar 2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die im Berufungsrechtszug entstandenen Kosten zu tragen.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund der Urteile insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Ersatz behaupteter materieller und immaterieller Schäden aus einer ärztlichen Behandlung im Zeitraum vom 8. Januar 2013 bis zum 16. Januar 2013.

Sie befand sich in dem genannten Zeitraum anlässlich einer koronaren Zweigefäßerkrankung mit hochgradiger Stenose der LAD (also des vorderen, absteigenden Asts der linken Koronararterie, left anterior descending artery) medial und 50- bis 60-prozentiger Stenose der Arteria circumflexa (CX) proximal in Klinik1 in Stadt1 in Behandlung. Trägergesellschaft dieses Krankenhauses ist die Beklagte zu 2.

Am 8. Januar 2013 führte der Beklagte zu 1 dort als Belegarzt eine Herzkatheteruntersuchung und eine perkutane transluminale Koronarangioplastie bei der Klägerin durch. Die perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) ist eine Möglichkeit zur Erweiterung von Engstellen der Herzkranzarterien mittels Katheter. Nach Abnahme des Druckverbandes gegen 22:00 Uhr zeigten sich bei der Klägerin im Bereich der Schnittstelle eine Schwellung und ein Hämatom. Die Klägerin klagte auch über Schmerzen. Die Nachtschwester dokumentierte diese Auffälligkeit. Der diensthabende Nachtarzt B, der damals bei der Beklagten zu 3 beschäftigt war, verordnete der Klägerin Novalgin-Tropfen gegen die Schmerzen. Gegen 07:40 Uhr des Folgetages (9. Januar 2013) schilderte die Klägerin dem Beklagten zu 1 im Rahmen der Morgenvisite die Schmerzhaftigkeit der vergangenen Nacht. Der Beklagte zu 1 veranlasste eine Duplexuntersuchung der Leiste. Im Anschluss wurde ein Kompressionsversuch (Druckverband) unternommen, um eine Operation zu vermeiden. Nach weiterer Doppleruntersuchung erfolgte sodann gegen 13:00 Uhr die gefäßchirurgische Versorgung der Leckage in der Arterie.

In einem Schreiben der Beklagten zu 2 vom 24. Januar 2013 (Anlage K 3, Bl. 287 d. A.) an die Klägerin und deren Ehemann heißt es in Bezug auf die Behandlung der Klägerin u. a.: „Es hat sich rausgestellt, dass der diensthabende Assistenzarzt B in dem Zeitverlauf mehrere Notfälle auf Intensivstation hatte, die tatsächlich seine volle Aufmerksamkeit erfordert haben. Darüber hinaus fanden im Zeitkorridor mehrere stationäre Aufnahmen statt. B musste daher nach Dringlichkeit priorisieren. Diese Priorisierung war an sich auch im Grundsatz angemessen, zumal wir der Dokumentation auch entnehmen konnten, dass B die Gabe von Schmerzmitteln telefonisch veranlasst hat und daher davon ausgegangen ist, dass eine Linderung der Schmerzen eintritt. Obgleich B Verhalten zunächst sächlich richtig war, haben wir gleichwohl in einem Kritikgespräch deutlich gemacht, dass wir angesichts unserer Werte ein anderes Verhalten erwarten, so hätte B einen anderen Arzt informieren können. Wir haben deshalb angeordnet, dass in Fällen wie dem vorliegenden, umgehend ein Arzt einer anderen Fachabteilung – etwa der diensthabende Chirurg oder der diensthabende Anästhesist – hinzugezogen wird.“

Die Klägerin hat behauptet, die Herzkatheteruntersuchung am 8. Januar 2013 sei nicht dem medizinischen Standard entsprechend vorgenommen worden. Die manuelle Kompression sei unterhalb der Schnittstelle – und nicht (wie dem medizinischen Standard entsprechend) oberhalb derselben – erfolgt. In der Folge sei keine Blutstillung erreicht worden. Der Beklagte zu 1 sei durch die Nachtschwester nicht zu erreichen gewesen. Eine weitergehende ärztliche Untersuchung und medizinische Versorgung in der Nacht vom 8. Januar 2013 auf den 9. Januar 2013 sei fehlerhaft ebenfalls nicht erfolgt. Die Nachblutung bei der Klägerin sei verspätet revidiert worden.

Seit dem Eingriff vom 8. Januar 2013 leide sie unter starken Schmerzen ausgehend von der rechten Leiste, die in das gesamte Bein und den Fuß ausstrahlten. Bei Belastung träten Schmerzen im Ober- und Unterschenkel auf. Im Ruhezustand leide sie vor allem unter brennenden Schmerzen. In ihrer Bewegungsfähigkeit sei sie stark eingeschränkt. Sport sei ihr so gut wie gar nicht mehr möglich. Ihren Beruf als Flugbegleiterin bei der X habe sie aufgeben müssen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Festsetzung der Höhe nach in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit nach §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1, 1. Halbsatz BGB;
2.

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche aus der fehlerhaften Behandlung im Zeitraum vom 8. Januar 2013 bis zum 16. Januar 2013 resultierenden materiellen Schäden für die Vergangenheit und Zukunft sowie die nicht vorhersehbaren immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen; und
3.

die Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie hinsichtlich der nach dem RVG nicht konsumierten außergerichtlichen Kosten, die bei ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von € 5.110,34 entstanden sind, freizustellen.

Die Beklagten haben erstinstanzlich jeweils beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen C, das dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 11. Januar 2017 erläutert hat, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, dem Kläger sei der Nachweis eines Behandlungsfehlers nicht gelungen.

Bei einer Herzkatheteruntersuchung handele es sich um eine invasive Maßnahme, bei der die Schmerzen und deren Intensität trotz Lokalanästhesie von jedem Patienten anders erlebt würden. Ein Rückschluss auf Komplikationen lasse sich hieraus indes nicht ziehen. Dass die manuelle Kompression bei der Klägerin komplikationslos verlaufen sei, ergebe sich bereits daraus, dass es sonst nicht nach sieben Minuten zum Blutstillstand und zur Anlage eines Druckverbandes gekommen wäre.

Die weitere Behandlung der Klägerin in der Nacht vom 8. Januar 2013 auf den 9. Januar 2013 habe der Sachverständige nachvollziehbar als ebenfalls nicht behandlungsfehlerhaft bewertet. Entscheidend sei aus seiner Sicht, dass die Schwellung nach Abnahme des Druckverbandes registriert und der diensthabende Arzt hierüber unterrichtet worden sei. Zwar sei der Blutdruck der Klägerin nach dem Primäreingriff mit über 200 mmHg ein Risikofaktor für das Auftreten einer Nachblutung, bei welcher es sich im Übrigen um eine eingriffstypische Komplikation handele. Auf diese Blutdruckerhöhung sei indes ordnungsgemäß medikamentös reagiert worden.

Die Überwachung des Blutdrucks, wie sie in solchen Fällen zu fordern sei, habe ebenfalls ordnungsgemäß stattgefunden. Dies ergebe sich aus dem Pflegeprotokoll. Bei dem Auftreten von Nachblutungen sei es üblich, diese zunächst konservativ zu behandeln. Insoweit gebe es aber keine festen Leitlinien und auch keine einheitliche klinische Praxis. Da es im Falle des Auftretens von Nachblutungen eine Spontanverschließungsrate ohne jegliche ärztliche Intervention von bis zu 20 % gebe, sei es möglich, auf die unmittelbare Anlage eines erneuten Kompressionsverbandes zu verzichten und nach ca. zwölf Stunden eine erneute Kontrolle vorzunehmen. Man könne auch unmittelbar nach Erkennen der Schwellung und Nachblutung einen erneuten Kompressionsversuch unternehmen. Auch wenn sich aus der Dokumentation der Beklagten das genaue Prozedere nicht ergebe und die erneute Anlage eines Kompressionsverbandes unmittelbar um 22:00 Uhr daher nicht unterstellt werden könne, sei das Vorgehen insoweit nicht zu beanstanden. Nach der morgendlichen Visite habe man behandlungsfehlerfrei eine Ultraschalluntersuchung und anschließend den geforderten konservativen Verschlussversuch ordnungsgemäß vorgenommen.

Der Sachverständige habe auch nicht beanstandet, dass nicht bereits um 22:00 Uhr eine Ultraschalluntersuchung vorgenommen worden sei. Die Frage der Erforderlichkeit einer sofortigen Ultraschalluntersuchung hänge stets von der Größe des Hämatoms ab. Diese ergebe sich aber nicht aus den oberflächlichen Hauteinblutungen. Anhand von Lichtbildern der Haut lasse sich die Größe des Hämatoms nicht beurteilen. Denn Lichtbilder zeigten nur oberflächliche Einblutungen, welche ihren Grund in der für den Primäreingriff erforderlichen Gabe von blutverdünnenden Medikamenten hätten. Für die hier in Rede stehende Nachblutung im Sinne eines Aneurysma spurium („falsches Aneurysma“, von spurius = uneheliches Kind) gäben Lichtbilder keine Anhaltspunkte, weil es sich bei dem Aneurysma spurium um Einblutungen in tiefere Schichten handele. Hier werde eine direkte Ultraschalluntersuchung erforderlich, wenn sich ein Hämatom sehr schnell bilde und es zu einer deutlichen Umfangvermehrung des Beines komme. In diesem Fall würden die Patienten unterdessen in der Regel intensivmedizinpflichtig und müssten sofort operativ behandelt werden. Dies geschehe dann innerhalb kurzer Zeit.

Die klinische Stabilität der Klägerin in der Nacht vom 8. Januar 2013 auf den 9. Januar 2013 und auch bis zum Zeitpunkt der operativen Revision zeige, dass ein solcher Fall bei der Klägerin nicht vorgelegen habe. Aus diesem Grund sei auch eine unmittelbare Ultraschalluntersuchung um 22:00 Uhr nicht erforderlich gewesen. Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen sei es auch korrekt gewesen, am Morgen des 9. Januar 2013 eine Ultraschalluntersuchung vorzunehmen. Nach Diagnostik eines Aneurysma spuriums sei es weiter richtig gewesen, aufgrund der relativ hohen Spontanverschlussraten des Aneurysma spuriums, welche bei ca. 30 bis 50 % lägen, und aufgrund der hohen Erfolgsraten der Kompressionstherapie mittels Druckverband zunächst einen konservativen Ansatz zu wählen.

Die hiernach korrekt vorgenommene wiederholte duplexsonographische Untersuchung habe dann belegt, dass der konservative Therapieversuch nicht den gewünschten Erfolg erbracht habe. Nach dem Versagen der Kompressionstherapie sei dann der Goldstandard der chirurgischen Revision gewählt worden. Das Aneurysma spurium habe durch einfaches Umstechen der Leckage geschlossen werden können. Eine unmittelbare chirurgische Revision eines Aneurysma spuriums erfolge nur, wenn durch die Größe die darunter liegenden Strukturen (Nerven, Venen, andere Arterien) komprimiert würden und es zu motorischen oder sensorischen Ausfällen oder Durchblutungsproblemen der betroffenen unteren Extremitäten komme. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen. Eine unmittelbare chirurgische Intervention erfolge auch bei dem Verdacht einer Ruptur des Aneurysma spuriums. In solchen Fällen würden die Patienten schnell intensivmedizinpflichtig. Ein solcher Fall habe aber bei der Klägerin nicht vorgelegen.

Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung wird auf das angegriffene Urteil vom 11. Januar 2017 (Bl. 204 ff. d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 14. Februar 2017 (Bl. 219 d. A.) zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem hier per Fax am 9. März 2017 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt (Bl. 240 f. d. A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. Mai 2017 (Bl. 252 d. A.) mit Anwaltsschriftsatz vom 11. Mai 2017 begründet, der hier per Fax am 15. Mai 2017 eingegangen ist (Bl. 257 ff. d. A.).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Rechtsschutzziele grundsätzlich weiter.

Zur Begründung rügt sie u. a., das Landgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Behandlungsfehlers verneint.

Die Herzkatheteruntersuchung vom 8. Januar 2013 habe nicht dem fachärztlichen Standard entsprochen. Die manuelle Kompression sei unterhalb der Schnittstelle erfolgt. Der Beklagte zu 1 sei durch die Nachtschwester nicht zu erreichen gewesen. Eine weitergehende ärztliche Kontrolle und Untersuchung sowie medizinische Versorgung in der Nacht vom 8. Januar 2013 auf den 9. Januar 2013 sei behandlungsfehlerhaft nicht erfolgt. Die Nachblutung sei bei der Klägerin verspätet revidiert worden. Es liege ein „erhebliches Organisationsverschulden“ der Beklagten vor.

Der Sachverständige und das Landgericht seien von unzutreffenden Anknüpfungspunkten ausgegangen.

Bereits bei Vornahme der koronaren Angiographie am 8. Januar 2013 habe ein erhebliches Schmerzvolumen vorgelegen, was darauf hingedeutet habe, dass die koronare Angiographie nicht dem Facharztstandard entsprechend vorgenommen worden sei.

Auch sei die operative Revision des Aneurysma spuriums zeitverzögert (nämlich erst 24 Stunden nach der koronaren Angiographie) erfolgt. Es sei keinesfalls ausreichend gewesen, dass das nichtärztliche diensthabende Personal (Nachtschwester) die medizinische Einschätzung und letztlich die alleinige Versorgung der Klägerin vorgenommen habe.

Darüber hinaus seien den Beklagten in der Nacht vom 8. Januar 2013 auf den 9. Januar 2013 erhebliche Befunderhebungsfehler unterlaufen.

In dieser Nacht hätte – so die Klägerin weiter – der Verlauf der Schwellung unter Berücksichtigung der Hypertonie und der Blutdruckwerte kontrolliert werden müssen. Es hätten entsprechende Kontrolluntersuchungen erfolgen und Befunde erhoben werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Das Unterlassen dieser Befunderhebungen stelle per se eine Unterschreitung des Facharztstandards dar, die aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheine, weil sie einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfe. Wären unter Berücksichtigung der Hypertonie die Blutdruckwerte kontrolliert und entsprechende Kontrolluntersuchungen veranlasst worden, hätte sich ein reaktionspflichtiger Befund gezeigt. Es wäre bereits in der Nacht erkannt worden, dass eine Leckage in der Arterie vorliege, die gefäßchirurgisch habe versorgt werden müssen. Die Klägerin habe zusätzliche abgrenzbare, massive Schmerzen erdulden müssen.

Es habe ein „Schmerzlevel“ vorgelegen, welcher die normalen, üblichen Schmerzen im Rahmen eines Eingriffes einer Herzkathederuntersuchung bei weitem überschritten habe. Bereits aus diesem Grund stehe fest, dass Komplikationen beim Eingriff zur Herzkatheteruntersuchung eingetreten seien. Darüber hinaus sei die manuelle Kompression bei der Klägerin keineswegs komplikationslos verlaufen. Sieben Minuten bis zum Blutstillstand bzw. zur Anlage eines Druckverbandes seien zu viel. Innerhalb von sieben Minuten könne es zu einem erheblichen Blutverlust und dadurch bedingt zu massiven Folgen kommen, was hier auch geschehen sei.

Eine Überwachung des Blutdruckes habe nicht stattgefunden. Es sei fehlerhaft, im Falle des Auftretens von Nachblutungen auf die unmittelbare Anlage eines erneuten Kompressionsverbandes zu verzichten und ca. zwölf Stunden abzuwarten. Der Sachverständige habe bestätigt, dass man auch unmittelbar nach Erkennen der Schwellung und Nachblutung einen erneuten Kompressionsversuch unternehmen könne. Genau dies sei der Goldstandard. Es sei inakzeptabel, dass zwölf Stunden gewartet worden sei, bis eine erneute Kontrolle stattgefunden habe. Vielmehr habe ein erneuter Kompressionsversuch unternommen werden müssen, flankierend mit Kontrolluntersuchungen.

Die nach der morgendlichen Visite vorgenommene Ultraschalluntersuchung hätte – so die Klägerin weiter – bereits am Vorabend gegen 22:00 Uhr erfolgen müssen. Angesichts des als Risikofaktor anzusehenden hohen Blutdrucks der Klägerin sei eine „zwingende medizinische Abklärung“ geboten gewesen.

Soweit der Sachverständige ausgeführt habe, die Frage der Erforderlichkeit einer sofortigen Ultraschalluntersuchung sei stets von der Größe des Hämatoms abhängig, könne man ohne entsprechende Ultraschalluntersuchung die Größe eines Hämatoms gar nicht feststellen. Insofern sei die Argumentation des Sachverständigen widersprüchlich und unlogisch.

Sie hätte – so die Klägerin weiter – am Abend des 8. Januar 2013 intensivmedizinisch betreut werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Darin liege eine Unterschreitung des Facharztstandards, die aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheine, weil sie einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfe.

Darüber hinaus lägen schwere Verfahrensfehler vor, welche die Klägerin einseitig benachteiligten.

Aus der Dokumentation der Beklagten gehe das genaue Procedere nicht hervor. Damit sei der Behandlungsdokumentation der Beklagten kein Glauben zu schenken, da diese lückenhaft sei. Das Landgericht habe diese Dokumentationsversäumnisse überhaupt nicht berücksichtigt.

Die Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen und des Landgerichts berücksichtigten diese mangelhafte Dokumentation nicht. Es sei inakzeptabel, dass der Sachverständige in seinem Gutachten spekuliere und Dinge für gegeben erachte, die sich aus der Behandlungsdokumentation nicht erschlössen. Aus der Dokumentation der Beklagten gehe das genaue Prozedere gerade nicht hervor. Insofern habe der Sachverständige das vorgeworfene Behandlungsgeschehen gar nicht adäquat überprüfen können, da ihm die entsprechende Dokumentation gar nicht vorgelegen habe.

Darüber habe der Beklagte zu 1 mit seiner Formulierung „Außerdem war es bei der Linksherzkatheter-Untersuchung zu einer schweren Leistenkomplikation mit bis heute bestehenden Beschwerden und Leistungsminderung gekommen“ in der „Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse“ vom 13. Juli 2014 (Anlage K 1, Bl. 285 d. A.) eindeutig bestätigt, dass die Linksherzkatheteruntersuchung zu einer schweren Leistenkomplikation geführt habe. Entsprechendes ergebe sich auch aus der Bescheinigung des Beklagten zu 1 vom 14. Februar 2013 (Anlage K 2, Bl. 286 d. A.: „Postinterventionell kam es in der Nacht zu einer Nachblutung aufgrund eines Aneurysma spuriums, die operativ ausgeräumt werden musste“).

Es komme hinzu, dass die Beklagte zu 2 in ihrem Schreiben vom 24. Januar 2013 einen Organisationsfehler eingeräumt habe.

Es sei fehlerhaft gewesen, dass B es unterlassen habe, einen anderen Arzt zu informieren. Es sei auch möglich gewesen, umgehend einen Arzt einer anderen Fachabteilung – etwa den diensthabenden Chirurg oder den diensthabenden Anästhesist – zu informieren. Auch habe es nicht dem Facharztstandard entsprochen, Schmerzmittel über das Telefon durch das Pflegepersonal verabreichen zu lassen.

Es liegt ein erhebliches Organisationsverschulden vor, dass ein Assistenzarzt die Verantwortung für mehrere Notfälle, mehrere stationäre Aufnahmen und die allgemeine Betreuung der vorhandenen Patienten gehabt habe. Es sei inakzeptabel, dass kein Oberarzt B zur Seite gestanden und ihn unterstützt habe. Es sei nicht ausreichend gewesen, die gesamte Betreuung einem einzigen Assistenzarzt zu übertragen. Der Assistenzarzt B sei schlicht überfordert gewesen. Insbesondere auch im Hinblick auf seinen Kenntnis- und Ausbildungsstand sei der Assistenzarzt B nicht in der Lage gewesen, diesem umfangreichen Aufgabenkreis zu bewältigen.

Die als Anlage K 4 (Bl. 289 d. A.) zu den Akten gereichten Fotoaufnahmen bewiesen, dass es zu einer gravierenden Fehlbehandlung gekommen sei, die sich erheblich schadenskausal ausgewirkt habe. Bereits aus den Fotoaufnahmen lasse sich schließen, dass die Behandlung der Klägerin niemals dem Facharztstandard entsprochen haben könne.

Jedoch liege auch ein eigenes Verschulden des Assistenzarztes B vor, welches der Beklagten zu 2 zugerechnet werden müsse. Jedenfalls hätte B Hilfe anfordern müssen, nachdem er erkannt habe, dass er überfordert sei. Es hätte – so die Klägerin weiter – nicht zu einer Priorisierung kommen dürfen; vielmehr hätte B Hilfe anfordern müssen. Er hätte den diensthabenden Chirurgen oder den Anästhesisten informieren müssen, nachdem sich der Gesundheitszustand der Klägerin rapide verschlechtert habe. Dies sei nicht geschehen. Dadurch sei es zu einer deutlich verzögerten Behandlung gekommen.

Die Beklagten hätten nicht sämtliche Patientenunterlagen betreffend die Klägerin vorgelegt. Auch hätten die Beklagten nicht die handelnden Personen namentlich benannt und ihre Qualifikation dargelegt, welche unmittelbar nach der PTCA komprimiert hätten. Es sei auch nicht bekannt, wer um 22:00 Uhr den Druckverband entfernt und wer erneut komprimiert habe.

Darüber hinaus sei es fehlerhaft, dass um 22:00 Uhr kein Arzt bei der Klägerin erschienen sei und einen Ultraschallbefund erhoben habe. Es sei grob fehlerhaft gewesen, nur nach einer telefonischen Anordnung an das Pflegepersonal der Klägerin Schmerztropfen zu verabreichen, obwohl die Klägerin unter massiven Schmerzen gelitten und wiederholt nach einem Arzt verlangt habe.

Weiter sei es grob fehlerhaft gewesen, dass die Beklagten am Morgen des 9. Januar 2013 wichtige Zeit hätten verstreichen lassen, indem ein konservativer Ansatz gewählt worden sei. Aufgrund der hohen Spontanverschlussrate des Aneurysma spuriums sei ein unverzügliches operatives Vorgehen erforderlich gewesen. Ein konservativer Ansatz sei sogar kontraindiziert gewesen, da dieser die Gefahr einer Ruptur deutlich erhöht habe. Der konservative Therapieversuch habe gerade nicht den gewünschten Erfolg bringen können, was von vorneherein klar gewesen sei. Die chirurgische Revision hätte daher unmittelbar erfolgen müssen. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass eine unmittelbare chirurgische Intervention bei dem Verdacht einer Ruptur des Aneurysma spuriums erfolge. Da eine solche Ruptur des Aneurysma spuriums nie ausgeschlossen werden könne, sei eine sofortige chirurgische Intervention zwingend notwendig gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung der Klägerin wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 11. Mai 2017 Bezug genommen (Bl. 273 ff. d. A.).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichtes Frankfurt vom 11. Januar 2017 (Aktenzeichen 2-04 O 298/15) abzuändern und

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Festsetzung der Höhe nach in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch € 40.000,00 betragen soll, nebst Zinsen aus dem zugesprochenen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;
2.

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche aus der fehlerhaften Behandlung im Zeitraum vom 8. Januar 2013 bis 16. Januar 2013 resultierenden materiellen Schäden für die Vergangenheit und Zukunft sowie die nicht vorhersehbaren immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen und/oder bereits übergegangen sind; und
3.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie hinsichtlich der nach dem RVG nicht konsumierten außergerichtlichen Kosten, die bei ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von € 5.134,00 entstanden sind, nebst Zinsen hieraus aus dem zugesprochenen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, freizustellen.

Die Beklagten beantragen jeweils,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen jeweils das angegriffene Urteil.

Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderungen wird auf die Anwaltsschriftsätze vom 26. Juni 2017 (Beklagte zu 2, Bl. 314 ff. d. A.), vom 14. Juli 2017 (Beklagter zu 1, Bl. 329 ff. d. A.) sowie vom 24. Juli 2017 (Beklagte zu 3, Bl. 335 ff. d. A.) verwiesen.

In der öffentlichen Sitzung vom 13. November 2018 hat der Sachverständige C vor dem Senat sein Gutachten ergänzend mündlich erläutert; auf das Protokoll dieser Sitzung (Bl. 383 ff. d. A.) wird insoweit Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden.

Dies gilt – entgegen der Ansicht der Beklagten zu 3 – auch im Prozessrechtsverhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 3. Das Landgericht hat die Klageabweisung darauf gestützt, dass die Klägerin ein fehlerhaftes Handeln des Beklagten zu 1 und/oder des ärztlichen oder nichtärztlichen Personals der Beklagten zu 2 und zu 3 nicht nachgewiesen habe. Vor diesem Hintergrund musste sich die Berufungsbegründung auch nur zu diesem Punkt verhalten. Dies hat sie in hinreichendem Maße getan.

III.

1. Die von Amts wegen zu prüfende Frage der Parteifähigkeit (vgl. etwa BGH, Urteil vom 29.09.2010 – XII ZR 41/09, NJW 2011, 778, 779) der Beklagten zu 3 ist zu bejahen. Bei der Beklagten zu 3 handelt es sich um eine im Partnerschaftsregister des Amtsgerichts Stadt1 (PR …) eingetragene Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG).

2. In der Sache bleibt die Berufung der Klägerin ohne Erfolg.

Der Klägerin ist nicht zur Überzeugung des Senats (§§ 525 Satz 1, 286 Abs. 1 ZPO) der Nachweis gelungen, dass dem Beklagten zu 1 oder den für die Beklagten zu 2 und zu 3 tätigen Ärztinnen und Ärzten ein Behandlungsfehler unterlaufen ist.

Im Einzelnen:

a. Soweit die Klägerin nunmehr pauschal die Ansicht vertritt, dass die Dokumentation der Beklagten mangelhaft und unvollständig sei, ist bereits nicht ersichtlich, welche Behandlungsunterlagen die Klägerin nunmehr vermisst. Im ersten Rechtszug sind sowohl die Behandlungsunterlagen des Beklagten zu 1 (Bl. 62 ff. d. A. und Sonderheft Aktenlasche Band I d. A.) als auch die der Beklagten zu 2 und 3 (Bl. 74 ff. d. A.) zu den Akten gereicht worden. Auch der Sachverständige hat weder in seinem schriftlichen Gutachten noch in seiner Anhörung vor dem Landgericht oder dem Senat das Fehlen von Behandlungsunterlagen bemängelt.

Der Sachverständige hat in der Dokumentation der Beklagten lediglich Angaben zu der Größe des Aneurysmas vermisst (s. S. 7 des schriftlichen Gutachtens, Bl. 125 d. A.). Dazu hat der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Senat erläutert, dass der Umstand, dass die Größe des aufgetretenen Aneurysmas in den Kranken- und Behandlungsunterlagen der Klägerin nicht dokumentiert worden ist, nicht zu beanstanden ist. Schwelllungen und Hämatome seien als Folge einer Herzkatheteruntersuchung nahezu üblich und träten häufig auf. Hinzu komme, dass die Größe eines Hämatoms von außen nur sehr schwer beurteilt werden könne. Allein deshalb gestalte es sich als schwierig, Angaben zur Größe in Krankenunterlagen festzuhalten (S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2018, Bl. 377 d. A.). Vor dem Hintergrund dieser auch für einen Laien schlüssigen Erläuterung hält der Senat die Größe eines Aneurysmas in einer Konstellation wie der hier in Rede stehenden nicht für dokumentationspflichtig.

Es kommt noch hinzu, dass es hier um ein Aneurysma von nur geringem Ausmaß gehandelt haben muss. Der Sachverständige hat bereits in seiner Anhörung vor dem Landgericht deutlich gemacht, dass es dem Chirurgen am Folgetag gelungen ist, das Aneurysma „durch einfaches Umstechen des Lochs zu beseitigen“; ein „Einbringen von Patches oder Kunststoff“ zur Rekonstruktion sei nicht erforderlich gewesen (S. 5 des Protokolls vom 11. Januar 2017, Bl. 197 d. A.). Daraus hat er den Schluss gezogen, dass „das Aneurysma bei der Klägerin nicht so erheblich war“ (a. a. O.; vgl. auch S. 2 f. des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 13. November 2018, Bl. 376 f. d. A.). Bei seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige außerdem ergänzend erläutert, dass es sich bei einem Aneurysma, wie es bei der Klägerin aufgetreten ist, um eine Aussackung des Gefäßes handele, was darauf zurückzuführen sei, dass man im Rahmen einer Herzkatheter-Untersuchung die Arterie punktiere, wobei es im Anschluss an die Katheteruntersuchung aus der Stichstelle oder der Arterie selbst bluten könne. Aneurysmen wie bei der Klägerin bildeten sich in etwa zwei bis sechs Prozent der Fälle. Von außen seien der Umfang und das Ausmaß solcher Aneurysmen schlecht zu beurteilen. Man sehe äußerlich nur das Hämatom, das sich in diesem Bereich bilde.

Je nach Ausmaß und Größe des sichtbaren Hämatoms nehme man dann eine sonographische Untersuchung vor, um das Hämatom näher bewerten zu können. Standard bei einer solchen Blutansammlung sei aber immer zunächst eine konservative Behandlung, insbesondere deshalb, weil man im Bereich der Leiste nur sehr ungern operative Eingriffe vornehme, da die Infektionsgefahr in diesem Bereich besonders hoch sei. Um damit einhergehende Risiken und das Risiko einer Infektion selbst zu vermeiden, werde daher zunächst konservativ behandelt. Letztlich sei der operative Eingriff das letzte Mittel und der Goldstandard, um eine mit konservativen Methoden nicht in den Griff zu bekommende Nachblutung stillzulegen.

Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang auch deutlich gemacht, dass eine sofortige Ultraschalluntersuchung eines Hämatoms generell nicht indiziert ist. Angezeigt ist nach seinen Worten vielmehr eine klinische Untersuchung, wobei insbesondere äußerliche Feststellungen zur Größe des Hämatoms und zum Umfang des betroffenen Bereiches getroffen werden. Daran schließt sich generell die konservative Behandlung mittels Druckverband an. Erst wenn das nicht zum Erfolg führt und sich die klinischen Anzeichen verändern, besteht Veranlassung zu einer sonographischen Untersuchung des Bereiches. Eine sofortige sonographische Untersuchung ist nur unter zwei Voraussetzungen indiziert, nämlich dann, wenn der Patient instabil ist oder wenn sich Schädigungen des betroffenen Bereiches, etwa Nervenläsionen, zeigen. Beides war hier nicht der Fall (s. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 13. November 2018, Bl. 378 d. A.).

b. Die auch im zweiten Rechtszug wiederholte Behauptung der Klägerin, die manuelle Kompression sei behandlungsfehlerhaft unterhalb der Schnittstelle erfolgt, trifft nicht zu. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass im Falle einer zu tiefen manuellen Kompression innerhalb von Minuten ein großes Hämatom aufgetreten wäre und die Blutung überdies nicht sistiert hätte (s. S. 8, Bl. 124 RS d. A.). So lag es hier ausweislich der Dokumentation indes nicht.

Auch anlässlich seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige noch einmal bestätigt, dass die manuelle Kompression im Streitfall regelgerecht angelegt und vorgenommen worden ist. Andernfalls hätte das – so der Sachverständige – bei der Patientin erhebliche Konsequenzen gehabt, nämlich eine sofortige Kreislaufinstabilität und eine erforderlich werdende intensivmedizinische Behandlung. Dass bei der Klägerin die manuelle Kompression etwa sieben Minuten gedauert hat, liegt nach den Ausführungen des Sachverständigen im Normbereich. Üblicherweise wird die manuelle Kompression im Anschluss an eine Herzkatheter-Untersuchung fünf bis zehn Minuten, zum Teil aber auch zwanzig Minuten oder länger, durchgeführt.

Wenn eine massive Schwellung vorgelegen hätte, wäre sie daher – so der Sachverständige – auf die Intensivstation verlegt worden, weil damit eine Kreislaufinstabilität einhergegangen wäre. Zumindest wäre auch eine Kompression angebracht worden. Dass eine solche Schwellung vorgelegen hat, lässt sich den Krankenunterlagen indes nicht entnehmen (s. S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 13. November 2018, Bl. 379 d. A.).

Der Senat folgt dieser schlüssigen Argumentation des Sachverständigen.

c. Auch der wiederholt vorgetragene Einwand der Klägerin, der Beklagte zu 1 sei durch die Nachtschwester nicht zu erreichen gewesen, ist nicht stichhaltig. Es ist unstreitig, dass in den Abendstunden und in der Nacht der Assistenzarzt B die Behandlung der Klägerin übernommen hatte. Dieser ist Facharzt für Innere Medizin (s. Bl. 55 und Bl. 331 d. A.), so dass kein Fall vorliegt, in dem der Behandler schon nach seiner Ausbildung den Facharztstandard nicht gewährleisten konnte (vgl. als Gegenbeispiel etwa BGH, Urteil vom 15.06.1993 – VI ZR 175/92 -, NJW 1993, 2989, 2991). Im Übrigen fehlt es insoweit auch an einem tauglichen Beweisantritt der Klägerin, wobei für ihre Vernehmung als Partei die gesetzlichen Voraussetzungen jedenfalls nicht vorliegen.

Dass die Klägerin mit dem Beklagten zu 1 vereinbart hatte, dass nur dieser sie behandeln darf, hat sie nicht behauptet (vgl. als Gegenbeispiel etwa BGH, Urteil vom 19.07.2016 – VI ZR 75/15 -, NJW 2016, 3523, 3524); eine entsprechende Abrede ergibt sich auch nicht aus dem vorgelegten Behandlungsvertrag der Klägerin mit der Gemeinschaftspraxis, welcher der Beklagte zu 1 angehört (Anlage B I 3, Bl. 72 f. d. A.).

d. Auch der in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobene Vorwurf eines Organisationsverschuldens greift nicht durch.

Die Klägerin behauptet insoweit in der Berufungsbegründung, es sei fehlerhaft gewesen, dass B es unterlassen habe, einen anderen Arzt zu informieren. Insoweit bleibt jedoch unklar, welche (positiven) Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Behandlung ein Hinzurufen eines anderen Arztes hätte haben sollen. Der Sachverständige hat mehrfach deutlich gemacht, dass es nicht zu beanstanden ist, dass zunächst ein konservativer Ansatz mittels eines Druckverbandes gewählt und erst nach Feststellung „des Versagens der Kompressionstherapie“ eine chirurgische Revision vorgenommen worden ist (S. 6 des schriftlichen Gutachtens, Bl. 124 RS d. A.). Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, warum bei dem Hinzuziehen eines weiteren Arztes irgendein anderes Vorgehen hätte gewählt werden sollen.

Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen ist es sachgerecht gewesen, hier zunächst einen konservativen Ansatz mittels eines Druckverbandes zu wählen und erst nach Erkennen des „Versagens der Kompressionstherapie“ eine chirurgische Revision vorzunehmen. Der Begriff „Goldstandard“ bezieht sich daher allein auf das Verhältnis der chirurgischen Revision zu den weiteren auf S. 6 unten des schriftlichen Gutachtens (Bl. 124 RS d. A.) aufgeführten Optionen. Anders als die Klägerin meint, wollte der Sachverständige mit dem Begriff des Goldstandards nicht sagen, dass die Option der operativen Revision des Aneurysma spuriums bereits vor dem Versuch einer Kompressionstherapie vorzugswürdig gewesen wäre.

Dementsprechend hat der Sachverständige bei seiner Anhörung vor dem Senat noch einmal betont, dass Standard bei einer solchen Blutansammlung immer zunächst eine konservative Behandlung ist, weil man im Bereich der Leiste nur sehr ungern operative Eingriffe vornimmt. Die Infektionsgefahr in diesem Bereich ist besonders hoch. Um damit einhergehende Risiken und das Risiko einer Infektion selbst zu vermeiden, wird – so der Sachverständige weiter – zunächst konservativ behandelt. Letztlich ist der operative Eingriff das letzte Mittel und der Goldstandard, um dann eine mit konservativen Methoden nicht in den Griff zu bekommende Nachblutung stillzulegen. Diesen überzeugenden und auch für medizinische Laien verständlichen Ausführungen folgt der Senat.

e. Soweit die Klägerin auch in der Berufungsbegründung immer wieder auf ihre starken Schmerzen zu sprechen kommt, ist zunächst zu betonen, dass ausweislich der Pflegedokumentation (Anlage B I 6, Bl. 77 d. A.) die Klägerin am 8. Januar 2013 gegen 22:00 Uhr über Schmerzen geklagt hat. Ausweislich des unstreitigen Teils des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils (§ 314 ZPO) hat der diensthabende Nachtarzt B der Klägerin daraufhin Novalgin-Tropfen gegen die Schmerzen verordnet. In der Pflegedokumentation (Anlage B I 6, Bl. 77 d. A.) heißt es sodann für die Uhrzeit „23:00 Uhr“: „Schmerzen sind besser geworden“. Auch der Sachverständige hat diesen Umstand in seinem schriftlichen Gutachten betont (S. 6, Bl. 124 RS d. A.) und überdies angemerkt, dass die Schmerztherapie „verhältnismäßig gering“ gewesen sei (S. 7, Bl. 125 d. A.). Bei seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige klargestellt, dass er damit gemeint hat, dass die Klägerin nur geringe Dosen an Schmerzmitteln verabreicht bekommen hat (s. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 13. November 2018, Bl. 377 d. A.).

Dass die Klägerin zuvor und auch während der Nacht Schmerzen hatte, ist unstreitig. Soweit die Klägerin aus dem Ausmaß ihrer Schmerzen Rückschlüsse auf einen Behandlungsfehler der Beklagten ziehen möchte, ist dies angesichts der Ausführungen des Sachverständigen nicht zutreffend. Er hat deutlich gemacht, dass der Eingriff an sich schmerzhaft ist (s. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, Bl. 195 d. A.); die Schmerzen und deren Intensität lassen keine Aussage zu Komplikationen durch den Eingriff zu (s. S. 2 f. des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, Bl. 194 f. d. A.).

Hinsichtlich des verwendeten Schmerzmittels Novalgin hat der Sachverständige erläutert, dass es sich um ein Standardpräparat zur Schmerzbehandlung handelt, das in Europa – anders als in den USA – zugelassen ist. Anhaltspunkte dafür, dass Novalgin hier eine allergische Reaktionen der Klägerin hervorgerufen hat, sind nicht ersichtlich (s. S. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 13. November 2018, Bl. 380 d. A.), so dass nicht weiter erörtert werden muss, ob ein solcher Umstand überhaupt geeignet gewesen wäre, einen Behandlungsfehler zu begründen.

f. Soweit die Klägerin mit der Berufungsbegründung rügt, die Blutdruckwerte seien nicht ausreichend kontrolliert worden, ist der Senat an die von dem Landgericht festgestellte Tatsache, dass der Blutdruck ordnungsgemäß kontrolliert worden ist (S. 4 der Urteilsgründe, Bl. 207 d. A.), gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), da bereits keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Im Gegenteil: Die Feststellungen des Landgerichts gehen auf die Ausführungen des Sachverständigen in dessen mündlicher Anhörung vor dem Landgericht (s. S. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, Bl. 198 d. A.) zurück und entsprechen den Angaben in der Pflegedokumentation (Anlage B I 6, Bl. 77 d. A. oben: „RR Hypertonie bei 2 mal messen besser“).

g. Auch die Rüge der Klägerin, sie hätte am Abend des 8. Januar 2013 intensivmedizinisch betreut werden müssen, ist nicht stichhaltig.

Der Sachverständige hat ausgeführt, dass nicht rekonstruierbar ist, wann bei der Klägerin das Aneurysma oder die Nachblutung aufgetreten ist. Er hat erläutert, dass sich auf die Einstichstelle im Anschluss an die Herzkatheter-Untersuchung regelmäßig ein Gerinnsel aufsetzt. Wann sich dieser Pfropfen dann löst und für eine Nachblutung sorgt, lässt sich nicht – so der Sachverständige weiter – sicher feststellen. Es verhält sich vielmehr so, dass eine solche Nachblutung sogar mehrere Tage nach der Herzkatheteruntersuchung auftreten kann. Ursache für das Lösen des Pfropfens können ungeschickte Bewegungen sein oder sonstige Umstände, die dazu führen, dass sich das Gerinnsel löst. Deshalb kann nach den Ausführungen des Sachverständigen im Streitfall nicht gesagt werden, dass die Nachblutung bereits unmittelbar nach der Herzkatheteruntersuchung aufgetreten ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer Nachblutung erst im Verlaufe der Nacht oder gar erst in den Morgenstunden des 9. Januar 2013 gekommen ist.

Im Übrigen hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass eine intensivmedizinische Betreuung nur bei Patienten mit Herzinfarkt indiziert ist. Eine solche Indikation bestehe jedoch nicht bei Patienten wie der Klägerin, die unter einer Ischämie litt. Regelhaft sei es bei solchen Patienten, diese per Monitor, nicht aber auf der Intensivstation zu überwachen. Der Sachverständige hat deutlich gemacht, dass insoweit auch keine besonderen Regeln und Richtlinien existierten, wie solche Patienten zu betreuen seien. Das werde in Kliniken und Krankenhäusern ganz unterschiedlich gehandhabt.

h. Soweit die Klägerin rügt, es habe nicht dem Facharztstandard entsprochen, „Schmerzmittel über das Telefon durch das Pflegepersonal verabreichen zu lassen“, ist nicht recht klar, welche Stoßrichtung die Klägerin insoweit verfolgt. Vor dem Hintergrund ihrer Behauptungen zu ihren damaligen Schmerzen kann sie nicht dahin verstanden werden, dass sie zu viel Schmerzmittel erhalten habe. Der umgekehrte Vorwurf jedoch trifft nach den obigen Ausführungen und der Eintragung in der Pflegedokumentation (Anlage B I 6, Bl. 77 d. A.: „Schmerzen sind besser geworden“) nicht zu.

i. Der Sachverständige hat schließlich auch bestätigt, dass es im Streitfall sachgerecht gewesen ist, den Bluthochdruck der Klägerin mit Nitrolingual zu behandeln. Die Behandlung mit Nitrolingual hat ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen zur Folge, dass innerhalb weniger Minuten eine Absenkung des Blutdrucks herbeigeführt werden kann.

j. Anlass für die Einholung eines neuen Gutachtens eines anderen Sachverständigen (§§ 525 Satz 1, 412 ZPO) besteht nicht. Der Sachverständige hat alle Fragen des Senats und der Parteien sachkundig und nachvollziehbar beantwortet.

k. Nach alledem kommt es auf die Frage der Kausalität eines etwaigen Behandlungsfehlers für die von der Klägerin geklagten Schmerzen und Beeinträchtigungen nicht mehr an. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass nach den diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen mehr als zweifelhaft ist, ob angesichts der vor dem Eingriff bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin (degenerative Vorschäden an der Wirbelsäule; Entzündung des Iliosakralgelenks, s. S. 8 des schriftlichen Gutachtens, Bl. 125 d. A.) die Herzkatheteruntersuchung überhaupt kausal für die nunmehr von der Klägerin geklagten Beschwerden ist.

l. Eine unzureichende Aufklärung hat die Klägerin weder im ersten noch im zweiten Rechtszug gerügt.

3. Nach alledem ist auch das Feststellungsbegehren der Klägerin unbegründet.

4. Auch der Antrag zu 4 auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten muss ohne Erfolg bleiben.

Insoweit hat die Klägerin im Berufungsrechtszug die Klage der Sache nach auf den Beklagten zu 1 erweitert, während sie im ersten Rechtszug zuletzt nur eine diesbezügliche Verurteilung der Beklagten zu 2 und 3 beantragt hatte. Bedenken gegen diese Klageerweiterung bestehen nicht, da sich § 533 ZPO, der die Zulässigkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz einschränkt, nur auf § 263 ZPO bezieht; auf Fälle des § 264 ZPO findet § 533 ZPO hingegen keine Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2004 – V ZR 104/03 -, BGHZ 158, 295, 307 f.; Urteil vom 22.04.2010 – IX ZR 160/09 -, NJW-RR 2010, 1286, 1287; Senat, Urteil vom 26.08.2016 – 8 U 83/14 -, juris).

Soweit die Klägerin insoweit im zweiten Rechtszug eine Verzinsung begehrt, ist ihr Begehren im Übrigen von vornherein unschlüssig. Selbst wenn man – zu Unrecht – von einem Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ausginge, bestünde keine Verzinsungspflicht gemäß den §§ 288 Abs. 1 Satz 1, 291 Satz 1 BGB. Danach sind nämlich nur Geldschulden zu verzinsen, zu denen ein Freistellungsanspruch nicht gehört (vgl. etwa Senat, Urteil vom 25.07.2017 – 8 U 128/14 -, Entscheidungsumdruck, S. 10 f.; OLG Hamm, Teilurteil vom 19.01.2012 – 24 U 32/11 -, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 04.10.2010 – 5 U 60/10 -, NJW-RR 2011, 239, 242 f.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 288, Rdnr. 6).

4. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die im Berufungsrechtszug entstandenen Kosten zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 Sätze 1 und 2, 711 ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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