OLG Frankfurt am Main, 22.02.2018 – 8 W 9/18

März 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 22.02.2018 – 8 W 9/18
Leitsatz:

1.

Im Fall eines Rücktritts richtet sich der Streitwert danach, welche im Klageantrag konkretisierte Rechtsfolge aus dem Rücktritt hergeleitet wird.
2.

Die Wertangabe in einer Klageschrift bindet weder die jeweilige Klägerin noch das Gericht; das Gericht kann den Streitwert also auch abweichend von der Wertangabe der Klägerin festsetzen.

Tenor:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Limburg vom 6. Februar 2018 in Verbindung mit dem Beschluss vom 15. Februar 2018 über die Nichtabhilfe wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe

I.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einer Rückabwicklung eines Werklieferungsvertrages in Bezug auf eine gewerblich zu nutzende Küche geltend gemacht.

Mit dem Klageantrag zu 1 hat die Klägerin die Rückzahlung einer Anzahlung in Höhe von € 6.000,00 und mit dem Antrag zu 2 Ersatz des entgangenen Gewinns begehrt. Der Antrag zu 3 betrifft vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Als „vorläufigen Streitwert“ hat die Klägerin in der Klageschrift einen Betrag in Höhe von € 30.070,66 angegeben.

Im Rahmen der Güteverhandlung vor dem Landgericht Limburg an der Lahn am 2. Februar 2018 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss vom 6. Februar 2018 (Bl. 84 f. d. A.) setzte das Landgericht den Streitwert auf € 8.589,76 fest. Dabei legte das Landgericht für den Antrag zu 1 einen Wert in Höhe von € 6.000,00 und für den Antrag zu 2 einen Wert in Höhe von € 2.589,76 zugrunde.

In ihrer am 13. Februar 2018 beim Landgericht eingegangenen Streitwertbeschwerde vom selben Tage (Bl. 88 f. d. A.) haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Ansicht vertreten, der Streitwert belaufe sich auf € 30.070,66. Dieser Betrag setze sich aus dem Gesamtkaufpreis der Küche in Höhe von € 27.480,90 sowie dem Wert des Klageantrags zu 2 in Höhe von € 2.589,76 zusammen. Die Klägerin selbst habe deutlich gemacht, dass „das Interesse in dem Verfahren auf […] mehr als nur die Rückzahlung der Anzahlung gerichtet“ sei, da „elementare Voraussetzung hierfür die zu klärende Rechtsfrage“ sei, ob der Rücktritt wirksam gewesen sei. Ergänzend sei noch auf § 3 ZPO und § 48 Abs. 3 GKG zu verweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 13. Februar 2018 (Bl. 88 f. d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15. Februar 2018 (Bl. 94 f. d. A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II.

Das Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 RVG zulässig.

Die Beschwerde ist indes nicht begründet. Die Festsetzung des Streitwertes durch das Landgericht weist keine die Prozessbevollmächtigten der Beklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.

Im Falle eines Rücktritts richtet sich der Streitwert danach, welche im Klageantrag konkretisierte Rechtsfolge (§§ 346 ff. BGB) aus dem Rücktritt hergeleitet wird. Dies kann etwa ein Rückzahlungsanspruch sein; dann ist der Nennwert der Forderung maßgebend (vgl. etwa Kurpat, in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl. 2016, Rdnr. 4862; Heinrich, in: Musielak/Voit (Hrsg.), ZPO, 14. Aufl. 2017, § 3, Rdnr. 33).

Danach ist hier für den Antrag zu 1 ein Betrag in Höhe von € 6.000,00 und für den Antrag zu 2 ein Betrag in Höhe von € 2.589,76 anzusetzen, so dass sich ein Streitwert in Höhe von € 8.589,76 ergibt.

Dass die Klägerin in der Klageschrift den „vorläufigen Streitwert“ mit € 30.070,66 angegeben hatte, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Wertangabe in einer Klageschrift bindet weder die jeweilige Klägerin noch das Gericht; das Gericht kann den Streitwert also auch abweichend von der Wertangabe der Klägerin festsetzen. Dies gilt selbst dann, wenn – wie hier – die Gegenseite der Wertangabe der Klägerin nicht entgegengetreten ist (vgl. etwa Senat, Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 21.03.2017 – 8 U 228/11, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2011 – 2 W 15/11, NJW 2011, 2979, 2980; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, § 61 GKG, Rdnr. 4; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl. 2017, § 61 GKG, Rdnr. 10; Meyer, in: ders., GKG/FamGKG, 14. Aufl. 2014, § 61 GKG, Rdnr. 2; Schneider, in: ders./Volpert/Fölsch (Hrsg.), Gesamtes Kostenrecht, 1. Aufl. 2014, § 61, Rdnr. 31; Wessing/Basar, GRUR 2012, 1215, 1217).

Auch der Verweis der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf § 48 Abs. 3 GKG geht fehl. Diese Bestimmung regelt die Wertfestsetzung für den Fall, dass ein vermögensrechtlicher Anspruch aus einem nichtvermögensrechtlichen hergeleitet wird und beide Ansprüche in einem Verfahren miteinander verbunden sind. Darum geht es hier nicht. Sowohl bei mit dem Antrag zu 1 als auch bei dem mit dem Antrag zu 2 verfolgten Anspruch handelt es sich jeweils um vermögensrechtliche Ansprüche.

Auch der Umstand, dass der Antrag zu 1 nur dann hätte Erfolg haben können, wenn der Rücktritt wirksam gewesen wäre, rechtfertigt keine höhere Wertfestsetzung, da der Antrag zu 1 eben nur auf Rückzahlung der Anzahlung und nicht auch auf die Feststellung der Wirksamkeit des Rücktritts gerichtet gewesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

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