OLG Frankfurt am Main, 23.05.2014 – 15 W 33/14

April 17, 2019

OLG Frankfurt am Main, 23.05.2014 – 15 W 33/14
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 21. März 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt bis 4.000 €.
Gründe
1

I.

2

Die Antragstellerin hat gegen die vier Antragsgegner ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung von Mängeln an einem in ihrem Eigentum stehenden Hausgrundstück eingeleitet. Nach Vorlage des schriftlichen Sachverständigengutachtens und Anhörung der Sachverständigen durch das Landgericht hat der Antragsgegner zu 4. beantragt, der Antragstellerin nach § 494a ZPO eine Frist zur Klageerhebung gegen ihn zu setzen und ihr, sollte sie die Frist nicht einhalten, die ihm entstandenen Kosten aufzuerlegen. Durch Beschluss vom 19. November 2013 hat die Einzelrichterin des Landgerichts der Antragstellerin demgemäß aufgegeben, binnen einer Frist von vier Wochen seit Zustellung Klage gegenüber dem Antragsgegner zu 4. zu erheben.
3

Die Antragstellerin erhob Klage gegen die Antragsgegner zu 1. bis 3., nicht aber gegen den Antragsgegner zu 4., dem sie den Streit verkündete. Dem Antrag des Antragsgegners zu 4., die ihm im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen, ist die Antragstellerin mit der Begründung entgegengetreten, es genüge die Klageerhebung gegen einen Antragsgegner und der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung verbiete eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren, wie vom Antragsgegner 4. begehrt.
4

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht der Antragstellerin die dem Antragsgegner zu 4. entstandenen Kosten auferlegt, weil die mit Beschluss vom 19. November 2003 gesetzte Frist verstrichen sei und die Antragstellerin gegen den Antragsgegner zu 4. keine Klage erhoben habe. Gerade darauf sei aber die Anordnung gerichtet gewesen. Da die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner zu 4. auf eine Klageerhebung verzichtet habe, sehe das Gesetz für diesen Fall vor, ihr die dem Antragsgegner zu 4. entstandenen Kosten aufzuerlegen.
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Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 28. März 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die Antragstellerin mit ihrer am 10. April 2014 eingelegten sofortigen Beschwerde, der das Landgericht mit Beschluss vom 11. April 2014 nicht abgeholfen hat.

II.

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Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zwar nach den §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 494a Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere binnen der Notfrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil der angefochtene Beschluss zu Recht ergangen ist.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen in der Verfügung vom 22. April 2014, an denen der Senat uneingeschränkt festhält, verwiesen. Die aufrechterhaltene gegenteilige Auffassung der Antragstellerin zu 1. beruht auf einer grundlegenden Verkennung der kostenrechtlichen Vorschriften der ZPO durch ihren Verfahrensbevollmächtigten.
8

Nach § 494a Abs. 1 ZPO hat das Gericht „auf Antrag“ anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift hat das Gericht „auf Antrag“ durch Beschluss auszusprechen, dass der Antragsteller (des selbständigen Beweisverfahrens) die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat, wenn er der Anordnung nicht nachgekommen ist. Wenngleich die gesetzliche Vorschrift nur von „dem Gegner“, also einem Antragsgegner spricht, wird aus dem Wortlaut verbunden mit Sinn und Zweck der Vorschrift gleichwohl deutlich, dass die Klage gegenüber dem zu erheben ist, der den entsprechenden Antrag gestellt hat. Hat der Antragsteller in das selbständige Beweisverfahren mehrere Antragsgegner einbezogen, steht es jedem dieser Antragsgegner frei, einen Antrag nach § 494a ZPO– für sich – zu stellen. Nur zu seinen Gunsten ergeht dann die Anordnung nach § 494a Abs. 1 ZPO. Deshalb kann dieser Anordnung zwingend nur Folge geleistet werden, wenn gegen diesen Antragsgegner, den Antragsteller nach § 494a Abs. 1 ZPO, Klage erhoben wird. Wird lediglich Klage gegen andere Antragsgegner erhoben, ist der Anordnung nicht Folge geleistet, weshalb nach Absatz 2 von § 494 a ZPO zwingend die dort vorgesehene Kostenfolge auszusprechen ist. Dem steht die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin herangezogene „Einheitlichkeit der Kostenentscheidung“ nicht entgegen. Eine solche „Einheitlichkeit der Kostenentscheidung“ kann es nur unter den Parteien eines Verfahrens geben, nicht aber unter Einbezug eines Dritten, der nicht an dem Verfahren, in dem die Kostenentscheidung zu ergehen hat, beteiligt ist. Das hat der Senat in der Verfügung vom 22. April 2014 bereits deutlich zum Ausdruck gebracht.
9

Soweit der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin den Hinweis des Senats, einem Antragsgegner entstünden „… regelmäßig nur außergerichtliche Kosten, wenn er nicht durch eigene Beweisanträge Vorschüsse auf Sachverständigenvergütung zu zahlen hat“ nicht nachvollziehen konnte, beruht das ersichtlich darauf, dass er in den zitierten Ausführungen das Wort „nicht“ nicht zur Kenntnis genommen hat. Der Hinweis zielte darauf ab, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin meinte, der Tenor des Beschlusses des Landgerichts sei „unbestimmt“, was schon deshalb unrichtig ist, weil er dem Gesetzeswortlaut entspricht. Mit dem Hinweis sollte verdeutlicht werden, dass unter dem Gegner „entstandene Kosten“ regelmäßig dessen außergerichtliche Kosten zu verstehen sind, weil auf seiner Seite keine Gerichtskosten entstehen. Einem Antragsgegner können Gerichtskosten nur entstehen, wenn er eigene Beweisanträge stellt. Deshalb ist gerade nicht zum Ausdruck gebracht worden, einem Antragsgegner entstünden nur dann außergerichtliche Kosten, wenn er auch eigene Beweisanträge stellt. Durch das Wort „nicht“ ist gerade das Gegenteil ausgedrückt worden.
10

Die Auffassung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, eine Kostenentscheidung betreffend den Antragsgegner zu 4. sei nur in dem gegen die Antragsgegner zu 1. bis 3. geführten Hauptsacheverfahren zu treffen, findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Stütze. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. August 2005 (NJW-RR 2004, 1651) hilft der Antragstellerin deshalb nicht weiter, weil völlig außer Streit ist, dass für eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich kein Raum ist, wenn ein Hauptsacheprozess anhängig ist. Das ist aber zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu 4. gerade nicht der Fall. Zwischen ihnen gibt es keinen Hauptsacheprozess, in dem über die Kosten des Antragsgegners zu 4. mitentschieden werden könnte. Darauf, dass sich die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dieser Entscheidung nur auf Gerichtskosten beziehen, mithin der im Hauptsacheprozess verurteilte Beteiligte eines selbständigen Beweisverfahrens die gesamten Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen hat, ist bereits in der Verfügung vom 22. April 2014 hingewiesen worden. Die außergerichtlichen Kosten in einem Fall, in dem mehrere Antragsgegner/Beklagte verklagt sind, betrifft das aber gerade nicht und kann es auch nicht betreffen. Denn eine Kostenregelung, dass Beklagte untereinander für außergerichtliche Kosten eines anderen Beklagten aufzukommen hätten, kennt die Zivilprozessordnung nicht. Nach § 100 Abs. 1 ZPO, der die Kostentragungspflicht bei Streitgenossen regelt, haftet der aus mehreren Personen unterliegende Teil für die Kostenerstattung grundsätzlich nach Kopfteilen. Kostenerstattung gibt es aber nur gegenüber der Gegenpartei, nicht innerhalb der Streitgenossenschaft. Wird etwa von den drei von der Antragstellerin in Anspruch genommenen Parteien eine in vollem Umfang verurteilt, hat diese Partei die Gerichtskosten einschließlich der Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens und auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in vollem Umfang zu tragen, nicht aber die außergerichtlichen Kosten der anderen Beklagten. Diese hat dann vielmehr die Antragstellerin/Klägerin zu tragen. Einer Auferlegung auch der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 4. in einem solchen Fall steht entgegen, dass dieser nicht Partei des Prozesses ist, auch nicht hinsichtlich seiner außergerichtlichen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens. Eine Entscheidung über seine außergerichtlichen Kosten ist nur durch eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO möglich, nachdem die Antragstellerin davon abgesehen hat, ihn in den Hauptsacheprozess miteinzubeziehen (vgl. auch BGH NJW 2013, 3452 [BGH 12.09.2013 – VII ZB 4/13] zu einer ähnlichen Fallgestaltung).
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Schließlich hat der Senat auch bereits darauf hingewiesen, dass es selbst dann, wenn zugunsten des Antraggegners zu 4. im Hauptsacheprozess noch eine Entscheidung über seine außergerichtlichen Kosten zulässig wäre – die ungeachtet des Ausgangs des Rechtsstreits nach dem vorstehend Dargestellten zwangsläufig nur zu Lasten der Antragstellerin ausfallen könnte -, es keine Veranlassung gibt, eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO für unzulässig zu halten. Denn wenn feststeht, dass die Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 4. zu tragen hat, weil sie auf eine Klageerhebung ihm gegenüber verzichtet hat und die weiteren Antragsgegner unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 4. aufzukommen haben, kann der Antragsgegner zu 4. nicht darauf verwiesen werden, den Abschluss des Hauptsacheprozesses abzuwarten.

III.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Wert des Beschwerdegegenstandes entspricht den vom Antragsgegner zu 4. zur Festsetzung angemeldeten Kosten.

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