OLG Frankfurt am Main, 24.04.2018 – 23 U 40/17

März 18, 2019

OLG Frankfurt am Main, 24.04.2018 – 23 U 40/17
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.05.2017 wird als unzulässig verworfen, soweit diese sich gegen die Beklagte zu 2. richtet.

Im Übrigen wir die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.05.2017 zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist für die Beklagte zu 1. ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert der II. Instanz wird auf 22.954,62 € festgesetzt.
Gründe

I.

Die Kläger haben in erster Instanz nach den unter dem 11.08.2015 erklärten Widerrufen ihrer Vertragserklärungen zu zwei grundpfandrechtlich besicherten Verbraucherkreditverträgen vom 10.09.2009 bzw. vom 10./11.09.2009, die in 2014 zurückgeführt wurden, Zahlungsansprüche gestellt und Erstattung außergerichtlicher Kosten verlangt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs.1 Nr.1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, für Ansprüche aus dem Vertrag vom 10.09.2009 (über 70.000 €) sei die Beklagte zu 1. schon nicht passiv legitimiert, weil der Vertrag eindeutig mit der Beklagten zu 2. als Vertragspartnerin abgeschlossen worden sei, während die Beklagte zu 1. nur im Namen der Beklagten zu 2. aufgetreten sei.

Ein Anspruch aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach den §§ 495, 355, 357, 346ff. BGB bestehe im Übrigen jeweils nicht, weil der jeweilige Widerruf der Darlehensverträge infolge des vorherigen Ablaufs der vierzehntägigen Widerrufsfrist keine Wirkung mehr entfaltet habe. Die verwendeten Widerrufsbelehrungen seien ordnungsgemäß gewesen, so dass die Widerrufsfrist jeweils im September 2009 zu laufen begonnen habe. Zwar gebe es bei der Belehrung über den Fristbeginn eine Abweichung von der damaligen Gesetzeslage insoweit, als dass nicht auch der Erhalt des eigenen schriftlichen Vertragsantrags des Verbrauchers den Fristbeginn auslöste; jedoch wirke sich dies ausschließlich zugunsten des Verbrauchers aus und sei daher zulässig. Insbesondere werde in der Widerrufsbelehrung für den Beginn der Widerrufsfrist auf den Erhalt der Vertragsurkunde abgestellt und gerade nicht auf den bloßen Erhalt eines Vertragsangebots. Die Formulierung „…einen Tag, nachdem…“ sei ebenfalls nicht zu beanstanden, weil sie § 187 BGB Rechnung trage. Die Widerrufsbelehrungen verstießen auch nicht aus anderen Gründen gegen das Deutlichkeitsgebot.

Gegen das den Klägern am 15.05.2017 zugestellte Urteil wendet sich allein der Kläger zu 2. (im Folgenden: der Kläger), der die erstinstanzlichen Zahlungsanträge in der Berufungsinstanz in modifizierter Form weiterverfolgt, wobei er die nach dem Wortlaut der Berufungsschrift gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Berufung am 08.06.2017 eingelegt und eine Berichtigung des Passivrubrums unter Einschluss der Beklagten zu 2. eingehend am 23.06.2017 beantragt hat. Hierzu wird ausgeführt, bei der Fertigung der Berufungsschrift habe die im Büro des Prozessbevollmächtigten hierzu beauftragte Rechtsanwaltsfachangestellte versehentlich das Passivrubrum der ursprünglichen Klageschrift verwendet, anstatt auf das Rubrum des Urteils des Landgerichts abzustellen. Dem Prozessbevollmächtigten sei dies erst bei der Vorbereitung der Berufungsbegründung aufgefallen. Im Zweifel richte sich ein Rechtsmittel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen.

Zur Begründung der Berufung wird ausgeführt, die Widerrufsbelehrung der Beklagten weiche in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist sowie im Text über die Widerrufsfolgen von der Musterbelehrung ab und enthalte keine Hinweise zu finanzierten Geschäften. Hinsichtlich der Abweichung der Widerrufsbelehrung in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist habe der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.03.2009 – XI ZR 33/08 – eine gleich lautende Formulierung als nicht ausreichend erachtet, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen könne, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Erklärung des Verbrauchers am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung. Zu Unrecht habe das Landgericht die Abweichung der Widerrufsbelehrungen vor dem Hintergrund des § 187 BGB nicht beanstandet; wenn die Widerrufsbelehrung den Fristbeginn auf einen Tag nach Übergabe der Vertragsdokumente lege, wäre dieser Tag bei der Fristberechnung nach § 187 BGB nicht mitzurechnen, was im Ergebnis also durchaus zu einer falschen Fristberechnung führe. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob sich eine objektiv falsche Widerrufsbelehrung im konkreten Fall tatsächlich negativ auswirke.

Da somit die Widerrufserklärungen die Verträge rückwirkend aufgelöst hätten, seien den Klägern die von ihnen geleisteten Zinsen und Vertragskosten zurück zu gewähren. Für den Darlehensvertrag Nummer 1 habe die Beklagte zu 2. den Klägern für den Zeitraum 2010 bis 2015 die Zahlung von Zinsen in Höhe von 6 x 2.646 € sowie 1 x 712,95 € (= 16.588,95 €) bescheinigt; daneben seien den Klägern laut Darlehensvertrag eine Abschlussgebühr in Höhe von 700 € sowie eine Darlehensgebühr in Höhe von 342,69 € berechnet worden. Für den Darlehensvertrag mit der Nummer 2 habe die Beklagte zu 1. den Klägern für den Zeitraum 2009 bis 2014 die Zahlung von Zinsen in der Gesamthöhe von 4.322,98 € bescheinigt; daneben sei den Klägern laut Darlehensvertrag eine Zinsbegrenzungsprämie von 1.000 € berechnet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl.278ff.d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 9.5.2017 – Geschäftsnummer: 2-28 O 274/16 – zugestellt am 15.5.2017,

1.

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Kläger 5.322,98 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz dem 1.10.2015 zu zahlen;
2.

die Beklagten zu 2. zu verurteilen, an die Kläger 17.631,64 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2015 zu zahlen;
3.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2015 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Das Urteil des Landgerichts sei gegenüber der Beklagten zu 2. bereits rechtskräftig, nachdem sich die fristgemäße Berufungsschrift ausdrücklich nur auf die Beklagte zu 1. bezogen habe und bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist auch aus sonstigen Unterlagen oder Umständen des Einzelfalls sich nicht ergeben habe, dass sich die Berufung auch gegen die Beklagte zu 2. habe richten sollen. Es entlaste den klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht, dass (angeblich) dessen Rechtsanwaltsfachangestellte versehentlich das Passivrubrum der ursprünglichen Klageschrift verwendet habe und dem Klägervertreter dies erst bei Vorbereitung der Berufungsbegründung aufgefallen sei, da die Erstellung einer Rechtsmittelschrift zu den Tätigkeiten eines Rechtsanwalts gehöre, die ein Höchstmaß an Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erforderten, und der klägerische Prozessbevollmächtigte sich daher persönlich habe überzeugen müssen, ob die Berufungsschrift die Personen richtig bezeichne, gegen und für die das Rechtsmittel eingelegt werden solle.

Das Urteil des Landgerichts sei ferner gegenüber der Klägerin zu 1. rechtskräftig, nachdem diese gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts keine Berufung eingelegt habe. In der Folge fehlt nunmehr dem Kläger für die von ihm geltend gemachten Ansprüche die Aktivlegitimation. Da die Darlehensverträge von den Klägern als Mitdarlehensnehmer geschlossen worden seien, könne der Kläger nicht Zahlung nur an sich verlangen; vielmehr seien die Kläger hinsichtlich eines – unterstellten – Zahlungsanspruchs Mitgläubiger gemäß § 432 BGB.

Davon abgesehen habe das Landgericht zu Recht entschieden, dass die erteilten identischen Widerrufsbelehrungen ordnungsgemäß gewesen seien. Denn der Fristlauf ab Zurverfügungstellung der Vertragsurkunde entspreche sowohl dem Gesetz als auch dem Interesse des Verbrauchers an einer möglichst langen Widerrufsfrist. Auch sei der dem Gesetz entnommene Begriff der „Vertragsurkunde“ für einen Verbraucher unmissverständlich. Dagegen seien die vom BGH im Urt.v.10.03.2009 – XI ZR 33/08 -, im Urt.v. 21.02.2017 – XI ZR 381/16 – und im Urt.v. 16.05.2016 – XI ZR 586/15 – getroffenen Feststellungen zur Missverständlichkeit einer Widerrufsbelehrung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Die Belehrung zum Fristlauf entspreche gerade § 187 BGB. Unerheblich sei dagegen, ob nach der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Musterwiderrufsbelehrung ein Hinweis auf die Rechtsfolgen eines Widerrufs im Falle eines Verbundtatbestandes bzw. im Falle von finanzierten Geschäften erforderlich gewesen sei, da die Beklagte sich gar nicht auf die Schutzwirkung des Belehrungsmusters berufe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl.326ff.d.A.) Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 29.03.2018 auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung beschlussweise als unzulässig zu verwerfen, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2. richtet, und die Berufung im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen. Hierzu hat der Kläger binnen gesetzter Frist mit Schriftsatz vom 17.04.2018 Stellung bezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 17.04.2018 (Bl.353ff.d.A.) Bezug genommen.

II.

1. Die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Berufung ist unzulässig, weil die Berufung nicht binnen der Frist des § 517 ZPO gegen die Beklagte zu 2. gerichtet worden und auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Hinweisbeschlusses vom 29.03.2018 verwiesen, die uneingeschränkt fortgelten.

Der Schriftsatz vom 17.04.2018 nimmt insoweit Bezug auf eine Entscheidung des BGH vom 15.12.2010 – XII ZR 18/09 -, die er nur unvollständig zitiert und die bei genauerer Betrachtung nicht in Widerspruch zu den hiesigen Ausführungen steht. Dass der BGH in dem konkret zur Entscheidung stehenden Fall zu einem anderen Ergebnis gelangte, hat seine Ursache darin, dass der Fall anders gelagert war. Letztlich übersieht der Kläger schon, dass er selbst eingeräumt hat, dass die Berufungsschrift nicht etwa ein Kurzrubrum enthielt, sondern vielmehr aufgrund eines Versehens tatsächlich zunächst nur gegen die Beklagte zu 1. gerichtet wurde.

2. Die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Berufung des Klägers ist zwar statthaft und zulässig, hat in der Sache selbst jedoch keinen Erfolg.

Der Senat verweist auf seinen Hinweisbeschluss vom 29.03.2018, wonach er aufgrund eingehender Beratung beabsichtige, die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Berufung des Klägers durch einen einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs.2 ZPO zurückzuweisen, da sie nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe und die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs.2 S.1 Nr.1-4 ZPO ebenfalls vorlägen. Zu dem Beschluss vom 29.03.2018 hat der Kläger zwar Stellung genommen. Der Senat sieht aber nach erneuter Beratung einstimmig keine Veranlassung, seine in dem Hinweisbeschluss dargelegte Rechtsauffassung zu revidieren.

Soweit der Kläger zur Schlüssigkeit des Antrags zu 3. Ausführungen macht und diesen auf § 280 BGB stützen will, leistet er sich die Freiheit, die anderslautende ständige Rechtsprechung des BGH, die im Übrigen die zuvor schon bestehende Senatsrechtsprechung bestätigt hat und die in dem Hinweisbeschluss zitiert ist, zu ignorieren. Weitere Ausführungen hierzu erscheinen angesichts dessen nicht angezeigt.

Dass es auf die Übereinstimmung mit der seinerzeit einschlägigen Musterbelehrung nicht ankommt, wurde bereits ausgeführt. Dasselbe gilt, soweit der Kläger weiter die Formulierung zum Fristbeginn rügt. Der Senat hält die Wendung, wonach der „Lauf der Frist für den Widerruf (…) einen Tag, nachdem“ die genannten Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden, beginnt, weiterhin mit dem BGH (vgl. NJW 2017, 1823 [BGH 21.02.2017 – XI ZR 467/15]) für unbedenklich. § 356b BGB spielt mangels Anwendbarkeit keine Rolle. Selbst wenn man mit dem Kläger annehmen wollte, dass in der Belehrung ein späterer als der gesetzliche Fristbeginn beschrieben wäre, würde sich dies nur zugunsten des Verbrauchers auswirken.

Unter weiterer Bezugnahme auf die im Hinweisbeschluss vom 29.03.2018 im Einzelnen ausgeführten Gründe weist der Senat deshalb die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Berufung mit einstimmigem Beschluss zurück.

Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 522 Abs.2 S.1 ZPO i.d.F. des Gesetzes vom 21.10.2011 (BGBl.I S.2082) liegen vor, da die Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs.2 S.1 Nr.1 ZPO), wie sich aus den obigen Darlegungen ergibt. Es liegt keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 522 Abs.2 S.1 Nr.2 ZPO vor, weicht der Senat doch nicht von Entscheidungen des BGH oder anderer Oberlandesgerichte ab. Da die entscheidenden Rechtsfragen geklärt sind, bedarf es auch keiner Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts bzw. der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs.2 S.1 Nr.3 ZPO). Im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für den Berufungskläger sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Senat der Begründung des Landgerichts weitgehend folgt (vgl. zu diesen Kriterien der Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu der Änderung in § 522 Abs.2 S.1 Nr.4 ZPO, BT-Drs.17/6406, S.9), ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs.2 S.1 Nr.4 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufgen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10 S.2, 711 ZPO.

Vorausgegangen ist unter dem 29.03.2018 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit (…)

Es wird darauf hingewiesen,

1. dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung des Klägers gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.05.2017 bestehen, soweit diese sich gegen die Beklagte zu 2. richten soll, so dass insoweit gemäß § 522 Abs.1 ZPO eine Verwerfung der Berufung durch Beschluss als unzulässig in Betracht kommt, und

2. dass der Senat ansonsten beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.05.2017 durch Beschluss gemäß § 522 Abs.2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

I.

Die Kläger haben in erster Instanz nach den unter dem 11.08.2015 erklärten Widerrufen ihrer Vertragserklärungen zu zwei grundpfandrechtlich besicherten Verbraucherkreditverträgen vom 10.09.2009 bzw. vom 10./11.09.2009, die in 2014 zurückgeführt wurden, Zahlungsansprüche gestellt und Erstattung außergerichtlicher Kosten verlangt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs.1 Nr.1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, für Ansprüche aus dem Vertrag vom 10.09.2009 (über 70.000 €) sei die Beklagte zu 1. schon nicht passiv legitimiert, weil der Vertrag eindeutig mit der Beklagten zu 2. als Vertragspartnerin abgeschlossen worden sei, während die Beklagte zu 1. nur im Namen der Beklagten zu 2. aufgetreten sei.

Ein Anspruch aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach den §§ 495, 355, 357, 346ff. BGB bestehe im Übrigen jeweils nicht, weil der jeweilige Widerruf der Darlehensverträge infolge des vorherigen Ablaufs der vierzehntägigen Widerrufsfrist keine Wirkung mehr entfaltet habe. Die verwendeten Widerrufsbelehrungen seien ordnungsgemäß gewesen, so dass die Widerrufsfrist jeweils im September 2009 zu laufen begonnen habe. Zwar gebe es bei der Belehrung über den Fristbeginn eine Abweichung von der damaligen Gesetzeslage insoweit, als dass nicht auch der Erhalt des eigenen schriftlichen Vertragsantrags des Verbrauchers den Fristbeginn auslöste; jedoch wirke sich dies ausschließlich zugunsten des Verbrauchers aus und sei daher zulässig. Insbesondere werde in der Widerrufsbelehrung für den Beginn der Widerrufsfrist auf den Erhalt der Vertragsurkunde abgestellt und gerade nicht auf den bloßen Erhalt eines Vertragsangebots. Die Formulierung „…einen Tag, nachdem…“ sei ebenfalls nicht zu beanstanden, weil sie § 187 BGB Rechnung trage. Die Widerrufsbelehrungen verstießen auch nicht aus anderen Gründen gegen das Deutlichkeitsgebot.

Gegen das den Klägern am 15.05.2017 zugestellte Urteil wendet sich allein der Kläger zu 2. (im Folgenden: der Kläger), der die erstinstanzlichen Zahlungsanträge in der Berufungsinstanz in modifizierter Form weiterverfolgt, wobei er die nach dem Wortlaut der Berufungsschrift gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Berufung am 08.06.2017 eingelegt und eine Berichtigung des Passivrubrums unter Einschluss der Beklagten zu 2. eingehend am 23.06.2017 beantragt hat. Hierzu wird ausgeführt, bei der Fertigung der Berufungsschrift habe die im Büro des Prozessbevollmächtigten hierzu beauftragte Rechtsanwaltsfachangestellte versehentlich das Passivrubrum der ursprünglichen Klageschrift verwendet, anstatt auf das Rubrum des Urteils des Landgerichts abzustellen. Dem Prozessbevollmächtigten sei dies erst bei der Vorbereitung der Berufungsbegründung aufgefallen. Im Zweifel richte sich ein Rechtsmittel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen.

Zur Begründung der Berufung wird ausgeführt, die Widerrufsbelehrung der Beklagten weiche in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist sowie im Text über die Widerrufsfolgen von der Musterbelehrung ab und enthalte keine Hinweise zu finanzierten Geschäften. Hinsichtlich der Abweichung der Widerrufsbelehrung in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist habe der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.03.2009 – XI ZR 33/08 – eine gleich lautende Formulierung als nicht ausreichend erachtet, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen könne, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Erklärung des Verbrauchers am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung. Zu Unrecht habe das Landgericht die Abweichung der Widerrufsbelehrungen vor dem Hintergrund des § 187 BGB nicht beanstandet; wenn die Widerrufsbelehrung den Fristbeginn auf einen Tag nach Übergabe der Vertragsdokumente lege, wäre dieser Tag bei der Fristberechnung nach § 187 BGB nicht mitzurechnen, was im Ergebnis also durchaus zu einer falschen Fristberechnung führe. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob sich eine objektiv falsche Widerrufsbelehrung im konkreten Fall tatsächlich negativ auswirke.

Da somit die Widerrufserklärungen die Verträge rückwirkend aufgelöst hätten, seien den Klägern die von ihnen geleisteten Zinsen und Vertragskosten zurück zu gewähren. Für den Darlehensvertrag Nummer 1 habe die Beklagte zu 2. den Klägern für den Zeitraum 2010 bis 2015 die Zahlung von Zinsen in Höhe von 6 x 2.646 € sowie 1 x 712,95 € (= 16.588,95 €) bescheinigt; daneben seien den Klägern laut Darlehensvertrag eine Abschlussgebühr in Höhe von 700 € sowie eine Darlehensgebühr in Höhe von 342,69 € berechnet worden. Für den Darlehensvertrag mit der Nummer 2 habe die Beklagte zu 1. den Klägern für den Zeitraum 2009 bis 2014 die Zahlung von Zinsen in der Gesamthöhe von 4.322,98 € bescheinigt; daneben sei den Klägern laut Darlehensvertrag eine Zinsbegrenzungsprämie von 1.000 € berechnet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl.278ff.d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 9.5.2017 – Geschäftsnummer: 2-28 O 274/16 – zugestellt am 15.5.2017,

1.

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Kläger 5.322,98 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz dem 1.10.2015 zu zahlen;
2.

die Beklagten zu 2. zu verurteilen, an die Kläger 17.631,64 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2015 zu zahlen;
3.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2015 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Das Urteil des Landgerichts sei gegenüber der Beklagten zu 2. bereits rechtskräftig, nachdem sich die fristgemäße Berufungsschrift ausdrücklich nur auf die Beklagte zu 1. bezogen habe und bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist auch aus sonstigen Unterlagen oder Umständen des Einzelfalls sich nicht ergeben habe, dass sich die Berufung auch gegen die Beklagte zu 2. habe richten sollen. Es entlaste den klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht, dass (angeblich) dessen Rechtsanwaltsfachangestellte versehentlich das Passivrubrum der ursprünglichen Klageschrift verwendet habe und dem Klägervertreter dies erst bei Vorbereitung der Berufungsbegründung aufgefallen sei, da die Erstellung einer Rechtsmittelschrift zu den Tätigkeiten eines Rechtsanwalts gehöre, die ein Höchstmaß an Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erforderten, und der klägerische Prozessbevollmächtigte sich daher persönlich habe überzeugen müssen, ob die Berufungsschrift die Personen richtig bezeichne, gegen und für die das Rechtsmittel eingelegt werden solle.

Das Urteil des Landgerichts sei ferner gegenüber der Klägerin zu 1. rechtskräftig, nachdem diese gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts keine Berufung eingelegt habe. In der Folge fehlt nunmehr dem Kläger für die von ihm geltend gemachten Ansprüche die Aktivlegitimation. Da die Darlehensverträge von den Klägern als Mitdarlehensnehmer geschlossen worden seien, könne der Kläger nicht Zahlung nur an sich verlangen; vielmehr seien die Kläger hinsichtlich eines – unterstellten – Zahlungsanspruchs Mitgläubiger gemäß § 432 BGB.

Davon abgesehen habe das Landgericht zu Recht entschieden, dass die erteilten identischen Widerrufsbelehrungen ordnungsgemäß gewesen seien. Denn der Fristlauf ab Zurverfügungstellung der Vertragsurkunde entspreche sowohl dem Gesetz als auch dem Interesse des Verbrauchers an einer möglichst langen Widerrufsfrist. Auch sei der dem Gesetz entnommene Begriff der „Vertragsurkunde“ für einen Verbraucher unmissverständlich. Dagegen seien die vom BGH im Urt.v.10.03.2009 – XI ZR 33/08 -, im Urt.v. 21.02.2017 – XI ZR 381/16 – und im Urt.v. 16.05.2016 – XI ZR 586/15 – getroffenen Feststellungen zur Missverständlichkeit einer Widerrufsbelehrung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Die Belehrung zum Fristlauf entspreche gerade § 187 BGB. Unerheblich sei dagegen, ob nach der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Musterwiderrufsbelehrung ein Hinweis auf die Rechtsfolgen eines Widerrufs im Falle eines Verbundtatbestandes bzw. im Falle von finanzierten Geschäften erforderlich gewesen sei, da die Beklagte sich gar nicht auf die Schutzwirkung des Belehrungsmusters berufe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl.326ff.d.A.) Bezug genommen.

II.

1. Der Senat hält die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Berufung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand bereits für unzulässig, weil die Berufung nicht binnen der Frist des § 517 ZPO gegen die Beklagte zu 2. gerichtet worden und auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sein dürfte.

Aus der fristgerecht eingelegten Berufungsschrift vom 31.05.2017 ergibt sich nicht, dass die Berufung sich auch gegen die Beklagte zu 2. richten soll. Aus der Berufungsschrift muss entweder für sich allein oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll (BGH NJW-RR 2011, 281 [BGH 11.05.2010 – VIII ZB 93/09]; NJW-RR 2010, 277 [BGH 22.09.2009 – VI ZB 76/08][BGH 22.09.2009 – VI ZB 76/08], jew. m.w.N.). Zwar sind an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners weniger strenge Anforderungen als an die Bezeichnung des Rechtsmittelklägers zu stellen, so dass sich in den Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen richtet, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (BGH NJW-RR 2011, 281; NJW-RR 2009, 208, jew. m.w.N.). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, beispielsweise daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (BGH NJW-RR 2011, 281 [BGH 11.05.2010 – VIII ZB 93/09]; NJW-RR 2009, 208 [BGH 09.09.2008 – VI ZB 53/07][BGH 09.09.2008 – VI ZB 53/07]; NJW 2003, 3203 [BGH 11.07.2003 – V ZR 233/01]; NJW 1961, 2347). Dies ist jedoch nicht zwingend. Eine unbeschränkte Berufungseinlegung wurde auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur der im Urteilsrubrum an erster Stelle stehende Streitgenosse genannt wurde (BGH NJW-RR 2011, 281 m.w.N.). Zur Auslegung kann eine beigefügte Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils herangezogen werden; entscheidend ist dabei aber letztlich, ob eine Beschränkung des Rechtsmittelangriffs auf einen Teil der bisherigen Prozessgegner in Anbetracht des der Vorinstanz unterbreiteten Streitstoffs ungewöhnlich oder gar fern liegend erscheint (BGH NJW-RR 2011, 281 [BGH 11.05.2010 – VIII ZB 93/09][BGH 11.05.2010 – VIII ZB 93/09] m.w.N.). Insofern sind Mängel der Parteibezeichnung in Rechtsmittelschriften dann unbeachtlich, wenn sie in Anbetracht der jeweiligen Umstände keinen vernünftigen Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers oder des Rechtsmittelbeklagten offenlassen; bei der Prüfung, ob das Rechtsmittel auch gegen einen nicht als Berufungsbeklagten bezeichneten Streitgenossen eingelegt ist, hat das Berufungsgericht, wenn rechtlich beide Möglichkeiten in Frage kommen, nicht darauf abzustellen, welche aus der Sicht des Rechtsmittelklägers die zweckmäßigere ist (BGH NJW 2003, 3203 [BGH 11.07.2003 – V ZR 233/01]). Vorliegend hat die Berufungsschrift nur die Beklagte zu 1. mit voller Anschrift genannt, ohne dass es sich erkennbar um eine abgekürzte Version des Passivrubrums gehandelt hätte. Da es sich um Widerrufe zu zwei verschiedenen Vertragsverhältnissen mit verschiedenen Vertragspartnern gehandelt hat, ist auch eine Beschränkung des Rechtsmittels in rechtlicher Hinsicht ohne weiteres möglich und denkbar gewesen, so dass nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden kann, dass sich die Berufungsschrift vom 31.05.2017 tatsächlich gegen beide Beklagte richten sollte. Insofern ist bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist von einer Beschränkung der Berufung auf die Beklagte zu 1. auszugehen, zumal dies der Kläger letztlich sogar selbst einräumt, indem er ausführt, dass die Berufungsschrift – wenn auch versehentlich – mit dem früheren, nur die Beklagte zu 1. umfassenden Passivrubrum versehen worden ist.

Die mit Schriftsatz vom 21.06.2017 nach Ablauf der Berufungsfrist erfolgte Erweiterung der Berufung auf die Beklagte zu 2. kam zu spät. Auf die Eingabe hin kann auch nicht etwa gemäß §§ 236 Abs.2 S.2 2.Hs.; 233 S.1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dessen Verschulden diesem gemäß § 85 Abs.2 ZPO zugerechnet werden kann, eingeräumt hat, das Fehlen der Bezeichnung der Beklagten zu 2. im Passivrubrum bei Unterzeichnung der Berufungsschrift übersehen zu haben. Die Anfertigung von zur Fristwahrung geeigneten Schriftsätzen gehört aber zu den Geschäften, die ein Rechtsanwalt nicht seinem Büropersonal überlassen darf, ohne das Arbeitsergebnis auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen (BGH NJW-RR 2013, 699 [BGH 22.01.2013 – VIII ZB 46/12]; NJW 2012, 1591 [BGH 08.02.2012 – XII ZB 165/11]; AnwBl 2011, 865; VersR 2006, 991; FamRZ 2003, 1176).

2. Der Senat hält die Berufung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch insgesamt für unbegründet.

Denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO; außerdem rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dies folgt allerdings nicht schon aus dem Umstand, dass der Kläger sich die Rechtskraft der abweisenden erstinstanzlichen Entscheidung gegenüber der Klägerin zu 1. entgegenhalten lassen müsste. Denn die Rechtskraft wirkt nur im Verhältnis zu der Klägerin, die als Mitberechtigte im Sinne von § 432 BGB einfache Streitgenossin des Klägers gewesen ist, vgl. § 432 Abs.2 BGB (vgl. RGZ 119, 163, 169; Senat, Urt.v. 19.12.2016 – 23 U 179/15 -; OLG Koblenz MDR 2010, 281 [OLG Koblenz 19.01.2010 – 5 W 2/10]; Palandt-Grüneberg, BGB, 77.Aufl., § 432 Rn.10 m.w.N.). Ginge man dagegen für klagende Mitgläubiger im Fall von § 432 BGB sogar von notwendiger Streitgenossenschaft aus (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 32.Aufl., § 62 Rn.16), hätte die rechtzeitige Berufung des Klägers ohnehin den Eintritt der Rechtskraft auch gegenüber der Klägerin gehindert, vgl. § 62 Abs.2 ZPO. Da der Kläger weiterhin Zahlung an alle Mitberechtigten – und nicht etwa nur Zahlung an sich selbst – begehrt, ist auch gegen die Antragstellung insoweit nichts zu erinnern.

Der Antrag zu 3. (Erstattung von außergerichtlichen Kosten) ist allerdings von vornherein mangels einer in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage unbegründet, da ein Schuldnerverzug mit der Rückabwicklungsleistung bei Anwaltsbeauftragung mangels Mahnung nicht vorlag. Ein Schuldnerverzug einer zur Rückabwicklung verpflichteten Bank setzt außerdem voraus, dass der Darlehensnehmer seinerseits die von ihm nach § 357 Abs.1 S.1 BGB i.V.m. §§ 346ff. BGB in der seinerzeitigen Fassung geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug der Beklagten begründenden Weise angeboten hat (BGH NJW-RR 2017, 812 [BGH 14.03.2017 – XI ZR 442/16]; BGH NJW 1997, 581 [BGH 15.11.1996 – V ZR 292/95][BGH 15.11.1996 – V ZR 292/95]; NJW 1996, 923 [BGH 29.11.1995 – VIII ZR 32/95]; Münchener Kommentar zum BGB [Ernst], 7.Aufl., § 286 Rn.24 m.w.N.), woran es hier fehlen dürfte. Ansprüche auf Kostenerstattung folgen auch nicht aus § 280 BGB wegen einer in der – unterstellten – Falschinformation liegenden Vertragspflichtverletzung (BGH WM 2017, 849 [BGH 14.03.2017 – XI ZR 442/16]; NJW 2017, 1823 [BGH 21.02.2017 – XI ZR 467/15]). Denn vor der Entstehung von Rückgewähransprüchen nach § 357 Abs.1 S.1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346ff. BGB soll die Widerrufsbelehrung nicht schützen (BGH NJW 2017, 1823 [BGH 21.02.2017 – XI ZR 467/15]).

Die Klage besitzt zudem auch in der Sache keinerlei Erfolgsaussichten.

Die mit Schreiben vom 11.08.2015 erklärten Widerrufe waren nicht wirksam, so dass kein Rückgewährschuldverhältnis entstanden ist. Denn die jeweils erteilte, gleich lautende Widerrufsbelehrung hält einer Überprüfung stand, so dass der Lauf der Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs.2 a.F. BGB jeweils im Jahr 2009 in Gang gesetzt wurde und die zweiwöchige Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen war.

Die verwendete Belehrung ist gemessen an den seinerzeit geltenden gesetzlichen Anforderungen nicht zu beanstanden. Auf Fragen der Übereinstimmung mit der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Abs.1 und 3 BGB-InfoV in der Fassung vom 29.07.2009 kommt es demgemäß von vornherein nicht an. Eine – hier unproblematisch gegebene – Abweichung von den Mustertexten führt nur zum Verlust des Musterschutzes durch die Gesetzlichkeitsfiktion. Ist die von der Musterbelehrung abweichende Widerrufsbelehrung hingegen in Bezug auf den Fristbeginn – wie hier – selbst gesetzeskonform, weil sie den Vorgaben des § 355 BGB a.F. entspricht, bleibt eine Abweichung von der Musterbelehrung, die zu verwenden keine Verpflichtung bestand (Palandt-Grüneberg, BGB, 69.Aufl., § 14 BGB-InfoV, Rn.1) und die z.B. in der Fassung vom 02.12.2004 selbst gerade nicht gesetzeskonform war (vgl. etwa BGH NJW 2012, 3298 [BGH 15.08.2012 – VIII ZR 378/11]; NJW-RR 2012, 183 [BGH 28.06.2011 – XI ZR 349/10]; NZG 2012, 427 [BGH 01.03.2012 – III ZR 83/11]; NJW 2011, 1061 [BGH 01.12.2010 – VIII ZR 82/10]), folgenlos. Insofern ist es auch bedeutungslos, dass die Belehrung nicht die Wendungen der Musterbelehrung zu den Widerrufsfolgen bei finanzierten Geschäften etc. übernommen hat, zumal nach der zum Zeitpunkt des Darlehensabschlusses geltenden Fassung des § 355 Abs.2 BGB a.F. im Allgemeinen gar keine Verpflichtung bestand, über die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Verbraucherkreditverträgen zu belehren (Senat, Beschl.v. 21.11.2016 – 23 U 37/16 -; Beschl.v. 07.07.2016 – 23 U 188/15 -; Urt.v. 05.08.2015 – 23 U 178/14 -; OLG Celle, Beschl.v. 14.07.2014 – 3 W 34/14 -; OLG Karlsruhe, Urt.v. 17.09.2014 – 17 U 239/13 -; OLG Hamm, Urt.v. 02.02.2015 – 31 U 126/14 -; vgl. BGH WM 2017, 761: ausnahmsweise Folgenbelehrungspflicht etwa bei Fernabsatzverträgen).

Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert zwar eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung auch über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH NJW 2009, 3572 [BGH 10.03.2009 – XI ZR 33/08] m.w.N.). Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der – wie der hiesige Verbraucherdarlehensvertrag – schriftlich abzuschließen ist, gemäß § 355 Abs.2 S.3 BGB a.F. davon ab, dass dem Verbraucher neben der Widerrufsbelehrung auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird. Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist; nur wenn die Widerrufsbelehrung sich auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht, kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH NJW 2009, 3572 [BGH 10.03.2009 – XI ZR 33/08]; NJW 2002, 3396 [BGH 04.07.2002 – I ZR 55/00][BGH 04.07.2002 – I ZR 55/00]). Dies leistet die vorliegende Widerrufsbelehrung, weil sie § 355 Abs.2 S.3 BGB a.F. entsprach, wonach als Voraussetzung des Fristbeginns „dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden“ musste. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher (vgl. BGH NJW 2017, 1306 [BGH 22.11.2016 – XI ZR 434/15]; NJW 2016, 1881 [BGH 23.02.2016 – XI ZR 101/15]) wird erkennen, dass eine „Vertragsurkunde“ gerade die Vertragserklärung des Verbrauchers beinhaltet. Auch das von Verbraucherseite häufig – so auch hier – herangezogene Urteil des BGH vom 10.03.2009 – XI ZR 33/08 – besagt nichts anderes; der BGH (WM 2017, 806 [BGH 21.02.2017 – XI ZR 381/16]) hat hierzu inzwischen klargestellt:

Der Senat hat wiederholt entschieden (Senatsurteile vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 16 und vom 6. Dezember 2011 – XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 25 sowie – XI ZR 442/10, juris Rn. 32; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 – XI ZR 148/10, WM 2011, 655 [BGH 15.02.2011 – XI ZR 148/10] Rn. 13), dass eine Widerrufsbelehrung den Vorgaben des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. nicht genügt, wenn der Fristbeginn mit der Wendung „eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages“ oder mit der Wendung „die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags“ bezeichnet wird, weil dadurch das unrichtige Verständnis nahegelegt wird, die Widerrufsfrist beginne einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Vertragsantrags des Unternehmers ohne Rücksicht darauf, ob der Verbraucher bereits seine auf Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung abgegeben habe. In dieser Weise missverständliche Formulierungen grenzt der Senat von der an den Verbraucher gerichteten und hinreichend deutlichen Wendung „eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags“ ab, die durch die Verwendung des Personalpronomens vor dem Wort „Antrag“ deutlich macht, dass das Anlaufen der Frist von der schriftlichen Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers abhängig ist (Senatsbeschluss vom 27. September 2016 – XI ZR 309/15, WM 2016, 2215 Rn. 8).

Dagegen ist der Begriff „Vertragsurkunde“, den auch der Gesetzgeber in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. verwendet hat, für sich ohne Rücksicht auf die Umstände des Zustandekommens des Darlehensvertrags niemals undeutlich. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. bezeichnet mit dem Begriff „Vertragsurkunde“ das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags. Entsprechend kann der Begriff „Vertragsurkunde“ objektiv auch nicht anders und insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensgebers. Der Unternehmer muss nicht genauer formulieren als der Gesetzgeber selbst (Senatsurteil vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15, Umdruck Rn. 17, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ; Senatsbeschluss vom 27. September 2016 – XI ZR 309/15, WM 2016, 2215 Rn. 8). Soweit das Senatsurteil vom 10. März 2009 (XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 16) anders interpretiert werden könnte, stellt der Senat dies ausdrücklich klar.

Soweit die Berufung sich auf verschiedene Entscheidungen des BGH bezieht, beruhten die Beanstandungen dort jeweils auf der Verwendung von Formulierungen wie „der Vertragsantrag“, „der schriftliche Darlehensantrag“ o.ä., was die Zurverfügungstellung eines bloßen einseitigen Antrags der Unternehmerseite ohne eigene Vertragserklärung des Verbrauchers einschließen und daher irreführend sein kann. Der vorliegende Fall bietet dieses Irreführungspotential gerade nicht, weil der Fristbeginn gerade nicht in irgendeiner Form an die Zurverfügungstellung eines bloßen Antrags, sondern nur an die Übergabe der Vertragsurkunde angeknüpft wird.

Vor dem o.g. Hintergrund ist es im Ergebnis auch nicht zu beanstanden, dass die Belehrung entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 355 Abs.2 S.3 BGB a.F. für den Beginn des Fristlaufs nicht alternativ auch auf die Zurverfügungstellung des schriftlichen Vertragsantrags des Darlehensnehmers oder einer Abschrift dieses Antrags, sondern nur auf die Zurverfügungstellung der Vertragsurkunde oder einer Abschrift der Vertragsurkunde abgestellt hat. Zu Recht ist das Landgericht insoweit davon ausgegangen, dass der BGH in ähnlich gelagerten Fällen von einem den Verbraucher begünstigenden und damit unschädlichen Hinausschieben der Widerrufsfrist ausgegangen ist (BGH, Urt.v. 26.05.2009 – XI ZR 242/08 -; Urt.v. 13.01.2009 – XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709 [BGH 13.01.2009 – XI ZR 118/08]; jew. zu § 2 Abs.1 S.2 HWiG a.F.; wie hier i.E.: OLG Frankfurt am Main, Beschl.v. 21.12.2015 – 19 U 160/15 -; OLG Celle, Beschl.v. 22.07.2015 – 3 U 89/15 – [Anlage B1; Bl.76ff.d.A.]; wie hier: LG Krefeld, Urt.v. 14.04.2016 – 3 O 39/15 -; Landgericht Essen, Urt.v. 17.09.2015 – 6 O 190/15 -; LG Duisburg, Urt.v. 05.05.2014 – 2 O 289/13 -; vgl. auch BGH NJW 2017, 1306 [BGH 22.11.2016 – XI ZR 434/15]: Aufnahme zusätzlicher, vom Gesetz nicht vorgesehener fristauslösender Umstände unschädlich), so dass die Frist mit der unstreitigen Aushändigung der Abschrift der Vertragsurkunde begonnen hat.

Auch die Formulierung „einen Tag, nachdem“ ist nicht sachlich unzutreffend oder gar sonstwie irreführend (vgl. BGH NJW 2017, 1823 [BGH 21.02.2017 – XI ZR 467/15]); sie entspricht § 187 BGB.

Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 522 Abs.2 S.1 ZPO i.d.F. des Gesetzes vom 21.10.2011 (BGBl.I S.2082) lägen – die Zulässigkeit der Berufung unterstellt – vor.

Schließlich regt der Senat an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen. Etwaiger neuer Vortrag ist nach der ZPO nur in sehr engen Grenzen zulässig. Die Rücknahme hätte die Halbierung der Gerichtskosten zweiter Instanz zur Folge, § 3 Abs.2 GKG i.V.m. KV-Nr.1222.

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