OLG Frankfurt am Main, 31.10.2013 – 7 U 183/12

April 19, 2019

OLG Frankfurt am Main, 31.10.2013 – 7 U 183/12
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 14.06.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.
Gründe

I.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage die Rückzahlung der Beiträge für ursprünglich elf bei der Beklagten unterhaltene Lebens- und Rentenversicherungsverträge aus abgetretenem Recht der jeweiligen Versicherungsnehmer geltend.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in der Land1, die ausweislich des Handelsregisters Prozessfinanzierung betreibt, indem sie eine Vielzahl von gleich gelagerten Fällen, wie zum Beispiel an sie abgetretene Rückkaufsansprüche aus beendeten Lebens- und Rentenversicherungsverträgen, bündelt und die Ansprüche gegen eine Gebühr sowie eine Erfolgsbeteiligung durchsetzt. Sie gehört einer Gruppe von Investoren an, die sich in einer A Stiftung zusammengeschlossen haben, und führt ihr operatives Geschäft in Deutschland durch. In das Rechtsdienstleistungsregister der Bundesrepublik Deutschland ist sie nicht eingetragen.

Die Versicherungsnehmer haben bei der Beklagten Lebens- oder Rentenversicherungen nach dem Policenmodell abgeschlossen. Die Klägerin hat sich die Ansprüche aus diesen Versicherungen abtreten lassen. Dabei sind unterschiedliche Vertragsmodelle vereinbart worden.

Der am häufigsten und von der Klägerin heute wohl ausschließlich verwendete Kauf- und Abtretungsvertrag (Anlagen K 89, K 105 Anlagenband Berufung) sah eine Vollabtretung der dem Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag zustehenden Rechte vor. Der Forderungseinzug erfolgte entgeltlich, wobei die Klägerin für das Kündigungsschreiben eine Gebühr erhielt und für den Fall der Geltendmachung des Mehrerlöses (= eingezogene Beiträge oberhalb des Rückkaufwertes) je nach Vertragsmodell 75 % oder 50% der eingezogenen Beiträge; gegebenenfalls hatte der Versicherungsnehmer zusätzlich ein pauschales Entgelt von 300,- € zu zahlen.

Vorliegend macht die Klägerin Ansprüche auf den Mehrerlös aus einem solchen Vertragsmodell aus dem ursprünglich mit dem Versicherungsnehmer VN7 geschlossenen Vertrag geltend. In den diesem Kauf- und Abtretungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen, Stand 01/2011 (im Weiteren: Bedingungen; Anlage 105 Anlagenband zur Berufungsbegründung), ist unter § 3 Abs. 1 vereinbart, dass der Kaufpreis sich nach dem von der Gesellschaft im Zuge der Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Nettoauszahlungsbetrag nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren richtet. Gemäß § 3 Abs. 4 der Bedingungen ist der Kaufpreis auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von zehn Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieser Vereinbarung sowie der Bedingungen wird auf deren Inhalt Bezug genommen.

Die Klägerin hat sodann gegenüber der Beklagten die Abtretung angezeigt sowie den Widerspruch des Vertragsschlusses und, sofern die Verträge nicht bereits gekündigt waren, hilfsweise die Kündigung erklärt und sie aufgefordert, sämtliche während der Vertragslaufzeit gezahlten Prämien zu zahlen.

Ein weiteres von der Klägerin angebotenes Vertragsmodell war ein Vertrag mit der Bezeichnung „B“. Diese Vereinbarungen sahen vor, dass die Ansprüche lediglich unter dem Vorbehalt abgetreten werden sollten, dass der Versicherungsnehmer in Höhe von 50% an dem noch zu erzielenden Gewinn beteiligt werden würde. Diese Verträge wurden später nicht mehr angeboten; den Versicherungsnehmern, die diesen Vertragstyp vereinbart hatten, wurde angeboten, den Vertrag umzustellen auf das Modell des Kauf- und Abtretungsvertrages. Die Ansprüche, die auf diese Vereinbarungen (Anlage K 95, 96, 97) zurückzuführen sind, hat die Klägerin durch Rücknahme der Berufung dem Streit entzogen.

Schließlich vereinbarte die Klägerin mit einigen Versicherungsnehmern einen sogenannten Prüfauftrag C (Anlagen K 98, 99, 100, 101, 102; Anlagenband Kläger), bei dem es sich um einen Prozessfinanzierungs- und Prozessbetreuungsvertrag handelte. Bei diesem Modell hatte der Versicherungsnehmer den Vertrag bereits regelmäßig selber gekündigt und den Rückkaufswert schon erhalten; es ging damit ausschließlich um die Geltendmachung des Mehrerlöses. Zunächst verblieben nach der ursprünglichen Vereinbarung alle Ansprüche bei dem Versicherungsnehmer, eine Abtretung an die Klägerin erfolgte nicht. Diese Verträge wurden dann zwei Jahre später auf das Modell des Kauf- und Abtretungsvertrages umgestellt, sofern die Kunden damit einverstanden waren. Abgetreten wurden dann ausschließlich die Ansprüche auf den Mehrerlös, von dem die Klägerin im Falle ihres Erfolges einen bestimmten Anteil einbehielt.

Nachdem die Versicherungsverträge gekündigt und die Rückkaufswerte ausgezahlt worden waren, machte die Klägerin mit Schreiben vom 28.11.2011 den verzinsten Differenzbetrag aus den jeweils eingezahlten Prämien abzüglich des Rückkaufswertes geltend. Die Beklagte lehnte jegliche weitere Zahlungen ab.

Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, sie sei aktivlegitimiert, da die Abtretung der Ansprüche wirksam erfolgt sei. Insbesondere sei sie nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (im Weiteren: RDG) unwirksam. Die Tätigkeit der Klägerin sei nicht als Inkassodienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 RDG zu qualifizieren. Die Forderungen seien endgültig an sie abgetreten worden und sie habe auch das Bonitätsrisiko übernommen. Es liege auch kein Verstoß nach § 2 Abs. 1 RDG vor, da es im Schwerpunkt der Tätigkeit nicht um die Prüfung von rechtlichen Fragen gehe.

Darüber hinaus hat sie gemeint, sie könne die Rückzahlung sämtlicher eingezahlter Beiträge der jeweiligen Versicherungsverträge verlangen, da ihr wegen der ungenügenden Widerrufsbelehrung und des europarechtswidrigen und deshalb unwirksamen § 5a VVG a. F. ein zeitlich unbefristetes Widerspruchsrecht zustehe. Die nach § 10a VVG a. F. erforderlichen Informationen seien nicht erteilt worden. Ihr stehe auch ein Schadensersatzanspruch wegen der fehlerhaft unterbliebenen Aufklärung über das Widerspruchsrecht sowie der Falschberatung aufgrund pflichtwidrig nicht mitgeteilter Kick-Backs zu. Verwirkung liege nicht vor, insbesondere hätten die Versicherungsnehmer die Verträge nicht genehmigt. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt.

Die Klägerin hat ihren ursprünglichen Antrag auf Zahlung in Höhe von 49.936,14 € mit Schriftsatz vom 23.04.2012 teilweise zurückgenommen und sodann beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

1. aus den Versicherungsverträgen

Nr. …1, Versicherungsnehmerin VN1,

Nr. …2, Versicherungsnehmerin VN2,

Nr. …3, Versicherungsnehmer VN3,

Nr. …4, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …5, Versicherungsnehmer VN5,

Nr. …6, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …6, Versicherungsnehmerin VN6,

Nr. …7, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …8, Versicherungsnehmer VN9,

Nr. …9, Versicherungsnehmer VN7,

Nr. …10, Versicherungsnehmer VN8, 49.811,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit hinsichtlich der Abwicklung der Versicherungsverträge

Nr. …1, Versicherungsnehmerin VN1,

Nr. …2, Versicherungsnehmerin VN2,

Nr. …3, Versicherungsnehmer VN3,

Nr. …4, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …5, Versicherungsnehmer VN5,

Nr. …6, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …6, Versicherungsnehmerin VN6,

Nr. …7, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …8, Versicherungsnehmer VN9,

Nr. …9, Versicherungsnehmer VN7,

Nr. …10, Versicherungsnehmer VN8,

in Höhe von 2.007,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Geltendmachung der vermeintlichen Ansprüche aus den elf Verträgen sei bereits unzulässig, da das deutsche Recht eine solche Sammelklage nicht kenne. Es fehle aufgrund der unterschiedlichen Sachverhalte an einer Anspruchshäufung.

Die Klägerin sei zudem nicht aktivlegitimiert, da sie mit ihrem Geschäftsmodell eine unzulässige Forderungseinziehung auf fremde Rechnung nach § 2 Abs. 2 RDG betreibe. Die Klägerin trete schon nicht wie bei einem echten Forderungskauf durch die Zahlung des Kaufpreises in Vorlage und übernehme daher nicht das Bonitätsrisiko. Zudem habe der Versicherungsnehmer an der Beitreibung des Mehrerlöses, an dem er prozentual im Falle des Erfolges beteiligt sei, ein eigenes wirtschaftliches Interesse. Darüber hinaus nehme sie eine entgeltliche Rechtsprüfung der Erfolgsaussichten der Beitreibung des Mehrerlöses vor, was ebenfalls unzulässig im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG sei. Die Abtretungsvereinbarung sei daher gemäß § 134 BGB unwirksam.

Zudem sei § 5a VVG a. F. nicht europarechtswidrig. Die Klägerin sei auch weder zur Erklärung des Widerspruchs berechtigt gewesen, noch habe sie diesen trotz ordnungsgemäßer Belehrung fristgerecht erklärt. Die Widersprüche seien auch bereits verwirkt. Selbst wenn die Klägerin wirksam widersprochen hätte, stünden ihr lediglich die jeweiligen Rückkaufswerte zu.

Der geltend gemachte Schaden sei nicht entstanden und nicht ausreichend dargetan, im Übrigen seien die Schadensersatzansprüche verjährt und überhöht.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass die Klage nicht schon wegen fehlender Voraussetzungen für eine Anspruchshäufung nach § 260 ZPO unzulässig sei. Die verbundenen Klagen würden zwischen identischen Parteien geführt und es sei für sämtliche Ansprüche dasselbe Prozessgericht zuständig. Die Klägerin sei jedoch nicht aktivlegitimiert, da die zwischen ihr und den Versicherungsnehmern geschlossenen Abtretungsvereinbarungen gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig seien. Die Klägerin, der eine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen nicht erteilt worden sei, habe dennoch erlaubnispflichtige Inkassodienstleistungen erbracht. Sie habe auf fremde Rechnung gehandelt, da bei den jeweiligen Versicherungsnehmern das wirtschaftliche Risiko verbleibe. Der Kaufpreis richte sich nämlich stets nach dem von der Beklagten zur Auszahlung gebrachten Betrag. Darüber hinaus liege auch eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG vor, da die Klägerin in jedem Einzelfall rechtlich prüfe, ob Ansprüche, die über den Rückkaufswert hinausgingen, bestünden. Es liege auch nicht lediglich eine erlaubnisfreie Nebentätigkeit nach § 5 RDG vor, da sie die internationale Prozessfinanzierung als Geschäftsmodell betreibe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Anspruch weiter und macht insbesondere nochmals ihre Auffassung geltend, dass sie aktivlegitimiert und die jeweiligen Abtretungen wirksam seien. Dem Vertrag mit dem Versicherungsnehmer VN7 lägen nicht – wie erstinstanzlich versehentlich vorgetragen – die als Anlage K 90 vorgelegten Allgemeinen Bedingungen zugrunde, sondern die Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag (im Weiteren: AGB), Stand 1/2011, nunmehr als K 105 (Anlagenband Berufung) vorgelegt. Danach liege ein echter Forderungskauf mit der Abtretung als Erfüllungshandlung vor. Sie ziehe ausweislich der vertraglichen Gestaltung eine eigene Forderung ein, was erlaubnisfrei möglich sei. Die Klägerin trage das Bonitätsrisiko; dem Versicherungsnehmer stehe ein sofortiger klagbarer Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises zu. Die Klägerin könne alleine entscheiden, ob sie den Mehrerlös geltend machen wolle; das Risiko der Geltendmachung trage daher alleine sie. Sie könne die Forderung auch an einen Dritten abtreten. Sie trage die Kosten etwaiger Verfahren, weshalb das überwiegende wirtschaftliche Interesse bei ihr liege. Die Versicherungsnehmer hätten keinerlei Mitspracherechte und könnten insbesondere auch die gerichtliche Geltendmachung nicht erzwingen. Es könne der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, dass sie die Versicherungsnehmer an den weiteren Erstattungen profitieren lassen wolle. Die Versicherungsnehmer, die – wie zum Beispiel im Falle der früher abgeschlossenen C-Vertragsmodelle – die Rückkaufswerte bereits erhalten hätten, würden ohne jegliches Kostenrisiko für den Fall einer weiteren Erstattung profitieren; zum Zeitpunkt der Abtretung der Forderungen seien diese für die Versicherungsnehmer wertlos gewesen, da die Verkehrswerte bereits abgewickelt und gekündigt gewesen seien; der Wert der Verträge habe daher bei 0,- € gelegen, denn die Versicherungsnehmer hätten nicht damit rechnen können, tatsächlich einen Mehrerlös zu erhalten. Es bestehe keinerlei Innenbindung der Klägerin, was sich unter anderem daran zeige, dass sie die Beitreibung auch aussetzen könne nach § 2 Abs. 5 AGB oder die Forderung ihrerseits übertragen könne nach § 6 AGB, weshalb sie allein verfügungsbefugt über die Forderung sei. Der Internetauftritt der Klägerin sei nicht verwertbar; es komme ohnehin auf die konkrete Vertragsgestaltung an. Die dazu benannten Zeugen seien nicht gehört worden. Die Zeugen, bei denen es sich um die Versicherungsnehmer handele, hätten ihr Verständnis des Kauf- und Abtretungsvertrages in Form einer Auslegungs- Ergänzungsvereinbarung bestätigt, die nunmehr teilweise vorgelegt werden könnten. Diesen Auslegungs- und Ergänzungsvereinbarungen zufolge sei der Kaufpreis fällig, sobald die Bestätigung der Beklagten vorliege. Das Risiko, dass der Rückkaufswert nicht beizutreiben sei, liege damit bei der Klägerin. Die Tätigkeit sei auch nicht nach § 2 Abs. 1 RDG erlaubnispflichtig, weil schwerpunktmäßig keine rechtliche Beratung im Einzelfall erfolge. Schwerpunkt im Sinne von § 5 RDG sei zudem der Ankauf der Forderungen, nicht die rechtliche Prüfung.

Im Vertragstyp „C“ sei ursprünglich nur eine Prozessfinanzierung vereinbart und seien die Forderungen nur zur Sicherung der Ansprüche abgetreten worden; später seien auch diese Forderungen vollständig auf die Klägerin übertragen worden, die sie nun auf eigenes Risiko geltend mache. Sie sei auch insoweit wirtschaftliche Inhaberin der Forderungen, da sie das Beitreibungsrisiko trage und maßgeblich am Erlös im Obsiegensfalle beteiligt sei.

Die Klägerin hat die Berufung, die dem ursprünglichen Antrag nach auf Zahlung in Höhe von 49.811,13 € lautete nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.007,40 €, mit Schriftsatz vom 16.09.2013 teilweise zurückgenommen (Forderungen betreffend Verträge des Vertragstyps „B“) und hat sodann beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

1. aus den Versicherungsverträgen

Nr. …1, Versicherungsnehmerin VN1,

Nr. …2, Versicherungsnehmerin VN2,

Nr. …4, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …5, Versicherungsnehmer VN5,

Nr. …6, Versicherungsnehmerin VN6,

Nr. …8, Versicherungsnehmer VN9,

Nr. …9, Versicherungsnehmer VN7,

Nr. …10, Versicherungsnehmer VN8,

21.455,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit hinsichtlich der Abwicklung der Versicherungsverträge Nr. …1, Versicherungsnehmerin VN1,

Nr. …2, Versicherungsnehmerin VN2,

Nr. …4, Versicherungsnehmerin VN4,

Nr. …5, Versicherungsnehmer VN5,

Nr. …6, Versicherungsnehmerin VN6,

Nr. …8, Versicherungsnehmer VN9,

Nr. …9, Versicherungsnehmer VN7,

Nr. …10, Versicherungsnehmer VN8,in Höhe von 1.247,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Insbesondere ist sie der Ansicht, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, weil wegen des Verstoßes der Abtretungsvereinbarungen gegen das RDG diese gemäß § 134 BGB nichtig seien. Die Klägerin übernehme kein Bonitätsrisiko, vielmehr trete sie nicht einmal in finanzielle Vorlage; bleibe der Forderungseinzug erfolglos, falle nämlich gar kein Kaufpreis an. Dies werde durch die Internetauftritte der Klägerin belegt, die in Auszügen vorgelegt und im Übrigen unstreitig geblieben seien, weshalb sie auch verwertbar seien. Zudem erfolge auch eine rechtliche Prüfung, die den Kern der Tätigkeit der Klägerin ausmache. Schon der Wortlaut der Verträge mache deutlich, dass die Klägerin im – fremden – Interesse der Versicherungsnehmer handle.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin keine Ansprüche aus den Versicherungsverträgen zustehen. Sie ist nämlich nicht Inhaberin der streitgegenständlichen Forderung geworden, weil die mit den Versicherungsnehmern abgeschlossenen Kauf- und Abtretungsverträge beziehungsweise Prozessfinanzierungs- und Prozessbetreuungsverträge des Typs C sowie die Abtretungen als solche gemäß § 134 BGB nichtig sind, denn die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit verstößt gegen das RDG.

Die aufgrund des Vertrages von der Klägerin geschuldete Tätigkeit stellt eine Rechtsdienstleistung in Form einer erlaubnispflichtigen Inkassotätigkeit nach § 2 Abs. 2 RDG dar, ohne dass die Klägerin die dafür nach § 10 RDG erforderliche Erlaubnis besitzt.

Der räumliche Anwendungsbereich des RDG ist vorliegend eröffnet, auch wenn die Klägerin ihren Sitz in der Land1 hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 05.10.2006, Az. I ZR 7/04; zitiert nach Juris) wird die Rechtsbesorgung aus dem Ausland jedenfalls dann von dem damals noch geltenden Rechtsberatungsgesetz erfasst, wenn die Tätigkeit im Inland erfolgt ist und nicht nur mittelbare Wirkungen entfaltet. Der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers ist danach kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes. Diese Grundsätze sind auch auf das RDG anzuwenden (OLG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012, Az. 8 U 607/12; zitiert nach Juris).

Voraussetzung für die Anwendung des RDG ist deshalb, dass ein Rechtsdienstleister dauerhaft und zielgerichtet auf dem deutschen Beratungsmarkt tätig wird (Dreyer/Lamm/Müller, RDG, 1. Auflage 2009, § 1 Rn. 2 ff., 7). Dies trifft auf die Klägerin zu. Sie betreibt ihr Geschäftsmodell unstreitig in Deutschland und arbeitet zu diesem Zweck mit einem Servicedienstleiter mit Sitz in Stadt1 zusammen. Ihre Aktivitäten wirken sich damit hier unmittelbar aus. Darüber hinaus haben die Klägerin und die Versicherungsnehmer in § 5 der Bedingungen für den Streit über Wirksamkeit und Inhalt des Vertrages die Anwendung deutschen Rechts vereinbart.

Auch der sachliche Anwendungsbereich des RDG ist vorliegend eröffnet, weil es gemäß § 1 Abs. 1 RDG um eine außergerichtliche Dienstleistung geht.

Nach § 2 Abs. 2 RDG ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung), Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes und gemäß § 3 RDG nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt ist. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG dürfen Inkassodienstleistungen nur bei der zuständigen Behörde registrierte Personen erbringen, zu denen die Klägerin unstreitig nicht gehört.

Ob die Einziehung auf fremde Rechnung geschieht, richtet sich danach, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zugutekommt. Neben dem Wortlaut des Vertrages und der Art des geschlossenen Vertrages kommt es für die Beurteilung vor allem auf eine wirtschaftliche Betrachtung der getroffenen Vereinbarung an. Maßgeblich ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, das heißt das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (BGH, Beschluss vom 11.06.2013, Az. II ZR 245/11; zitiert nach Juris). So fehlt es bei der Forderungseinziehung auf fremde Rechnung – anders als beim echten, von dem Anwendungsbereich des RDG nicht erfassten Forderungskauf – nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Entscheidung vom 23.01.1980, Az. VIII ZR 91/97; zitiert nach Juris) schon deshalb an einer Übernahme des wirtschaftlichen Risikos, weil der Verkäufer nicht wie sonst bei einem Kaufgeschäft üblich sofort den Kaufpreis erhält (BGH, Urteil vom 30.10.2012, Az. XI ZR 324/11, zitiert nach Juris). Beim echten Forderungskauf erhält der Zedent den Gegenwert für seine Forderung nach Abzug entsprechender Gebühren sofort, obwohl die Forderung regelmäßig erst später fällig wird. In dieser Vorfinanzierung liegt für den Zedenten gerade der entscheidende wirtschaftliche Vorteil. Darüber hinaus übernimmt der Forderungskäufer damit neben der mit der Einziehung der Forderung verbundenen Dienstleistung auch das Risiko der Beitreibung der Forderung und der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners.

Vorliegend ist zwischen den verschiedenen, von der Klägerin verwendeten Verträgen, die sie mit den ursprünglichen Versicherungsnehmern abgeschlossen hat, zu unterscheiden. Hinsichtlich des Kauf- und Abtretungsvertrages, den sie mit dem Versicherungsnehmer VN7 vereinbart hat, ist unter Berücksichtigung aller Umstände davon auszugehen, dass diese Abtretung an die Klägerin zum Zwecke der Forderungseinziehung auf fremde Rechnung, nämlich auf Rechnung des Versicherungsnehmers VN7, erfolgt ist.

Es fehlt insoweit bereits an der für den echten Forderungskauf typischen Vorfinanzierung. Nach § 3 Abs. 1 der Bedingungen hängt nämlich die Höhe wie auch die Auszahlung des Kaufpreises von dem Eingang einer Bestätigung der beklagten Versicherung bei der Klägerin sowie nach § 3 Abs. 4 S. 1 der Bedingungen von dem Eingang des Geldes bei der Klägerin ab. Der Versicherungsnehmer erhält damit den Kaufpreis erst und nur dann, wenn die Klägerin erfolgreich gegen die beklagte Versicherung vorgegangen ist; erst dann ist nach den Bedingungen der Kaufpreis fällig. Die Klägerin trägt damit weder das Risiko der Zahlungsunfähigkeit noch der Beitreibung der Forderung; dieses verbleibt vielmehr vollständig bei dem Versicherungsnehmer (so auch OLG Nürnberg in einem ähnlich gelagerten Fall, Urteil vom 20.12.2012, Az. 8 U 607/12; zitiert nach Juris).Auch aufgrund der erfolgsabhängigen Beteiligung des Versicherungsnehmers an dem möglichen Mehrerlös wird deutlich, dass der Versicherungsnehmer nach wie vor ein erhebliches eigenes wirtschaftliches Interesse an der Forderungsbeitreibung hat. Die Einziehung erfolgt auch nicht deshalb auf eigene Rechnung, weil die Klägerin an dem eingezogenen Betrag beteiligt ist. Diese Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit ändert nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts (BGH, Urteil vom 30.10.2012, Az. XI ZR 324/11, zitiert nach Juris). An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin formal allein entscheidet, ob sie den Mehrerlös überhaupt geltend macht. Abgesehen davon, dass sie im vorliegenden Fall bereits Widerspruch eingelegt und sich damit entschieden hat, die streitgegenständliche Forderung geltend zu machen, ist nämlich das gesamte Geschäftsmodell darauf zugeschnitten, durch die Beitreibung des Mehrerlöses einen Gewinn zu erzielen. Dieser Zweck des Vertragsmodells ergibt sich insbesondere auch unmittelbar aus dem Inhalt des Kauf- und Abtretungsvertrages, dem zufolge der Versicherungsnehmer gerade sein gesamtes an die Versicherung gezahltes Geld zurück haben will.

Soweit die Klägerin meint, der Versicherungsnehmer VN7, der den Rückkaufswert bereits aufgrund eigener Kündigung erhalten hätte, würden ohne jegliches Kostenrisiko für den Fall einer weiteren Erstattung profitieren, da zum Zeitpunkt der Abtretung der Forderungen diese für ihn wertlos gewesen seien, weil der Verkehrswert bereits abgewickelt und gekündigt gewesen sei, ändert dies an der Beurteilung nichts.

Dass die Klägerin die Forderungen nicht als wertlos ansieht, ergibt sich bereits aus dem von ihr deutschlandweit betriebenen Geschäftsmodell, nach dem ihrer Ansicht nach bei fehlerhafter Widerspruchsbelehrung ein andauerndes Widerspruchsrecht besteht und damit ein Anspruch auf Beitragsrückzahlung. Insbesondere zeigt dieser Umstand, dass die Klägerin den Forderungen sehr wohl einen wirtschaftlichen Wert beimisst. Es ist deshalb davon auszugehen, dass zumindest eine vorher von der Klägerin geprüfte und als realistisch eingeschätzte Möglichkeit besteht, dass der Mehrerlös realisiert werden kann; diese Chance stellt den Wert der Forderung dar. Dadurch, dass die Klägerin diesen Wert allerdings nicht im Zeitpunkt der Forderungsabtretung dem Versicherungsnehmer entrichtet, sondern lediglich im Fall der erfolgreichen Geltendmachung in Höhe eines Bruchteils, hat sie das wirtschaftliche Risiko insoweit nicht selber zu tragen. Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass die Vereinbarung als Kaufvertrag bezeichnet wird, nach § 2 Abs. 2 der Bedingungen die Abtretung unwiderruflich erfolgt und der Klägerin gestattet ist, ihre Ansprüche einem Dritten zu übertragen, keine überragende Bedeutung zu. Die abgetretenen Forderungen werden nämlich nicht schon deshalb zu eigenen Ansprüchen der Klägerin. Ebenso kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung vorliegt, nicht darauf an, dass die Versicherungsnehmer ohne die Abtretungen an die Klägerin ihre Forderungen möglicherweise nicht mehr weiter verfolgt hätten oder ihre Erwartungshaltung gering war. Entscheidend ist vielmehr, dass die Versicherungsnehmer ihre Forderungen unabhängig von deren Werthaltigkeit an die Klägerin verkauft und abgetreten haben, ohne dass die Klägerin das Risiko der Beitreibung vollständig übernommen hat, indem sie den Gegenwert – und sei er auch noch so gering – an die Versicherungsnehmern sogleich und unabhängig von der Realisierbarkeit gezahlt hat.

Schließlich rechtfertigen Sinn und Zweck des RDG ebenfalls keine andere Beurteilung. Das RDG soll den Rechtssuchenden vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen schützen, indem er zum Beispiel die Geltendmachung von Forderungen nicht in die Hände von Dienstleistern gibt, die nicht über eine ausreichende Qualifikation verfügen. Die als eigenes Geschäft betriebene Forderungseinziehung soll zur Verhinderung von Beweisschwierigkeiten und Umgehungsgeschäften und insgesamt aus Verbraucherschutzgründen unter Erlaubnisvorbehalt stehen, soweit eine wirtschaftlich fremde Forderung eingezogen wird, bei der das Ausfallrisiko beim ursprünglichen Forderungsinhaber verbleibt. Eben diese Gefahr verwirklicht sich aber in den vorliegenden Fällen, in denen die Versicherungsnehmer ihre Forderungen auf die Klägerin übertragen und eine Gegenleistung nur erhalten, wenn die Forderungen tatsächlich erfolgreich durchgesetzt werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin frei über die Geltendmachung entscheiden kann, geht im Fall einer fehlerhaften Beurteilung zu Lasten der Versicherungsnehmer. Darauf, ob diese Chance, den Mehrerlös tatsächlich beizutreiben, tatsächlich gering ist, kommt es in diesem Zusammenhang deshalb nicht an.

Auch mit den Versicherungsnehmern VN8 und VN9 wurden entsprechende Kauf- und Abtretungsverträge (Anlagen K 91 und K 92, Anlagenband Kläger) geschlossen. Diese Verträge unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch von jenem mit dem Versicherungsnehmer VN7 geschlossenen Vertrag, dass sie ausdrücklich mit „Kauf- und Abtretungsvereinbarung“ überschrieben sind. Die diesen Verträgen zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (K 93, Anlagenband Kläger; K 94, Anlagenband Berufungsbegründung) unterscheiden sich nicht bedeutend von jenen, die der Vereinbarung mit dem Versicherungsnehmer VN7 zugrunde gelegt wurden. Insofern gelten auch für diese Abtretungen die obigen Ausführungen. Soweit die Klägerin nunmehr mit Schriftsatz vom 16.09.2013 die mit diesen Versicherungsnehmern im September 2013 abgeschlossenen Auslegungs- und Ergänzungsvereinbarungen (K 108 bis 112) vorgelegt hat, ändert nichts an der Beurteilung der Forderungseinziehung für fremde Rechnung. Die Versicherungsnehmer VN8 und VN9 erklären darin, mit der Klägerin einig darüber zu sein, dass der zwischen ihnen geschlossene Kauf- und Abtretungsvertrag dahin zu verstehen sein soll, dass die an den Versicherungsnehmer zu leistende Kaufpreiszahlung bereits mit Eingang der Versicherungsbestätigung – und nicht, wie in den ursprünglichen Verträgen unter § 3 Abs. 1 der Bedingungen vorgesehen, erst mit Eingang des Geldes auf dem Konto der Klägerin – fällig werden soll. Mithin übernehme die Klägerin das Bonitäts- und Forderungsausfallrisiko vollumfänglich. Die Klägerin entscheide zudem autonom, ob und welche Maßnahme sie zur Verfolgung weiterer Ansprüche einleite; sie trage das wirtschaftliche Risiko, insbesondere das Kostenrisiko der rechtlichen Auseinandersetzung, vollumfänglich. Für den Fall, dass eine solche Auslegung nicht erlaubt sein sollte, sei der Vertrag insoweit zu ändern, dass der Vertragszweck erreicht werde; die mit der Vereinbarung verbundenen Änderungen sollten auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirken. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf ihren Inhalt Bezug genommen.

Die in dieser Vereinbarung vorgesehene Auslegung des ursprünglichen Vertrages kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die ursprünglich getroffenen Regelungen eindeutig und deshalb nicht auslegungsfähig sind. So ist unter § 3 Abs. 1 der Bedingungen unmissverständlich geregelt, dass sich der Kaufpreis nach dem von der Beklagten übermittelten und zur Auszahlung kommenden Betrag nach Abzug bestimmter Gebühren richtet und aufschiebend bedingt erst nach § 3 Abs. 2 der Bedingungen zahlbar ist, wenn weitere Erstattungen von der Beklagten eingefordert werden konnten. Unter § 3 Abs. 4 der Bedingungen ist festgelegt, dass der Kaufpreis nach Eingang des Geldes bei der Klägerin an den Versicherungsnehmer zu überweisen ist. Wenn die Parteien des Kauf- Abtretungsvertrages nunmehr vereinbaren wollen, dass der Kaufpreis bereits mit Eingang der Bankbestätigung fällig werden soll, stellt dies eine Änderung des ursprünglichen Vertrages dar und ist nicht im Wege der Auslegung zu erreichen. Ebenso lässt sich der Vertrag nicht dahin auslegen, dass die Klägerin das wirtschaftliche Risiko der Forderungseinziehung trägt, wenn durch die vereinbarten Regelungen aus den dargelegten Gründen das Bonitäts- und Beitreibungsrisiko tatsächlich auf den Versicherungsnehmer übertragen wird.

Soweit die Vereinbarung weiter vorsieht, dass für den Fall der Unzulässigkeit der Auslegung der ursprüngliche Vertrag rückwirkend so geändert werden soll, dass der Vertragszweck erreicht werden kann, führt auch dies nicht zur Wirksamkeit des Kauf- und Abtretungsvertrages. Ein wie vorliegend von Beginn an unwirksames Schuldverhältnis kann nicht durch Änderungsvertrag, sondern nur durch Neuabschluss wiederbegründet werden (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage 2012, § 311 Rn. 3; BGH, Urteil vom 09.05.1956, Az. V ZR 95/55). Dass vorliegend ein solcher Neuabschluss von den Parteien gewollt gewesen ist, ergibt sich aus dem Vertragsinhalt nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, welchen konkreten Inhalt ein solcher neuer Vertrag nach dem Willen der Parteien haben sollte; eine Neubegründung dahin, dass der Vertragszweck erreicht wird, ist jedenfalls zu unbestimmt.

Aber auch unabhängig von der Frage, ob hier von dem ursprünglichen, einem neuen oder einem geänderten Vertrag auszugehen ist, ist die Vereinbarung in jedem Fall wegen Verstoßes gegen das RDG unwirksam. Denn auch nach den in dem Auslegungs- und Änderungsvertrag vorgesehenen Regelungen trägt nach wie vor nicht die Klägerin das wirtschaftliche Risiko der Forderungseinziehung. So bleibt es auch nach der neuen Regelung dabei, dass der Versicherungsnehmer ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Einziehung des abgetretenen Mehrerlösanspruches hat. Außerdem fehlt es auch aufgrund des Fälligwerdens des Kaufpreises erst mit Eingang der Bestätigung der Beklagten bei der Klägerin weiterhin an einer Vorfinanzierung durch die Klägerin.

Entsprechendes gilt auch für das Vertragsmodell „C“, das zunächst mit den Versicherungsnehmern VN1, VN2, VN4, VN5 und VN6 abgeschlossen wurde (K 98 – K 102, Anlagenband Kläger). In der als „Prozessfinanzierungs- und Prozessbetreuungsvertrag“ überschriebenen Vereinbarung und den zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen Stand 6/2007 (K 107, Anlagenband Berufungsbegründung) beauftragten die Versicherungsnehmer die Klägerin mit der Durchsetzung der Mehrerlöse. Die jeweiligen Versicherungsnehmer hatten ihre Versicherungsverträge bereits gekündigt und die Rückkaufswerte erhalten. Die Klägerin sollte bei Gelingen eine Erfolgsbeteiligung erhalten; sie konnte dabei nach eigenem Ermessen entscheiden, ob sie die Ansprüche verfolgen wollte. Eine Abtretung der Ansprüche der Versicherungsnehmer war nicht vorgesehen, allerdings ließ sich die Klägerin zur Sicherung ihrer (möglichen) Ansprüche für den Fall des Verzuges des Versicherungsnehmers dessen Forderungen gegenüber der Beklagten nach § 6 zur Sicherheit abtreten. Nachdem sich die Klägerin in den vorliegenden Fällen zunächst gegen eine gerichtliche Geltendmachung entschied und die C-Verträge damit aus ihrer Sicht beendet waren (§ 7 Abs. 3 der Bedingungen), bot sie den Versicherungsnehmern im Jahr 2010, nachdem sie die Chancen für die klageweise Geltendmachung als günstiger einschätzte, den Abschluss eines der bereits beschriebenen Kauf- und Abtretungsverträge an, die von den hier genannten Versicherungsnehmern auch angenommen wurden (Verträge liegen nicht vor, lediglich die Abtretungserklärungen K 4, K 8, K 11, K 23 und K 26; Anlageband Kläger). Die Beklagte bestreitet zwar mit Nichtwissen, dass die Vollabtretung erst nachträglich vereinbart wurde; allerdings stellt sie die klägerische Behauptung, dass jedenfalls im Ergebnis die Forderungen aufgrund entsprechender Kauf- und Abtretungsvereinbarungen abgetreten worden sind, nicht in Frage, so dass es auf den von der Klägerin angebotenen Zeugenbeweis insoweit nicht ankommt. Im Übrigen ändert auch die behauptete spätere Vollabtretung nichts an der rechtlichen Bewertung. Denn nach den Vereinbarungen erhalten die Versicherungsnehmer ebenfalls keinen Gegenwert für die abgetretene Forderung, sondern nur eine quotale Beteiligung für den Fall des Erfolges. Darüber hinaus zieht die Klägerin den Mehrerlös ein; die Versicherungsnehmer erhalten ihren Anteil erst, wenn sicher ist, dass die Beklagte tatsächlich an die Klägerin leistet. Es ist damit auch in dieser Fallkonstellation gerade nicht so, dass die Klägerin das volle wirtschaftliche Risiko übernimmt, indem sie den Kaufpreis vorab bezahlt. Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der Kauf- und Abtretungsverträge und des Verstoßes gegen das RDG gelten die obigen Ausführungen im Übrigen entsprechend.

Soweit die Klägerin nunmehr mit Schriftsatz vom 16.09.2013 auch mit diesen Versicherungsnehmern im September 2013 abgeschlossene Auslegungs- und Ergänzungsvereinbarungen (K 108 bis 112) vorgelegt hat, ändert dies ebenfalls nichts an der Beurteilung der Forderungseinziehung für fremde Rechnung.

Die Versicherungsnehmer erklären darin, mit der Klägerin einig darüber zu sein, dass die ursprünglich abgeschlossenen C-verträge beendet und die nachfolgend vorgenommenen Abtretungen nicht als Inkassozession gewollt gewesen seien. Insbesondere sei keine Gegenleistung vereinbart worden; die Abtretung sei ohne die Erwartung von zukünftigen Leistungen durch die Klägerin erfolgt. Seitens der Versicherungsnehmer habe lediglich die Hoffnung bestanden, die Klägerin werde mit den Sammelklagen erfolgreich sein, so dass doch noch weitere Erstattungen erreicht werden könnten. Für diesen Fall sei zwischen den Versicherungsnehmern und der Klägerin vereinbart, dass die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere über die Höhe der den Versicherungsnehmern zustehenden Erfolgsbeteiligung, ihre volle Wirksamkeit behalten sollten. Damit sei gemeint gewesen, dass die Versicherungsnehmer freiwillig an weiteren, durch die Klägerin erreichten Erstattungen beteiligt werden sollten. Die Abtretung hätte allerdings auch ohne diesen Zusatz stattgefunden und wäre auch ohne Gegenleistung erfolgt. Für den Fall, dass eine solche Auslegung nicht erlaubt sein sollte, sei der Vertrag insoweit zu ändern, dass der Vertragszweck erreicht werde; die mit der Vereinbarung verbundenen Änderungen sollten auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirken.

Die in dieser Vereinbarung vorgesehene Auslegung des ursprünglichen Vertrages kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die ursprünglich getroffenen Regelungen eindeutig und deshalb nicht auslegungsfähig sind. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach dem ursprünglichen Vortrag der Klägerin im Anschluss an die C-vereinbarungen nicht lediglich die Forderungen abgetreten wurden, sondern dazu jeweils eine Kauf- und Abtretungsvereinbarung entsprechend jenen der Versicherungsnehmer VN7, VN8 und VN9 getroffen wurde. Dieser Umstand tritt in den vorgelegten Auslegungs- und Ergänzungsvereinbarungen zwar sehr in den Hintergrund, da es dort zunächst so klingt, als seien die Forderungen ohne jegliche Vereinbarung oder Gegenleistung abgetreten worden. Dass dies jedoch nicht zutrifft, sondern tatsächlich eine Erfolgsbeteiligung der Klägerin vereinbart wurde, ergibt sich aus Ziffer 3 der Auslegungs- und Ergänzungsvereinbarungen, in der auf die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen und insbesondere auf die Erfolgsbeteiligung Bezug genommen wird.

Wenn die Klägerin diese Kauf- und Abtretungsvereinbarungen nun dahin verstanden wissen will, dass die Abtretung auch ohne Gegenleistung erfolgt wäre, mag dies zutreffen, ist aber angesichts der eindeutigen Regelung in den Kauf- und Abtretungsvereinbarungen, die eine Gegenleistung vorsieht, unerheblich. Sofern weiter angedeutet wird, die Beteiligung an einer möglichen Erstattung erfolge freiwillig, steht dies ebenfalls in Widerspruch zum Kauf- und Abtretungsvertrag und ist nicht im Wege der Auslegung zu erreichen. Ebenso lässt sich der Vertrag nicht dahin auslegen, dass die Klägerin das wirtschaftliche Risiko der Forderungseinziehung trägt, wenn durch die vereinbarten Regelungen aus den dargelegten Gründen das Bonitäts- und Beitreibungsrisiko tatsächlich ausweislich der in dem Kauf- und Abtretungsvertrag getroffenen Regelungen auf den Versicherungsnehmer übertragen wird.

Soweit die Vereinbarung weiter vorsieht, dass für den Fall der Unzulässigkeit der Auslegung der ursprüngliche Vertrag rückwirkend so geändert werden soll, dass der Vertragszweck erreicht werden kann, führt dies aus den bereits dargelegten Gründen nicht zur Wirksamkeit des Kauf- und Abtretungsvertrages. Ein wie vorliegend von Beginn an unwirksames Schuldverhältnis kann nicht durch einen Ergänzungs- oder Änderungsvertrag, sondern nur durch Neuabschluss wiederbegründet werden (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage 2012, § 311 Rn. 3; BGH, Urteil vom 09.05.1956, Az. V ZR 95/55). Dass vorliegend ein solcher Neuabschluss von den Parteien gewollt gewesen ist, ergibt sich aus dem Vertragsinhalt nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, welchen konkreten Inhalt ein solcher neuer Vertrag nach dem Willen der Parteien haben sollte; eine Neubegründung dahin, dass der Vertragszweck erreicht wird, ist jedenfalls zu unbestimmt.

Die Dienstleistung der Klägerin stellt auch ein eigenständiges Geschäft im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 RDG dar. Ihrem eigenen Vortrag zufolge besteht das Geschäftsmodell der Klägerin gerade im Aufkauf von Forderungen aus Versicherungsverträgen; die Forderungseinziehung stellt damit nicht lediglich ein erlaubtes Nebengeschäft gemäß § 5 RDG dar.

Der Klägerin ist insbesondere auch nicht darin zu folgen, dass ihre Tätigkeit in Zusammenhang mit der Einziehung der Mehrerlöse als erlaubnisfreie Nebentätigkeit anzusehen ist. Auch wenn sie eigenständig darüber entscheiden kann, ob sie den Mehrerlös geltend macht und sie möglicherweise davon in einigen Fällen absieht, ändert dies nichts daran, dass die Einziehung der Forderungen grundsätzlich den eigentlichen Zweck ihres Tätigwerdens darstellt.

Ob in der Tätigkeit der Klägerin gemäß der Kauf- und Abtretungsvereinbarung zusätzlich eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG zu sehen ist, kann angesichts der vorstehenden Beurteilung dahinstehen.

Die Vorschriften des RDG verstoßen nicht gegen Art. 12 GG, hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 05.10.2006, Az. I ZR 7/04, zitiert nach Juris) für das Rechtsberatungsgesetz bereits entschieden. Danach sind die Zulassungsbeschränkungen des Rechtsberatungsgesetzes mit Art. 12 GG vereinbar. Entsprechendes gilt auch für das RDG. Der Gesichtspunkt, dass die Klägerin einen Teil ihrer Tätigkeit vom Ausland her vornimmt, gewährt keinen weiterreichenden Schutz.

Auch ein Verstoß gegen Art. 49 EG liegt nicht vor. Der freie Dienstleistungsverkehr darf nämlich durch Regelungen beschränkt werden, die wie vorliegend durch das RDG durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und für alle im Geltungsbereich der betreffenden Regelung tätigen Personen und Unternehmen gelten, wenn dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen ist, denen der Leistungserbringer in dem Staat unterliegt, in dem er ansässig ist (BGH, Urteil vom 05.10.2006, Az. I ZR 7/04, zitiert nach Juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in Hinblick auf die in dem Verfahren des OLG Nürnberg, Az. 8 U 607/12 zugelassene Revision, dem ein entsprechender Rechtsstreit zugrunde liegt, ebenfalls zugelassen.

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