OLG Karlsruhe, 08.11.2016, 17 U 185/15
Kein Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Zuteilungsreife des Bausparvertrages
Das OLG Karlsruhe hat die Kündigung eines zuteilungsreifen Bausparvertrages durch die Bausparkasse für unwirksam erklärt, da die Bausparkasse das Darlehen nicht vollständig empfangen hat.
Geklagt hatte ein Ehepaar, das bereits im Jahr 1991 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 23.000 DM abgeschlossen hatte. Der Bausparvertrag war seit 2002 zuteilungsreif, das Darlehen wurde allerdings von den Klägern nicht abgerufen. Das Bausparguthaben wird nach den vertraglichen Vereinbarungen mit 2,5% verzinst. Im Jahr 2015 hatte die Bausparkasse den Vertrag gekündigt. Gegen diese Kündigung wandten sich die Kläger, die den Vertrag fortsetzen wollen.
Bereits das LG Karlsruhe hatte den Klägern recht gegeben.
Das OLG Karlsruhe hat die Berufung der Bausparkasse zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht anders als bei vollständiger Ansparung der Bausparsumme der Bausparkasse im vorliegenden Fall ein gesetzliches Kündigungsrecht nicht zu. Insbesondere lägen die Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor, da die Bausparkasse – in der Ansparphase rechtlich in der Rolle der Darlehensnehmerin – das Darlehen nicht „vollständig empfangen“ habe. Vollständig empfangen habe die Bausparkasse das Darlehen, wenn die Bausparsumme erreicht sei, nicht bereits wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif sei. Eine entsprechende Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei im Hinblick auf die Besonderheiten des Bauspargeschäftes abzulehnen. Die Bausparkasse sei nicht schutzlos. Sie könne ihren Anspruch auf weitere Besparung des Vertrages bis zum Erreichen der Bausparsumme durchsetzen. Kommt der Bausparer dieser Verpflichtung nicht nach, so besteht nach den vertraglichen Vereinbarungen ein Kündigungsrecht. Das OLG Karlsruhe hat sich mit dieser Entscheidung der Ansicht des OLG Stuttgart (Urt. v. 30.03.2016 – 9 U 171/15) angeschlossen.
Da die Frage des Kündigungsrechts von Bausparkassen bei nicht vollständig angesparter Bausparsumme von den Obergerichten unterschiedlich beantwortet wird, hat das OLG Karlsruhe die Revision zugelassen.
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