OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2015 – 14 W 85/15 Zwangsgeld zur Erwirkung eines notariellen Nachlassverzeichnisses

August 17, 2018

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2015 – 14 W 85/15

Zwangsgeld zur Erwirkung eines notariellen Nachlassverzeichnisses

(LG Offenburg, Beschl. v. 13.07.2015 – 2 O 189/14)

Gründe:

Durch Teilurteil v. 03.12.2014 hat das LG den Beklagten verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zu erteilen durch Vorlage eines notariell aufgenommenen Bestandsverzeichnisses. Mit Schriftsatz v. 29.04.2015 hat die Klägerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt, da kein notarielles Bestandsverzeichnis vorgelegt worden sei. Im Folgenden haben beide Parteien das Vollstreckungsverfahren für erledigt erklärt. Durch Beschl. v. 13.07.2015 hat das LG der Klägerin die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens auferlegt (Ziff. 1) und den Streitwert auf 2.000,00 € festgesetzt (Ziff. 2). Gegen die Festsetzung des Streitwerts hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beklagten am 28.08.2015 Beschwerde eingelegt, mit der eine Heraufsetzung des Streitwertes auf 10.000,00 € begehrt. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Beklagten ist in einer besonderen Angelegenheit i.S.d. § 18 Nr. 13 RVG tätig geworden. Hierfür sehen die Kostenvorschriften keinen gerichtlichen Verfahrenswert vor, weil für die Anordnung von Zwangsmitteln eine Festgebühr anfallt (KV Nr. 2111). In einem solchen Fall setzt das Gericht den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest (§ 33 Abs. 1 RVG). Gegen den Beschluss kann der Antragsberechtigte Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € übersteigt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Dass die Wertfestsetzung im vorliegenden Fall ohne Antrag erfolgt und nicht auf § 33 RVG gestützt worden ist, steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen.

Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Maßgeblich ist danach der Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Dieser Wert muss ggf. geschätzt werden.

Im Fall des § 888 Abs. 1 ZPO geht es dem Gläubiger mit dem Zwangsgeld darum, zu erreichen, dass der Schuldner die titulierte Handlung vornimmt. Dies rechtfertigt es, das Interesse des Gläubigers an der Festsetzung des Zwangsgeldes mit seinem Erfüllungsinteresse gleichzusetzen (OLG Celle, OLGR 2009, 657; OLG Saarbrücken – 5 W 181/09 in juris). Die Klägerin hat den Wert der Klage mit 10.000,00 € angegeben.

Die Nebenentscheidung beruht auf § 33 Abs. 9 RVG.

Anmerkung

Wurde ein Schuldner zur Erteilung einer Auskunft verurteilt und kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann der Gläubiger das Urteil nach § 888 ZPO vollstrecken und beim Prozessgericht die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragen. Da die Betreibung der Zwangsvollstreckung anwaltliche Gebühren auslöst (0,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 VV RVG), stellt sich die Frage, nach welchem Gegenstandswert sich diese Gebühren berechnen.

In dem hier vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall vertrat das Prozessgericht die Auffassung, der Gegenstandswert sei zu schätzen und setzte den Gegenstandswert auf einen Bruchteil des Hauptsacheverfahrens fest. Das OLG half der hiergegen gerichteten Beschwerde ab und stellte für den Wert des Zwangsgeldverfahrens auf den Wert des Hauptsacheverfahrens (in diesem Fall eine isolierte Auskunftsklage) ab. Der Entscheidung des OLG Karlsruhe ist zuzustimmen und sie entspricht auch der wohl herrschenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur. Ausgangspunkt ist die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG, wonach sich der Gegenstandswert der Zwangsvollstreckung bei einem Gläubigerantrag nach dem Wert bestimmt, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Dem Gläubiger eines Auskunftsanspruchs geht es bei der Beantragung eines Zwangsgeldes darum, den Schuldner dazu zu bewegen, eine ordnungsgemäße Auskunft zu erteilen. Maßgeblich ist also sein Erfüllungsinteresse. Folglich ist es konsequent, den Wert des Zwangsmittelverfahrens mit demselben Wert zu bemessen, mit dem die Auskunftserteilung in der Hauptsache bemessen wurde (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.10.2011 – 5 W 211–11/93, BeckRS 2011, 24585 mit Verweis auf OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.07.2005 – 5 W 126/05; v. 28.09.2007 – 5 W 191/07; v. 29.06.2009 – 5 W 103/09; v. 19.08.2009 – 5 W 181/09–66; OLG Köln, OLGR 2005, 259; OLGR Rostock 2009, 75; Herget, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rn. 16 „Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung”, Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 188, Hartmann, KostG, 38. Aufl., § 25 RVG Rn. 11). Im Rahmen von Auskunfts- und Stufenklagen mit einem (unbezifferten) Leistungsantrag entspricht das Erfüllungsinteresse an der Auskunftserteilung ebenfalls dem Wert des Auskunftsanspruchs und nicht etwa dem Wert des Leistungsanspruchs (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.10.2011 – 5 W 211–11/93, BeckRS 2011, 24585).

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