OLG Koblenz, Urteil vom 29. Januar 1998 – 11 U 1690/96 Grundschuldbestellung als Haustürgeschäft; Auslegung einer unwirksamen Zweckerklärung; Beweislast für Grundschuldvalutierung

April 25, 2019

OLG Koblenz, Urteil vom 29. Januar 1998 – 11 U 1690/96
Grundschuldbestellung als Haustürgeschäft; Auslegung einer unwirksamen Zweckerklärung; Beweislast für Grundschuldvalutierung
1. Die abstrakte Bestellung einer Grundschuld ist ein dingliches Rechtsgeschäft, das nicht auf „Abschluß einer entgeltlichen Leistung“ gerichtet ist und daher nicht dem HWiG (juris: HTürGG) unterfällt.
2. Ist eine formularmäßige Ausdehnung des Sicherungszwecks über den durch den Anlaß der Grundschuldbestellung bestimmten Rahmen hinaus auf sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche des Sicherungsnehmers gegen einen Dritten nach AGBG § 3 unwirksam, so tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung anstelle der unwirksamen Zweckvereinbarung eine beschränkte Abrede, nach der nur das Darlehen gesichert werden soll, dessen Gewährung Anlaß der Vereinbarung war.
3. Der aus der Grundschuld in Anspruch genommene Grundstückseigentümer ist darlegungs- und beweispflichtig, wenn er deren Valutierung, dh das Bestehen der gesicherten Forderung bestreitet; dabei hat er entweder zu beweisen, daß das in der Zweckerklärung aufgeführte oder als deren Anlaß dienende Darlehen nicht gewährt worden ist, oder daß es vor seiner Inanspruchnahme zurückgezahlt worden ist. Diese Darlegungs- und Beweislast gilt auch gegenüber der kontoführenden Bank. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn die Höhe der zu sichernden Forderung bei Bestellung der Grundschuld noch nicht feststand; dann muß der Grundschuldgläubiger den Umfang und die Höhe der gesicherten Forderung darlegen und gegebenenfalls beweisen.

Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 30.10.1996 – 5 O 209/95 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,00 DM, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Raiffeisen- oder Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
4. Den Beklagten bleibt vorbehalten, ihre Haftung hinsichtlich der in der Person des früheren Schuldners entstandenen Prozeßkosten auf den Nachlaß zu beschränken. Der Antrag auf den Ausspruch eines weitergehenden Haftungsvorbehaltes wird zurückgewiesen.
Tatbestand
Die jetzigen Beklagten sind Erben ihres Vaters, des während des Berufungsverfahrens verstorbenen früheren Beklagten (im folgenden nur noch: der Beklagte). Dieser hatte am 24.08.1993 während eines Krankenhausaufenthaltes in notariell beglaubigter Form die Eintragung einer Buchgrundschuld über 350.000,00 DM nebst Zinsen und Nebenleistung an mehreren in seinem Eigentum stehenden Grundstücken zugunsten der Klägerin bewilligt (Bl. 127 ff GA). Nach deren Eintragung im Grundbuch übersandte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 08.09.1993 (Bl. 131 GA) eine vorbereitete Zweckerklärung, die dieser – zu einem nicht bekannten Zeitpunkt – zu Hause unterzeichnete. Nach dieser Erklärung (Bl. 132 GA) dient die Grundschuld nebst Zinsen und Nebenleistung zur
„Sicherheit für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen“
der Klägerin gegen
„Herrn H -J K, …“.
Der genannte K war ein langjähriger Bekannter der Familie des Beklagten und hatte diesem auch die von der Klägerin vorbereitete Grundschuldbestellungsurkunde zur Unterzeichnung im Krankenhaus vorgelegt.
Am 08.02.1994 gewährte die Klägerin K, der auch ein Girokonto bei ihr unterhielt, ein Darlehen im Nennbetrag von 280.000,00 DM (Bl. 20 GA), wobei die vom Beklagten bestellte Grundschuld als Sicherheit aufgeführt wurde. Hierüber informierte die Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 22.02.1994 (Bl. 133 GA) unter Übersendung eines Durchschlages der Zweckerklärung.
Nach Kündigung des Kredites wegen Zahlungsverzugs begehrt die Klägerin Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld wegen eines Teilbetrages von 170.000,00 DM.
Hierzu hat sie vorgetragen,
die derzeitige Forderung gegen K betrage 170.226,14 zuzüglich Zinsen seit dem 01.10.1995.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in seine Grundstücke
Flur 8 Nr. 139, T Straße, 336 qm,
Flur 8 Nr. 137/2, T Straße, 369 qm,
Flur 8 Nr. 138/2, T Straße, 469 qm,
eingetragen im Grundbuch von L, Blatt Nr. 1144 A aus der zu ihren Gunsten in der III. Abteilung, Lfd. Nr. 11 eingetragenen Gesamtgrundschuld ohne Brief über 350.000,00 DM, verzinslich mit jährlich 16% und einer einmaligen Nebenleistung von 17.500,00 DM bezüglich eines Teilbetrages von 170.000,00 DM zu dulden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht:
Bei Bestellung der Grundschuld habe bei ihm aufgrund seines kritischen Gesundheitszustandes und der verabreichten Medikamente eine hochgradige Bewußtseinstrübung und eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit vorgelegen. Er sei von K, dessen Verhalten sich die Klägerin zurechnen lassen müsse, zur Unterzeichnung der Urkunde überrumpelt worden. Dieser habe ihm vorgespiegelt, daß die Grundschuldbestellung einer Kreditgewährung an ihn, den Beklagten, zur Realisierung eines Bauvorhabens diene. Hätte er gewußt, daß die Grundschuld der Absicherung eines Kredites für K diene, hätte er nicht unterschrieben. Die Urkunde sei auf verwerfliche, höchst sittenwidrige und arglistige Art zustande gekommen und widerspreche Treu und Glauben. Zudem unterfielen die Grundschuldbestellung wie auch die Zweckerklärung dem Haustürgeschäftewiderrufsgesetz (im folgenden: HWiG) und seien deshalb mit – außergerichtlichem – Schreiben vom 12.02.1996 (Bl 180 f GA) wirksam widerrufen worden. Auch vor Unterzeichnung der Zweckerklärung habe K erklärt, dies sei notwendig für sein, des Beklagten, Bauvorhaben. Außerdem sei diese Erklärung wegen Verstoßes gegen § 3 AGBG unwirksam. Im übrigen sei der Kredit K nach dessen Angaben durch Verwertung anderweitiger Sicherheiten bis auf einen Betrag von ca. 90.000,00 DM zurückgeführt.
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung über den Ort der Grundschuldbestellung und den damaligen Geisteszustand des Beklagten mit Urteil vom 30.10.1996 der Klage stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt, die Kammer vermöge nicht festzustellen, daß sich der Beklagte bei Unterzeichnung der Grundschuldbestellungsurkunde in einem Zustand einer Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Eine Anfechtung der Erklärung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung sei verspätet. Auch sei die Grundschuldbestellung nicht wirksam widerrufen, weil die Klägerin – die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des HWiG unterstellt – für das Verhalten K nicht einzustehen habe. Die Zweckerklärung falle bereits deshalb nicht unter dieses Gesetz, weil sie dem Beklagten mit der Post zugesandt worden sei. Ein Verstoß gegen § 3 AGBG lasse die Haftung für das an Keller gewährte Darlehen unberührt, weil dieses Anlaß für die Zweckerklärung gewesen sei. Soweit sich der Beklagte auf eine Rückführung dieses Darlehens berufe, könne er der vom Bestand der Forderung unabhängigen Grundschuld allenfalls eine Einrede aus dem Sicherungsvertrag entgegenhalten; er habe aber gerade nicht vorgetragen, daß K auch tatsächlich entsprechende Zahlungen geleistet habe.
Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung machen die jetzigen Beklagten unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens geltend:
Daß der Beweis für den Zustand der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit nicht zu führen sei, müßten sie hinnehmen. Indes unterfalle die Grundschuldbestellung dem HWiG und die Klägerin müsse sich das Verhalten Kellers zurechnen lassen, weil sie sich dessen als Verhandlungsgehilfe bedient habe. Eine Aufrechterhaltung der gegen § 3 AGBG verstoßenden Zweckerklärung als beschränkte Sicherungsabrede sei nicht möglich, weil die Klägerin bisher nicht vorgetragen habe, welches Darlehen Anlaß für die Grundschuldbestellung gewesen sei; es bestehe der Verdacht, daß die Klägerin habe pauschal für bereits bestehende Verbindlichkeiten eine Sicherheit haben wollen und erst später das Darlehen hinzugekommen sei. Sowohl vor der Grundschuldbestellung als auch vor Unterzeichnung der Zweckerklärung habe K erklärt, daß dies für das Bauvorhaben des Beklagten erforderlich sei (Beweis: Zeugnis H S). Wenn die Zweckerklärung mit solchen unwahren Angaben erschlichen sei, gebe es kein „Anlaßdarlehen“. Im übrigen werde bestritten, daß Keller aus dem konkreten Kredit noch einen Restbetrag in Höhe von 170.000,00 DM schulde (gegenbeweislich: Zeuge K). Schließlich müsse sich die Klägerin das unlautere Verhalten K unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes entgegenhalten lassen.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des Urteils vom 30.10.1996 des Landgerichts Trier, 5. Zivilkammer, die Klage abzuweisen.
Des weiteren machen sie den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung geltend.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert:
Das HWiG komme bereits deshalb nicht zur Anwendung, weil die Grundschuld nicht unter den hierzu erforderlichen situativen Voraussetzungen bestellt worden sei. Auch sei das Verhalten K ihr nicht zurechenbar, weil dieser allein im eigenen Interesse gehandelt habe und nicht von ihr geschickt worden sei. Die Formulierung der Zweckerklärung sei eindeutig. Der Saldo der hiernach durch die Grundschuld besicherten Verbindlichkeit Kellers habe sich zwischenzeitlich wieder auf 217.376,88 DM erhöht. Die Erfüllung dieser Schuld substantiiert vorzutragen und zu beweisen obliege den Beklagten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Erklärungen der Parteien anläßlich der mündlichen Verhandlung und den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagten sind als Erben ihres Vaters gem. §§ 1922, 1191, 1192, 1147 BGB verpflichtet, die Zwangsvollstreckung aus der zugunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragenen Gesamtgrundschuld (§§ 1192, 1132 BGB) zu dulden.
1.
Die Grundschuld ist wirksam durch Einigung und Eintragung (§§ 873, 1191 BGB) entstanden. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht es abgelehnt, die Grundschuldbestellungserklärung des Beklagten dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften zu unterstellen. Die abstrakte Grundschuldbestellung ist kein vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes umfaßtes Rechtsgeschäft.
§ 1 Abs. 1 HWiG erfaßt nur „auf Abschluß eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung“ gerichtete Willenserklärungen. Ob Sicherungsabreden diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, ist streitig (zum aktuellen Stand vgl. die Übersicht bei Palandt-Putzo, BGB, 57. Aufl., Rdn. 6 vor HausTWG § 1 und Pape, Die Entwicklung des Bürgschaftsrechts im Jahre 1996, NJW 1997, 980 ff, 987). Der 11. Zivilsenat des BGH unterstellt sowohl die Bürgschaft (NJW 1993, 1594 f) als auch eine auf Bestellung einer Sicherungsgrundschuld gerichtete Vereinbarung jedenfalls dann, wenn der Sicherungsgeber die Verpflichtung in der dem Gegner erkennbaren Erwartung übernimmt, ihm selbst oder einem bestimmten Dritten werde daraus irgendein Vorteil erwachsen (NJW 1996, 55 ff), dem HWiG. Demgegenüber lehnt der 9. Zivilsenat des BGH dies ab (NJW 1991, 975 f und NJW 1996, 930 ff) und hat in letztgenannter Entscheidung die Frage, ob der Bürgschaftsvertrag deutschen Rechts der dem HWiG zugrundeliegenden Richtlinie 85/577/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20.12.1985 unterfällt, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Entscheidung des EuGH steht noch aus, allerdings hat zwischenzeitlich der Generalanwalt in seinem Schlußantrag die Vorlagefrage verneint (vgl. die Mitteilung in NJW 1997, 1689).
In vorliegendem Fall braucht zu diesem Meinungsstreit nicht Stellung bezogen zu werden. Denn anders als in dem vom 11. Senat des BGH entschiedenen Fall (NJW 1996, 55 ff) steht hier nicht die Verpflichtung zur Bestellung einer Grundschuld sondern die Grundschuldbestellung selbst zur Entscheidung. Während die Verpflichtung zur Grundschuldbestellung ein obligatorisches Rechtsgeschäft darstellt (BGH NJW 1989, 1732 f), handelt es sich bei der Erklärung des Beklagten vom 24.08.1993 um das – neben der Eintragung im Grundbuch – zur Entstehung der Grundschuld erforderliche dingliche Rechtsgeschäft (§ 873 BGB). Dieses dingliche Rechtsgeschäft kann nach dem das deutsche Recht beherrschenden Abstraktionsprinzip nicht als eine „auf Abschluß eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung“ gerichtete Willenserklärung angesehen werden. Vielmehr sind dingliche Rechtsgeschäfte abstrakt und allenfalls über das zugrundeliegende Kausalgeschäft mit einem Entgelt verknüpft. Dies hat zur Folge, daß das dingliche Geschäft auch bei Ausbleiben des vereinbarten Entgelts oder fehlerhaftem Kausalgeschäft wirksam ist und allenfalls in Rückabwicklung des Kausalgeschäfts oder aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden kann. Das dingliche Rechtsgeschäft ist daher nicht auf eine entgeltliche Leistung sondern allein auf Änderung der dinglichen Rechtslage gerichtet und kann somit bereits begrifflich nicht dem HWiG unterfallen. Im übrigen wäre es auch mit der gesetzlichen Vermutung der Richtigkeit des Grundbuches (§ 891 BGB) kaum zu vereinbaren, eine unter den weiteren Voraussetzungen des HWiG bestellte Grundschuld als schwebend unwirksam anzusehen, zumal der Grundbuchbeamte die Eintragung nach dem formellen Konsensprinzip (§ 19 GBO) nicht verweigern könnte, weil der „Makel“ einer Widerruflichkeit nach dem HWiG der Bewilligung regelmäßig nicht anzusehen sein wird.
Letztendlich bedarf es zum Schutz des Sicherungsgebers auch nicht der Anwendbarkeit des HWiG auf die abstrakte Grundschuldbestellung. Wird nämlich – wie in der Regel – zugleich mit der Grundschuldbestellung eine Sicherungsabrede getroffen (dies ist der dem dinglichen Geschäft zugrundeliegende obligatorische Vertrag; vgl. BGH NJW 1989, a.a.O.) und ist diese – sofern man das HWiG hierauf für anwendbar hält (s.o.) – widerruflich oder bereits wirksam widerrufen, so kann der Sicherungsgeber dem Grundschuldgläubiger die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung entgegenhalten, die – zur Vermeidung gutgläubigen Erwerbs – als solche im Grundbuch eingetragen (Staudinger-Wolfsteiner, BGB, Bearbeitung Juli 1996, § 1157 Rdn. 7) oder durch Widerspruch (Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 10. Aufl. Rdn. 2340), gegebenenfalls auch durch Vormerkung des Anspruchs auf Rückübertragung der Grundschuld gesichert werden kann.
2.
Daß die Grundschuldbestellung nicht wegen mangelnder Geschäftsfähigkeit gem. § 105 Abs. 2 BGB nichtig ist, hat das Landgericht überzeugend -und von den Beklagten in der Berufung nicht angegriffen- dargelegt. Dies macht der Senat sich zur Vermeidung von Wiederholungen zu eigen. Gleiches gilt für die Ausführungen zur Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung.
Daß die Urkunde „auf verwerfliche und höchst sittenwidrige Art und Weise zustande gekommen, arglistig und Treu und Glauben widersprechend“ nichtig sein soll, kann – ohne daß hier auf die sonstigen Voraussetzungen dieser Einwendungen einzugehen ist – bereits deshalb nicht angenommen werden, weil die Klägerin als Sicherungsnehmerin sich das Verhalten des Schuldners Keller bei Beschaffung der Sicherheit im Verhältnis zum Beklagten als Sicherungsgeber nicht zurechnen lassen muß (BGH NJW-RR 1992, 1005 ff, 1006).
3.
Die Beklagten können der Klägerin nicht mit Erfolg die Bereicherungseinrede entgegenhalten. Die insoweit beweispflichtigen Beklagten haben nicht aufgezeigt, daß der Klägerin die Grundschuld ohne Rechtsgrund zugefallen ist.
a.
Hierbei mag dahinstehen, ob bereits bei Grundschuldbestellung eine -formfrei und auch stillschweigend mögliche (vgl. BGH NJW-RR 1991, 305)- Sicherungsabrede getroffen worden ist. Da die Klägerin selbst hieran nicht durch einen Mitarbeiter mitgewirkt hat und der Vortrag der Parteien nichts dafür hergibt, daß K insoweit als Vertreter der Klägerin gehandelt oder dieser als Bote eine Willenserklärung des Beklagten überbracht haben sollte (vgl. hierzu BGH NJW-RR 1992, 1006), könnte eine solche Vereinbarung im Krankenhaus allenfalls zwischen dem Beklagten und K zustande gekommen sein, der seinerseits mit der Klägerin eine Sicherungsvereinbarung getroffen haben könnte (vgl. zu dieser rechtlich möglichen Konstruktion Palandt-Bassenge, a.a.O., § 1191 Rdn. 15 m.N.). Selbst wenn zunächst eine solche Vereinbarung zwischen dem Beklagten und K zur Absicherung eines eigenen Bauvorhabens des Beklagten getroffen worden wäre und/oder diese Vereinbarung dem HWiG unterfiele (s.o.), könnten die Beklagten hieraus keine Rechte herleiten, weil der Sicherungszweck der Grundschuld im Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin durch die spätere Zweckerklärung (Bl. 132 GA) verbindlich festgelegt worden ist.
Diese – zwar auf den „24.08.1993“ datierte, aber – unstreitig dem Beklagten erst mit Schreiben der Klägerin vom 08.09.1993 zur Unterschrift übersandte Zweckerklärung unterfällt -abgesehen von der oben erörterten grundsätzlichen Streitfrage bereits deshalb nicht dem Anwendungsbereich des HWiG, weil der Beklagte zu ihrer Unterzeichnung nicht unter den situativen Voraussetzungen dieses Gesetzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) bestimmt worden ist. Der Vortrag in der Berufungsbegründung (Bl. 231 GA), „der krank zu Hause im Bett liegende“ Beklagte habe „im Hinblick“ auf die Erläuterung K, diese Erklärung sei für das Bauvorhaben des Beklagten notwendig, ist nicht dahingehend zu verstehen, daß K selbst die Unterschrift im Krankenzimmer des Beklagten eingeholt habe. Vielmehr ergibt sich aus den Bekundungen der Zeugin S, welche der Beklagte sich im Schriftsatz vom 11.10.1996 zu eigen gemacht hat (Bl. 174 GA), daß die Zeugin sich nach Eingang des Schreibens der Klägerin an K gewandt, die zuvor aufgeführte Erläuterung erhalten und sodann die Unterschrift des Beklagten eingeholt haben soll. Dies erfüllt keinesfalls die Voraussetzungen des HWiG, weil dieses nicht vor der Einflußnahme durch nahe Angehörige schützen soll (BGH NJW 1996, 191 ff, 192 und 1993, 1594 f, 1595).
b.
Die Zweckerklärung ist nicht aufgrund der Erstreckung auf alle über den konkreten Anlaß hinausgehenden, insbesondere auf die „künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen“ der Klägerin gegen K nach dem AGBG unwirksam.
Eine solche Zweckerklärung verstößt nicht gegen § 9 AGBG, weil Inhalt und Umfang der schuldrechtlichen Zweckbindung einer Grundschuld nicht gesetzlich festgelegt und daher -in den Grenzen der §§ 134, 138, 242 BGB- frei disponibel sind (BGH NJW 1997, 2677 f).
Allerdings ist die formularmäßige Ausdehnung des Sicherungszwecks über den durch den Anlaß der Grundschuldbestellung bestimmten Rahmen hinaus auf sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Sicherungsnehmers gegen einen Dritten überraschend und daher gem. § 3 AGBG unwirksam (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. NJW 1996, 191 ff m.w.N.). Ob dies nur für eine spätere Erweiterung einer ursprünglich engeren Zweckbestimmung gilt oder auch für die – hier vorliegende – erstmalige Zweckerklärung, bedarf keiner Vertiefung. Denn an die Stelle der unwirksamen Zweckvereinbarung tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine beschränkte Abrede, nach der nur das Darlehen gesichert werden soll, dessen Gewährung Anlaß der Vereinbarung war (BGH, a.a.O., 193), so daß die Zweckvereinbarung jedenfalls mit diesem -eingeschränkten- Inhalt Bestand hat.
Da die Beklagten für die Voraussetzungen der von ihnen gegenüber der Inanspruchnahme aus der abstrakten Grundschuld erhobenen Bereicherungseinrede beweispflichtig sind (vgl. BGH NJW 1992, 1620 f, 1621 m.w.N.), obliegt ihnen der Nachweis, daß die Grundschuld nicht der von der Klägerin behaupteten Absicherung des am 08.02.1994 an K gewährten Darlehens diente, dieses daher nicht der Anlaß für die Zweckvereinbarung war. Diesen Nachweis vermögen die Beklagten nicht zu führen. Das insoweit durch den Antrag auf Vernehmung der Zeugin H S (Bl. 231 GA) unter Beweis gestellte Vorbringen, K habe erklärt, die Zweckerklärung „sei für das Bauvorhaben des Erblassers bzw. der Familie S notwendig“, kann als wahr unterstellt werden. Denn aus dem Wortlaut der Zweckerklärung ergibt sich eindeutig, daß die Sicherheit für Forderungen der Klägerin gegen K bestellt wurde. Daher kann aus der behaupteten Erklärung K allenfalls hergeleitet werden, daß er die Zweckerklärung benötige, um dem Beklagten Geldmittel für sein Bauvorhaben zu verschaffen -möglicherweise durch Darlehensgewährung der Klägerin an ihn, um dieses an den Beklagten weiterleiten zu können-, nicht aber, daß die Zweckerklärung entgegen ihrem Wortlaut eine Darlehensgewährung der Klägerin an den Beklagten absichern solle. Für ein solches Verständnis der Erklärung K – wenn sie denn mit dem behaupteten Inhalt abgegeben wurde – spricht auch, daß der Beklagte nie bei der Klägerin um eine Kreditgewährung nachgesucht und auch nach Rücksendung der unterschriebenen Zweckerklärung durch die Klägerin mit Schreiben vom 22.02.1994 (Bl. 133 GA) dem hierin enthaltenen Hinweis, daß die Grundschuld „für das Kreditengagement des Herrn H -J K, …“ hafte, ebensowenig widersprochen hat wie dem Hinweis auf den vereinbarten Sicherungszweck bei Fälligstellung der Grundschuld im Schreiben vom 22.12.1994 (Bl. 134 GA) sowie in den folgenden Schreiben vom 23.01.1995, 07.08.1995 und 08.09.1995 (Bl. 135 -138 GA). Einer Vernehmung der Zeugin S bedarf es daher nicht.
4.
Soweit die Beklagten bestreiten, daß das an K gewährte Darlehen noch in Höhe des mit der Klage geltend gemachten Betrages valutiert, ist ihr Vorbringen unsubstantiiert. Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtbestehen der gesicherten Forderung trägt grundsätzlich der Sicherungsgeber (BGH NJW 1992, 1620 f m.w.N. und – zur vergleichbaren Situation bei der Bürgschaft – NJW 1995, 2161 f). Eine Ausnahme gilt nach dieser Rechtsprechung des BGH zwar dann, wenn – wie hier – die Höhe der zu sichernden Forderung bei Bestellung der Grundschuld noch nicht feststand; dann muß der Grundschuldgläubiger den Umfang und die Höhe der gesicherten Forderung darlegen und gegebenenfalls beweisen (BGH NJW 1992, a.a.O.). Indes ist die Darlehensgewährung im Nennwert von 280.000,00 DM an K zwischen den Parteien unstreitig. Daher verbleibt es auch im vorliegenden Fall bei dem allgemeinen Grundsatz, daß der Sicherungsgeber die Rückführung dieser gesicherten Schuld darzulegen und zu beweisen hat (Staudinger-Wolfsteiner, a.a.O., Rdn. 80 vor §§ 1191 ff). Dies ist durch die Behauptung, nach Angaben K sei das Darlehen durch Verwertung anderweitiger Sicherheiten auf ca. 90.000,00 DM zurückgeführt und die – lediglich gegenbeweisliche – Benennung des Zeugen K nicht in ausreichendem Maße geschehen.
Durch die Auferlegung dieser Darlegungs- und Beweislast werden die Beklagten nicht unbillig belastet. Zwar wäre es für die Klägerin als kontoführende Bank leichter, den Schuldsaldo nachvollziehbar darzulegen -was sie durch Vorlage des lediglich den Restsaldo per 11.08.1997 und den um einige Zinspositionen veränderten Kapitalsaldo vom 28.08.1997 ausweisenden Computerausdruck (Bl. 251 GA) nicht getan hat. Indes hätten sich die Beklagten die für die Erfüllung ihrer Darlegungslast erforderlichen Kenntnisse ohne weiteres von der Klägerin oder dem Schuldner K verschaffen können, weil sie gem. § 810 BGB Anspruch auf Einsichtnahme in die ihre Verpflichtung betreffenden Geschäftsunterlagen der Klägerin (BGH NJW 1995, a.a.O.) und gegen K aus dem mit diesem bestehenden Deckungsverhältnis einen Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 261 Rdn 3 ff, 15) haben.
Zu einem Hinweis auf diese Rechtslage (§ 139 ZPO) sah der Senat sich nicht veranlaßt, nachdem bereits die Klägerin in der Berufungserwiderung ausdrücklich unter Verweis auf die Entscheidung des BGH in NJW 1995, 2161 hierauf aufmerksam gemacht hatte.
5.
Die auf das behauptete Verhalten K gestützten vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüche stehen den Beklagten gegen die Klägerin nicht zu, weil K weder als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) noch als Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) der Klägerin tätig geworden ist.
6.
Die Entscheidung über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 und 109 ZPO.
7.
Der beantragte Vorbehalt einer Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß (§§ 780 ZPO 1975 ff BGB) kann nur in geringem Umfang ausgesprochen werden. Da die Duldung der Zwangsvollstreckung sich auf einen Nachlaßgegenstand bezieht, ist ein solcher Vorbehalt insoweit nicht erforderlich. Die Kosten ihrer eigenen Prozeßführung sind keine Nachlaßverbindlichkeiten gem. § 1967 Abs. 2 BGB und daher von den Beklagten ohne die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung aus ihrem eigenen Vermögen zu tragen (Zöller-Stöber, ZPO, 20. Aufl. § 780 Rdn. 7 m.N.). Somit kommt eine Haftungsbeschränkung nur wegen der bereits in der Person des früheren Schuldners entstandenen Kosten in Betracht.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren und die Beschwer der Beklagten werden auf 170.000,00 DM festgesetzt.

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