OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2015 – 7 W 28/15

November 15, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2015 – 7 W 28/15

Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des beklagten Landes vom 29.05.2015 wird der am 15.05.2015 zugestellte Beschluss des Landgerichtes Köln vom 28.04.2015 (in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 01.06.2015) – 5 O 26/15 – dahingehend abgeändert, dass nach übereinstimmender Erledigungserklärung in der Hauptsache der Klägerin die Kosten des Rechtstreites auferlegt werden (§ 91 a ZPO).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe
I.

Die Parteien streiten über die Kostenverteilung nach übereinstimmender Erledigungserklärung.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines in XXX47 L, O XX gelegenen Hauses. Die im Erdgeschoss befindliche Wohnung Nr. XX war an Frau T P und Herrn K L2 vermietet. Durch gerichtlichen Räumungsvergleich vom 18.02.2003 (Anlage K 1 Anlagenheft) verpflichteten sich diese, die Wohnung geräumt an die Klägerin herauszugeben. Die Klägerin beantragte die Räumungszwangsvollstreckung (vgl. Schreiben vom 11.01.2012, Anlage K 2, Anlagenheft), woraufhin der insoweit zuständige Obergerichtsvollzieher T2 durch Schreiben vom 17.01.2012 (Anlage K 3, Anlagenheft) einen Kostenvorschuss in Höhe von 8.000,00 € einforderte, der klägerseits an diesen gezahlt wurde. Der Gerichtsvollzieher bestimmte daraufhin Räumungstermin auf den 05.03.2012. Er fertigte hierüber ein Räumungsprotokoll vom 05.03./06.03.2012 (vgl. Anlage K 6 Anlagenheft) – verbunden mit einer Kostenrechnung beziffert mit 8.387,30 € -. Unstreitig wurde die Räumung nicht durchgeführt. Die Stadt Köln hatte mit Verfügung vom 02.03.2013 die Wohnung beschlagnahmt, was die Klägerin mit Schreiben vom 02.03.2013 dem Gerichtsvollzieher mitgeteilt hatte, dies mit der Bitte, nach Ablauf der Beschlagnahmefrist einen neuen Räumungstermin zu bestimmen (vgl. Anlage K 4 und Anlage K 5, Anlagenheft).

Mit der Klage hat die Klägerin die Rückzahlung des in Höhe von 8.000,00 € vorschussweise gezahlten Betrages als Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG wegen Pflichtverletzungen des Gerichtsvollziehers im Zusammenhang mit der Räumungszwangsvollstreckung geltend gemacht. Zuvor hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.04.2014 Erinnerung gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers eingelegt (Anlage K 8 Anlagenheft), der nach einem entsprechenden Hinweis des Vollstreckungsgerichtes (Anlage K 9 Anlagenheft), wonach die Erinnerung keine Aussicht auf Erfolg habe, mit Schriftsatz vom 15.08.2014 zurückgenommen worden war (vgl. Anlage K 10 Anlagenheft).

Obgleich das beklagte Land mit Schriftsatz vom 18.02.2015 die Klageforderung in Höhe eines Betrages von 7.871,30 € nebst Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt hatte, hat das Landgericht Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. In diesem Termin hat das beklagte Land auf Vorschlag der Kammer die Klage über einen Gesamtbetrag von 7.950,00 € anerkannt, die Klägerin hat die Klage in Höhe von 50,00 € zurückgenommen. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien hat das Landgericht durch Beschluss vom 28.04.2015 (Bl. 67-69 GA) beschlossen, dass die Kosten des Rechtstreites dem beklagten Land gemäß § 91 a ZPO auferlegt werden.

Gegen diesen am 15.05.2015 (Bl. 71 GA) zugestellten Beschluss hat das beklagte Land am 29.05.2015 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht durch Beschluss vom 01.06.2015 (Bl. 81-82 GA) nicht abgeholfen hat.

Das beklagte Land beantragt,

unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse zu beschließen, dass die Kosten des gesamten Rechtstreits gemäß §§ 91 a, 93, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen seien,

dies wesentlich mit der Begründung, der Anspruch wäre außergerichtlich reguliert worden, wie sich ohne Weiteres aus einem Vermerk des Präsidenten des Amtsgerichtes vom 07.07.2014 (Anlage K 11 Anlagenheft) ergebe; es habe kein Anlass zur gerichtlichen Geltendmachung des Klageanspruches gegeben.

Dem ist die Klägerin unter Verteidigung der landgerichtlichen Kostenentscheidung entgegengetreten.

II.

Die zulässige, gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 ff ZPO form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde des beklagten Landes hat in der Sache Erfolg.

Der Senat vermag der Kostenentscheidung des Landgerichtes nicht zu folgen.

Ohne dass ein Anerkenntnisurteil durch das Landgericht erlassen worden war, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2015, nachdem die Beklagte über den schon mit der Klageerwiderung anerkannten Betrag von 7.871,30 € hinaus den Klageanspruch in Höhe von weiteren 78,70 € anerkannt und die Klägerin die Teilrücknahme in Höhe von 50,00 € erklärt hat, den Rechtstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kostenentscheidung ist daher hier, wovon auch das Landgericht ausgeht, nach § 91 a ZPO zu treffen. Danach hat das Gericht im Falle der beidseitigen Erledigungserklärung über die Kosten des Rechtstreites unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hierbei ist das Gericht sowohl bei der Ermittlung der Rechtslage als auch bei der Bindung an diese freier gestellt als bei einem Urteil (vgl. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014 § 91 a ZPO Rd. 24). Grundsätzlich maßgeblich bei der zu treffenden Ermessensentscheidung ist unter Anwendung der Rechtsgedanken der §§ 91, 92 ZPO, ob und in welchem Umfange die Klage im Erledigungszeitpunkt Erfolg versprach (vgl. Lindacher in: Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 213, § 91 a ZPO Rn. 48). Im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens kann auch auf den Rechtsgedanken des § 93 ZPO abgestellt werden (vgl. BGH NJW-RR 2006, Seite 773 ff, 774 m.w.N.): Trotz ursprünglicher Zulässigkeit und Begründetheit der Klage treffen im Falle der beklagtenseitigen Klaglosstellung nach dem Grundgedanken des § 93 ZPO gleichwohl die Klägerseite die Kosten, wenn und soweit diese keinen Anlass zur gerichtlichen Geltendmachung des Klageanspruches hatte (vgl. Lindacher aaO § 91 a ZPO Rn. 48). Dabei geht es, wie in diesem Zusammenhang zu betonen ist, nicht um die unmittelbare Anwendung des § 93 ZPO. Vielmehr hat sich die gemäß § 91 a ZPO zu treffende Ermessensentscheidung auch an dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO auszurichten. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die angefochtene Kostenentscheidung des Landgerichts, dem beklagten Land trotz Klaglosstellung der Klägerin die Kosten des Rechtstreites aufzuerlegen, da diese Veranlassung zur Klage gehabt habe, ermessensfehlerhaft. Denn wie sich aus dem Vermerk des Präsidenten des Amtsgerichtes Köln vom 07.07.2014 (Anlage K 11 Anlagenheft) ergibt, hat dieser von sich aus nach Rücksprache mit dem zuständigen, beim Präsidenten des Oberlandesgericht angesiedelten Regressdezernat Kontakt zu den Prozessbevollmächtigten der hiesigen Klägerin aufgenommen und diesen u. a. mitgeteilt, dass beim Oberlandesgericht Köln ein Amtshaftungsvorgang in Bearbeitung sei. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Klägerin schon gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers Erinnerung eingelegt. In diesem Telefonat ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers daher folgerichtig weiter mitgeteilt worden, dass im Hinblick auf § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB das Erinnerungsverfahren, auch wenn es möglicherweise keine Aussicht auf Erfolg habe, zunächst durchzuführen sei. Dem Telefonat war demzufolge zu entnehmen, dass grundsätzlich Bereitschaft von Seiten des beklagten Landes bestand, Ansprüchen der Klägerseite nach Abschluss des Erinnerungsverfahrens nachzukommen. Es wurde nicht etwa die Haftung in Abrede gestellt. Im Verlauf des hiesigen Klageverfahrens ist dann auch von Beklagtenseite in Höhe eines Betrages von 7.871,30 € in der Klageerwiderung ein Anerkenntnis ausgesprochen worden, was entgegen den Ausführungen des Landgerichtes als Beleg dafür anzuführen ist, dass sehr wohl auf Seiten des beklagten Landes Regulierungsbereitschaft bestand. Zwar ist des Weiteren nicht zu verkennen, dass das beklagte Land einen weiteren Betrag in Höhe von 78,70 € erst in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2015 anerkannt hat, nachdem in der Klageerwiderung die Berechtigung der geltend gemachten Forderung über 7.871,30 € hinaus bestritten worden war. Unabhängig davon, dass die Klägerseite in diesem Termin nicht auf den Erlass eines Anerkenntnisurteiles bestanden hat, die von Seiten der Beklagten anerkannten und zugesagten Zahlungen auch ohne dieses offensichtlich sodann erfolgt sind – was gleichfalls hier zu würdigen ist – ist dies ohne Belang, da bei der hier im Rahmen des § 91 a ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung die Anwendung des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO veranlasst ist. Wenn demgegenüber die Klägerin darauf verweist, Anlass zur Klage sei schon deswegen gegeben, weil der Gerichtsvollzieher T2 den Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 8.000,00 € durch eine rechtswidrig und strafrechtlich relevante unerlaubte Handlung erlangt habe, so ist darauf zu verweisen, dass für den hier eingeklagten Amtshaftungsanspruch allein das beklagte Land passiv legitimiert war. Diesem ist jedoch ein strafrechtlicher Vorwurf nicht zu machen.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf analoger Anwendung des § 91 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewertes, der mit dem Kosteninteresse zu bemessen ist, auf § 3 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO zuzulassen, nachdem weder die Beschwerdesache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs für die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

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