OLG Köln, Beschluss vom 06.02.2017 – 15 U 183/16

Oktober 31, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 06.02.2017 – 15 U 183/16

Tenor
1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 9.11.2016 (28 O 148/16) gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

2. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 6. März 2017.

Gründe
Die Berufung der Beklagten ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung auch nicht geboten erscheint, ist eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.

Die Entscheidung des Landgerichts, das der Klage auf Unterlassung der angegriffenen Bildberichterstattungen stattgegeben hat, ist nicht zu beanstanden. Dabei kann zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten im Schriftsatz vom 19.12.2016 ist keine abweichende Entscheidung gerechtfertigt.

1. Eine Einwilligung der Klägerin mit der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bildnisse nach § 22 S. 1 KUG liegt nicht vor.

a. Zwar hat die Klägerin durch ihren öffentlichen Auftritt auf der A-Party im Jahre 2012 konkludent in die Anfertigung und Veröffentlichung von sie betreffenden Bildnissen eingewilligt. Damit ist jedoch nicht jede künftige Veröffentlichung dieser Bildnisse gerechtfertigt; vielmehr ist die Reichweite der von der Klägerin erteilten Einwilligung durch Auslegung nach den Umständen des Einzelfalles zu ermitteln. Der Umfang der Einwilligung hängt wesentlich von der Art der Veröffentlichung ab, die den unmittelbaren Anstoß für ihre Erteilung gegeben hat. Ihr darüber hinaus Bedeutung auch für spätere Veröffentlichungen eines anderen Zuschnitts beizulegen, ist in aller Regel nur aufgrund eines dahin gehenden besonderen Interesses des Betroffenen möglich (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.2004 – VI ZR 305/03, juris Rn. 12). Bei einer konkludenten Einwilligung ist in diesem Zusammenhang darauf abzustellen, ob dem Abgebildeten Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung bekannt waren, wobei diese Umstände entweder ausdrücklich klargestellt oder nach den Umständen so offensichtlich sein müssen, dass über ihren Inhalt seitens des Einwilligenden keine Unklarheiten bestehen (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 28.6.2011 – 7 U 39/11, juris Rn. 17).

b. Vorliegend war für die Klägerin aufgrund des Ortes und des Anlasses der Aufnahmen erkennbar, dass die Bilder dazu genutzt werden würden, einen Bericht über die A-Party im Jahre 2012 zu illustrieren. Eine solche Berichterstattung über diese im Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bildnisse bereits vier Jahre zurückliegende Veranstaltung liegt hier jedoch nicht vor und die konkludent erteilte Einwilligung der Klägerin bezog sich auch nicht darauf, mit den betreffenden Fotos eine Berichterstattung zu einem anderen Thema zu bebildern:

aa. Auch unter Berücksichtigung der teilweise vorhandenen Bildnebenschrift („Moderator B C und Ehefrau D auf der A-Party 2012 in E“) handelt es sich vorliegend nicht um eine von der konkludenten Einwilligung erfasste Berichterstattung über die A-Party. Eine Berichterstattung dient dazu, die Informationsinteressen der Öffentlichkeit hinsichtlich eines bestimmten Ereignisses zu befriedigen. Ohne damit eine wegen der durch Art. 5 GG garantierten Pressefreiheit unzulässige inhaltliche Bewertung der journalistischen Arbeit der Beklagten vorzunehmen, ist vorliegend festzustellen, dass dieser Zweck im Hinblick auf die bereits vier Jahre zurückliegende Veranstaltung weder verfolgt noch erreicht wird. Der Leser erfährt über die A-Party lediglich, dass diese im Jahr 2012 in E stattfand und die Klägerin mit ihrem Ehemann daran teilgenommen hat. Weitere Einzelheiten über den Zeitpunkt, sonstige Teilnehmer oder den Verlauf der Veranstaltung sind weder den streitgegenständlichen Bildnissen noch der begleitenden Wortberichterstattung zu entnehmen.

bb. Die konkludent erteilte Einwilligung der Klägerin bezog sich nach den hier maßgeblichen Umständen des Einzelfalls auch nicht darauf, mit den betreffenden Bildnissen eine Berichterstattung zu einem anderen Thema zu bebildern. Denn unmittelbarer Anlass für die (konkludente) Erteilung der Einwilligung war ihre Teilnahme an der A-Party im Jahre 2012 in Begleitung ihres Ehemanns. Inhalt der streitgegenständlichen Wortberichterstattung ist dagegen allein das wohltätige Engagement ihres Ehemanns, während weder die A-Party noch die Klägerin selbst in der gesamten Berichterstattung – nicht einmal beiläufig oder in einem Nebensatz – Erwähnung finden. Dass die konkludent erteilte Einwilligung zur Veröffentlichung der Bildnisse auch für eine solche Berichterstattung gelten sollte, ist weder einer entsprechenden Abrede bei Aufnahme des Fotos zu entnehmen, noch war aus den Umständen bei der Aufnahme für die Klägerin offensichtlich, dass die Beklagte eine künftige und im Zeitpunkt der Aufnahme inhaltlich unbekannte Berichterstattung mit diesen Aufnahmen bebildern würde.

Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, im Rahmen der Ermittlung der Reichweite einer konkludenten Einwilligung dürfe keine detaillierte Berichterstattung über das Ereignis verlangt werden, welches Anlass der betreffenden Aufnahmen war, greift dies hier nicht durch. Gerade bei Vorliegen einer konkludenten Einwilligung ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, mit welcher konkreten Veröffentlichung sich der Betroffene durch das von ihm an den Tag gelegte Verhalten einverstanden erklärt hat. Ergibt diese Auslegung, dass sich die Einwilligung nur auf eine Berichterstattung mit einem bestimmten Inhalt bzw. zu einem bestimmten Thema bezieht, dann führt das Fehlen einer solchen Berichterstattung im konkreten Einzelfall dazu, dass die Veröffentlichung jedenfalls nicht nach § 22 S. 1 KUG wegen Vorliegens einer Einwilligung des Betroffenen zulässig ist.

cc. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das auf Seite 12 der Zeitschrift veröffentlichte Bildnis der Klägerin samt Bildnebenschrift („Moderator B C und Ehefrau D auf der A-Party 2012 in E“) isoliert von der restlichen Wortberichterstattung betrachtet werden kann und es damit auf den Inhalt der weiteren Wortberichterstattung über das wohltätige Engagement ihres Ehemann bei der Prüfung einer konkludenten Einwilligung nicht ankommt. Denn eine solche Vorgehensweise würde in unzulässiger Weise das Bildnis (samt Bildnebenschrift) vom Rest der Wortberichterstattung isolieren und es zum Gegenstand einer (hier nicht gegebenen und damit fiktiven) eigenständigen Kurzberichterstattung machen. Vorliegend handelt es sich aber eben nicht um eine Berichterstattung, die allein aus dem Foto der Klägerin und ihres Ehemanns nebst Bildnebenschrift besteht, sondern um eine mit diesem Bildnis der Klägerin verbundene Wortberichterstattung, die sich mit einem völlig anderen Thema als der A-Party im Jahre 2012 befasst. Ist damit jedoch das Bildnis im Kontext einer weiteren Wortberichterstattung veröffentlicht, so muss bei der Frage, welchem Zweck diese Veröffentlichung dient und ob sich die konkludent erteilte Einwilligung auch auf eine zu diesem Zwecke erfolgte Veröffentlichung bezog, auch auf die weitere Wortberichterstattung abgestellt werden. Denn bei der Frage der Reichweite der konkludenten Einwilligung geht es um die Auslegung einer Willenserklärung, die sich gerade an den konkreten Umständen des Einzelfalls zu orientieren hat. Die Beklagte führt auch mit der Berufungsbegründung keine Umstände an, aus denen der Rückschluss gezogen werden könnte, die Klägerin habe sich durch ihren öffentlichen Auftritt bei der A-Party damit einverstanden erklärt, dass die betreffenden Bildnisse künftig bei jeglicher Berichterstattung über die soziale Stellung oder die gesellschaftlichen Aktivitäten ihres Mannes abgebildet werden dürfen. Allein der Hinweis darauf, dass im modernen Medienzeitalter digitale Inhalte beliebig in Bezug zueinander gesetzt und crossmediale Veröffentlichungen in unterschiedlichste Formate eingebettet werden, lässt in seiner Pauschalität keinen Rückschluss auf die Reichweite einer von der Klägerin konkludent erteilten Einwilligung zu.

2. Ohne die Einwilligung der Klägerin kommt eine zulässige Veröffentlichung nicht in Betracht, weil die streitgegenständlichen Bildnisse schon keine solchen der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG darstellen, jedenfalls aber die Interessen der Klägerin nach § 23 Abs. 2 KUG überwiegen.

a. Schon die Feststellung, ob ein Ereignis der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegt, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.2009 – VI ZR 261/07, juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2008 – VI ZR 307/07, juris Rn. 14 f.; BGH, Urt. v. 9.2.2010 – VI ZR 243/08, juris Rn. 33). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historischpolitischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse.

Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH, Urt. v. 13.4.2010 – VI ZR 125/08, juris Rn. 12 m.w.N.). Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der Leser befriedigen (vgl. BGH, Urt. v. 9.2.2010 – VI ZR 243/08, juris Rn. 34 m.w.N.). Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Bildberichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Gerade bei unterhaltenden Inhalten bedarf es im besonderen Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (vgl. BGH, Urt. v. 8.4.2014 – VI ZR 197/13, juris Rn. 10 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist ferner, ob bei der Presseberichterstattung die Abbildung eines anlässlich eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gefertigten Fotos nur zum Anlass für Ausführungen über eine Person genommen wird oder die Berichterstattung nur dazu dient, einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt; in solchen Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.2009 – VI ZR 78/08, juris Rn. 14 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze muss im vorliegenden Fall das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten hinter dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten:

aa. Die Klägerin gehört auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie mit einem der bekanntesten deutschen Moderatoren verheiratet ist, nicht zu dem Personenkreis, bei dem Bildnisse allein schon der Person wegen ohne Einwilligung verbreitet werden dürfen. Denn auch die Beurteilung der Frage, ob ein Bildnis einer Person unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis veröffentlicht werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen der abgebildeten Person. Wenn aber eine Person – wie hier die Klägerin – weder ein Amt bekleidet noch eine sonstige Position im öffentlichen Leben ausfüllt, sondern sich vielmehr – bis auf wenige Ausnahmen – bewusst aus der (Medien-)Öffentlichkeit fern hält und sich ihr Bekanntheitsgrad allein aus dem Umstand der Eheschließung mit einem Prominenten ergibt, kommt regelmäßig dem Schutz ihres Persönlichkeitsrechts gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit ein höheres Gewicht zu (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.2004 – VI ZR 305/03, juris Rn. 15 m.w.N.).

bb. Zwar ist die A-Party als gesellschaftliches Ereignis grundsätzlich geeignet, ein Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit zu begründen. Im Rahmen der Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen überwiegen jedoch vorliegend die Interessen der Klägerin, so dass insgesamt nicht von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gesprochen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der im Gesamtkontext mit heran zu ziehende Wortbeitrag der Beklagten gerade keine Berichterstattung über diese bereits vier Jahre zurückliegende Veranstaltung beinhaltet. Auch die streitgegenständlichen Bildnisse haben für sich allein keinen Ereignisbezug, da mit Ausnahme der festlich gekleideten Klägerin und ihres Ehemanns keinerlei Informationen über die Veranstaltung zu erkennen sind. Auch die allein bei dem Bildnis auf Seite 12 (Anlage K 2) enthaltene Bildnebenschrift liefert abgesehen von der Nennung des Veranstaltungsortes und der Jahreszahl keine weiteren Informationen für den Leser.

cc. Soweit sich die begleitende Wortberichterstattung mit dem wohltätigen Engagement des Ehemanns der Klägerin befasst, mag ein solches Thema zwar grundsätzlich als ein berichtenswertes Ereignis anzusehen sein, zumal der Ehemann der Klägerin mit seinen Geldzuwendungen für bauliche und soziale Projekte an die Öffentlichkeit tritt. Auch darf eine Wortberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis mit neutralen Bildnissen der beteiligten Personen bebildert werden (vgl. OLG Köln, Urt. v. 24.3.2015 – 15 U 192/14). Im Rahmen der Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen kann jedoch vorliegend nicht festgestellt werden, dass ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse daran besteht, eine solche Wortberichterstattung über den Ehemann der Klägerin mit einem auch sie zeigenden Bildnis einer lange Jahre zurückliegenden Veranstaltung zu illustrieren:

Zwar sind die Bildnisse als solche nicht abträglich, da sie die Klägerin in vorteilhafter, freundlicher Pose zeigen und über die Abbildung hinaus keine weitergehende Beeinträchtigung enthalten. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Aufnahmen der Sozialsphäre der Klägerin zuzuordnen sind, die im fraglichen Jahr 2012 an einer Veranstaltung teilgenommen hat, bei der sie mit einer Berichterstattung durch die Presse rechnen musste und sich im Zuge derer freiwillig mit ihrem Ehemann hat fotografieren lassen. Denn wenn auch die Klägerin nicht darin eingewilligt hat, dass die Bildnisse im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung des hier vorliegenden Inhalts veröffentlicht werden, so muss das konkludente Einverständnis mit einer anlassbezogenen Veröffentlichung jedenfalls im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen und der Gewichtung der Persönlichkeitsbeeinträchtigung mit einbezogen werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.2002 – 1 BvR 354/98, juris Rn. 21).

Allerdings überwiegen selbst unter Berücksichtigung dieser damit insgesamt nur geringen Beeinträchtigung der Klägerin im Rahmen einer Abwägung ihre persönlichkeitsrechtlichen Belange: Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die begleitende Wortberichterstattung der Beklagten sich überhaupt nicht mit der Klägerin befasst. Weder im Hinblick auf die Tätigkeit ihres Ehemanns bei der Unterstützung kultureller Projekte noch im Hinblick auf sein soziales Engagement für das Kinderhilfsprojekt „F“ wird die Person oder das Verhalten der Klägerin thematisiert. In der gesamten Berichterstattung findet sich kein die Klägerin betreffender Aspekt, der von der Beklagten ernsthaft und sachbezogen erörtert wird, um den Informationsanspruch des Publikums zu erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beizutragen. Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, der öffentliche Auftritt prominenter Personen im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Selbstdarstellung und privater Lebensführung könne von allgemeinen Interesse sein, wird ein solches Spannungsfeld im Hinblick auf die Klägerin – unabhängig von der Frage, ob sie als prominente Person eingeordnet werden kann – in der Berichterstattung weder aufgezeigt noch erörtert. Auch dass die Klägerin im Jahre 2012 bei einer öffentlichen Veranstaltung als Begleiterin ihres Ehemanns auftrat und dieser – wie die Beklagte geltend macht – bei dieser Veranstaltung möglicherweise im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stand, begründet kein Thema von öffentlichem Interesse, das bei den vorliegenden Gesamtumständen die persönlichkeitsrechtlichen Belange der Klägerin überwiegt. Denn außer der Tatsache, dass die Klägerin ihren Mann vor vier Jahren bei einer öffentlichen Veranstaltung – deren Zweck und Inhalt in der Berichterstattung der Beklagten nicht weiter erörtert werden – begleitet hat, hat die streitgegenständliche Berichterstattung keinen Informationsgehalt. Ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das durch diese Berichterstattung im Hinblick auf die abgebildete Klägerin befriedigt werden soll, ist demnach noch geringer zu veranschlagen als die vorstehend dargestellte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts.

dd. Selbst wenn man schließlich – der Argumentation der Beklagten folgend – im Rahmen der Abwägung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG das streitgegenständliche Bildnis auf Seite 12 samt Bildnebenschrift als eine eigenständige Berichterstattung ansehen würde, was der Senat aufgrund des bestehenden Kontextes mit der begleitenden Wortberichterstattung für unzulässig hält, führt dies nicht zum Erfolg der Berufung. Denn auch in diesem Fall würden im Rahmen der durchzuführenden Abwägung die persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Klägerin das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen.

Es handelt sich bei der Bildnebenschrift schon nicht um eine Berichterstattung, die das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der möglicherweise als zeitgeschichtliches Ereignis einzustufenden A-Party befriedigen kann. Der Rezipient erfährt über dieses Ereignis nur, dass es im Jahre 2012 in E stattfand und dass die Klägerin mit ihrem Ehemann daran teilgenommen hat. Weitere Einzelheiten über den genauen Zeitpunkt, weitere Teilnehmer, besondere Vorkommnisse oder den generellen Verlauf der Veranstaltung sind weder dem Bildnis der Klägerin und ihres Ehemanns noch der Bildnebenschrift zu entnehmen. Insofern hat die Beklagte weder durch das Bildnis noch durch die Bildnebenschrift eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse erörtert, um damit den Informationsanspruch des Publikums zu erfüllen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass zwischen der A-Party und der hier streitgegenständlichen Berichterstattung ein Zeitraum von vier Jahren lag und schon aus diesem Grunde nicht ersichtlich ist, welches Informationsinteresse der Rezipienten hier von der Beklagten noch befriedigt werden soll.

Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, der Regelung in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG lasse sich das Erfordernis einer umfassenden Berichterstattung nicht entnehmen, so dass es auf den Umfang derselben nicht ankomme, greift auch dies nicht durch. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG soll nach ihrem Sinn und Zweck und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den Rechten der Presse Rechnung tragen (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2011 – VI ZR 108/10, juris Rn. 17). Schon aus diesem Grunde muss bei der Frage, ob ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte vorliegt, abgewogen werden, ob die Medien in dem konkreten Fall einem solchen Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch nachkommen.

b. In Ansehung der vorstehenden Erwägungen ist die Veröffentlichung der Bildnisse wegen der entgegenstehenden berechtigten Interessen der Klägerin zudem unverhältnismäßig, so dass die Veröffentlichung jedenfalls in Ansehung von § 23 Abs. 2 KUG rechtswidrig ist.

3. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu den obigen Hinweisen innerhalb der im Tenor genannten Frist. Diese Frist kann nur unter den Voraussetzungen des § 224 Abs. 2 ZPO oder mit Zustimmung des Gegners – durch Beschluss des Senats oder durch Verfügung des Vorsitzenden oder dessen Stellvertreters – verlängert werden. Auf die Möglichkeit einer kostensparenden Rücknahme der Berufung (Nr. 1220, 1222 KV GKG) wird hingewiesen.

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