OLG Köln, Beschluss vom 06.05.1996 – 2 WX 9/96

Juli 26, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 06.05.1996 – 2 WX 9/96
Für die Entscheidung über die Beschwerde in einer Handelsregistersache ist die bei dem Landgericht eingerichtete Kammer für Handelssachen funktionell zuständig. Entscheidet über eine in einer Handelsregistersache eingelegte Beschwerde stattdessen die Zivilkammer, so muß die Sache auf die weitere Beschwerde vom Oberlandesgericht an die funktionell zuständige Kammer für Handelssachen verwiesen werden.

2) Wird eine GmbH durch Umwandlungsbeschluß formwechselnd in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, so bedarf die Eintragung einer bestehen bleibenden, bisher in Abteilung B des Handelsregisters eingetragenen Prokura in Abteilung A keiner erneuten Anmeldung nach § 53 Abs. 1 HGB.

Gründe
I.

Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, ist durch notariell

beurkundeten Umwandlungsbeschluß der Anteilseigner der vormaligen

Gesellschaft mit beschränkter Haftung gleichen Namens gebildet

worden. Der Formwechsel ist im Handelsregister B vermerkt worden.

Die KG ist inzwischen antragsgemäß im Handelsregister A

eingetragen. Für die GmbH war im Handelsregister B eine Prokura

eingetragen. Unter Hinweis darauf und auf die formwandelnde

Umwandlung bat der antragstellende Notar, die Prokura nunmehr ohne

besonderen Antrag bei der Kommanditgesellschaft einzutragen. Auf

den Hinweis des Rechtspflegers, es sei eine Anmeldung erforderlich,

weil die Zeichnung von neuer Firma und Namensunterschrift nach § 53

Abs. 2 HGB erforderlich und anzumelden sei, überreichte der Notar

die von ihm beglaubigte Zeichnung der neuen Firma durch den

Prokuristen nebst dessen Namensunterschrift und dem die Prokura

andeutenden Zusatz ,ppa“. Daraufhin schrieb der Rechtspfleger an

den Notar, es werde in Ergänzung zu der nunmehr überreichten

Urkunde um Zusendung einer notariell beglaubigten Anmeldung

gebeten. Der Notar hat dem entgegengehalten, durch die

formwechselnde Umwandlung sei die Prokura nicht erloschen, es

bedürfe deshalb keiner neuen Anmeldung; er bitte, sein Schreiben

gegebenenfalls als Beschwerde anzusehen. Der Rechtspfleger hat dies

Begehren als Erinnerung angesehen; er hat der Erinnerung nicht

abgeholfen und sie dem Abteilungsrichter vorgelegt. Dieser hat der

Erinnerung – unter Hinweis auf OLG Hamm OLGZ 1983, 728 – ebenfalls

nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht – Kammer für

Handelssachen – zur Entscheidung vorgelegt. Durch den angefochtenen

Beschluß hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn die

Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere

Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese ihre bereits in den

Vorinstanzen geäußerte Rechtsansicht wiederholt. II.

Die weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 27, 29 FGG zulässig.

Sie hat auch Erfolg.

1) Der angefochtene Beschluß muß schon deshalb aufgehoben

werden, weil die 4. Zivilkammer des Landgerichts funktionell für

die Entscheidung über die Erstbeschwerde unzuständig war.

Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 FGG erfolgt die Entscheidung über eine

Beschwerde in Handelssachen bei dem Landgericht durch die Kammer

für Handelssachen, wenn bei dem Landgericht eine solche Kammer

gebildet ist.

Der zu entscheidende Fall betrifft eine Handelssache.

Handelssachen sind unter anderem die im 7. Abschnitt des FGG

behandelten Angelegenheiten ( vgl. Bassenge / Herbst, FGG / RPflG,

7.Aufl., Vor §§ 125 ff Rn. 2; Bumiller / Winkler, Freiwillige

Gerichtsbarkeit, 6.Aufl., § 30 Anm. 2 und Vor § 125 Anm. 2 a;

Winkler in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit,

Teil A: FGG, 13. Aufl., § 30 Rn. 4 und Vorb §§ 125 – 158 Rn. 1).

Dazu zählt nach den §§ 125 Abs. 1 FGG, 53 Abs. 1 HGB auch das auf

Eintragung der Prokura in das Handelsregister gerichtete

Ausgangsverfahren.

Bei dem Landgericht Bonn sind Kammern für Handelssachen

gebildet. Der Amtsrichter hat die Sache demgemäß auch zutreffend

der Kammer für Handelssachen zur Entscheidung vorgelegt. Die

Entscheidung durch die 4. Zivilkammer war mithin unzulässig. Der

Senat muß die angefochtene Entscheidung daher aufheben und an die

funktionell zuständige Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht

Bonn verweisen.

2) Für die nunmehr zu treffende Entscheidung weist der Senat auf

folgendes hin:

Der in der angefochtenen Zwischenverfügung und vom Landgericht

vertretenen Auffassung, die Eintragung der Prokura auf dem

Registerblatt der Kommanditgesellschaft bedürfe einer Anmeldung

nach § 53 Abs. 1 HGB, kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt die

Wirkung einer formwandelnden Umwandlung, wie sie hier vorgenommen

wurde.

Die Umwandlung der Antragstellerin wurde nach dem 1. Januar 1995

in die Wege geleitet. Ihre rechtliche Behandlung richtet sich

mithin nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) vom 28. Oktober 1994 (vgl.

§ 318 UmwG). Nach den § 190 UmwG kann ein Rechtsträger durch

Formwechsel eine andere Rechtsform erhalten. Nach § 191 Abs. 1 Nr.

2, Abs. 2 Nr. 2 UmwG kann eine Kapitalgesellschaft – wozu nach § 3

Abs. 1 Nr. 2 UmwG Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehören –

durch Formwechsel in eine Personenhandelsgesellschaft umgewandelt

werden. Hier ist die Antragstellerin, die ursprünglich in der Form

einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestand, in eine

Kommanditgesellschaft umgewandelt worden.

Die §§ 198 ff UmwG enthalten allgemeine Vorschriften über die

vorzunehmende Anmeldung sowie die Eintragungen und ihre Wirkungen.

Eine besondere Vorschrift über die Anmeldung des Formwechsels bei

der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine

Personengesellschaft enthält § 235 UmwG. Sämtliche genannten

Vorschriften tragen der Tatsache Rechnung, daß sich bei der

formwechselnden Umwandlung allein die rechtliche Organisation des

Unternehmensträgers ändert, während dessen wirtschaftliche und

rechtliche Identität gleich bleibt (vgl. Dehmer, UmwG / UmwStG, 2.

Aufl. 1996, § 190 Rn. 5 ff. unter Hinweis auf RegEBegr BR-Drs 75/94

zum Fünften Buch des UmwG). Ob die Identität gesellschaftsrechtlich

dogmatisch zu begründen ist oder ob es sich um eine gesetzliche

Fiktion handelt (zum Streitstand vgl. Dehmer a.a.O. Rn. 10), ist

für die vorliegende Fragestellung ohne Bedeutung, da die

gesetzliche Regelung für das hier allein interessierende

Umwandlungsrecht eindeutig von der Identität des Rechtsträgers vor

und nach dem Formwechsel ausgeht (vgl. insbesondere § 202 Abs. 1

Nr. 1 UmwG, wonach der formwechselnde Rechtsträger in der in dem

Umwandlungsbeschluß bestimmten Rechtsform weiterbesteht).

Dementsprechend enthalten die genannten Vorschriften Anmeldungs-

und Eintragungserfordernisse nur insoweit, als diese zur

Herbeiführung der Umwandlungswirkungen und zur Verlautbarung der

Umwandlung in den Registern erforderlich sind. Eine Neuanmeldung

sämtlicher nach Handelsrecht anmeldungspflichtiger Vorgänge sieht

das Gesetz nicht vor. Eine dahingehende Regelung stünde auch im

Widerspruch zu der vom Gesetz bei der formwechselnden Umwandlung

angeordneten Identität des Rechtsträgers.

Die mit der Zwischenverfügung verlangte Neuanmeldung der Prokura

wäre danach nur erforderlich, wenn die von der GmbH erteilte

Prokura aufgrund des Formwechsels erloschen wäre. In diesem Fall

wäre sie neu zu erteilen (§ 48 Abs. 1 HGB), die Neuerteilung müßte

sodann zum Handelsregister angemeldet werden (§ 53 Abs. 1 HGB). Ein

Erlöschen wegen des Wegfalls des Rechtsträgers, der die Prokura

erteilt hat, kommt nach den vorstehenden Ausführungen bei der

formwechselnden Umwandlung nicht in Betracht, denn der Rechtsträger

des Unternehmens besteht – wenn auch in anderer Form – fort (vgl.

Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, 2.Aufl., § 52 Rn. 31;

Schlegelberger / Schröder, HGB, 5.Aufl., § 52 Rn. 21; Staub /

Joost, HGB, 4.Aufl., § 52 Rn. 60). Für einen Widerruf der Prokura

(§ 52 Abs. 1 HGB) anläßlich des Formwechsels oder einen sonstigen

Erlöschensgrund (vgl. Baumbach / Hopt, HGB, 29.Aufl., § 52 Rn. 4

ff.; Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer a.a.O. § 52 Rn. 18 ff.;

Staub / Joost a.a.O. § 52 Rn. 16, 29 ff.) haben die Vorinstanzen

nichts festgestellt. Die in dem angefochtenen Beschluß zitierte

Entscheidung (BayObLG BB 1971, 238 f) betrifft die vorliegende

Problematik nicht, da es dort nicht um eine formwechselnde

Umwandlung ging, sondern um den Eintritt eines Kommanditisten in

ein Einzelhandelsgeschäft.

Die Eintragung der Prokura auf dem neuen Registerblatt darf

mithin nicht von der Vorlage einer Anmeldung in der Form des § 12

HGB abhängig gemacht werden.

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