OLG Köln, Beschluss vom 14.01.2020 – 7 U 311/19

Oktober 8, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 14.01.2020 – 7 U 311/19

Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

Gründe
I.

Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates keine Aussicht auf Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht, § 546 ZPO, oder nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 Abs. 1 ZPO. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weswegen der Senat beabsichtigt, eine Entscheidung durch Beschluss zu treffen, § 522 Abs. 2 ZPO.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Der Klägerin stehen gegen den Beklagten aufgrund des Vorfalles vom 11.02.2019 unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Ansprüche auf die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 679,00 EUR und von Schmerzensgeld zu. Derartige Ansprüche ergeben sich entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung weder aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend §§ 670, 683 BGB noch aus einer Amtspflichtverletzung des Beklagten gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Insoweit wird vorab zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und sorgfältigen Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil verwiesen, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt. Mit ihren hiergegen in der Berufungsbegründung gerichteten Einwendungen hat die Klägerin keinen Erfolg.

Im Einzelnen:

1.

Ansprüche des Geschäftsführers gemäß §§ 683, 670 BGB (analog) gegen den Geschäftsherrn setzen voraus, dass das Handeln des Geschäftsführers dem mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen, § 683 BGB. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung die Auffassung vertritt, ihr Handeln habe entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts im mutmaßlichen Interesse des Beklagten gelegen, dringt sie hiermit nicht durch. Aus dem Vortrag der Klägerin lässt sich ein entsprechendes Interesse des Beklagten nicht schlüssig ableiten.

Das Interesse des Geschäftsherrn ist anders als dessen Wille objektiv zu bestimmen. Entscheidend ist kein abstrakter Vorteil, sondern ein konkreter Vorteil für den Geschäftsherrn, der an der jeweiligen Situation und den persönlichen Umständen des Geschäftsherrn zu bemessen ist. Insbesondere ist nicht die Perspektive des Geschäftsführers maßgebend, so dass sein Irrtum über das Interesse irrelevant ist. Um den konkreten Vorteil zu ermitteln, ist für die Geschäftsführung im Ganzen eine Kosten-Nutzen-Analyse anzustellen. Die Vorteile für den Geschäftsherrn müssen die anfallenden Kosten und die ihm drohenden Risiken überwiegen. Jedenfalls liegen unsachgemäße und überflüssige Maßnahmen nicht im Interesse des Geschäftsherrn (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, BGB § 683 Rn. 9; BGH, Urteil vom 20.11.1980, III ZR 31/78 = NJW 1981,626, III Z. 1.). Gemessen an diesen Voraussetzungen lag es nicht im Interesse des Beklagten, dass die im Zeitpunkt des Vorfalles über 70-jährige Klägerin versuchte, eine Verstopfung der Bachverrohrung durch Reisig eigenhändig zu beseitigen. Nach der Behauptung der Klägerin hatte sich im Zeitpunkt des Vorfalles großflächig Wasser in der Umgebung verteilt und bedrohte die umliegenden Gärten. Zu Recht ist das Landgericht in Anbetracht dieses Vortrages davon ausgegangen, dass die Klägerin eine unmittelbare Gefahr, die ein sofortiges eigenes Eingreifen erforderlich machte, nicht hinreichend schlüssig dargelegt hat. Die bloße „Bedrohung“ von umliegenden Gärten, auf denen ausweislich der von der Klägerin mit der Klageschrift eingereichten Lichtbilder lediglich Wasser an der Oberfläche stand, reichte hierfür nicht aus. Weder ist ersichtlich, dass ein Wassereintritt in den Keller der Tochter der Klägerin unmittelbar bevorstand noch, dass im übrigen Vermögenswerte in erheblichem Umfang unmittelbar gefährdet gewesen wären. Dass in Anbetracht dieser Sachlage die Vorteile für den Beklagten die ihm durch die Tätigkeit der Klägerin drohenden Risiken erkennbar überwogen, ist gerade nicht ersichtlich. Insoweit kommt es darauf, ob Mitarbeiter des Beklagten bis 10:00 Uhr am 11.02.2019 telefonisch erreichbar waren, nicht an. Da eine unmittelbare Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter oder für im Verhältnis zur körperlichen Unversehrtheit der Klägerin erhebliche Vermögenswerte durch den behaupteten Übertritt des Bachlaufes offensichtlich nicht vorlag, hatte die Klägerin eigene – mangels geeigneter Hilfsmittel riskante und eigengefährdende – Maßnahmen zu unterlassen und zunächst zu versuchen, weiterhin Kontakt mit Mitarbeitern des Beklagten aufzunehmen. Dass ihr dies am Tag des Vorfalls, einem Werktag, in dem Zeitraum nach 10.00 Uhr bis Geschäftsschluss nicht mehr möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.

2.

Ansprüche gegen den Beklagten gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG scheitern bereits an der fehlenden Darlegung einer schuldhaften Amtspflichtverletzung. Dem Vorbringen der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass und inwiefern der Beklagte die ihm nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den A obliegenden hoheitlichen Aufgaben schuldhaft verletzt haben sollte. Allein die Tatsache, dass ein Bach in der freien Natur Reisig mitführt und der ungehinderte Wasserabfluss je nach Witterungsbedingungen (Windbruch) nicht stets gewährleistet ist, bedingt nicht zugleich das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung. Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung setzte zudem voraus, dass der Beklagte die Verstopfung des Bachlaufes zuvor hätte erkennen können. Auch hierfür sind aus dem Vortrag der Klägerin keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Letztlich schließt sich der Senat der Auffassung des Landgerichtes auch insoweit an, als die Klägerin sich zu dem von ihr vorgetragenen Verhalten in Anbetracht des Fehlens einer unmittelbaren konkreten Gefährdung erheblicher Rechtsgüter nicht herausgefordert fühlen durfte.

II.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Hinweisen des Gerichts binnen der genannten Frist. Auf die Möglichkeit der Kosten sparenden Rücknahme der Berufung (KV Nr. 1220, 1222) zu § 3 Abs. 2 GKG) wird hingewiesen.

Berufungsstreitwert: 1.679,00 EUR

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