OLG Köln, Beschluss vom 14.06.2018 – 5 U 200/17

Oktober 20, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 14.06.2018 – 5 U 200/17

Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 08.12.2017 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 O 4/17 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Gründe
I.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, denn der Beklagte ist hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche nicht passivlegitimiert. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und macht sie sich zu eigen. Die Berufungsbegründung gibt lediglich Anlass zu folgenden, ergänzenden Ausführungen:

Da zwischen den Parteien kein Vertrag zustande gekommen ist, kommen nur deliktische Ansprüche in Betracht. Aber auch eine deliktische Haftung des Beklagten nach § 839a BGB analog scheidet von Vornerhein bereits deswegen aus, weil seine persönliche Haftung gegenüber dem Kläger gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG ausgeschlossen ist.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Beklagte in Ausübung eines ihm durch die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (im Folgenden: die Streitverkündete) anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat.

Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes darstellt, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (BGH, Urteil vom 26.10.2010, VI ZR 307/09, Rz. 16, – juris).

Die Streitverkündete nimmt als gesetzliche Unfallversicherung eine hoheitliche Tätigkeit wahr. Zu den Aufgaben der Unfallversicherung gehört es gemäß § 1 Nr. 2 SGB VII, nach Eintritt von Arbeitsunfällen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Versicherten wiederherzustellen und sie durch Geldleistungen zu entschädigen. Dies erfordert die Prüfung, Ermittlung und Feststellung, ob der Versicherte infolge eines Arbeitsunfalls einen Gesundheitsschaden erlitten hat und gegebenenfalls ob, inwieweit und für welche Dauer der Versicherte arbeitsunfähig ist. Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat die Streitverkündete den Beklagten als ärztlichen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Die von ihm im Rahmen des Gutachtenauftrages wahrgenommenen Aufgaben stellen sich als hoheitlich dar. Wird ein ärztlicher Sachverständiger durch eine Behörde, einen Sozialleistungsträger oder durch eine Berufsgenossenschaft mit der Untersuchung und Begutachtung einer Person zur Prüfung der Frage beauftragt, ob ein Arbeitsunfall zu einem Gesundheitsschaden des Versicherten geführt hat, nimmt er hoheitliche Aufgaben wahr (Beschluss des Senates vom 24.07.2017, 5 U 12/17, – juris, mit weiteren Hinweisen auf die Rspr. des BGH). Die Äußerung des Beklagten, dass eine weitere Marcumarisierung nicht mehr notwendig sei, stand auch in einem engen Zusammenhang mit der Zielsetzung, in deren Sinn der Beklagte tätig wurde. Denn der ihm erteilte Gutachtenauftrag enthielt unter anderem auch die Fragestellung, ob eine weitere Marcumarisierung des Klägers erforderlich sei.

Der mit der Berufung geltend gemachte Einwand, der Kläger habe noch eine Zusatzversicherung abgeschlossen, deren Leistungen er sich – wie bei einem privaten Unfallversicherungsvertrag – durch zusätzliche Beiträge erkauft habe, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dass der Kläger neben der gesetzlichen Unfallversicherung noch eine Zusatzversicherung abgeschlossen hatte, die zu einer Erhöhung des Rentenanspruchs führte, ändert an der Einordnung des Handelns des Beklagten als hoheitliche Tätigkeit grundsätzlich nichts. Die Streitverkündete hatte – wie bereits ausgeführt – als gesetzlicher Unfallversicherung darüber zu entscheiden, ob dem Kläger wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls eine Rente zu gewähren war. Für die hierzu notwendigen medizinischen Feststellungen, insbesondere zu der Frage, welche Befunde auf phlebologischen Fachgebiet vorlagen und ob diese Befunde auf den bei einem Arbeitsunfall erlittenen Muskelfaserriss zurückzuführen waren, hat die Streitverkündete den Beklagten mit der Begutachtung beauftragt. Die Hoheitlichkeit dieser Aufgabe wird durch das Vorliegen einer Zusatzversicherung, welche lediglich die Versicherungssumme und damit die Höhe des Rentenanspruchs beeinflusst, nicht in Frage gestellt. Auch die Zusatzversicherung ergibt sich aus öffentlichem Recht, das heißt § 83 SGB VII und der Satzung der Streitverkündeten.

II.

Bei dieser Sachlage gibt die Berufung zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt keine Veranlassung. Die Rechtssache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO); eine mündliche Verhandlung erscheint unter Berücksichtigung aller weiteren Aspekte des Rechtsstreites auch aus sonstigen Gründen nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO).

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