OLG Köln, Beschluss vom 14.12.2016 – 15 W 74/16

November 1, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 14.12.2016 – 15 W 74/16

Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 28.10.2016, vorgelegt mit Nichtabhilfebeschluss vom 28.11.2016 (28 O 204/16), abgeändert. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Gründe
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Beschwerde des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kosten des Rechtsstreits sind der Beklagten nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuerlegen, weil sie in der Sache unterlegen wäre und die Auferlegung der Kosten billigem Ermessen entspricht. Mit dem – vom Kläger geführten – Nachweis der Unwahrheit der inkriminierten Tatsachenbehauptung stand dem Kläger ein Anspruch auf Unterlassung nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG gegen die Beklagte zu.

a) aa) Der Kläger hat mit Vorlage des Schreibens der B GmbH vom 11.08.2016 nachgewiesen, dass die unabweislich „zwischen den Zeilen“ geäußerte (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2005 – VI ZR 204/04 -, NJW 2006, 601) und vom Kläger angegriffene Tatsachenbehauptung unwahr ist.

bb) Der mit dem erweckten Eindruck verbundene Eingriff in das Vereinspersönlichkeitsrecht des Klägers ist nicht deswegen unerheblich, weil die Beklagte unzureichende Angaben zu Werbekosten kritisiert und sich diese Kritik (wohl) jedenfalls darauf stützen kann, dass der Kläger Kosten anderer Werbemaßnahmen nicht angibt. Denn ob der Kläger mit sogenannten „Cold calls“ wirbt, ist darüber hinaus ein für ihn und sein Vereinspersönlichkeitsrecht „ehrabträglicher“ Vorwurf (anders als in BVerfG, Beschl. d. 1. Kammer d. Ersten Senats v. 23.10.2007 – 1 BvR 150/06 -, NJW 2008, 747).

Zugleich handelt es sich im Kontext der Äußerung auch nicht deswegen um eine lediglich „graduelle Falschbehauptung“, weil zwar nicht der Kläger, aber dessen Förderverein im maßgebenden Zeitraum Telefonwerbung betrieben hat. Denn die Beklagte kritisiert die Nichtausweisung von Werbekosten durch den Kläger in dessen Jahresabschluss, nicht hingegen das „Zwischenschalten“ eines von den gleichen handelnden Personen am gleichen Ort betriebenen Fördervereins.

b) Selbst wenn die Beklagte ihre Kritik (nunmehr) auf den letztgenannten Umstand stützen könnte, verleiht ihr dies jedoch kein Recht, in Bezug auf den Kläger die streitgegenständliche unwahre Tatsache zu behaupten.

Anders als das Landgericht ist der Senat auch der Auffassung, dass die Beklagte sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, ihr sei die Unwahrheit der Tatsache nicht bewusst gewesen und sie habe in Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne von § 193 StGB gehandelt. Denn sie hat den insoweit an sie zu stellenden Sorgfaltsanforderungen nicht Genüge getan.

aa) Dabei kann dahin stehen, ob § 54 Abs. 2 Satz 1 RStV auf ihre Internetpräsenz und ihre Auskünfte anwendbar ist, wenn sie ein Telemedium im Sinne § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV ist.

bb) Selbst wenn man nämlich die Anwendbarkeit von § 54 Abs. 2 Satz 1 RStV mangels eines Angebots journalistischredaktionell gestalteter Angebote verneint, muss die Beklagte doch bestimmte Sorgfaltsanforderungen wahren.

Zwar sind an die Beklagte nicht die strengen Anforderungen an die Sorgfalt zu stellen, die für die Stiftung X gelten, weil deren Äußerungen für die betroffenen Unternehmen einschneidende Folgen haben, die Stiftung in der Öffentlichkeit das Vertrauen als staatliche Einrichtung in Anspruch nimmt und deren Veröffentlichungen eine weite Verbreitung finden (vgl. BGH, Urt. v. 03.12.1985 – VI ZR 160/84 -, NJW 1986, 981). Soweit die Beklagte sich mit der Bewertung von Hilfsorganisationen befasst, hierzu Auskünfte und Empfehlungen (u.a. ein „Spendensiegel“) erteilt sowie öffentlich zum Abruf bereit hält, können aber auch ihre Äußerungen nicht unerhebliche Folgen für die betroffenen Spendenorganisationen haben. Zu den von ihr zu wahrenden Sorgfaltsanforderungen gehört deswegen jedenfalls, dass sie der jeweils betroffenen Hilfsorganisation vor einer Veröffentlichung einer „ehrenrührigen“ Tatsache durch geeignete Nachfrage Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss.

Eben dies hat die Beklagte aber nicht getan, weil sie mit ihrer E-Mail vom 02.07.2014 den Kläger gerade nicht nach einer Telefonwerbung gefragt, sondern lediglich allgemein Informationen zum Jahresabschluss 2012 sowie zu Werbeausgaben erbeten hatte. Anders als das Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass eine allgemeine Anfrage nicht genügte, wenn die Beklagte sich in ihrer Auskunft auf die konkrete Behauptung bezieht, der Kläger betreibe Telefonwerbung, und schon diese Behauptung ehrabträglich für den Kläger ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Wert des Beschwerdeverfahrens: Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz

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