OLG Köln, Beschluss vom 18.12.2015 – 5 U 121/15

November 12, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 18.12.2015 – 5 U 121/15

Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die durch den Streithelfer eingelegte Berufung gegen das am 30.06.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 3 O 289/12 – gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Der Streithelfer und die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe
I.

Die durch den Streithelfer mit Schriftsatz vom 31.07.2015 eingelegte Berufung ist unzulässig.

Die Berufung ist zwar entgegen den mit Schreiben des Senates vom 12.08.2015 geäußerten Bedenken fristgerecht eingelegt worden. Legt ein Streithelfer Berufung ein, ist nur die für die Hauptpartei laufende Rechtsmittelfrist maßgebend (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Beschluss vom 05.11.1987, V ZB 3/87, Tz. 7; Urteil vom 15.06.1989, VII ZR 227/88; Tz. 8 – zitiert nach juris). Da den Beklagten das angefochtene Urteil am 07.07.2015 zugestellt wurde, lief die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung am 07.08.2015 ab. Die Berufungsschrift des Streithelfers ging, wie dem Senat erst nach Abfassung seines Hinweisschreibens bekannt geworden ist, beim Berufungsgericht am 03.08.2015 und damit vor Ablauf der Berufungsfrist ein.

Die Berufung ist jedoch nicht formgerecht eingelegt worden.

Die Berufung muss neben der Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird und der Erklärung, dass gegen diese Urteil Berufung eingelegt wird (§ 519 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ZPO), die Angabe enthalten, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird. An die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers sind strenge Anforderungen zu stellen. Bei verständiger Würdigung des gesamten Vorganges der Rechtsmitteleinlegung müssen Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein. Eine beigefügte Urteilsablichtung kann in Zweifelsfragen bei der Auslegung mitberücksichtigt werden (BGH Urteil vom 15.12.1998, Az. VI ZR 316/97, Tz. 9 – zitiert nach juris). Die Angabe des Berufungsklägers muss bis zum Ablauf der Berufungsfrist feststehen (Zöller-Heßler, 31. Auflage, § 519, Rz. 30a mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Nach den Angaben der Berufungsschrift vom 31.07.2015 ist die Berufung „namens und in Vollmacht des Streithelfers Dr. C“ eingelegt worden. Berechtigt zur Berufung sind nur die Hauptparteien 1. Instanz. Der Streithelfer kann nicht im eigenen Namen, sondern nur für eine Hauptpartei Berufung einlegen (BGH, Beschluss vom 20.12.1990, Az. III ZB 40/90, Tz. 4 – zitiert nach juris; Zöller-Heßler, 31. Auflage, § 511, Rz. 4). Der Streithelfer hätte daher klar stellen müssen, für welche Hauptpartei er die Berufung einlegt. Dies ist der Berufungsschrift jedoch nicht zu entnehmen. Der Berufungsschrift war auch keine Urteilsablichtung beigefügt, mittels derer das Berufungsgericht eine Auslegung dergestalt hätte vornehmen können, dass der Streithelfer die Berufung zu Gunsten der von ihm in erster Instanz unterstützten Beklagten als Hauptpartei einlegt. Da dem Berufungsgericht auch die Gerichtsakte nicht vorlag, konnte der Mangel auch nicht durch einen Abgleich mit der Akte ausgeglichen werden.

II.

Die Berufung ist auch unbegründet.

Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 15.000,- EUR nebst Zinsen verurteilt und die Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige materielle Schäden festgestellt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hätte dann Erfolg haben können, wenn Gründe vorgebracht worden wären, die eine vom Urteil des Landgerichts abweichende Entscheidung rechtfertigen würden. Die Berufung zeigt solche Gründe jedoch nicht auf.

Soweit der Streithelfer geltend macht,

– der erstinstanzlich tätig gewordene Sachverständige Dr. T habe aufgrund seiner zahnärztlichen Ausbildung die von ihm, dem Streithelfer, erbrachten kieferorthopädischen Leistungen und etwaige Behandlungsfehler nicht beurteilen können;

– die Angaben von Dr. T seien insbesondere hinsichtlich des auf ihn, den Streithelfer, entfallenden Verschuldensanteils widersprüchlich;

– dem Landgericht könne nicht gefolgt werden, soweit es eine grob fehlerhafte kieferorthopädische Behandlung angenommen habe;

– seinen Vortrag, er habe die Klägerin mehrfach auf den Vertrag einer notwendigen Behandlung hingewiesen und ihr zu diesem Zweck auch Bildmaterial ausgehändigt, habe das Landgericht nicht hinreichend gewürdigt und einen entsprechenden Beweisantritt übergangen;

– die Klägerin sei von ihm über Risiken der kieferorthopädischen Behandlung, insbesondere bei Vorerkrankungen der Zähne und des Halteapparates hinlänglich aufgeklärt worden, sie sei auch auf die parallel durchzuführenden zahnärztlichen Routinekontrollen hingewiesen worden;

– der erstinstanzliche Vortrag zur fehlenden Compliance sei nicht berücksichtigt worden, verantwortlich für den Schaden der Klägerin seien ausschließlich die Klägerin und die Beklagten selbst, während ihn, den Streithelfer, kein Verschulden treffe;

– der Zurechnungszusammenhang sei unterbrochen worden, weil die Beklagten in außergewöhnlichem Maße die an ein gewissenhaftes zahnärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außeracht gelassen und derart gegen alle zahnärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen hätten, dass ihnen der eingetretene Schaden allein zugerechnet werden müsse,

zielen diese Einwände allein darauf ab, eine mögliche Haftung des Streithelfers gegenüber der Klägerin in Frage zu stellen. Die Haftung des Streithelfers ist im vorliegenden Verfahren jedoch nicht streitgegenständlich, über diese hat das Landgericht nicht entschieden. Streitgegenständlich ist allein die Haftung der Beklagten. Dass und aus welchen Gründen die Beklagten entgegen den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil nicht haften würden, hat der Streithelfer nicht dargelegt. Im Gegenteil: Seine Ausführung in der Berufungsbegründung, verantwortlich für den Schaden der Klägerin seien die Beklagten, da ihnen allein die Diagnose und Behandlung der Parodontitis-Erkrankung oblegen hätten, stützt die erstinstanzlichen Feststellungen, nach denen den Beklagten Behandlungsfehler unterlaufen sind.

Die Berufung hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Höhe des ausgeurteilten Schmerzensgeldes richtet. Die Klägerin hat infolge der Versäumnisse der Beklagten den Verlust von elf, überwiegend im Frontbereich gelegenen, Zähnen zu beklagen. Die Zähne mussten der Klägerin in einem noch recht jungen Alter von 37 Jahren gezogen werden. Der Verlust von vier weiteren Zähnen ist als sicher zu erwarten. Vor diesem Hintergrund ist die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von

15.000,- EUR keinesfalls als unangemessen zu bewerten.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.